Titel: | Ueber die Mittel, die Gärbe-Kraft in zusammenziehenden Stoffen zu bestimmen. Von Hrn. Edward Bell-Stephens, chemischen Assistenten bei der königl. Dublin Society. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. XLVI., S. 168 |
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XLVI.
Ueber die Mittel, die Gärbe-Kraft in
zusammenziehenden Stoffen zu bestimmen. Von Hrn. Edward Bell-Stephens, chemischen Assistenten
bei der königl. Dublin Society.
Aus den Annales of Philosophy. Decbr. 1825. S.
401.
Bell-Stephens, über die Mittel, die Gärbe-Kraft in
zusammenziehenden Stoffen zu bestimmen.
Unter allen von Chemie abhaͤngigen Gewerben, sey es nun, daß man das Verfahren
bei denselben erklaͤren, oder verbessern will, bedarf, ungeachtet der
Aufmerksamkeit, die wissenschaftlich gebildete Maͤnner demselben schenkten,
keines so sehr ihres Beistandes, als die Gaͤrberei.
Ungeachtet der gluͤklichen Entdekung Seguin's in
Hinsicht auf die
Verwandtschaft zwischen Gaͤrbestoff und Gallerte, von welcher man sich eine
Art analytischer Gewißheit in dieser Kunst versprechen konnte, ist der praktische
Gaͤrber doch noch immer nicht im Stande, die Guͤte irgend einer Lohe
vor dem Gebrauche derselben anders, als durch ihre aͤußeren Kennzeichen, zu
schaͤzen. Sein Urtheil haͤngt lediglich von der Farbe, von dem
Geschmake, und von der gesunden Bruͤchigkeit ab,
welche leztere in vielen Faͤllen ein wohlgeuͤbtes Auge fordert, um
gehoͤrig von jener Bruͤchigkeit unterschieden werden zu
koͤnnen, die vom anfangenden Moder herruͤhrt. Er, kann wohl, bloß nach
dem Auge, gesunde und ungesunde Lohe derselben Art
unterscheiden; wenn aber beide frisch und gesund, oder von verschiedener Art sind (z.B. Valonia und Kork-Eichen-Rinde), hilft ihm
weder Auge noch Zunge, den Werth der einen oder der anderen zu bestimmen.
Jede Methode, die den Gaͤrber in den Stand sezt, mit Leichtigkeit und
Sicherheit den verhaͤltnißmaͤßigen Werth verschiedener
Gaͤrbe-Mittel, deren es immer verschiedene Sorten auf dem Markte gibt, durch
Pruͤfung der Muster vor dem Kaufe zu bestimmen, ist ein Schritt mehr, um sein
Gewerb sicher, und seinen Gewinn staͤtig und regelmaͤßig zu
machen,Ein Freund versicherte mir, daß man ihm vor 30 Jahren Valonia aus Italien
fuͤr 4 Pfund Sterl. die Tonne anboth; er nahm sie nicht, weil er sie
nicht durch Erfahrung pruͤfen konnte. Gegenwaͤrtig geben die
Gaͤrber gern 7 Mahl so viel dafuͤr: 23 Pfund Sterl.
fuͤr die Tonne. A. d. O. und muß, ohne Zweifel, allgemeine Verbesserung in jedem Zweige seines
Gewerbes herbeifuͤhren.
Dieß ist der Zwek des gegenwaͤrtigen Versuches. Da indessen mehrere Chemiker
von entschiedenen Talenten und ausgebreiteten Kenntnissen mir auf dieser Bahn
vorausgegangen sind, und da bereits ein Mann von hohem Ansehen ein Verfahren zu
diesem Zweke vorzeichnete, so ist es vielleicht nicht unschiklich die
Umstaͤnde anzugeben, welche die Beseitigung dieses so sehr empfohlenen
Verfahrens eben so leicht als nothwendig machen.
Im Jahre 1803 hat Sir H. Davy in den Phil. Trans. einen Versuch
uͤber vegetabilische zusammenziehende Mittel (On vegetable Astringents), und einen anderen in den Journals of the royal Institution
uͤber das Verfahren
bei dem Gaͤrben (on the
Process of Tanning), bekannt gemacht, welche beide fuͤr den
praktischen Gaͤrber aͤußerst wichtig sind, indem sie ihm eine klare
und meisterhafte Erklaͤrung der verschiedenen Arten chemischer Wirkung
darbiethen, welche bei diesem interessanten Gewerbe Statt haben. Diese
schaͤzbaren Versuche beweisen den gluͤklichen Tact des talentvollen
Verfassers in Anwendung wissenschaftlicher Untersuchungen auf praktische
Gegenstaͤnde.
