Titel: | Ueber Verfertigung, Wahl und Behandlung eines Rasier-Messers. Von Hrn. E. Rhodes, Messerschmid zu Sheffield. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXIV., S. 267 |
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LXXIV.
Ueber Verfertigung, Wahl und Behandlung eines
Rasier-Messers. Von Hrn. E.
Rhodes, Messerschmid zu Sheffield.
Aus Hrn. Gill's technical Repository. N. 49. S.
46.
Rhodes, über Verfertigung, Wahl und Behandlung eines
Rasier-Messers.
Hr. Gill sezt hier seinen im VII. Bd. S. 47. seines Repository (Polytechn. Journ. Bd. XVII. S. 188.) begonnenen Auszug aus dem
trefflichen Werke des Hrn. Rhodes fort.
„Was man taͤglich zu thun hat, muß so
gut, und so bequem als moͤglich
gethan werden. Barbieren mit einem schlechten, oder
selbst mit einem mittelmaͤßigen Rasir-Messer
gehoͤrt zu den Muͤhseligkeiten des
menschlichen Lebens. Barbieren ist eine Operation, die man sich ehe
gefallen lassen, als suchen muß, die zuweilen mit Schmerzen verbunden ist, und,
da sie nicht wohl vermieden werden kann, fuͤr jeden Fall so wenig
laͤstig, als moͤglich, gemacht werden muß. Man hat daher jede neue
Form und Zuthat an einem Rasir-Messer, ja selbst an einem Streichriemen, mit einer Art von Begierde aufgenommen; die
Taͤuschungen haben alle ihren Gluͤkstag gefunden, und
wahrscheinlich der Absicht entsprochen, in welcher sie geschaffen
wurden.“
„Ueber Schwere und Form eines Rasir-Messers werden wenige Bemerkungen hinreichen, indem
die Haupteigenschaften eines solchen in ganz etwas anderem bestehen,
naͤmlich in. der Regelmaͤßigkeit und Zwekmaͤßigkeit seiner
Hoͤhlung, in seiner Haͤrte, und in der Dauerhaftigkeit
seiner Schneide. Indessen hat auch Schwere und Form
ihre Wichtigkeit, und verdient Aufmerksamkeit. Die Schwere wird durch die Laͤnge bestimmt, die, nach den
Fabrikregeln, zwischen 4 bis 5 Zoll betraͤgt. Die Dike des Ruͤkens
der Klinge muß ein bestimmtes Verhaͤltniß zu seiner Breite haben,
welches, allgemein gesprochen, drei zu Eins und einem Halben ist, obschon dieses
Verhältniß auch
etwas Abaͤnderung erlaubt: man muß jedoch wissen, daß, je weiter man sich
von demselben entfernt, desto unbrauchbarer das Rasir-Messer wird. Die Ursache
hiervon ist offenbar. Das Rasir-Messer muß abgezogen werden, und dabei
gleichfoͤrmig auf der Schneide und auf dem Ruͤken liegen. Wenn man
also eine schmale Klinge mit einem unverhaͤltnißmaͤßig diken
Ruͤken abzieht, so erhaͤlt man eine kurze und dike Schneide, mit
welcher man sich auf keine Weise bequem barbiren kann. Wenn aber, auf der
anderen Seite, die Klinge zu breit, und der Ruͤken zu leicht ist, so wird
eine lange und duͤnne Schneide unvermeidlich zum Vorscheine kommen
muͤssen, und diese wird einem starken Barte auch nicht einen Augenblik zu
widerstehen vermoͤgen. Es ist also offenbar, daß gehoͤriges
Verhaͤltniß zwischen Breite und Dike der Klinge mehr
Beruͤksichtigung verdient, als die Laͤnge, welche leztere so sehr
einzig und allein von freier Wahl abhaͤngt, daß alles, was man
daruͤber sagen koͤnnte, uͤberfluͤßig ist. Die Starke
und Dike, folglich auch die Schwere des Haͤlters, (die englischen
Messerschmide nennen ihn the
