Titel: Bau einer Pendeluhr, welche den Ungleichheiten abhilft, die aus der Veränderlichkeit der Dichtheit der Luft entspringen. Von Franz Carlini. Aus Brugnatelli's Giornale di Fisica etc. T. VIII. p. 338. Von T. B. Fischer, C. M.
Fundstelle: Band 19, Jahrgang 1826, Nr. XIV., S. 74
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XIV. Bau einer Pendeluhr, welche den Ungleichheiten abhilft, die aus der Veraͤnderlichkeit der Dichtheit der Luft entspringen. Von Franz Carlini. Aus Brugnatelli's Giornale di Fisica etc. T. VIII. p. 338. Von T. B. Fischer, C. M. Mit einer Abbildung auf Tab. I. Fischer's, Bau einer Pendeluhr. Es ist bekannt, daß der Widerstand der Luft nicht merklich die Dauer der Schwingungen eines Pendels aͤndert, sondern daß er, im Gegentheile, auf diese nur Einfluß hat, indem er durch seine Dichtheit die Schwere des Gewichtes vermindert, welches an dem Pendel befestigt ist; so daß sein Einfluß groͤßer oder kleiner ist, je nachdem die specifische Dichtheit desselben Gewichtes kleiner oder groͤßer ist. Deßwegen verfertigt man die Linsen der Pendel gewoͤhnlich aus Blei, und noch besser wuͤrde man sie aus Gold oder Platin verfertigen, wenn diese Metalle nicht zu selten und kostbar waͤren. Wenn die Dichtheit der Luft bestaͤndig waͤre, so wuͤrde daraus keine andere Unbequemlichkeit hervorgehen, als die einer geringeren Kraft der Linse fuͤr den Widerstand gegen die nicht immer vollkommen regelmaͤßigen Stoͤße der bewegenden Kraft; allein da diese Dichtheit bestaͤndig sich aͤndert, wie dieses die barometrischen Beobachtungen beweisen, so muß daraus eine Ungleichheit in der Bewegung unserer Uhren entspringen, die von jener, welche durch die Erweiterung des Metalles entsteht, verschieden und unabhaͤngig ist. Dieser Gedanke ist so einfach, daß er schwerlich den Beobachtern und Kuͤnstlern, welche sich mit Vervollkommnung der Uhren beschaͤftigten, entgangen seyn kann; indessen finde ich doch keinen Schriftsteller, welcher ausdruͤklich davon Erwaͤhnung machte. Der erste, welcher mir Gelegenheit gab, uͤber diese Ursache der Unregelmaͤßigkeit nachzudenken, war der beruͤhmte Physiker Biot, in den wenigen Tagen, waͤhrend welcher wir das Gluͤk hatten ihn bei uns zu besizen, beschaͤftigt mit seinen Versuchen uͤber die Laͤnge des einfachen Pendels. Da ich mit ihm mich unterredete, ergab sich die Berechnung des Maximums der Ungleichheit, welche aus dieser Ursache fuͤr unsere Breiten sich ergeben koͤnnte. Hier mit wenigen Zeilen die Elemente dieser Berechnung. Die Dichtheit des Bleies, woraus meistentheils die Linse der Pendel-Uhren besteht, ist 11,35, wenn die Dichtheit des Wassers als Einheit angenommen ist; die Dichtheit der Luft, die groͤßte fuͤr uns wenn das Barometer auf 28 Zoll, 7 Lin., und das Thermometer auf –10° R. steht, ist 0,001228, und die geringste Dichtheit bei einem Barometerstande von 26.7 und einem Thermometer-Stande von + 27° ist 0,000959. Im ersten Falle wuͤrde die Linse in der Luft 0,001228/11,35 = 0,0001082 an ihrer Schwere verlieren, und im zweiten Falle nur 0,000959/11,35 = 0,0000845. Die Differenz der Schwere in beiden Faͤllen ist 0,0000237. Die Zahl der Schwingungen, die ein Pendel in 24 Stunden macht, steht im umgekehrten Verhaͤltnisse der Wurzeln der bewegenden Kraͤfte; wenn daher die Zahl der Schwingungen eines Pendels, welches im luftleeren Raume Secunden schlaͤgt, 86400 in 24 Stunden betraͤgt, so wird die Zahl der Schwingungen in der Luft Textabbildung Bd. 19, S. 75 wenn D die Dichtheit der Linse, und δ jene der Luft bezeichnet. Aus dieser Formel ergibt sich, daß in unserem Klima eine Pendeluhr durch die bloße Veraͤnderlichkeit der Dichtheit der Luft, um eine ganze Secunde in 24 Stunden abweichen kann. Dieses war ungefaͤhr das Ergebniß der Berechnung, welche ich mit dem beruͤhmten Physiker in runden Zahlen anstellte. Als ich spaͤter uͤber diese Sache nachdachte, fiel mir ein, eine mechanische Vorrichtung zu suchen, um diese Unregelmaͤssigkeit zu compensiren, wie man sie fuͤr die