In diesem trefflichen Geiste nuͤzlicher Beleuchtung schlaͤgt Sir H. Davy folgendes Verfahren (S. Journ. Roy. Instit. 1803) vor, die erwuͤnschte mercantile
Vergleichung zu erhalten:
„Die zu Versuchen uͤberhaupt am besten geeignete
Gallerte-Aufloͤsung wird aus Einer Unze Leim oder Hausenblase in drei
Pinten siedenden Wassers verfertigt.“
„Der in Hinsicht auf seine Gaͤrbungs-Kraft zu untersuchende
Koͤrper kann in einer Quantitaͤt von zwei Unzen angewendet werden,
und muß grob gepuͤlvert oder in kleinen Stuͤken seyn. Ein Quart
siedendes Wasser wird hinreichen, die adstringirenden Stoffe desselben
aufzuloͤsen.“
„Die Leim- oder Gallerte-Aufloͤsung muß in die Aufloͤsung
des Gaͤrbe-Mittels so lang gegossen werden, bis kein Niederschlag mehr
entsteht.“
„Die getruͤbte Fluͤßigkeit muß man durch ein
vorlaͤufig abgewogenes Stuͤk Loͤschpapier durchlaufen
lassen.“
„Nachdem der Niederschlag gesammelt, und das Papier getroknet wurde, wird
die Zunahme an Gewicht an dem lezteren bemerkt, und ungefaͤhr zwei
Fuͤnftel dieser Gewichts-Zunahme koͤnnen als die Menge
Gaͤrbestoffes, welche in einer Unze des zu untersuchenden
Gaͤrbe-Materials enthalten ist, betrachtet werden.“
Wenn sich keine gegruͤndeten Einwuͤrfe gegen dieses dem Anscheine nach
einfache Verfahren gefunden haͤtten, so wuͤrde dasselbe der
Leder-Manufactur groͤßere Vortheile gewaͤhrt haben, als keine
fruͤhere wissenschaftliche Untersuchung derselben bisher noch jemahls
geleistet hat; allein Sir H. Davy hat mit seiner
gewohnten Aufrichtigkeit bemerkt, daß mehrere Schwierigkeiten bei dieser Operation
vorkommen (Phil. Trans. 1803), welche, wenn man der
Genauigkeit sicher seyn will, besondere Aufmerksamkeit erfordern, und daher in
irgend einer anderen Hand, als in jener eines geschikten praktischen Chemikers,
dieses Verfahren hoͤchst unsicher machen.
Nach meiner Erfahrung kann ich versichern, daß die bloße Idee solcher Schwierigkeiten
und solcher Genauigkeit bei diesem Verfahren, welche nach dem Ausspruche ihres
Empfehlers selbst unerlaͤßlich ist, vollkommen hinreichend war, jedem, der
sich zu Dublin mit Gaͤrberei abgibt, von einer solchen Analyse abzuschreken;
da aber dieser Gegenstand in der That hoͤchst wichtig ist, und da die
gelehrte Welt noch immer zu glauben scheint, daß dieses Verfahren, bei
gehoͤriger Aufmerksamkeit, zu genauen Resultaten fuͤhren kann, so ist
es vielleicht der Muͤhe werth, die Quellen des Irrthumes aufzusuchen,
welcher, nach meiner Ansicht, dasselbe gaͤnzlich unzulaͤßig macht.
1) Der Grad der Concentration der
Gallerte-Aufloͤsung sowohl, als jener des Gaͤrbestoffes, hat einen
entschiedenen Einfluß auf die Menge des gebildeten Niederschlages; die staͤrksten Aufloͤsungen geben den meisten;
so daß ein Muster schlechter Lohe, das nur zum Theile das angewendete Quart Wasser
saͤttigte, nach dieser Ansicht, bei seinem geringen Niederschlage
schwaͤcher scheinen muß, als es wirklich ist. Dieß ist eine sehr ernsthafte
Ursache von Unzuverlaͤßigkeit; denn es gibt kein Mittel dagegen. Abdampfung,
um die Staͤrke der Aufguͤsse auszugleichen, ist hier
unzuverlaͤßig, indem durch Sieden, oder selbst nur durch maͤßige
anhaltende Hize bei Zutritt der Luft, sowohl der Gaͤrbestoff, als der
Extractivstoff, sich in Gestalt eines unaufloͤsbaren Koͤrpers niederschlaͤgt.
Neue Zusaͤze des zu untersuchenden Gaͤrbemittels, um die specifische
Schwere der schwaͤcheren Aufloͤsung zu erhoͤhen, sind auch kein
Mittel, den Gaͤrbestoff in beiden mit groͤßerer Sicherheit
auszugleichen; denn der in den vegetabilischen zusammenziehenden Koͤrpern
enthaltene Pflanzenschleim hat so maͤchtigen Einfluß auf die specifischen
Schweren ihrer Aufloͤsungen, daß die Gleichheit derselben in dieser Hinsicht
gar nichts beweiset.
2) Wenn man Muster schlechter Lohe pruͤft, die schwache Aufloͤsungen
geben, wird der Niederschlag nicht gaͤnzlich auf dem Filtrum
zuruͤkgehalten, sondern wird, alles wiederholten Filtrirens ungeachtet, zum
Theile mit der ruͤckstaͤndigen Fluͤßigkeit
durchgefuͤhrt, in welcher er lange Zeit uͤber schwebend erhalten wird,
und dieselbe truͤbe und undurchsichtig macht.
