Titel: | Einige Untersuchungen über die Natur und Erscheinungen der Flamme. Von Hrn. Joh. Davies, M. W. S. etc., Vorleser über Chemie. |
Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. CXVI., S. 530 |
Download: | XML |
CXVI.
Einige Untersuchungen uͤber die Natur und
Erscheinungen der Flamme. Von Hrn. Joh. Davies, M. W. S. etc., Vorleser
uͤber Chemie.
Aus einer Vorlesung vor der Literary and
Philosophical Society of Manchester. 21. October 1825. In den Annales of
Philosophy. Decbr. 1825. S. 447. (Im Auszuge.)
Davies's, Untersuchungen uͤber die Natur und Erscheinungen
der Flamme.
Flamme, oder jene Art von Verbrennung, in welcher Licht
entwikelt wird, wird durch die schnelle Vereinigung eines brennbaren Koͤrpers
mit einem anderen erzeugt, welcher die Verbrennung unterhaͤlt.
Die Ursache der Entzuͤndung wurde bisher noch nie klar entwikelt. Man hat sie
zwar der Elektricitaͤt zugeschrieben; allein diese Erklaͤrung ist
etwas phantasiereich, und man kann uͤber dieselbe vielleicht jene Bemerkung
wiederholen, welche der Praͤsident dieser Gesellschaft neulich in einer
seiner Vorlesungen uͤber gewisse vorlaute und neumodische Speculationen
machte, indem er sagte, daß wir naͤmlich heute zu Tage so gescheidt geworden
sind, durch Einwirkung der Elektricitaͤt Alles zu erklaͤren, was wir
nicht verstehen.
Es ist indessen der Muͤhe werth, diese Hypothese hier in Kuͤrze zu
entwikeln.
In den meisten Faͤllen, in welchen Entzuͤndung Statt hat, ist
Wasserstoff der brennende Koͤrper, und seine Verbrennung wird durch seine
Verbindung mit dem Sauerstoff bewirkt. Wenn indessen Wasserstoff der einzige
brennbare Koͤrper ist, welcher bei der Verbrennung vorhanden ist, so ist die
Entzuͤndung immer schwach; wenn die Flamme glaͤnzend und stark seyn
soll, so scheint Kohlenstoff, in den gewoͤhnlichen Faͤllen, durchaus
unerlaͤßlich.
Bei dem Brennen einer gemeinen Kerze liefert die Zersezung des Talges den Wasserstoff
und einen Theil Kohlenstoff: der uͤbrige, obschon sehr geringe, Theil
desselben, kommt von dem Dochte; der Sauerstoff aus der atmosphaͤrischen
Luft. Erhoͤhung der Temperatur, wie z.B. durch ein brennendes Licht
hervorgebracht wird, ist zur Erzeugung des ersten Impulses zur Verbrennung
nothwendig; spaͤter geht die Verbrennung von sich selbst fort, indem die
Kerze einen Nachstuß von Waͤrmestoff durch die allmaͤhlich auf einander folgenden Mengen
von Waͤrme erhaͤlt, welche, wie man annimmt, durch die Verbindung der
beiden Elektricitaͤten entstehen, die durch die waͤhrend des
Verbrennens entbundenen Gasarten entwikelt werden. Diese Erklaͤrung, obschon
etwas willkuͤrlich, wird allerdings durch zwei auffallende Thatsachen
unterstuͤzt. I. Weiß man aus anderen Versuchen, daß die beiden, hier
vorzuͤglich thaͤtigen, Koͤrper sich im Zustande
entgegengesezter Elektricitaͤten befinden. II. gibt die Flamme, unter einigen
Umstaͤnden, Anzeigen, daß waͤhrend des durch die Verbrennung erzeugten
Wechsels Elektricitaͤt entwikelt wird.
Hinsichtlich auf die Natur der Flamme gibt es zweierlei Meinungen. Die erstere ist
jene des Hrn. Sym, welcher im 8. B. der Annals of
Philosophy zu beweisen versuchte, daß man eine Flamme abstuzen kann, und
daß sie bloß einen oberflaͤchlichen Verbrennungs-Proceß darbiethet. Die
zweite ist jene des Hrn. Davy, welcher glaubt,
„daß man die Flamme nicht als eine bloße Verbrennung an der
Oberflaͤche der Beruͤhrung des entzuͤndbaren Stoffes
betrachten kann.“
Hr. Sym, dessen Verdienste bisher auf eine
unerklaͤrbare Weise uͤbersehen wurden, hat einige sehr unterhaltende
und leichte Versuche zur Unterstuͤzung seiner Meinung angefuͤhrt.
