Titel: | Gewisse Verbesserungen bei Anwendung des Dampfes, worauf Wilh. Nicholson sich am 22. October 1806 ein Patent geben ließ. |
Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. LVI., S. 228 |
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LVI.
Gewisse Verbesserungen bei Anwendung des Dampfes,
worauf Wilh. Nicholson
sich am 22. October 1806 ein Patent geben
ließ.Hr. Gill theilt
dieses Patent, dessen Termin schon laͤngst verfallen ist, wegen des guten
Erfolgs mit, den Hrn. Evans's Anwendung des Dampfes in Verbindung mit Luft auf die
Feuerung mit Cokes hervorgebracht hat. Da Hr. Nicholson
Lewis's
Wassergeblaͤse citirt, so theilt Hr. Gill dasselbe gleichfalls in Abbildung
mit. Diese Art von Geblaͤse ist jedoch in Deutschland zu bekannt, als daß
wir dasselbe hier beschreiben oder abbilden duͤrften.A. d. Ueb.
Aus Gill's technical Repository. September 1825.
S. 161.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Nicholson's Verbesserungen bei Anwendung des Dampfes.
Ich verwandle Wasser auf die gewoͤhnliche bekannte
Weise durch Anwendung der Hize in Dampf, und lasse denselben durch ein Loch oder
durch mehrere Loͤcher von der gehoͤrigen Groͤße ausfahren. Ich
lasse den Dampfstrom durch einen Theil der atmosphaͤrischen Luft fahren, oder
durch ein Gas, oder durch Dunst oder Rauch, wie ich es noͤthig finde. Ich
bringe ferner eine Roͤhre (die im Lichten rund gebohrt ist) in eine solche
Lage hinsichtlich des Dampf-, Luft- oder Dampf-Gas oder Rauchstromes, daß dieser
Strom durch diese Roͤhre durchziehen, und dadurch an den Ort seiner
Bestimmung gelangen kann. Diese Roͤhre ist im Lichten, weiter, als die
Oeffnung, durch welche der Dampf zum ersten Male heraus faͤhrt, und kann
innenwendig, wegen des Seitendruckes fluͤssiger Koͤrper,
(woruͤber Prof. Venturini mehrere Abhandlungen
schrieb, die sich in Nicholson's
Philosophical Journal befinden), eine beliebige
zwekmaͤßige Form haben. Diese Seitenwirkung fluͤssiger Koͤrper zeigt sich
vorzuͤglich bei dem alten, wohlbekannten, Wassergeblaͤse, wo man
dadurch Wind erzeugt, daß man Wasser durch eine senkrechte Roͤhre herabregnen
laͤßt: ebenso hat bei meiner Erfindung Seitendruck des Dampfstromes in
Hinsicht auf die ihn umgebende Luft etc. statt, welche dadurch fortgefuͤhrt
wird; so daß Dampf noch vortheilhafter und kraͤftiger wirkt, als das Wasser
in jenem alten Geblaͤse. Ich benuze diesen Dampf-Luftstrom 1. zum
Aufruͤhren, Impraͤgniren und Uebertreiben des Wassers und anderer
Fluͤssigkeiten bei der Destillation; 2. zum Oxidiren, Anfressen und
uͤberhaupt Veraͤndern des metallischen Zustandes des Bleies und
anderer Erze oder Mineralkoͤrper, die in Roͤhren, Muffeln, oder
Gefaͤßen mehr oder minder geheizt und so gelagert werden, wie es fuͤr
die beabsichtigte Veraͤnderung derselben durch den Dampf etc. nothwendig
scheint. 3. lasse ich diesen Dampf-Luftstrom durch die oben beschriebene
Roͤhre, oder in einigen Faͤllen bloß durch eine Oeffnung, in einen
Behaͤlter oder in ein Luftgefaͤß laufen, worin der Dampf verdichtet
wird, und woraus die atmosphaͤrische Luft, des Dampfes beraubt, in einen Ofen
oder auf irgend einen Feuerherd geleitet wird, um dort die Verbrennung zu
verstaͤrken.