3) Die Aufloͤsung der Gallerte muß fuͤr jeden Pruͤfungs-Versuch
vorlaͤufig frisch bereitet werden; denn, wenn sie stehen bleibt, bis sie anfaͤngt
zu verderben, wird ihre Eigenschaft, den Gaͤrbestoff niederzuschlagen,
wesentlich geschwaͤcht.
4) Die Aufloͤsung der Gallerte muß, soviel nur immer vollkommene
Fluͤßigkeit erlaubt, gesaͤttigt seyn; um diese Fluͤßigkeit zu
unterhalten, muß Waͤrme angewendet und die Aufloͤsung waͤhrend
des Versuches bestaͤndig in der Normal-Temperatur erhalten werden.
5) Man muß sehr dafuͤr sorgen, daß nicht zu viel Gallerte in die gemengten
Fluͤßigkeiten kommt; denn, wenn Ueberschuß an Gallerte Statt haͤtte,
wird ein Theil des festen niedergeschlagenen Koͤrpers wieder
aufgeloͤst.
Man koͤnnte alles dieß nur Schwierigkeiten bei der
Anwendung nennen, insofern man dadurch genaue Resultate zu erhalten
hofft; allein, Sir H. Davy erwaͤhnt einer
auffallenden Thatsache, die wirklich als Einwurf gegen die Theorie, gegen das
Grundprincip, betrachtet werden kann, insoferne man, auf
diese Weise, zwei zusammenziehende Koͤrper, die nicht von derselben Art sind, vergleichen will. Er
sagt (Phil. Trans. 1803.): „der
Gaͤrbestoff verschiedener Pflanzen
verlangt verschiedene Mengen Gallerte zu seiner
Saͤttigung;“ es koͤnnen also dem Gewichte nach gleiche Niederschlaͤge von Valonia und Sumach
ungleiche Mengen Gaͤrbestoff
enthalten.“
Seit Erscheinung der obigen beiden Abhandlungen wurde dieser bisher sehr verwikelte
Gegenstand durch die originellen Untersuchungen des Dr.
Bostok, der, im J. 1809, eine Reihe von Versuchen ganz in entgegengesezter
Richtung von jener des Sir H. Davy anstellte, in ein weit
klareres Licht gesezt; Dr. Bostok suchte naͤmlich
ein vegetabilisches zusammenziehendes Mittel, welches als verlaͤßiges
Bestimmungs-Mittel der Menge Gallerte, die in irgend einer thierischen
Fluͤßigkeit enthalten ist, dienen koͤnnte. Waͤhrend dieser
Versuche fand er so viele neue Quellen von Irrthuͤmern, die sowohl in
theoretischer als praktischer Hinsicht bei Anwendung des Gaͤrbestoffes als
Pruͤfungs-Mittels auf die Menge der Gallerte Statt haben, daß er sich
gezwungen sah, diese Pruͤfungs-Methode gaͤnzlich aufzugeben. Da es mir
scheint, daß diese Einwuͤrfe sich eben so gut auf Anwendung der Gallerte, als
Bestimmungs-Mittels der Menge Gaͤrbestoffes, anwenden lassen, so will ich
hier die selben aufzaͤhlen, und so die ganze Masse von Beweisen mit einem
Mahle vor Augen legen, durch welche wir uns, wider unseren Willen,
genoͤthiget sehen, die ganze Pruͤfungs-Art des Sir H. Davy aufzugeben.
Dr. Bostok fand, daß Hausenblase und Leim, in dem
Zustande, in welchem wir sie gewoͤhnlich erhalten, Unreinigkeiten enthalten;
in der Hausenblase betraͤgt der unaufloͤsliche Stoff zuweilen 1/20 des
Ganzen; ein Umstand, durch welchen es nothwendig wird, die reine Aufloͤsung
besonders abzuscheiden, und sie neuerdings durch Verduͤnstung in einen festen
Koͤrper zu verwandeln. Leim ist wegen der Menge Wassers, die er
enthaͤlt, ein noch weit unzuverlaͤßigerer Artikel; einige
Stuͤke, die 24 Stunden lang bei 150° Fahrenheit getroknet wurden,
zeigten 10 1/2 per Cent. Wasser. Ueberdieß ist auch noch geronnener Eiweißstoff und
kochsalzsaure Soda in demselben. Und dann ist auch noch Hausenblase und Leim in
Hinsicht auf die Kraft in festen Zustand uͤberzugehen, gar sehr von einander
verschieden; eine Aufloͤsung der ersteren ist, wenn sie nur 1/25 fester
Materie enthaͤlt, bei dem Erkalten vollkommen fest; eine Aufloͤsung
des lezteren hingegen ist, wenn sie gleichviel Leim enthaͤlt, obschon sie
sehr klebrig wird, im kalten Zustande doch immer noch fluͤßig.
Bei seinen Versuchen reinen Gaͤrbestoff zu bekommen, fand Dr. Bostock, daß das Extract der Ratanha denselben
reiner, als irgend ein anderer ihm bekannter vegetabilischer zusammenziehender
Koͤrper, enthaͤlt; er stellte daher mit Ratanha Aufguß und gereinigter
Hausenblase seine weiteren Versuche an.