„Wenn man ein feines Drahtgewebe horizontal quer uͤber die
Flamme einer Kerze haͤlt, so sieht die Flamme nicht wie
eingedruͤkt, sondern wie abgestuzt aus. Der Theil der Flamme, welcher
sich unter dem Drahtgewebe befindet, bleibt an Gestalt, Groͤße oder
Intensitaͤt unveraͤndert: nur der Theil, welcher oben seyn sollte,
ist verschwunden. Wenn man daher von oben herab durch das Drahtgewebe in die auf
diese Weise abgestuzte Flamme, sieht, so hat man Gelegenheit, den
Querdurchschnitt derselben zu untersuchen, und in das Innere derselben zu
bliken. Man wird alsogleich wahrnehmen, daß dieser Querdurchschnitt aus einem
schmalen leuchtenden Ringe besteht, der eine nicht leuchtende Scheibe umgibt;
obschon man die Dunkelheit dieser Scheibe beim ersten Anblike der schwarzen
Farbe des Dochtes zuschreiben kann, den man durch die Flamme sieht, so wird man
doch bei genauerer Untersuchung bemerken, daß der Docht nur den Mittelpunct der
dunkeln Scheibe einnimmt.“ Hr. Sym
behauptet daher, daß „nach den Sinnen zu urtheilen, der untere Abschnitt
der Flamme einer Kerze nur aus einem duͤnnen oberflaͤchlichen
Hautchen wirklicher Flamme besteht, die die Form eines Bechers hat, welcher
den Docht umgibt, und von unten einschließt, uͤbrigens mit
verfluͤchtigtem Wachse gefuͤllt ist.“
Sir Hr. Davy sagt in seinen Untersuchungen S. 46, daß man
„in jedem Falle die Flamme brennbarer Koͤrper als die
Verbrennung einer der Explosion faͤhigen Mischung von brennbarem Gase,
oder Daͤmpfe mit Luft ansehen kann. Man kann sie nicht als eine bloße
Verbrennung an der Oberflaͤche der Beruͤhrung mit dem brennbaren
Stoffe betrachten. Diese Thatsache erweist sich, wenn man eine brennende Kerze,
oder ein Stuͤk brennenden Phosphor in eine große Flamme von brennendem
Weingeiste haͤlt. Die Flamme der Kerze, oder des Phosphors wird in dem
Mittelpuncte der anderen Flamme erscheinen, zum Beweise, daß auch in dem Inneren
der Flamme Sauerstoff enthalten ist.“
Ich wiederholte diese Versuche, indem die hier angegebenen Thatsachen sich so sehr zu
widersprechen scheinen. Hrn. Sym's Versuche fand ich so,
wie ich sie angab. Was Hrn. Davy's Versuche betrifft, so
sah ich, daß, wenn man den Docht einer gewoͤhnlichen Kerze ausbreitet, und
kleine Stuͤke Phosphor und Schwefel auf der Spize einer Nadel in die Flamme
haͤlt, in dem Inneren einer gewoͤhnlichen Flamme keine Verbrennung
unterhalten wird. Aehnliche Versuche mit der Flamme der Weingeist-Lampe gaben
dieselben Resultate. Als zufaͤllig Phosphor am Dochte hangen blieb, blieb er
eine bedeutende Zeit uͤber an demselben, und verbrannte nicht ehe, als bis er
an den Rand der Flamme kam. Das hohe Ansehen des Sir H. Davy noͤthigte mich meine Versuche mit aller moͤglichen
Sorgfalt zu wiederholen. Ich legte ein Stuͤk Phosphor auf einem kleinen
hoͤlzernen Fuͤßchen in eine Wedgwood-Tasse, und goß Weingeist in
dieselbe so, daß er den Phosphor nicht erreichen konnte. Der Weingeist wurde nun
angezuͤndet, und die Flamme desselben umhuͤllte den brennbaren
Koͤrper vollkommen. Binnen wenigen Secunden ward der Phosphor fluͤßig,
und blieb in diesem Zustande auf seinem Fuͤßchen; er entzuͤndete sich
nie fruͤher, als bis der Weingeist gaͤnzlich verzehrt, und seine
Flamme verloschen war, obschon der Weingeist oͤfters drei bis vier Minuten
lang brannte. Sobald der Weingeist verbrannt war, loderte der Phosphor, dessen
Brennkraft niemahls auch nur im Mindesten durch obige Versuche geschwaͤcht
wurde, in lebhafter Flamme auf.
Wenn die Weingeist-Flamme so geblasen wurde, daß sie an ihrer Kante mit dem Phosphor
in Beruͤhrung kam, loderte dieser augenbliklich in Flammen empor, die aber
eben so augenbliklich wieder geloͤscht wurden, sobald die Weingeist-Flamme in
ihre vorige Lage zuruͤkkehrte, und die Flamme des Phosphors umhuͤllte.
In diesem lezteren Falle sott der Phosphor bloß. Das Innere einer Flamme vermag also
nicht Verbrennung zu unterhalten, und enthaͤlt keinen Sauerstoff.
Man brachte ferner das Ende eines gewoͤhnlichen Loͤthrohres in die
Weingeist-Flamme. Sobald man, und so oft man auf den Phosphor durch das
Loͤthrohr blies, und folglich Sauer-Stoff auf denselben einwirken ließ,
gerieth derselbe augenbliklich in Flammen: allein er verlosch wieder, sobald man
aufhoͤrte zu blasen.