Wirkung der Waͤrme gefunden hat. Es ist gewiß, daß, wenn das Pendel aus einer homogenen Materie besteht, oder wenn, im Falle es auch aus Theilen von verschiedener Dichtheit besteht, diese alle unter ihren Aufhaͤngs-Punct gebracht sind, eine Zunahme der Dichtheit der Luft immer eine verzoͤgerte Geschwindigkeit in der Uhr herbeifuͤhren wird, und es kann daher keine Compensation Statt finden; aber anders wird sich die Sache verhalten, wenn wir annehmen, daß uͤber dem angegebenen Aufhaͤngs-Puncte ein Koͤrper von geringerer Dichtheit sich befindet, als jene der Linse oder des Hauptgewichtes ist, und mit ihm ein System bildet. Sezen wir, um diese Ideen festzustellen, man habe ein Pendel ABC, Tab. I. dessen Aufhaͤnge-Punct C, ist; in A sey eine Korkkugel vom Volumen v, und in C, eine bleierne Linse vom Volumen V; nimmt man die specifische Dichtheit des Korkes = d an, und die des Bleies = D, und nennt man, wie oben, die veraͤnderliche Dichtheit der Luft δ; so wird die bewegende Kraft des Koͤrpers A, seyn = (d – δ)/d die des Koͤrpers C = (D – δ)/D die Masse des Koͤrpers A = vd, die des Koͤrpers C = VD. Es sey nun L die Laͤnge des einfachen Pendels im leeren Raume, welches unserem in der Luft schwingenden zusammengesezten Pendel gleichzeitig ist; so erhaͤlt man, wenn man AB = x, BC = y sezt, und die Ausdehnung der Koͤrper A und C, und die Masse der Stange selbst, welche sie verbindet, vernachlaͤßigt. Textabbildung Bd. 19, S. 76 Gesezt nun, die Laͤnge L, sey bestaͤndig, fuͤr was immer fuͤr einen Werth von δ, so muͤssen die mit dieser Quantitaͤt multiplicirten Groͤßen weggelassen werden, was man erhaͤlt, wenn man yV = xv sezt, oder annimmt, daß die beiden Koͤrper in eine Entfernung vom Aufhaͤnge-Puncte gebracht werden, die im umgekehrten Verhaͤltnisse ihres Volumens steht. Aus dieser Aufloͤsung moͤchte man scheinbar schließen, es sey nicht nothwendig, daß die beiden specifischen Dichtheiten verschieden seyen, da naͤmlich die Gleichung yV = xv unabhaͤngig von diesen 2 Dichtheiten ist; allein man bemerke, daß, wenn die specifischen Dichtheiten gleich waͤren, der Neuner des Werthes von L = o seyn wuͤrde, das heißt, daß man ein Pendel haben wuͤrde, dessen Schwingungen von unbegraͤnzter Dauer waͤren. Es ist vielmehr noͤthig, daß die beiden specifischen Dichtheiten unter sich sehr verschieden seyen, damit die Kraft, welche das System bewegt, die moͤglich groͤßte sey; daher nahmen wir in unserem Beispiele das Blei und den Kork; statt dieses koͤnnte man nach Belieben eine hohle Kugel aus duͤnnem Kupferbleche anwenden. Wenn man das angegebene Verhaͤltnis zwischen den Dichtheiten und den Entfernungen vom Aufhaͤnge-Puncte behaͤlt, so bleibt es in unserer Willkuͤhr eine von diesen so zu bestimmen, daß der Apparat in der wirklichen Anwendung bequem werde. Es ist leicht einzusehen, daß, wenn man v = V, und x = y sezte, man ein Pendel von mehr, als dem Doppelten der gewoͤhnlichen Laͤnge verfertigen muͤßte, was einiger Massen laͤstig seyn wuͤrde. Wenn man hingegen x = 1/10 y, und y = 1 Fuß oder etwas daruͤber macht, so wird man dem Koͤrper A, den wir von sphaͤrischer Gestalt annehmen, einen Radius von 5 Centimetern geben koͤnnen. Das Volum dieses Koͤrpers wird dann 524 Kubik-Centimeter seyn, und 136 Gramme wiegen; da die bleierne Linse 1/10 des angegebenen Volumens haben muß, so wird er 52,4 Kubik-Centimeter haben und 595 Gramme, oder 22 Maylaͤndische Unzen wiegen; ein Gewicht, das hinlaͤnglich ist, um die Bewegung des Pendels zu unterhalten.Wir muͤssen uͤbrigens erinnern, daß wir bisher die zwei Massen von sphaͤrischer Gestalt angenommen haben, bloß um die Berechnung abzukuͤrzen; denn in der Wirklichkeit wird man besser thun, die linsenfoͤrmige zusammengedruͤkte Form beizubehalten, deren man sich gewoͤhnlich bedient, welche, da sie der Luft minder Widerstand leistet, zur Bewegung der Uhr eine bewegende Kraft in kleinerem Verhaͤltnisse anzubringen erlaubt.

Tafeln

Tafel Tab. I
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