Eine neue Schwierigkeit, die man noch zu den oben angefuͤhrten
hinzufuͤgen kann, fand er darin, daß alle nach obiger Angabe erhaltenen und
filtrirten Gaͤrbestoff-Gallerten so fest auf dem Filtrum ankleben, daß sie
nimmermehr von demselben vollkommen abgeloͤset werden koͤnnen. Auch
das Abwaͤgen des Papieres vor und nach dem Filtriren dient zu nichts; denn
die starken Aufloͤsungen durchdringen das Papier so sehr, daß alle Versuche,
Genauigkeit zu erreichen, hier vergebens sind.
Das auffallendste Resultat, welches Dr. Bostock erhielt,
ist dieses, daß die durch allmaͤhlige Vermischung von Gaͤrbestoff und
Gallerte erhaltenen Niederschlaͤge in ihrer Zusammensezung beinahe bei jedem
Tropfen verschieden sind. Der erste Theil der Gallerte schlaͤgt eine feste
geronnene Masse nieder, welche 50 p.C. Gaͤrbestoff enthaͤlt; die
folgenden Zusaͤze von Gallerte bilden undurchsichtige Zusammensezungen, die
immer weniger und
weniger Gaͤrbestoff enthalten, bis endlich die Gallerte so wenig mehr findet,
womit sie sich verbinden kann, daß sie nicht mehr im Stande ist, einen wirklich
festen Koͤrper zu bilden, und so bleibt die lezte unvollkommen geronnene
Masse, die beinahe lauter Gallerte ist, in der Fluͤßigkeit schwebend.
Diese einzige Thatsache ist hinreichend, das Unstatthafte dieses ganzen Verfahrens zu
beweisen; alle darauf gegruͤndeten Berechnungen der Menge
Gaͤrbestoffes, die in irgend einer Aufloͤsung enthalten seyn soll,
sind unrichtig; denn sie beruhen lediglich auf der Annahme, daß Gaͤrbestoff
und Gallerte sich immer nur in Einem Verhaͤltnisse
verbinden, waͤhrend aus Dr. Bostock's
Untersuchungen erhellt, daß sie sich in mehreren verschiedenen Verhaͤltnissen
unter einander verbinden koͤnnen. Gallerte verbindet sich chemisch mit gleichem Gewichte
Gaͤrbestoff, wenn er in dem Bereiche derselben liegt, und eine kleinere Menge wirkt so stark auf dieselbe, obschon die
Vereinigung hier etwas mechanisch seyn mag, daß die waͤsserige
Aufloͤsung verlassen wird, um sich damit verbinden zu koͤnnen. (Vergl.
Nicholson's Journal, 24. Bd. „On the Union of Tan and Jelly,“ und On vegetable Adstringents.)“
Ich wuͤnsche von Herzen, fuͤr Dr. Bostock's
meisterhafte Untersuchungen jene Aufmerksamkeit erregen zu koͤnnen, die sie
so sehr verdienen, und die ihnen auch noch werden wird. Bis jezt scheinen sie noch
ganz unbekannt geblieben oder uͤbersehen worden zu seyn, als ob sie nicht
Thatsachen enthielten, die mit dem vorliegenden Gegenstande innigst verbunden
sind.
In Sir H. Davy's Agricultural
Chemistry
v. J. 1813 wird das im J. 1803 empfohlene Verfahren mit einer geringen
Abaͤnderung wiederholt, und eine Tabelle der in verschiedenen Rinden
enthaltenen Menge Gaͤrbestoffes nach dessen Faͤllung mittelst Gallerte
geliefert. Diese Tabelle findet sich in der lezten Ausgabe von Brande's
Manual of Chemistry wieder abgedrukt, ohne daß auch nur
der mindeste Zweifel uͤber die Guͤltigkeit des Grundsazes, worauf sie
beruht, beigefuͤgt waͤre. Auch die lezte Ausgabe von Henry's Elements
of
Chemistry hat diese Tabelle aufgenommen; es heißt
jedoch (Bd. II. S. 358.) „Dr. Bostok wurde
veranlaßt zu schließen, daß der Niederschlag, welcher durch Verbindung der
Gallerte mit dem Gaͤrbestoffe gebildet wird, im Durchschnitte aus etwas
weniger als zwei Theilen Gaͤrbestoff und drei Theilen Gallerte besteht.“
Dr. Bostock hat aber in seinem lezten, oben
angefuͤhrten, Aufsaze uns keine Hoffnung zu irgend
einer Angabe gelassen, worauf wir eine Berechnung gruͤnden
koͤnnten.
Bei der herculischen Arbeit, mit welcher der Herausgeber eines systematischen Werkes
uͤber Chemie sich belastet, ist es eine moralische Unmoͤglichkeit
fuͤr ihn, Muße zu finden, um das Gewicht zu pruͤfen, welches alle die
durch Versuche erwiesenen Thatsachen, die sich in Journalen zerstreut finden, auf
angenommene Meinungen und Theorien haben muͤssen. Aehnliche Unterlassungen
kommen taͤglich in solchen Elementar-Werken auch in andern Wissenschaften
vor, selbst wenn sie von den fleißigsten und verlaͤßigsten Compilatoren
zusammengetragen wurden.