tang), auf welchen man den Finger auflegt,
verdient gleichfalls alle Aufmerksamkeit. Man muß hier ein gewisses
Verhaͤltniß beobachten, wenn nicht die Guͤte des besten
Rasir-Messers dadurch leiden soll: wenn er zu dik und schwer ist, so wird die
Schwere des schneidenden Theiles der Klinge dadurch so sehr vermindert, daß man
stark druͤken muß, wenn das Messer seinen Dienst thun soll; wenn er zu
duͤnn und leicht, wie an den franzoͤsischen Rasir-Messern ist, so
kann man das Messer nicht fest in der Hand halten. Jedes Extrem muß daher hier
sorgfaͤltig vermieden werden. Uebermaͤßige Staͤrke oder
Schwere des Griffes erzeugt dasselbe.“
„Es entsteht hier natuͤrlich die Frage: wie kann ein unerfahrner
Messer-Schmid diese Fehler alsogleich entdeken? Wenn das Auge, das alsogleich
jedes Mißverhaͤltniß entdekt, in diesem Falle kein sicherer Leiter seyn
sollte,Wie soll der junge Arbeiter seine Augen als Fuͤhrer brauchen
lernen, wenn in Schul-Instructionen den Schullehrern befohlen wird, den
Kindern zu verbrechen, daß sie nicht ihre Augen oͤffnen, sondern
dieselben „immer niedergeschlagen, und
vor sich hingekehrt haben sollen.“ Die Natur gab
unserem Auge acht Muskel, um es frei zu bewegen, und unsere Schulen
Minister wollen, daß das Auge so stokstill stehen soll, wie an
einem abgestochenen Ziegenboke! Sie sollen lieber befehlen, man solle
den Kindern gar die Augen ausstechen, damit sie weder sehen, noch ein
Augenmaß bekommen. Man lese, was uͤber Erlernung des Augenmaßes
der unsterbliche Maclure in seinem Berichte
uͤber die Pestalozzische Methode in eben diesem Hefte von Gill's
Repository sagt. A. d. Ueb. so soll er das Messer in die Hand nehmen; sie wird den Fehler sicher
entdeken. Ehe man
daher ein Rasir-Messer kauft, muß man es in die Hand nehmen, und in derselben
Richtung halten, in welcher man es bei dem Rafiren halten muß. Wenn es zu
duͤnn am Halter ist, wird man bald fuͤhlen, daß man es nicht ohne
staͤrkeres Ergreifen, als bei einer so zarten Arbeit, wie das
Bartschaben, nicht wohl thunlich ist, in einer schneidenden Richtung erhalten
kann, und, wenn er zu dik oder zu schwer ist, wird man, obschon man dann das Messer
viel leichter und bequemer haͤlt, sehr bald fuͤhlen, daß der
schneidende Theil der Klinge so sehr von der Hand uͤberwogen wird, daß
auch hier, obschon aus einer entgegengesehen Ursache, bedeutender Kraftaufwand
nothwendig ist, um das Rasir-Messer mit gehoͤriger Wirkung zu
fuͤhren.“
„In dem Gefuͤhle der Vortheile einer festen und zugleich leichten
Haltung eines Rasir-Messers haben einige Messerschmide empfohlen, wenigstens die
Seiten, wenn nicht den ganzen Haͤlter feilenartig auszuhauen; hierdurch
leidet aber die Eleganz und die hoͤhere Vollendung dieses Instrumentes,
wenn man auch an der Nuͤzlichkeit dieser Vorrichtung nicht zweifeln
kann.“
„Die Form ist eben so wichtig, wie die Schwere, und durchaus nicht so rein
willkuͤrlich, wie Man allgemein glaubt; wenigstens hat eine Form einen
entschiedenen Vorzug vor der anderen.“
„Ungleiche Breite, die nothwendig eine verhaͤltnißmaͤßige
Ungleichheit in der Dike des Ruͤkens einschließt, ist immer mehreren
