Titel: | Bericht des Hrn. Mallet, im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste, über ein neues von Hrn. Grafen de Thiville vorgeschlagenes hydraulisches Rad. |
Fundstelle: | Band 18, Jahrgang 1825, Nr. LXXVII., S. 402 |
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LXXVII.
Bericht des Hrn. Mallet, im Namen des Ausschusses der mechanischen
Kuͤnste, uͤber ein neues von Hrn. Grafen de Thiville vorgeschlagenes hydraulisches
Rad.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement
pour l'Industrie nationale. N. 253. S. 207.
Mit Abbildungen auf Tab.
IX. (Im Auszuge.)
de Thiville's, Bericht uͤber ein neues hydraulisches
Rad.
Die sogenannten oberschlaͤchtigen oder Trograͤder, die Hr. de
Thiville
roues á choiseau nennt, sind, bekanntlich,
diejenigen, die bisher den groͤßten Theil der ihnen anvertrauten mechanischen
Kraft nuͤzlich verwenden, allein, sie verwenden ihn nicht ganz.
Smeaton, der sehr sorgfaͤltige Versuche
uͤber die Wirkung dieser Raͤder angestellt hat, hat das
Verhaͤltniß zwischen der ganzen Kraft, die nothwendig ist, um sie in
Thaͤtigkeit zu bringen, und den Theil, den man davon benuͤzen kann,
auf zwei Drittel festgesezt. Wir haben auch von unserer Seite Gelegenheit gehabt
uͤber ein Rad dieser Art Versuche anzustellen, an dessen Baue wir, der Kunst
wegen, Antheil nahmen, und wenn man auch das Resultat, welches wir erhielten, als
genuͤgend angesehen bat, so ließ es jedoch uns selbst noch Vieles zu
wuͤnschen uͤbrig.
Die vorzuͤglichste Ursache des Verlustes bei diesen Raͤdern ist die
Neigung des Wassers, dieselben zu verlassen, ehe es noch in die Tiefe des Falles
gekommen ist; man vermindert diese Neigung entweder dadurch, daß man den
Troͤgen eine schikliche Form gibt, oder daß man den Aufschlag des Wassers so
leitet, daß das Rad von dem Austritte des Wassers aus den Troͤgen an, von der
Hoͤhe an, in welcher das Wasser anfaͤngt sich auszuschuͤtten,
in einen sogenannten Lauf gehuͤllt wird: dieß war der Umstand, auf welchen
wir hindeuteten. Es ist aber, wie Hr. de Thiville bemerkt, unmoͤglich
das Rad so genau zu umfassen, daß das Wasser gehindert wuͤrde, zwischen den
Troͤgen und dem Laufe zu entweichen; uͤberdieß wuͤrde eine zu
große Genauigkeit in der Ausfuͤhrung noch einen anderen Nachtheil
herbeiziehen; naͤmlich ein Theil des Wassers, mit welchem das Rad beladen
ist, wuͤrde durch dasselbe mit in die Hoͤhe gezogen.
Um diesen Nachtheilen, und noch anderen mehreren, welche mit den
gegenwaͤrtigen oberschlaͤchtigen
Raͤdern verbunden sind, abzuhelfen, hat Hr. de
Thiville die bisherige Methode, nach welcher die Troͤge an denselben
angebracht sind, gaͤnzlich geaͤndert. Er leitet naͤmlich das
Wasser bei dem inneren Umfange des Rades ein, und zwar durch eine besondere
Vorrichtung, die er an demselben anbringt, und die in der gegebenen Figur
dargestellt ist. Hierdurch erhaͤlt er die Vortheile, daß 1) das Wasser die
Troͤge nicht ehe verlaͤßt, als bis es gegen den lezten kommt; 2) daß
der Mittelpunct des Eindrukes sich in einer weiteren Entfernung von dem Mittelpuncte
des Rades, als bei den gegenwaͤrtigen Raͤdern, befindet; 3) daß die
Form der Troͤge gestattet, sie bis auf eine gewisse Weite in das
Muͤhlgerinne einzutauchen.
Die Vorrichtung des Hrn. de Thiville ist sinnreich und
neu, und vorzuͤglich dort sehr nuͤzlich, wo man wenig Wasser hat. Die
Société hat 1000 Franken zur
Verfertigung eines Rades nach Hrn. Thiville's Methode
angewiesen.
Ueber ein neues hydraulisches Rad. Von Hrn. Grafen de Thiville.
Die oberschlaͤchtigen oder Trog-Raͤder (rouses á choiseau),
auf welche das Wasser von oben auffaͤllt, die Troͤge fuͤllt,
und durch seine Schwere das Rad treibt, sind allgemein bekannt; nicht so bekannt
sind die mit diesem Baue der Raͤder verbundenen Nachtheile; naͤmlich:
1) die konvulsivische Geschwindigkeit, welche man ihnen dadurch gibt, die der
Schwerkraft nicht Zeit laͤßt, zu wirken, und die Rolle vollkommen
auszuspielen, zu der sie bestimmt ist, in Hinsicht naͤmlich auf die
angewendete Menge Wassers. 2) die Centrifugal-Kraft, die diese Geschwindigkeit dem
Wasser mittheilt, welches die Troͤge fuͤllt. 3) der bedeutende Verlust an Wasser,
welcher hierdurch entsteht. Man sieht, wie diese Troͤge eine bedeutende Menge
Wassers verlieren, in dem Maße, als sie niedriger, als der Ort, zu stehen kommen, an
welchem sie sich fuͤllten.