Bei meinem Versuche ein zuverlaͤßiges Verfahren aufzufinden, nach welchem die
Gaͤrber ihre Lohe pruͤfen koͤnnen, und dieses
Pruͤfungs-Mittel in jenem Geiste der Brauchbarkeit zu vollenden, in welchem
Sir H. Davy es zuerst sich dachte, fand ich es
fuͤr noͤthig, einen anderen Weg einzuschlagen, als Proust und Tromsdorff
verfolgten, welche sich bemuͤhten, dem Gaͤrbestoffe die verschiedenen
anderen Stoffe, mit welchen er natuͤrlich verbunden ist, und die die Wirkung
desselben in jedem Falle nothwendig veraͤndern muͤssen, durch
Reagentien zu entziehen. Das Pruͤfungs-Mittel, welches man anwendet, muß in
seiner Wirkung nothwendig demjenigen gleichen, welches in der Lohgrube Statt hat;
denn, wenn das Pruͤfungs-Mittel materiell in seinem Grundprincipe von dem
Fabrik-Verfahren, dem es dienen soll, abweicht, so ist alle darauf
gegruͤndete Schaͤzung des Werthes der Gaͤrbemittel sicher
fehlerhaft. Der Gewinn eines Gaͤrbers haͤngt z.B. vorzuͤglich
von der Gewichts-Zunahme ab, welche eine Haut waͤhrend der Zeit, als sie in
Leder umgewandelt wird, gewinnt. Diese Gewichts-Zunahme betraͤgt bei schweren
oder Sohlen-Leder Ein Drittel des trokenen Gewichtes, oder, wie die Gaͤrber
in Ireland zu rechnen pflegen, gares Leder ist halb so schwer, als die gruͤne
Haut, wie sie vom Schlachthause herkommt. Der Extractiv-Stoff bildet einen
wesentlichen Theil an diesem Gewichte, und folglich wird jedes
Pruͤfungs-Mittel, welches der Fabrikant bloß in der Absicht anwendet, die
gaͤrbende Kraft eines Gaͤrbe-Mittels zu bestimmen, und welches bloß
auf reinen Gaͤrbestoff wirkt, ihn gaͤnzlich irre fuͤhren. Ich
bin sehr geneigt, zu glauben, daß alle vorhandene Gallaͤpfelsaͤure
gleichfalls von der Haut verschlungen wird. In der ausgearbeiteten Lohebruͤhe
vermoͤgen Eisen-Aufloͤsungen keine schwarzen Niederschlaͤge
mehr hervorzubringen; aber das darin gelegene Leder vermag dieß, vorzuͤglich
in Eichen-Lohe gegaͤrbtes Leder. Der Gaͤrber braucht, mit Einem Worte,
als Pruͤfungs-Mittel etwas, welches, wenn es einem Aufgusse eines
Gaͤrbe-Mittels dargeboten wird, denselben auffaßt, und dadurch Alles
berechnen laͤßt, was waͤhrend des Gaͤrbungs-Processes im
Großen, zur Vermehrung des Gewichtes des Leders beitraͤgt.
Ich kenne nichts, was hierzu besser dienen koͤnnte, als eine Haut selbst, und
ich finde, daß, bei einiger Behandlung, diese uns schnellere Auskunft
hieruͤber verschaffen kann, als man bisher fuͤr moͤglich
hielt.
Es laͤßt sich wohl nicht zweifeln, daß eine starke Ochsenhaut
Gaͤrbestoff zwei Jahre lang einsaugen wird, wenn das Verfahren darnach
eingerichtet ist; wenn wir aber das gewoͤhnliche Verhaͤltniß der
Materialien aͤndern, wird das Resultat, hinsichtlich auf Zeit,
außerordentlich verschieden seyn. Wenn eine frische Haut auf dem Streichbaume zu
einem recht duͤnnen Blatte zugeschaben, oder mittelst einer Maschine in
mehrere Blaͤtter gespalten wird, so daß sie eine große Oberflaͤche
darbiethet, und etwas davon in einer verhaͤltnißmaͤßig kleinen Menge
Lohbruͤhe geweicht wird, so wird dieses eingeweichte Stuͤk in wenigen
Stunden allen brauchbaren Gaͤrbestoff eingesogen haben, und der
Gaͤrber wird, nach dem Gewichte dieses Stuͤkes vor und nach dem
Einweichen, im Stande seyn, die Menge des in der Aufloͤsung enthaltenen und
zum Gaͤrben brauchbaren Stoffes genau zu bestimmen.Die staͤrkste Lohbruͤhe zu Dublin, auf kaltem Wege, wie
gewoͤhnlich , bereitet, war durch dieses Verfahren binnen sieben
Stunden ausgearbeitet, und geruch- und farblos; eine Abkochung von Valonia
(so stark ich sie nur immer bereiten konnte), war bei 1065 Spec. Schwere und
fleißiger Behandlung, in ungefaͤhr 9 Stunden erschoͤpft. A. d.
O.
