Titel: | Noch einige Bemerkungen über die verschiedenen Arten der Flachs-Bewirthschaftung in Ireland. Von Wilh. Salisbury. |
Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. CXXXI., S. 581 |
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CXXXI.
Noch einige Bemerkungen uͤber die
verschiedenen Arten der Flachs-Bewirthschaftung in Ireland. Von Wilh. Salisbury.
Aus Gill's technical Repository December. 1825. S.
353.
(Im
Auszuge.)
Salisbury's, Bemerkungen uͤber die verschiedenen Arten der
Flachs-Bewirthschaftung in Ireland.
„Da die in der Rinde der Flachspflanze von den Blaͤttern zur Wurzel
herabsteigenden Saftgefaͤße, welche die Fasern bilden, nothwendig, nach
der Anhaͤftung der Blaͤtter, von verschiedenen Laͤngen
sind, und dieser Unterschied an einer und derselben Pflanze von 1 bis 20 Zoll,
und noch mehr, betraͤgt, so wird man finden, daß, wenn man einen
Buͤschel Flachsstaͤngel in der Hand haͤlt, man zwischen der
Hand und dem Wurzel-Ende weit mehr Fasern hat, als von dieser gegen die Spize
hin. Nun haͤlt man aber, wenn der Flachs geroͤstet, getroknet, und
zwischen tief
gefurchten Walzen, die das Holz des Staͤngels brechen und die Fasern
losmachen, durchgezogen wird, den Flachs bei den Wurzel-Enden; und eben so bei
dem Schwingen, wo alles Holzige, was noch an der Faser haͤngt,
weggeschlagen, und die reine Faser dadurch erhalten wird. Es wird folglich in
diesem Falle, wenn anders gehoͤrig geschwungen wird, wenig Faserstoff von
dem oberen Ende des Flachsstaͤngels verloren gehen; es ist aber jezt auch
erst das obere Ende gereinigt. Der Arbeiter muß nun den Flachs umkehren, und mit
dem unteren Ende dieselbe Operation vornehmen. Hier hat nun großer Abgang Statt.
Alle jene Fasern, welche von den Blaͤttern an der unteren Haͤlfte
der Staͤngel kommen, werden bei dem Schwingen weggeschlagen, und mit dem
Holze und den uͤbrigen Abfaͤllen vermengt, gehen dadurch
unwiederbringlich verloren, und dienen hoͤchstens als Brenn-Material, um
anderen Flachs zu doͤrren, der auf dieselbe Weise mißhandelt
wird.“
„Wenn man nun nicht (wie bei dem unsauberen Systeme des Roͤstens)
auf den Samen-Ertrag Ruͤksicht nimmt, so erhaͤlt man keinen Ertrag
vom Flachsbaue, weder als Trokenfutter fuͤr das Vieh, noch als
Duͤnger fuͤr den Boden, und es ist kein Wunder, wenn man bei einem
solchen Verfahren dem Flachsbaue, nachsagt, daß er den Boden erschoͤpft;
eine Methode, die viele Landwirthe von dem Flachsbaue abhaͤlt. Wenn die
Landleute mit ihrem Strohe eben so verfuͤhren, dasselbe erst halb im
Wasser verfaulen, und dann zu Asche verbrennen ließen, wuͤrden sie dem
Getreidebaue eben dieses Lob ertheilen koͤnnen.“
„Was die Maschinen betrifft, deren man sich zur Flachsbereitung bedient,
so ist allerdings richtig, daß die Brech- und Schwing-Muͤhlen diese
Arbeit leichter verrichten, als der Landmann dieselbe bei Hause nicht zu thun
vermag. In Lincolnshire, in Kent, wo der Arbeitslohn vier Mahl hoͤher
steht, als in Munster in Ireland, hat man allerdings gute Gruͤnde,
Maschinen anzuwenden; allein, die Gruͤnde, die dort gelten, haben nicht
in einem Lande Statt, wo der Mensch aus Mangel an Arbeit am Hungertuche nagen
muß, und fuͤr den billigsten Preis gern und willig arbeitet. Es ist einer
erwachsenen Person leicht, in Einem Tage, nach der neuen Methode, 16 Pfund
Flachsstaͤngel zu brechen, die ungefaͤhr 4 Pfund Haar geben. Wenn man
derselben nun fuͤr das Pfund Twopence (6 Kreuzer) bezahlt, so verdient
sich diese Person taͤglich 24 kr. Und nun fragt es sich, ob es nicht
besser ist, 6 Kreuzer fuͤr das Pfund oder 2 Shill. 8 Pence (1 fl. 36 kr.)
