Titel: | Ueber das Vorkommen von wasserfreiem Eisen-Persulphat in dem Rükstande, den man bei Concentration der käuflichen Schwefelsäure erhält, und über die Reaction der Schwefelsäure und der schwefelsauren Eisenverbindungen. Von A. Bussy und L. R. Lecanu. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. XVII., S. 69 |
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XVII.
Ueber das Vorkommen von wasserfreiem
Eisen-Persulphat in dem Rükstande, den man bei Concentration der käuflichen
Schwefelsäure erhält, und über die Reaction der Schwefelsäure und der schwefelsauren
Eisenverbindungen. Von A.
Bussy und L. R.
Lecanu.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. September.
1825. S. 20.
Bussy, über das Vorkommen von wasserfreiem Eisen-Persulphat in dem
Rükstande von Schwefelsäure.
Man hielt bis jezt den Bodensaz, der sich in den Gefaͤßen bildet, in welchen
die Schwefelsaͤure-Fabrikanten die Concentration ihrer Saͤure
vornehmen, fuͤr schwefelsaures Blei. Dieß ist jedoch nicht so, wie wir uns
bei Untersuchung mehrerer dieser Niederschlaͤge von verschiedenen Fabriken zu
uͤberzeugen Gelegenheit hatten. Wir fanden, daß dieselben beinahe ganz aus
wasserfreiem Eisen-Persulphate bestehen, mit welchem zuweilen etwas Kieselerde
vermischt ist.
Diese Beobachtung machte in uns den Wunsch rege, einige Versuche uͤber die
gegenseitige Wirkung der Schwefelsaͤure und der schwefelsauren
Eisen-Verbindungen anzustellen, deren vorzuͤgliche Resultate wir hier angeben
wollen.
Wenn man das krystallisirte Eisen-Proto-Sulphat bei der gewoͤhnlichen
Temperatur mit Schwefelsaͤure von 66° in Beruͤhrung bringt, so
verliert dasselbe bald seine gruͤne Farbe, wird vollkommen weiß, und
zertheilt sich; gewiß in Folge der Entziehung seines Krystallisations-Wassers.
Zugleich erhaͤlt die Fluͤßigkeit eine schoͤne rosenrothe Farbe,
welche an Intensitaͤt zunimmt, und ins Purpurfarbene uͤbergeht. Die
anfangs truͤbe Fluͤßigkeit klaͤrt sich auf, so daß man dann die
gefaͤrbte Saͤure von dem weißlichen, bloß aus wasserfreiem
Eisen-Protosulphate bestehenden, Bodensaze abgießen kann. (Das vorher getroknete
Eisen-Protosulphat theilt der Saͤure bei seiner Aufloͤsung eine
aͤhnliche Farbe mit).
In diesem Zustande ist die rosenrothe Fluͤßigkeit eine wahre Aufloͤsung
des Eisen-Protosulphates in Schwefelsaure. Sezt man derselben eine bestimmte Menge
destillirtes Wasser zu, so nimmt die rosenrothe Farbe immer mehr an
Intensitaͤt ab, und verschwindet endlich ganz, wenn die Dichtheit der
Saͤure hinlaͤnglich vermindert ist; die Fluͤßigkeit biethet dann nur
mehr die gewoͤhnlichen Kennzeichen einer verduͤnnten Aufloͤsung
von Eisen-Protosulphat dar.
Dieselbe Entfaͤrbung geschieht auch durch alle Koͤrper, welche im
Stande sind, das Eisen auf das Maximum der Oxidation zu bringen, wie z.B. das
Mangan- und Blei-Peroxid, oder noch besser durch Zusaz einiger Tropfen
Salpetersaͤure. Die Entfaͤrbung derselben erfolgt dann augenbliklich,
und auf eine sehr merkwuͤrdige Weise. Die Fluͤßigkeit behaͤlt
durch die Dazwischenkunft des Eisen-Persulphates bloß eine leichte Truͤbung,
wird aber bei geringer Waͤrme schnell gefaͤllt.