Dieses Pruͤfungs-Mittel hat jeder Gaͤrber bei Hause; er kann sich
darauf verlassen, denn er versteht es vollkommen; und obschon es auch bei diesem
Verfahren einige Feinheiten gibt, so liegen sie doch nicht außer dem Bereiche eines
Gaͤrbers so daß
ich hoffen darf, dasselbe koͤnnte allgemein brauchbar werden.
Ueber die Richtigkeit des Grundsazes, worauf dieses Verfahren beruht, kann wohl kein
Zweifel entstehen, indem dasselbe taͤglich in jeder Gaͤrberei Statt
hat; allein, auch dieses bildet noch ein weites Feld fuͤr Verbesserung, und
es laͤßt sich in der Anwendung auf eine zwekmaͤßigere Weise leiten. Da
ich es nun einmahl dem Fabrikanten in die Haͤnde gelegt habe, so gestehe ich
offen, daß dieser vor jedem Gelehrten das Vorrecht der Bestimmung des Details der
Anwendung besizt, und erwarte daher von ihm die Anweisung in Allem, was die
Handwerksgriffe bei demselben betrifft.
Da ich indessen bereits mehrere Versuche anstellte, um die geeignete
Verfahrungs-Weise aufzufinden, und dadurch selbst einige Erfahrung mir erworben
habe, so theile ich dieselbe hier mit Vergnuͤgen mit, und fuͤlle den
Rest dieses Aufsazes mit einigen Winken, welche, wie ich hoffe, dem Gaͤrber
von einigem Nuzen seyn koͤnnen, wenn er sich dieses Pruͤfungs-Mittels
mit eigenen Haͤnden bedienen will.
Da der Zwek dieses Verfahrens Vergleichung zweier oder mehrerer Gaͤrbe-Mittel
ist, und schnell uͤber den Werth eines jeden derselben entschieden werden
soll (waͤhrend sie naͤmlich noch zu Markte sind), so muͤssen
von jedem derselben einige Stuͤke, gleichsam als Repraͤsentanten der
ganzen Partie, ausgelesen werden. Jedes der ausgelesenen Muster wird einzeln in
einer kleinen Kaffee- oder Pfeffermuͤhle zu Pulver gemahlen, und durch
dasselbe Sieb durchgesiebt, damit alle Verhaͤltnisse dieselben bleiben. Von
diesen Mustern nimmt man nun gleiche Gewichte, und bereitet sich aus jedem derselben
Aufguͤsse, indem man sie nach und nach mit warmen Wasser so lang
schuͤttelt, bis alles Aufloͤsbare ausgezogen worden ist.
Obschon siedendes Wasser diese Operation beschleunigen wuͤrde, so hat dasselbe
doch immer eine Neigung, die Gaͤbe-Fluͤßigkeit spaͤterhin zu
zersezen, und veranlaßt dieselbe, einen Theil unaufloͤsbaren Stoffes zu Boden
zu sezen, der der Genauigkeit der Resultate nachtheilig werden koͤnnte.
Wasser in einer Temperatur von 98° Fahrenh., oder in Blut-Waͤrme, kann
mit aller Sicherheit angewendet werden. Man hat nur Flaschen noͤthig, um das
Pulver in denselben aufzugießen und zu schuͤtteln, und ein Stuͤk
Muslin, um den Aufguß durchzuseihen.
Man muß sorgfaͤltig alles Pulver, das auf dem Muslin bei dem Durchseihen
liegen bleibt, in die Flasche mit der naͤchsten Portion Wasser, die man
wieder aufgießt, zuruͤkthun. Nach und nach aufgegossene Mengen warmen Wassers
loͤsen die aufloͤsbaren Theile in diesen Pulvern weit
kraͤftiger auf, als wenn man alles Wasser auf ein Mahl aufschuͤttet;
ihre Wirksamkeit nimmt in geometrischer Progression zu.
Nachdem man alle von einem Muster erhaltenen Aufguͤsse
zusammengeschuͤttet hat, wird die dadurch gewonnene Fluͤßigkeit
meistens schwach genug seyn, um die moͤglich groͤßte Wirkung von Seite
der Haut auf dieselbe zu gestatten, d.h., allen darin enthaltenen Faͤrbestoff
zugleich mit dem Gaͤrbestoffe an die Haut abzusezen; ein Vortheil, welchen
der Gaͤrber bei starken Rinden-Abkochungen nicht erhalten kann. Wenn er,
seinen Erfahrungen zu Folge, glauben sollte, daß irgend einer dieser
Aufguͤsse zu stark waͤre (was z.B. bei Untersuchungen
zusammenziehender Extracte, wie Kino, Ratanha, Katechu der Fall seyn
koͤnnte), so kann er so viel Wasser zusezen, daß dadurch eine sogenannte
„sichere Gaͤrbungs-Staͤrke“ hervorgeht. Nun
muͤssen bestimmte Mengen dieser Aufguͤsse (z.B. ein Sechstel eines
jeden derselben) einzeln der Einwirkung der Haͤute (wie wir unten angeben
werden), zur Pruͤfung ausgesezt werden. Die Haͤute werden sieben bis
acht Stunden lang in diesen Aufguͤssen belassen, und sorgfaͤltig in
denselben von Zeit zu Zeit umgekehrt, damit sie der Einwirkung dieser
Lohbruͤhe immer neue Oberflaͤchen darbiethen, bis der Gaͤrber
sowohl durch das Auge, als durch die Zunge wahrnimmt, daß diese Aufguͤsse
vollkommen von der Haut erschoͤpft wurden.