In Fig. 4 ist,
a, eine Roͤhre, durch welche der Dampf aus
dem Kessel oder aus irgend einem anderen Dampf-Apparate ausfaͤhrt, und dann
durch eine Roͤhre, dd, durchzieht, und eine
große Menge Luft mit sich fuͤhrt, die bei den Seitenraͤumen, bb, eintritt. Dieses Gemenge von Luft und Dampf
tritt dann bei, cc, aus. Wenn die die
Roͤhre, dd, bildende Wand hohl ist, so daß
sie einen Raum, d, d, bildet, welcher das Licht der
Roͤhre, cc, umgibt, und dieser hohle Raum,
d, d, in Verbindung mit dem Dampfkessel oder mit dem
Dampfbehaͤlter steht, ohne daß irgend ein Theil durch diese Verbindung
verloren geht; so wird dieser Theil, d, d, beinahe so
heiß, als der Dampf selbst seyn, und der innere Dampf-Luftstrom wird durch die
Waͤnde dieser Roͤhre nicht abgekuͤhlt. Oder, wenn diese
Roͤhre, dd, aus gehoͤrigem Materiale
verfertigt ist, kann man sie mit Feuer umlegen und dadurch in jeder verlangten
hoͤheren Temperatur halten: im entgegengesezten Falle kann man sie auch, wenn
es noͤthig waͤre, mit irgend einer kalten Fluͤssigkeit oder
abkuͤhlenden Substanz umgeben. In diesem, wie in jedem anderen, Falle muß die
Oeffnung, a, von solcher Groͤße seyn, wie es die
moͤglich beste Entladung des Dampfes fordert, wobei auch die
Elastizitaͤt und Temperatur der Roͤhre, so wie Durchmesser, Form und Abstand zu
beruͤcksichtigen ist: Umstaͤnde, die sich nicht im Allgemeinen
vorhinein bestimmen lassen, sondern durch Versuche ausgemittelt werden
muͤssen.
Fig. 5 stellt
eine Verbesserung des alten Wassergeblaͤses dar, in welcher
urspruͤnglich ein Wasserfall durch eine senkrechte Roͤhre Luft in eine
regulirende Erweiterung herabfuͤhrt: Lewis,
Chaptal u.a. haben dieses Wassergeblaͤse beschrieben. Ich habe
Wasser von irgend einer Hoͤhe herab oder unter irgend einem anderen Drucke
durch, d, in die geschlossene Kammer oder Kiste, ee, gebracht, welche die Roͤhre oder den
Canal, bb
,
cc
, umgibt, und das Wasser durch die Seiten-Oeffnungen
bei, cc, abfließen laͤßt. Die Luft kann,
noͤthigen Falles auch durch andere Seiten-Oeffnungen, als gewoͤhnlich,
durchgelassen werden. Bei meiner Verbesserung wird ein Dampf-Luftstrom mit Gewalt
durch die Roͤhre, bb, durchgetrieben, und
zwar mittelst eines Dampfstromes von, a, aus, auf
dieselbe Weise, wie in Fig. 4 beschrieben wurde.
Hier, so wie bei mehreren anderen Anwendungen, kann der Dampf durch mehr dann eine
Oeffnung in die Roͤhre gelassen werden. Der untere Theil dieses verbesserten
Geblaͤses, Fig. 5, besteht, wie gewoͤhnlich, aus der Regulir-Trommel.
Fig. 6 zeigt
eine Weise, nach welcher mein Apparat so vorgerichtet werden kann, daß der Dampf ein
sehr starkes Geblaͤse bildet. m, stellt den
Kessel dar, aus welchem Dampf durch die Roͤhre, aa, ausstroͤmt, durch die derselbe in das Luftgefaͤß, nn, gelangt, und zwar durch die Oeffnung, b, oder durch die Roͤhre, bc, durch welche die Seiten-Wirkung
beguͤnstigt wird, und Luft und Dampf in das Wasser, ee, gelangen kann, aus welchem die Luft in den
oberen Raum, ff, aufsteigt, und durch, gg, in den Ofen, k,
faͤhrt. Kaltes Wasser wird auf die in Fig. 5 dargestellte Weise,
oder auf irgend eine andere Art durch die Roͤhre, dd, von irgend einer bedeutenden Hoͤhe
herabgelassen, oder mit einer Drukpumpe eingepumpt, oder, wie wir sogleich zeigen
werden, mittelst eines besonderen Behaͤlters. h,
ist eine Roͤhre, durch welche das erhizte Wasser entweichen kann, welches
jedoch dabei einen Widerstand zu uͤberwinden hat, indem es entweder nur in
der Dicke eines Fadens durch einen Sperrhahn durchgelassen wird, oder von einer
Klappe gedruͤckt wird, die es heben muß, oder durch eine lange Roͤhre
in eine bedeutende Hoͤhe hinaufsteigen muß. Der Druk oder Widerstand in dem
Luftgefaͤße kann, durch die beiden hier angegebenen Verbindungen, auf irgend eine beliebige
Weise erhoͤht werden. Bei, c, ist die senkrechte
Roͤhre dargestellt, als ob sie sich in eine oder in mehrere Klappen endete.
Sie sind eben nicht nothwendig, sie hindern aber den ploͤzlichen
Ruͤktritt des Wassers durch, b, wenn es jemals
noͤthig waͤre, die Einstroͤmung des Dampfes zu unterbrechen
oder aufzuheben.