Schwierigkeiten unterworfen, die vorzuͤglich von der weit
groͤßeren Sorgfalt herruͤhren, welche man während des Verlaufes
der Fabrication eines solchen Messers auf dasselbe verwenden muß, und noch mehr
von dem sehr kritischen Verfahren bei dem Harten desselben; denn, während man
den dikeren Theilen der Klinge den erforderlichen Grad der Hize gibt, werden die
duͤnneren meistens so sehr uͤberhizt, daß das ganze Rasir-Messer
unwiderbringlich verloren, und gaͤnzlich verdorben ist. Man muß gestehen, daß sich
diesem furchtbaren Nachtheile begegnen laͤßt: allein, dieß kann nur durch
große Sorgfalt und Behutsamkeit geschehen.“
„Ein Rasir-Messer mit gerader Schneide taugt durchaus nicht zu allgemeinem
Gebrauche; es paßt nur fuͤr jene, die uͤberzeugt sind, daß jedes
schneidende Werkzeug, von der Saͤge bis zum Rasir-Messer, aus einer
regelmaͤßigen Reihe von Zaͤhnen oder Spizen besteht, die
naͤher oder weiter von einander stehen, und die gelernt haben, zwischen
der Operation des Schneidens und des Krazens, (wenn
man es so nennen darf), zu unterscheiden. Lezteres ist indessen die herrschende
Manier beim Barbieren; es ist mehr oder minder, der Schlendrian beinahe aller,
die sich selbst den Bart abschaben. Da dieß nun ein Uebel ist, das sich nicht
gaͤnzlich beseitigen laͤßt, so muß wenigstens einige Verkehrung
dagegen getroffen werden. In wiefern dieß in der Gewalt des Messerschmides
liegt, wird vielleicht aus folgenden Bemerkungen erhellen. Es mag hier als
Grundsaz gelten, daß, der Ruͤken des Rasir-Messers mag was immer
fuͤr eine Form haben, die Schneide desselben immer einen Theil eines
Kreises beschreiben muß.“
„Es muß jedem, der nur etwas uͤber diesen Gegenstand nachgedacht,
und einige Aufmerksamkeit auf die Art und Weise, wie ein Rasir-Messer gebraucht
wird, gewendet hat, so ziemlich einleuchtend seyn, daß eine, hier empfohlene,
kreisfoͤrmig gekruͤmmte Klinge,
selbst wenn sie auf eine so unverstaͤndige Weise, wie wir oben
andeuteten, gebraucht wird, einen entschiedenen Vortheil gewaͤhrt; man
mag sie schief uͤber das Gesicht von der Spize bis zum Absaze
fuͤhren, oder ohne ihr die mindeste schiefe Richtung zu geben, sie gerade
vorwaͤrts ziehen, sie muß nothwendig schneiden, selbst dann, wo ein
Rasir-Messer mit gerader Schneide nichts anderes thun
wuͤrde, als die Haut fretten und wund machen, ohne den Bart
wegzunehmen.“
„Man muß indessen immer gestehen, daß der Vorzug eines Rasir-Messers mit
voller oder gekruͤmmter Schneide vor einem Rasir-Messer mit gerader
Schneide hinsichtlich des Schneidens vorzuͤglich in der hoͤchst
fehlerhaften Art zu barbieren besteht; und so lang als dieser Fehler noch
fortwaͤhren wird, so lang wird ein Rasir-Messer mit voller Schneide einen
entschiedenen Vorzug voraus haben. Es geschieht nicht selten, daß gewisse Herren, die unter
dem Barbieren stoͤhnen und seufzen, ihr Bluten, Schinden und Grinsen der
Schlechtheit des Rasir-Messers zuschreiben, waͤhrend der Hauptfehler bloß
an ihnen selbst gelegen ist.“
„Krazen und Schneiden ist nicht einerlei; wenn man, allem guten Rache
zuwider, die ganze Schneide eines Rasir-Messers auf einen Theil seines Gesichtes