fuͤr den Stone zu bezahlen, oder 1 Shill. 1 Pence (39 kr.) auf der
Muͤhle, und dabei den Verlust an Flachs, die Verwuͤstung und
Bewerbung, die wir taͤglich sehen, ertragen zu muͤssen? In Ireland
sind keine Armen-Taxen, und die Anwendung von Maschinen bei einem Verluste, der
den Unterschied des Arbeitslohnes reichlich aufwiegt, ist den Armen
außerordentlich nachtheilig. In einem Lande, in welchem man Flachsbau und
Leinenhandel in Aufnahme bringen will, und welches sich in den oben angegebenen
Verhaͤltnissen befindet, muͤssen die Armen Beschaͤftigung
finden, wenn die Cultur des Landes gedeihen soll.“
„Arthur Joung, Middleton und andere, schaͤzen den Ertrag Eines Acre
Landes auf 30 bis 45 Stones Flachs, den Stone zu 14 Pfd. (vergl. Annals of Agriculture). Ehe ich ein anderes Werk
anfuͤhre, und zeige, was in Ireland, bei der besten Ernte, das Acre
Landes an Flachs gewinnt, will ich zeigen, was man nach meiner Methode am Flachsbaue gewinnt.“
„1) Wenn der Flachs auf dem Aker getroknet, und nicht im Wasser
geroͤstet wird, so verbessert er den Boden durch den Abfall von
Blaͤttern, und durch die Saͤfte seiner Staͤngel. Einige
aͤrmere Landleute hatten auf ihren wenigen Gruͤnden Klee zugleich
mit Flachs gebaut. Als sie den Flachs ausrauften, und auf das Feld zum Troknen
hinlegten, bemerkte man deutlich, daß der Klee an jener Stelle, wo der Flachs
lag, besser gedieh; die jungen Pflaͤnzchen wurden dadurch
geschuͤzt, und durch die verwitterten Blaͤtter zugleich
geduͤngt. Der Klee gab, so behandelt, die beste Ernte, die ich jemahls
sah.“
„2) Die Samen werden dadurch, so gut wie bei der hollaͤndischen
Methode, erhalten.“
„3) Gibt eine mittlere Flachs-Ernte, nach Abschlag der Samen, zwei Tonnen
Flachs-Staͤngel, von welchen man Alles brauchen kann.“
„Der getroknete Flachs kann, nach Muße des Landmannes eingefahren, und auf
die bereits erwaͤhnte Weise gebrochen werden; das verderbliche Schwingen
bleibt weg, und die Fasern werden bloß mit der Hand gereinigt, wodurch ich, nach oft
wiederholten Versuchen, immer Ein Viertel des angewendeten
Gewichtes Flachsstaͤngel an Haar oder Flachs von der besten
Quantitaͤt erhalte. Zehn Zentner ist daher der
gewoͤhnliche, ich koͤnnte sagen, der Durchschnitts-Ertrag Eines Acre Landes an feiner Flachs-Faser oder Haar
nach meiner neuen Methode; denn ich habe oͤfters 12 1/2 Zentner
geerntet.“
„Der holzige Theil des Flachsstaͤngels, welcher nach Beseitigung
des Faserstoffes uͤbrig bleibt, enthaͤlt Zuker,
Gaͤrbestoff, Pflanzenschleim etc., und gibt folglich ein nahrhaftes
Futter fuͤr das Vieh. Einer der besten Thielaͤrzte unseres Landes
versicherte mich, daß, nach einer Reihe von ihm hieruͤber angestellter
Versuche, der holzige Theil des Flachses, als Pferdefutter, immer den halben
Hafer-Preis werth ist.“
„Der Landmann verbessert also den Boden, wenn er den Flachs auf dem Aker
troknet; er erhaͤlt Samen zum Anbaue, und der Ueberrest gibt ihm Oehl; er