Sezt man die rothe Aufloͤsung des Eisen-Protosulphates in
Schwefelsaͤure der Wirkung der Waͤrme aus, so geht das Protosulphat in
den Zustand eines Persulphates uͤber, welches sich zu Boden sezt, und die
Fluͤßigkeit wird vollkommen entfaͤrbt. Das Persulphat, welches sich
unter diesen Umstaͤnden bildete, bestand, nachdem es von der obenstehenden
Fluͤßigkeit getrennt, und dann mit concentrirtem Alkohole abgewaschen worden
ist, um die lezten Theilchen der Saͤure zu entfernen, aus:
Eisen-Peroxid
40
Schwefelsaͤure
60
–––––
100
d.h. aus 3 Atomen Schwefelsaͤure auf 1 Atom Peroxid.
Dieses Salz entspricht demjenigen, welches Thomson in
seinem Werke unter dem Namen Tri-Persulphas Ferri
bezeichnet.
Obwohl es in großer Menge in Wasser aufloͤslich ist, so laͤßt es sich
doch nur sehr schwer von dieser Fluͤßigkeit angreifen, wenn es durch
laͤngere Beruͤhrung mit siedender Schwefelsaͤure einen hohen
Grad von Cohaͤsion erreicht hat; eine Wirkung, welche auch entsteht, wenn man
Eisen-Protosulphat stark troknet. Wegen dieser Eigenschaft, und wegen der weißen
Farbe, die es besizt, wurde der, bei der Concentration der kaͤuflichen
Schwefelsaͤure sich bildende, Bodensaz bis jezt fuͤr schwefelsaures
Blei gehalten; allein man erkennt leicht, daß er aus einem Eisen-Salze besteht, wenn
man ihn mit Ammonium behandelt, welches ihn leicht zersezt.
Aus dem Angefuͤhrten geht hervor:
1) daß die Schwefelsaͤure von 66° schwefelsaures Eisen auf dem Minimum
aufloͤsen kann, wobei sie sich roth faͤrbt.
2) daß die Aufloͤsung von Eisen-Protosulphat in Schwefelsaͤure durch die Einwirkung
verschiedener oxidirender Koͤrper, oder der bloßen Waͤrme leicht auf
das Maximum uͤbergeht.
3) daß die concentrirte Schwefelsaͤure kein schwefelsaures Eisen auf dem Maximum aufloͤst, obwohl sich dieses
aufloͤst, wenn jene gehoͤrig verduͤnnt ist.
Diese Thatsachen scheinen uns auf eine hinreichende Weise die Bildung des fraglichen
Bodensazes, und die Abwesenheit des Eisens in der kaͤuflichen
Schwefelsaͤure zu beweisen. Der Schwefel, welcher zur Bereitung derselben
angewendet wird, enthaͤlt, da er nicht destillirt wird, eine gewisse Menge
Schwefel-Eisen, und dieses Schwefel-Eisen, welches in Folge der Verbrennung in ein
schwefelsaures Salz verwandelt, und mit einem Theile des Schwefels von den
entstehenden Gasen fortgerissen wird, loͤst sich in der schwachen
Schwefelsaͤure auf, und scheidet sich bei deren Concentration ab,
waͤhrend die geringe Menge schwefelsaures Blei, welche durch die Einwirkung
der Schwefelsaͤure auf die, bei dieser Fabrication gebraͤuchlichen,
bleiernen Gefaͤße gebildet wird, aufgeloͤst bleibt, indem es in
concentrirter Schwefelsaͤure viel leichter aufloͤslich ist, als in
schwacher.
Wir schließen mit der Bemerkung, daß der Bodensaz von schwefelsaurem Eisen, der durch
Concentration der gewoͤhnlichen Schwefelsaͤure entsteht, zur Bereitung
der rauchenden Schwefelsaͤure sehr geeignet zu seyn scheint, und daß man die
zugleich oxidirende und austroknende Wirkung, welche die Schwefelsaͤure auf
das schwefelsaure Eisen, auf dem Maximum ausuͤbt, benuͤzen
koͤnnte, um sich auf eine leichte Weise eine große Menge des, zur Bereitung
der Nordhaͤuser Schwefelsaͤure tauglichen, wasserfreien
Eisen-Persulphates zu verschaffen.