anlegen, und in gerader Linie nach abwaͤrts ziehen will, wie der Mezger
die Borsten von dem Ruͤken eines Schweines abkrazt, statt daß er der
Schneide jedes Mahl eine schiefe und schneidende Richtung gibt, so wird man sich
nicht selten in einer peinlichen Lage befinden, und alle die
Verwuͤnschungen, die man gegen das Messer ausstoͤßt, werden keine
Erleichterung gewaͤhren.“
„Form, Schwere, gehoͤriges
Verhaͤltniß verbunden mit dem gehoͤrigen Grade von Haͤrte sind allerdings wesentliche Bedingungen
eines guten Rasir-Messers: allein, zur Guͤte
desselben gehoͤrt auch eine regelmaͤßige und
zwekmaͤßige Aushoͤhlung, oder Concavitaͤt. Es ist bekannt, daß diese regelmaͤßige
Aushoͤhlung dem Messer mittelst des Schleifens gegeben wird, indem man
Steine von verschiedenem Durchmesser, (der zwischen vier und zwoͤlf Zoll
wechselt), je nachdem der Preis des Messers verschieden seyn soll, anwendet. Es
muß jedem auffallen, daß dieser Umstand allein schon einen hoͤchst
wichtigen Unterschied in der Schneide hervorbringen muß.“
„Das Schleifen der Rasir-Messer auf einem vierzoͤlligen Steine ist
in neueren Zeiten so allgemein geworden, daß man uns hier fuͤglich einige
Bemerkungen uͤber die angeblichen Vorzuͤge dieses Verfahrens
erlauben kann. Es laͤßt sich leicht einsehen, daß ein auf diese Weise
verfertigtes Rasir-Messer nothwendig eine sehr duͤnne Schneide bekommen
muß; ein Umstand, der, fuͤr sich allein schon, dasselbe nicht allgemein
brauchbar macht, obschon es in einzelnen Faͤllen mit Vortheil angewendet
werden mag. Ein starker drahtartiger Bart wird alle die hochgepriesene
Vortrefflichkeit eines solchen Messers bald auf die Probe stellen, und beweisen,
daß hier ein geringerer Grad von Aushoͤhlung, und folglich eine
staͤrkere und festere Schneide, unerlaͤßlich nothwendig ist. Aus
den hier angefuͤhrten Beobachtungen erhellt, daß die Concavitaͤt
der Klinge jedes Mahl der Staͤrke des zu beseitigenden Hindernisses
angemessen seyn muß. Rasir-Messer, die auf Steinen von sechs bis sieben Zoll im
Durchmesser
abgeschliffen sind, kann man als die zum allgemeinen Gebrauche am meisten
tauglichen empfehlen; sie sind fuͤr jeden, auch noch so harten, Dienst
hinlaͤnglich ausgehoͤhlt oder ausgeschliffen, und vereinigen die
gehoͤrige Staͤrke und Festigkeit der Schneide mit dem
erforderlichen Grade von Duͤnnheit, wenn anders die Staͤrke, des
Ruͤkens, und die Breite der Klinge damit in gehoͤrigem
Verhaͤltnisse steht.“
„Diese Aushoͤhlung der Klinge muß ferner hoͤchst
gleichfoͤrmig und regelmaͤßig seyn, denn sonst wird die Schneide
ungleich: ein Fehler, den der Stein, auf welchem man denselben abzieht, ehe
vermehren, als vermindern wird, und der nur durch ein gaͤnzliches neues
Ueberschleifen auf eine vollkommnere Weise beseitigt werden kann. Der Stein, auf
welchem man ein neues Rasir-Messer abzieht, laͤßt auf demselben einen
Eindruk zuruͤk, welcher ein sicheres Kennzeichen gewaͤhrt, wodurch
man diesen fuͤrchterlichen Fehler alsogleich erkennen kann. Es bilden
sich naͤmlich zwei Linien, die eine auf der Schneide, die andere auf
jenem Theile des Ruͤkens, welcher waͤhrend des Abziehens auf dem
Steine ruht.