erhaͤlt ferner eine bedeutende Menge Pferdefutter,Da das Holz des Flachses außerordentlich leicht ist, und den Pferden
leicht in die Nase kommen koͤnnte, so muß man dasselbe bei dem
Fuͤttern anfeuchten. Man mengt es mit Hafer, wie den
Haͤkerling, oder fuͤttert auch das Vieh damit, indem man
es mit den schlechteren eingeweichten Leinsamen mengt, so daß man Ein
Pek Samen auf zwei Bushels Flachsholz rechnet, und einige Gallons
siedendes Wasser zurichtet, wodurch man einen Brei erhaͤlt, der
das Vieh gut maͤstet. A. d. O. und zugleich mehr und feineren Flachs nach meiner Methode.“
„Nun heißt es aber in dem Report of the Irish Linen
Board S. 35, daß, in demselben Jahre, in welchem ich auf dieser Insel
meine Versuche in Munster machte, im J. 1823, 22 Buͤndel Flachs, wovon
jeder 20 Pfd. wog, also 440 Pfd. roher Flachs, auf den Schwing-Muͤhlen 4
Stones (hier zu 16 Pfd.) und 14 Pfd., oder Ein FuͤnftelDieses Fuͤnftel wuͤrde noch geringer ausgefallen seyn, wenn
man den Verlust bei dem Roͤsten haͤtte mit in Anschlag
nehmen koͤnnen.A. d. Ueb. und 14 Pfd. Haar gaben. Nach meiner neuen
britischen Methode erhaͤlt man aber Ein Viertel Haar; man hat
also auf den Muͤhlen 38 Pfd. bei dieser geringen Menge verloren, denn man haͤtte 6
Stones 8 Pfd. erhalten muͤssen. Dieß in Geld nach dem damaligen Preise
verwandelt, gibt
6 Stones
8 Pfd.
zu
8 Shill.
= 2 Pfd.
Sterl.
8 Shill.
4
–
14 –
–
8 –
= 1 –
–
12 –
–––––––
16 Shillings
zu Gunsten des neuen britischen Systemes.“
„Nach S. 109. war der Ertrag von 9 Acres Land 350 1/2 Stones Flachs von
der Schwing-Muͤhle weg. Nach dem britischen Systeme wuͤrde man
aber 24 Stones mehr, und im Gelde 9 Pfd. Sterl. 13 Shill. mehr gewonnen haben;
eine Summe, die der Rente des Landes in mehreren Gegenden, wo der beste Flachs
erzeugt wird, gleich kommt.
„Obige Angaben wurden in der Absicht gemacht, um die Vortheile der
Schwing-Muͤhlen zu zeigen. Sie wurden also sicher nicht zu gering
angeschlagen.“
„Nach meiner Methode werden nun an Obigem noch 40 Bushels
Flachs-Staͤngel, im Werthe 40 Shill. erspart, die, als Pferdefutter
verwendet, halben Hafer-Preis haben.“
„Noch mehr. Es mußte dem Inhaber der Flachs-Muͤhle fuͤr
Zubereitung der obigen Quantitaͤt Flachses 16 Pfd. Sterl. 9 Shill. 8 1/2
Pence bezahlt werden; wozu der Muͤller wahrscheinlich vier Arbeiter
fuͤnf Tage lang brauchte, indem eine Muͤhle mit vier Arbeitern,
nach meiner Erfahrung, taͤglich 75 Stones aufarbeitet. Dieß gibt nun 20
Tagwerke, und wir wollen annehmen, daß das Taglohn Einen Shilling betrug, weil
die Arbeiter das Flachs-Schwingen, oder vielmehr Fachs-Verderben
verstanden.“
„Nun galt aber ein Taglohn von 8 Pence (24 kr.) waͤhrend meines
Aufenthaltes in Munster fuͤr den besten Taglohn, und jeder arme
Irelaͤnder wuͤrde sich gluͤklich geschaͤzt haben,
taͤglich so viel verdienen zu koͤnnen; die Arbeiter wuͤrden
also, nach meinem Plane, ohne diese Flachs verwuͤstenden Muͤhlen,
beinahe 12 Monathe im Jahre uͤber Unterhalt gefunden haben. Die Folgen
hiervon sind einleuchtend.