Zusaz.
Der Schlamm, welcher sich in der k. b. priv. Schwefelsaͤure-Fabrik zu Augsburg
von Zeit zu Zeit bei der Concentration der Saͤure in den Bleipfannen absezt,
enthaͤlt ebenfalls zuweilen wasserfreies schwefelsaures Eisenoxyd mit
schwefelsaurem Eisenoxydul. Jene Salze finden sich uͤbrigens darin nur in
sehr geringer Menge, ein Beweis, daß der Schwefel, welcher bisher in dieser Fabrik
angewendet wurde, nur selten Schwefel-Eisen enthielt. Die Hauptbestandtheile dieses
Schlammes sind schwefelsaurer Kalk und schwefelsaures Blei. Es ist einleuchtend, daß
die Kalkerde, welche das in der Kammer vorgeschlagene Wasser enthaͤlt, sich
groͤßtentheils in den Pfannen bei der Concentration der Saͤure als Gyps ausscheiden muß,
und es ist wohl unvermeidlich, daß durch die gleichzeitige Wirkung der salpetrichten
Saͤure und Schwefelsaͤure in der Kammer nicht stets etwas Blei oxydirt
und aufgeloͤst wird, obgleich die Bildung des schwefelsauren Bleies durch
eine solche Einrichtung der Kammer, wobei moͤglichst wenig Stikstoffoxydgas
zur Erzeugung der Schwefelsaͤure noͤthig ist, gewiß sehr
beschraͤnkt werden kann. Außer den genannten Salzen findet sich in dem
Schlamme noch jener Schwefel, welcher auf dem Herde durch die Gasarten fortgerissen,
und dadurch der Verbrennung entzogen wurde. Die Kieselerde, welche man bei der
Untersuchung des Schlammes findet, kommt zufaͤllig als Sand hinein. Seine
graulich, weiße Farbe, muß verkohlten organischen Substanzen zugeschrieben
werden.
Wenn der Schwefel, den man zur Erzeugung der Saͤure benuzt, Schwefelselenium
enthaͤlt, so wird die Saͤure in der Kammer roth gefaͤrbt. Beim
Erkalten sezt sie sodann allmaͤhlig Selenium in rothen Floken ab. Schneller
und vollstaͤndiger aber wird dieser Koͤrper bei der Concentration der
Saͤure in den Bleipfannen ausgeschieden. Erhizt man in solchem Falle den
Schlamm auf einem Porcellanscherben, so brennt der Schwefel mit einem
durchdringenden rettigartigen Nebengeruch ab. Die Faͤrbung der Saͤure
ist auf der hiesigen Fabrik oͤfters beobachtet worden; der Schwefel, welchen
man in diesen Faͤllen angewendet hatte, war aus dem Salzburgischen.
Ungelaͤuterter roher Schwefel, welcher zur Fabrikation der Saͤure nicht
angewendet wird, enthaͤlt oft Schwefel-Arsenik. Die Erfahrung hat gelehrt,
daß, wenn sein Gehalt daran bedeutend ist, bei seiner Anwendung ein Theil Arsenik
als Arsenichte-Saͤure in die verduͤnnte Schwefelsaͤure
uͤbergeht. Wird die Saͤure nun in den Bleipfannen concentrirt, so
zieht sich die Arsenichte-Saͤure, so in den Schlamm hinein, daß die
daruͤberstehenden Saͤureschichten kaum Spuren davon bei der
Untersuchung zu erkennen geben. Dieses ist der Grund, warum selbst bei der Anwendung
eines solchen Schwefels (welche uͤbrigens in jedem Falle zu verwerfen ist),
nicht leicht Arsenichte-Saͤure in die voͤllig concentrirte
Schwefelsaͤure uͤbergehen kann. Durch eine zu rasche Verbrennung des
Schwefels auf dem Herde kann SchwefelSwefel-Arsenik von den Daͤmpfen fortgerissen werden, und dadurch in den
Schlamm kommen.
E. D.