Wenn man das Rasir-Messer genau untersucht, wird man diese Linien, welche sich
durch eine verschiedene Art von Politur unterscheiden, leicht entdeken; an
einigen Rasir-Messern sind sie hoͤchst ungleich, und geben von der Spize
bis zu dem Absaze sehr verschiedene Breiten; an anderen sind sie in vollkommen
gleicher Breite und umwandelbarer Regelmaͤßigkeit. Auf diese Linien muß
man mit aller Aufmerksamkeit achten, indem sie ein sicheres Mittel darbiethen,
durch welches auch der oberflaͤchlichste Beobachter eine fehlerhafte
Arbeit an einem der ersten Erfordernisse eines guten Rasir-Messers entdeken
kann. Es ist kaum noͤthig noch beizufuͤgen, daß, wo diese Linien
gleich weit von einander sind, auch eine regelmaͤßige und gleichfoͤrmige Concavitaͤt nicht fehlen kann, und daß
man, im entgegengesezten Falle, auf keine gute Schneide rechnen
darf.“
„Aus dem bisher Gesagten erhellt, daß man kein untruͤgliches
Kennzeichen aufstellen kann, nach welchem man alle an einem Rasir-Messer
vorkommenden Fehler mit Sicherheit entdeken kann. Einige derselben liegen
allerdings vor Augen; andere sind aber verborgen, und entziehen sich der
Beobachtung.“
„Rasir-Messer wurden in fruͤheren Zeiten in einiger Hinsicht eben
so gut verfertigt, als man sie gegenwaͤrtigt macht; es war wirklich einmahl eine
Zeit, wo man Rasir-Messer zum Barbieren machte: in
den neueren Zeiten macht man sie zum Verkaufen, ohne auf
das Barbieren oder irgend etwas anderes Ruͤksicht zu nehmen. Man
scheint weder die Guͤte des Materiales, welches man bearbeitet, noch die
Art, wie dasselbe am Besten bearbeitet werden kann; zu studieren. Nur zu oft
wird dem Publicum ein wohlfeiles und unbrauchbares Messer aufgebuͤrdet,
und auf diese Weise der Ruf der Messerschmide zu Sheffild untergraben. Indessen
findet sich unter der Masse unbedeutender Waare, die aus diesem alten
Stapel-Plaze aller Messerschmid-Arbeiten ausgeht, noch manches Stuͤk von
der ausgezeichnetesten Guͤte, das man der besten Arbeit in der Welt
gleichstellen kann, wenn es dieselbe nicht vielleicht gar
uͤbertrifft.“
„Man hat neulich einige neue und wichtige Verbesserungen am Stahle
versucht, welche, wenn sie endlich gelingen, sowohl fuͤr die Verfertigung
der Rasir-Messer, als jeder anderen Art von Messerschmid-Arbeit hoͤchst
nuͤzlich werden koͤnnen. Herr Stodart, F. R.
S. (der vor Kurzem starb), und Hr. Faraday,
Assistent an der Royal Institution, hat der Royal Society eine wichtige Mittheilung gemacht, in
welcher diese beiden hochverdienten Maͤnner eine Reihe von Versuchen
beschreiben, die sie in der Absicht unternahmen, um zu bestimmen, in wiefern der
feinste Stahl durch Zusaz von anderen Metallen verbessert werden kann. Einige
dieser Versuche scheinen sehr gluͤkliche Resultate gegeben zu haben, und
koͤnnen vielleicht in kurzer Zeit der Stadt Sheffild sehr wichtige
Dienste leisten. Es kann nicht fehlen, daß Anwendung chemischer Kenntnisse auf
Verbesserung des feinsten Stahles von wohlthaͤtigen Folgen seyn muß.
Dieses herrliche und hoͤchst nuͤzliche Metall wurde in neueren
Zeiten auf einen Grad von Reinheit und Vollkommenheit gebracht, deren man ehevor
dasselbe fuͤr gaͤnzlich unfaͤhig erklaͤrte: man darf
indessen ja nicht glauben, daß man bereits den hoͤchsten Grad von
Vollkommenheit an demselben erreichte: eine solche Voraussezung wuͤrde
nicht bloß unverstaͤndig, sondern zugleich auch verderblich und ungereimt
seyn. Das Publicum ist daher jenen Maͤnnern allen Dank schuldig, die, in
geduldiger und muͤhevoller Forschung, verborgene Eigenschaften entdeken,
die chemischen Verwandtschaften aufspuͤren, und die Geheimnisse der Natur
auf eine in das Leben eingreifende nuͤzliche Weise verwenden. Die HHrn. Stodart und Faraday haben
ihre Untersuchungen mit aller Geduld unter einer Menge unguͤnstiger
Umstaͤnde und ungenuͤgender Resultate fortgesezt.Wir haben sie im polytechn. Journ. Bd.