Ich beruͤhrte ein Stuͤk Phosphor von der Groͤße einer Erbse, das
sich in dem Mittelpuncte einer Weingeist-Flamme befand, wiederholt mit einer
gluͤhenden Nadel. So oft die Nadel damit in Beruͤhrung kam, zeigte
sich ein schwacher, oft kaum bemerkbarer, Bliz; allein er entzuͤndet sich
nicht ehe, als bis die Flamme des Weingeistes verloschen, oder auf die oben bemerkte
Weise geblasen wurde. Das leichte Brennen bei Beruͤhrung mit dem
gluͤhenden Drahte scheint von dem Sauerstoffe herzuruͤhren, welchen
das Eisen-Oxid lieferte.
Ein ungefaͤhr einen halben Zoll langes Wachslicht wurde in einem kleinen
Becher senkrecht aufgestellt, angezuͤndet, und mit Weingeist umgeben. Die
Flamme des Weingeistes umhuͤllte jene des Wachslichtes, und fuͤhrte
die Flamme des lezteren auf eine sonderbare Weise weg: das ausgeloͤschte
Wachslicht hatte waͤhrend dieses Versuches von der sie umgebenden
Weingeist-Flamme nicht gelitten. Zuweilen geschah es, daß, wenn die Flamme des
Weingeistes verloschen war, die des Wachslichtes wieder, wie oben der Phosphor, von
selbst zu brennen anfing.
Diese Versuche stimmen nun mit Hrn. Sym's Ansicht, und
weichen von jener des Sir H. Davy ab.
Die große Kraft, mit welcher Argand'sche Lampen brennen, ruͤhrt von dem
Luftstrome her, der die Flamme hinansteigt. Dieser Luftstrom verdoppelt beinahe die
Oberflaͤche der Flamme, und da, alles Uebrige gleichgesezt, die
Intensitaͤt der Flamme in eben dem Maße zunimmt, muß die Wirkung eben so
zunehmen.
Daher die verhaͤltnißmaͤßig schwache Flamme in verduͤnnter Luft,
wo es an Sauerstoff fehlt, und folglich die Verbrennung an der Oberflaͤche
vermindert werden muß; daher die staͤrkere Verbrennung im Sauerstoffgas.
Einige Versuche des Hrn. Davy scheinen, bei dem ersten
Anblike, gegen den hier aufgestellten Grundsaz zu beweisen. Er fand naͤmlich,
daß, wenn die Luft so sehr verduͤnnt ist, daß eine kleine Flamme von
brennbarem Gase darin verloͤschen muß, eine groͤßere Flamme desselben
Gases darin noch immer brennt. Allein, dagegen laͤßt sich bemerken, daß eine
kleine Flamme zu schwach ist, um die geringe Menge noch vorhandenen Sauerstoffgases
anzuziehen, waͤhrend eine große, bei ihrer groͤßeren Hize und
Oberflaͤche, Kraft hierzu genug besizt.
Wenn Kerzen und Lampen bei dem Verbrennen Rauch erzeugen, so ruͤhrt dieß von
dem unvollkommenen Verbrennen aus Mangel an Sauerstoffgas her: sezt man die Kerze
oder die Lampe in Sauerstoffgas, so wird sie nicht mehr rauchen.
Man weiß, daß Gaslampen, bis auf einen gewissen Punct, desto mehr Licht geben, je
groͤßer die Anzahl der Loͤcher ist, durch welche das Gas
ausstroͤmt: uͤber diesen Punct hinaus wird das Licht wieder
schwaͤcher. Dieß laͤßt sich, wie es mir scheint, auf folgende Weise
erklaͤren: durch Vermehrung der Loͤcher, bis auf einen gewissen Punct,
vergroͤßert sich die aͤußere Oberflaͤche der Flamme, und,
folglich entsteht, nach Hrn. Sym's Ansicht, mehr Licht;
wenn man aber die Zahl dieser Loͤcher zu sehr vermehrt, werden die Flammen,
die ehevor abgesondert waren, sich wieder zu Einer vereinigen, deren
Oberflaͤche nothwendig kleiner seyn muß, als in dem vorigen Falle; folglich
wird auch das Licht schwaͤcher seyn. Der Durchmesser der Loͤcher darf,
nach Hrn. Dalton's Bemerkung, gleichfalls nicht
uͤber einen gewissen Grad verkleinert werden, wenn die Flamme hell bleiben
soll.
Hieraus erklaͤrt sich auch die erstaunliche Kraft des
Sauer-Wasserstoffs-Loͤthrohres. Hier wird der brennbare Koͤrper, der
Wasserstoff, so reichlich mit dem Erhaͤlter der Verbrennung, dem Sauerstoffe,
versehen, daß die Flamme, statt, wie gewoͤhnlich, bloß ein brennendes
Haͤutchen zu bilden, eine dichte Feuer-Masse wird. So wird auch bei dem
gemeinen Loͤthrohre die Flamme durch hinzugeblasenen Sauerstoff eine dikere
brennende Huͤlle erhalten, und daher ist ein mit dem Munde geblasenes
Loͤthrohr, indem
die Luft aus den Lungen weniger Sauerstoff enthaͤlt, als die
atmosphaͤrische Luft, schwaͤcher als ein Loͤthrohr, welches
atmosphaͤrische Luft zublaͤst.