Diese Raͤder nehmen, wenn der Fall hoch ist, das Wasser an ihrem oberen
Umfange auf, wie Fig. 3. zeigt; andere nehmen es nur auf zwei Drittel oder auf der halben
Hoͤhe auf, wie die sogenannten Brustraͤder
(breast-wheels) der Englaͤnder, Fig. 4. An
diesen beiden Raͤdern ist der Verlust an Wasser durch die Stellung der
Troͤge, durch ihre innere Form, durch die Weise, wie das Wasser in dieselben
gelangt, offenbar.
Diese Nachtheile sind zwar wirklich durch die Vorrichtung, welche Hr. Rennie an seiner von ihm zu Dartford (15 Meilen von
London), vortrefflich erbauten Muͤhle getroffen hat, vermindert; sie besteht
in einem sogenannten Laufe, AB, Fig. 4. der so nahe als
moͤglich, an den Raͤndern der Troͤge hinzieht, und in welchem
ein Theil des Wassers zuruͤkgehalten wird; ich sage ein Theil: denn, entweder
ist der Lauf den Troͤgen zu nahe, und dann hindert er das Rad in seinen
Bewegungen; oder er entfernt sich weiter, und das Wasser wird dann von diesem
Zwischenraume Vortheil ziehen, und entweichen. Dieses Mittel heilt also das Uebel
nicht vollkommen.
Ich dachte daher, man koͤnnte das Rad, wie in Fig. 5. bauen: man sieht
hier einen bedeutenden Abschnitt des Rades in eine Vertiefung versenkt, die unter
dem Falle angebracht ist. Auf diese Weise ist das Wasser so vertheilt, daß es eine
vorteilhaftere Stellung auf dem Hebelarme einnimmt.
Fig. 3. zeigt,
daß unter 20 Troͤgen, mit welchen das Rad versehen ist, schon der siebente
anfaͤngt sein Wasser zu verlieren; dieser Verlust nimmt fortwaͤhrend
bis zum sechzehnten zu, in welchem gar kein Wasser mehr zuruͤkbleibt: es
bleiben also fuͤnf vollkommen leer.
Man sieht an dem Rade, Fig. 4. daß unter eilf
Troͤgen vier voll sind; der fuͤnfte hat schon eine gewisse Menge
Wassers verloren, und der achte ist ganz leer: es sind folglich vier ganz leer. Ich
bringe hierbei den Verlust des Wassers nicht in Anschlag, der durch die Centrifugal-Kraft entsteht,
und der die schnelle Ausleerung der Troͤge noch mehr beschleunigt.
In dem Rade, Fig.
5. hingegen sind unter sieben Troͤgen sechs beinahe voll, und der
siebente enthaͤlt noch eine ziemliche Menge Wassers. Man hat nichts von dem
Widerstaͤnde zu besorgen, welchen die Einsenkung von dem Wasser im Bache zu
befahren hat; die Scheidewaͤnde, welche die Troͤge bilden, senken sich
immer so schief ein, daß sie bei dem Durchgange durch das Wasser keine Schwierigkeit
finden: uͤberdieß sind die Arme des Rades in Winkel gehauen, die sie dem
Wasser darbiethen.
Es versteht sich, daß die Kraft dieser Raͤder gleich ist der Hoͤhe des
Falles und der Menge des Wassers, welche dieselben waͤhrend einer gegebenen
Zeit aufnehmen.
Da aber auf diese leztere Weise die Wirkung noch nicht so vollkommen ist, als sie
seyn koͤnnte, habe ich eine Vorrichtung ausgedacht, daß kein Wasser verloren
gehen kann, und daß dasselbe so lang in den Troͤgen bleibt, als zur
Vollendung seiner Wirkung nothwendig ist. Es handelt sich nur darum, daß es auf
gehoͤrige Weise in die Troͤge geleitet wird.
In dieser Hinsicht baue ich das Rad so, wie Fig. 6. im Aufrisse, Fig. 7. im
Grundrisse zeigt: in beiden Figuren bezeichnen dieselben Buchstaben dieselben
Gegenstaͤnde.
AB, ist eine hoͤlzerne Rinne, welche das
Wasser in die Troͤge leitet, die aus Blech sind: die Arme des Rades, die
Bogen, die Schluͤssel sind aus Eisen, und von der zu der bestimmten Arbeit
noͤthigen Festigkeit.
Das Wasser tritt an der inneren Seite des Umfanges des Rades ein, und legt sich daher
vorteilhafter, als auf die gewoͤhnliche gegenwaͤrtige Weise auf den
Arm des Hebels, wie die Fig. 8 und 9. Vergleichungs-Weise
zeigen. In Fig.