Wenn man das Wasser bei, d, nicht bequem mit dem
gehoͤrigen Druke von oben herab herleiten kann, und man die Arbeit einer
Drukpumpe ersparen will, und keine andere Kraft anwenden kann oder will, so versenke
ich das Luftgefaͤß, nn, in gehoͤrige
Tiefe unter die Hoͤhe, aus welcher man das Wasser herbeischaffen kann,
wodurch die Roͤhre, d, lang genug wird, um den
gehoͤrigen Druck hervorzubringen, wozu selten mehr als 10 Fuß noͤthig
seyn werden. Die Entleerungsroͤhre, hi,
wird so hoch hinaufgefuͤhrt, als noͤthig ist, dem Wasser eine solche
Differenz in dem Hoͤhenstande desselben zu erreichen, wie sie zur Erzeugung
des erforderlichen Stromes hinreicht. In diesem Falle leite ich den Dampf-Wind
dadurch an seine Stelle, daß ich die Roͤhre, aa, verlaͤngere, oder, was besser ist, ich verlaͤngere die
Roͤhre oder den Canal, cb, uͤber den
obern Theil des Luftgefaͤßes, nn.
Wenn in dem oben angefuͤhrten Falle eines Mangels an Druk fuͤr die
Roͤhre, d, die so eben angegebene Abhuͤlfe
nicht angewendet werden koͤnnte oder wollte, leite ich das Wasser in
einzelnen verschiedenen Mengen aus einem besonderen Behaͤlter oder
Gefaͤße herbei; welches etwas uͤber dem Wasserstande, ee, in Fig. 6. erhaben ist.
Dieser Behaͤlter muß mit zwei Klappen oder Haͤhnen versehen seyn, oder
mit einem Hahne, welcher mehrere Durchgaͤnge hat, so daß dadurch eine
Verbindung zum Fuͤllen dieses Behaͤlters von außen entsteht,
waͤhrend gleichzeitig keine Verbindung zwischen dem Luftgefaͤße, nn, und diesem Behaͤlter Statt hat, und
wieder umgekehrt bei einer andern Stellung dieser Haͤhne, Klappen oder des
Hahnes eine Verbindung zur Ausleerung des Wassers aus diesem Behaͤlter
entsteht, waͤhrend gleichzeitig keine andere Verbindung nach außen Statt
hat.
Da das abwechselnde Leeren und Fuͤllen eines Gefaͤßes dieser Art in
Bezug auf Dampf bei einer Menge von Dampfmaschinen auf verschiedene Weise geschieht,
und allen Dampfmaschinen-Fabrikanten bekannt ist, so darf hier bloß bemerkt werden,
daß 1. dieses Oeffnen und Schließen der Klappen oder Haͤhne am bequemsten
mittelst eines Schwimmers in dem Luftgefaͤße oder in dem besonderen
Behaͤlter bewirkt wird, welcher Schwimmer mit einem Verbindungs-Schweife
versehen ist, der diese Klappen und Haͤhne oͤffnet oder schließt, je
nachdem er steigt oder faͤllt, ganz so, wie bei der Schlußstange oder dem
Compensations-Getriebe an Dampfmaschinen. 2. daß diese Stange, wenn sie außerhalb
der Gefaͤße spielen soll, durch eine Schlußbuͤchse laufen muß. 3. daß
eine Vorrichtung getroffen werden muß, durch Durchzuͤge durch die
Haͤhne oder auf irgend eine andere Weise, damit die Luft aus dem
Luftgefaͤße in den Behaͤlter kommen kann, waͤhrend das Wasser
sich aus dem lezteren entleert, und daß diese Luft wieder entweichen kann,
waͤhrend der Behaͤlter neues Wasser von außen erhaͤlt.
Die Dimensionen, Formen und Lage der Theile dieser Vorrichtung unterliegen vielen
Abaͤnderungen sowohl in Hinsicht auf Local-Verhaͤltnisse, als auf den
Zweck, zu welchem man diese Vorrichtung bestimmt hat: sie werden sich aber jedes Mal
bei einiger Geschiklichkeit und Einsicht leicht berechnen lassen.Es waͤre sehr zu wuͤnschen gewesen, daß, nachdem dieses Patent
bereits ausgelaufen ist, Hr. Gill uns die
Huͤttenwerke oder Fabriken angezeigt haͤtte, in welchen man
Hrn. Nicholson's seit beinahe 20 Jahren bekannte
Vorrichtung wirklich angewendet hat, und mit welchem Erfolge man sie
angewendet hat. Es waͤre nicht bloß fuͤr Geschichte der Erfindungen,
sondern fuͤr die praktische Technologie aͤußerst wichtig, wenn
irgend ein erfahrner englischer Techniker uns eine Uebersicht uͤber
das englische Patent-Wesen, oder vielmehr Unwesen, geben moͤchte, aus
welcher wir ersehen koͤnnten, wie viele von den 100,000 Patenten, die
seit 100 Jahren in England ertheilt wurden, noch wirklich am Leben sind. A.
d. U.