Es gibt beinahe bei allen aͤhnlichen Arbeiten eine Menge kritischer
Erscheinungen, die man nicht beschreiben kann, und uͤber welche unbelebte
Pruͤfungs-Mittel uns keine Anzeige und keinen Aufschluß gewaͤhren
koͤnnen; gluͤklicher Weise kommen dem erfahrnen Operator hier seine
fuͤnf Sinne zu Huͤlfe, und schenken ihm vollkommene Befriedigung. Dieß
ist auch bei dem gegenwaͤrtigen Verfahren der Fall; Uebung gewaͤhrt
hier hinreichende Entscheidung.
Die als Pruͤfungs-Mittel anzuwendenden Haͤute muͤssen
vorlaͤufig in lauem Wasser gehoͤrig gewaschen werden, um allen Kalk,
welcher von dem Abhaaren her in denselben zuruͤkgeblieben seyn
koͤnnte, zugleich mit aller losgewordenen Gallerte, die aus den Poren derselben
ausgedruͤkt werden kann, zu beseitigen, so daß nichts, als die feste Faser
uͤbrig bleibt, welche die Behandlung in schwacher Lohbruͤhe auf die
gewoͤhnliche Weise wohl vertraͤgt. Nach diesem Waschen muͤssen
sie im Schatten, nicht aber in der Naͤhe des Feuers, getroknet werden. Man
schneidet sie hierauf in kleine Stuͤke, um die Arbeit in der Lohgrube im
Kleinen nachzuahmen, und theilt sie in Partien, die man abwiegt; jede Partie muß
Volumen genug darbiethen, um die Bruͤhe wie ein Schwamm von allen Seiten
einzusaugen.
Diese trokene Haut ist, wie jeder Gaͤrber weiß, in einem hoͤchst
ungeeigneten Zustande Gaͤrbestoff einzusaugen, und Leder zu werden. Sie muß
daher, ehe man sie in die Lohbruͤhe bringt, mit der Hand ungefaͤhr
fuͤnf Minuten lang in Wasser, das blutwarm (98° Fahrenh.) ist,
bearbeitet, und dadurch weich gemacht werden, so daß sie bis zu ihrem vorigen
Umfange anschwillt; in diesem Zustande ist sie dann vollkommen geeignet, ihre
einsaugende Kraft in aller Staͤrke auszuuͤben. Wenn man der
Bruͤhe einen Ueberschuß an solchen Haͤuten gibt, so wird die Wirkung
in wenigen Stunden vollendet seyn.
Wenn irgend einer dieser Aufguͤsse erschoͤpft ist, werden die darin
eingetauchten Haͤute herausgenommen, wie vorher im Schatten getroknet, und
die Zunahme an Gewichte, die ihnen geworden ist, wird durch Waͤgen
sorgfaͤltig bestimmt. Da diese Zunahme lediglich von dem hinzugekommenen, in
der Gaͤrberei brauchbaren, Stoffe herruͤhren kann, so wird sie bei
jeder Partie dieser Haͤute den wahren verhaͤltnißmaͤßigen Werth
des Gaͤrbe-Mittels, in welchem dieselbe eingetaucht war, auf directe und
verlaͤßige Weise anzeigen.
Je frischer und staͤrker die Haut, je duͤnner sie zugeschaben oder
gespalten ist, desto besser dient sie zu diesem Zweke. Die großen frischen
Hautabfalle von starken Haͤuten, die zu Kutschen und Geschirren bestimmt
sind, kann man leicht in Menge bei den Gaͤrbern erhalten, und sie taugen
recht gut zu dieser Probe. Haͤute von schlecht genaͤhrten Schafen und
Rindern, die aus den bergigen Gegenden steif (hide
bound) zu Markte Hergetrieben werden, so wie auch die von alten Thieren, sind
stark und faserig genug, um zu diesem Zweke zu dienen; ich ziehe jedoch, nach meinen
Erfahrungen, Ochsenhaͤute, die mit der Patent-Maschine sehr duͤnn und
eben gespalten sind, allen anderen vor.
Zu Birmingham ist diese Art von Leder-Bereitung, wie man mir sagte, sehr im Schwunge.
Zu Dublin haben wir bloß eine Leder-Spaltmaschine, und diese ist nur zum Spalten der
Schaffelle. Die Schaffelle sind aber bei uns, da die Schafzucht auf unserer Insel
sehr verbessert wurde, gewoͤhnlich so voll Fett, daß sie durchaus nicht als
Pruͤfungs-Mittel nach dieser Methode dienen koͤnnen. Das Fett
schuͤzt diese Felle gegen die Einwirkung des Gaͤrbestoffes, und
laͤngs dem Ruͤken und quer uͤber dem Naken, wo es in
groͤßter Menge vorhanden ist, haͤlt es die Verduͤnstung der
Feuchtigkeit waͤhrend des zweimaligen Troknens auf, und wuͤrde
folglich zu falschen Resultaten fuͤhren.