8. welche meine verbesserte Methode vorstellt, ist der Halbmesser des
Rades = 10 Fuß, der Mittelpunct der Einwirkung auf den Trog 2, in Fig. 6. faͤllt auf
9 Fuß 10 Zoll von dem Mittelpunkte der Umdrehung des Rades, waͤhrend in Fig. 9. der
Mittelpunkt der Einwirkung auf den Trog 2, in Fig. 4. auf 9 Fuß 2 Zoll faͤllt:
man gewinnt also durch diese Stellung der Troͤge allein 8 Zoll an dem Arme
des Hebels.
Wenn ferner der Stoß, mit welchem das Wasser in den Trog einstroͤmt, in
Rechnung gebracht werden darf, so wird dieser Stoß bei meinem Rade auf einem Hebet
von 9 Fuß 10 Zoll wirken, waͤhrend er, nach der alten Einrichtung, nur auf
einen Hebel von 8 Fuß 10 Zoll wirkt.
Allein, die Voltheile meiner Methode bestehen nicht bloß in solchen kleinen
Unterschieden, sondern vorzuͤglich darin, daß die Gegenscheidewaͤnde,
aaa, welche einen Theil der Troͤge
bilden, das Wasser noͤthigen, eine laͤngere Zeit uͤber in
denselben, und zwar so lange zu verweilen, als zur Vollendung der Wirkung nothwendig
ist. Man sieht, daß hier unter 11 Troͤgen 10 ganz voll sind, und daß der
eilfte anfaͤngt sich auszuleeren.
Ich lasse nur einen kleinen Abschnitt meines Rades in das Wasser tauchen, welches
sich unter dem Fallpuncte befindet, wodurch kein Nachtheil entsteht: man sieht, daß
die Gegenscheidewaͤnde des Wassers parallel mit dem Wasserspiegel durch das
Wasser durchziehen, und daher dasselbe nicht unter einem Winkel durchschneiden, der
einen Schlag oder Stoß auf das Wasser hervorbringen koͤnnte: wenn sie
heraustreten, haben sie keinen Widerstand zu uͤberwinden.
Statt der convulsivischen Geschwindigkeit, die ich oben den gegenwaͤrtigen
Raͤdern vorgeworfen habe, gebe ich meinem Rade nur eine Geschwindigkeit von
4, oder hoͤchstens 5 Fuß in einer Secunde.
Durch die Gegenscheidewaͤnde, aaa, kann das
Wasser nicht fruͤher aus den Troͤgen entweichen, als bis es seine
volle Wirkung hervorgebracht hat: da es bei dem inneren Umfange des Rades eintritt,
kann es nur bei dem aͤußeren heraus. Wenn man die Vortheile dieses Rades alle
gehoͤrig eingesehen hat, so wird man die Resultate, die ich
vergleichungsweise bei meinen Versuchen erhielt, nicht uͤbertrieben finden,
so unvollstaͤndig leztere auch gewesen seyn moͤgen. Ich habe gefunden,
daß die Kraft meines neuen Rades sich zu jener der gewoͤhnlichen Trograͤder
verhaͤlt, wie 138:100: keine unbedeutende Zunahme.
Fig. 8 und
9. sind in
doppelt groͤßerem Maßstabe bezeichnet, als Fig. 6 und 7. um die Wirkung des
Wassers auf diese beiden Raͤder deutlicher zur Vergleichung zu
versinnlichen.
Wenn man die hoͤlzerne Rinne zu lang faͤnde, so konnte man diesem
Nachtheile leicht dadurch abhelfen, daß man das Wasser senkrecht auf das Rad fallen,
und dann die Leitung sich kruͤmmen ließe, wie die punctirten Linien in Fig. 5.
zeigen.
Ich hatte anfangs die Rinne mir so gedacht, wie Fig. 10. dieselbe zeigt;
diese Vorrichtung hatte den Vortheil, daß dadurch das Falsch-Tragen der
Troͤge vermieden werden konnte, indem man zwei Reihen derselben angebracht
haͤtte, wovon die eine der anderen als Gegengewicht diente: dieses Rad
wuͤrde mehr Festigkeit und Gleichgewicht gehabt haben. Die Arme, aa, die sich mit den Schluͤsseln bb, vereinigen, wuͤrden der Maschine mehr
Gleichgewicht gegeben haben, indem hier Arme, Bogen, Schluͤssel und
Troͤge gleichsam ein Ganzes bilden: allein ich fuͤrchte, daß durch die
Zertheilung der Rinne, A, in zwei Arme ein Nachtheil
entstehen koͤnnte. Man bringt gewoͤhnlich das Rad so nahe als
moͤglich an der Mauer der Muͤhle an, um an der Laͤnge des
Wellbaumes zu ersparen: durch diese Vorrichtung wird das Rad von der Mauer entfernt.
Wer meine Methode befolgen will, hat zwischen diesen beiden Verhaͤltnissen
freie Wahl.