Kalbfelle, so duͤnn zugestoßen wie gespaltene Schaffelle, sind zwar
hinlaͤnglich frei von Fett; allein, ihre Faser ist zu zart, leidet zu leicht,
und wird zum Theile von dem warmen Wasser aufgeloͤst, oder vielmehr
zerstreut, waͤhrend man die Felle vor dem Eintauchen in den Aufguß des
Gaͤrbe-Mittels einweicht und anschwellen laͤßt. Ich habe gefunden, daß
mehrere Partien dieser Haͤute, ehe sie zum Versuche getroknet und gewogen
wurden, so herrlich durchscheinend und scheinbar vollkommen sie in jeder Hinsicht
waren, sieben p. Cent an loser Gallerte verloren, waͤhrend sie in warmen
Wasser behandelt wurden. Also sind auch diese Felle zu diesem Versuche
unbrauchbar.
Um die Quelle dieses lezt erwaͤhnten Fehlers zu beseitigen, wird es klug seyn,
ein Stuͤk Haut aus jeder Partie, die man einweicht, aufzubewahren, um durch
Troknen und Waͤgen, ohne Gaͤrben, zu bestimmen, ob die uͤbrigen
zum Versuche ausgelesenen Stuͤke bei dieser Operation etwas verloren haben.
Da ein aͤhnlicher Verlust bei schweren Haͤuten nur durch Sorglosigkeit
bei den gewoͤhnlichen Arbeiten, dem Puzen, Waschen etc., entstehen kann; so
hat der Gaͤrber es vollkommen in seiner Gewalt, bei gehoͤriger
Aufmerksamkeit seine Probehaͤute auf die moͤglich vollkommenste Weise
zu bereiten. Vielleicht waren die Kalbfelle, mit welchen ich arbeitete, in den
vorausgegangenen Operationen etwas beschaͤdigt worden, und vielleicht
waͤren dieselben, wenn man sie sorgfaͤltig behandelt haͤtte,
stark genug geblieben. Es wird fuͤr den Gaͤrber sehr wichtig seyn,
diesen Punct mit aller moͤglichen Genauigkeit zu bestimmen, indem er dadurch
Geld und Muͤhe sich ersparen kann. Wenn Kalbfelle wirklich stark genug sind, alle
ihre Substanz von einem Waͤgen zu dem anderen zu behalten, so werden jene
Gaͤrber, die Oberleder verfertigen, desto leichter sich nach
aͤhnlichen Versuchen zu richten wissen. In Ireland macht man, wie ich glaube,
soviel Oberleder, als Sohlenleder.
Bei dem Abschaben schwerer Haͤute ist es fuͤr den Gaͤrber ganz
gleichguͤltig, in welcher Form er die Abschnizel erhaͤlt; er kann aber
auch denselben genau diejenige Form geben, deren er bei diesem Versuche bedarf, ohne
zu diesem lezteren eine ganze Haut zu opfern.
Es ist wohl uͤberfluͤßig, zu bemerken, daß diese Probehaͤute
nicht als ausgegaͤrbt zu betrachten sind, wenn sie aus der Bruͤhe
kommen, und daß der Gaͤrber hiernach nicht auch uͤber die
Qualitaͤt des Gaͤrbe-Mittels urtheilen kann. Hierzu gehoͤrt
viel Zeit und Ueberschuß an dem Gaͤrbe-Mittel; hier hat man aber keines von
beiden.
Im Verfolge meiner Versuche, welche mich zur Annahme dieses Verfahrens veranlaßten,
haͤuften sich eine Menge verschiedener Analysen zusammenziehender Stoffe in
Bezug auf ihre Gaͤrbungs-Faͤhigkeit an. Ich wollte sie hier
beifuͤgen; da ich aber von der Richtigkeit des hier aufgestellten
Probe-Verfahrens vollkommen uͤberzeugt bin, und zugleich dadurch einsehen
gelernt habe, daß die zu Markte gebrachten Gaͤrbe-Mittel sowohl ihren
Bestandteilen, als ihrer Qualitaͤt nach, gar sehr weit von einander
abweichen; so lasse ich die Tabelle, die ich hieruͤber verfertigt habe, weg,
um nicht Irrungen zu veranlassen.
Ich hoffe, daß ich in obigem Entwurfe meines Probe-Verfahrens deutlich und
umstaͤndlich genug gewesen bin, um den Gaͤrber in den Stand zu sezen,
auf eigene Faust dem Ziele naͤher zu ruͤken, und die gehoͤrige
Auswahl unter den zu Markte gebrachten Gaͤrbe-Mitteln zu seinem wahren
Vortheile zu treffen.Es ist nicht zu laͤugnen, daß dieses Verfahren bei der Probe der
Gaͤrbe-Mittel weit zwekmaͤßiger ist, als das rein chemische
des Hrn. Davy; indessen bleibt auch hier noch
manches zu wuͤnschen uͤbrig. A. d. Ueb.