III. S. 19. u. Bd. VIII S.
252 ausfuͤhrlich mitgetheilt. A. d. R. Die Combinationen, die sie vermutheten, hatten nicht immer Statt; sie
faͤnden aber endlich die genauen Verhaͤltnisse, welche zur Bildung
einer vollkommenen Legirung des Stahles mit Silber, Platinna etc. nothwendig
sind. Die erstere dieser Verbindungen, sagen sie, „liefert einen
Stahl, der haͤrter, als der beste Guß-Stahl, und selbst
haͤrter, als indischer Wootz ist; die daraus verfertigten Arbeiten
sind von der hoͤchsten Guͤte.“
„Silber kann dem Stahle, sagen sie, „in jedem Falle mit
Vortheil zugesezt werden, wo man sehr guten Stahl noͤthig
hat.“
„Um zu sehen, in welchem Verhaͤltnisse Stahl durch Silber-Legirung,
wie die HHrn. Stodart und Faraday empfahlen, besser werden kann, machte ich eine Reihe
aͤhnlicher Versuche, deren Resultate alle die Wichtigkeit ihrer
Untersuchungen, und die Genauigkeit ihrer Schluͤsse bewiesen. Meine
naͤchste Absicht war, diesen verbesserten Stahl zu verarbeiten, und seine
hoͤheren Vorzuͤge durch die Vortrefflichkeit der daraus
verfertigten Arbeiten zu erweisen. Ich habe mich nun beinahe ein Jahr lang
dieses verbesserten Stahles in meiner Fabrike bedient, und die seit dieser Zeit
daraus verfertigten Rasir-Messer sind stets auf eine entschiedene Weise besser
ausgefallen, sowohl in Hinsicht auf Feinheit, als auf Dauerhaftigkeit der
Schneide; sie sind besser geworden, als sie bisher noch nirgendwo im ganzen
Koͤnigreiche gewesen sind.“
Ueber das Abziehen der Rasir-Messer auf dem Steine, und
uͤber das Streichen derselben auf dem Riemen.
„Man bediene sich des SteinesDer Eisenstein-Wezstein (iron-stone hone)
gibt dem Rasir-Messer, obschon man denselben nur selten braucht, die
feinste Schneide. Man findet ihn in jenen Eisen- und Kohlengruben, die
in Brand geriethen, und er kommt unter dem Namen kuͤnstlicher Jaspis (artificial jasper) vor. Man hat ihn von verschiedenen Graden
von Feinheit. Gill. nur selten, nehme nur selten seine Zuflucht zu demselben, und nie
fruͤher, als bis durch haͤufiges und wiederholtes Streichen auf
dem Riemen die Schneide des Rasir-Messers
gaͤnzlich verloren gegangen ist; man bediene sich des besten lichten
Oehles, und sorge dafuͤr, daß der Stein immer rein und frei von allem
Staube erhalten wird. Wer immer starken Bart und zarte Haut hat, wird sehr gut
thun, wenn er vor dem Barbieren das Gesicht gut mit Seife und Wasser
waͤscht; je mehr und besser man die Seife zu Schaum schlägt, und je
langer man den Bart einseift, desto leichter wird man sich barbieren. Man tauche
das Messer, ehe man es auf dem Gesichte anlegt, in heißes Wasser, lege die
Klinge beinahe flach an, und sorge dafuͤr, daß man derselben immer einen
schneidenden, statt einen krazenden oder schabenden, Zug gibt. Nach
dem Barbieren streiche man das Messer alsogleich auf dem Riemen, um alle
Feuchtigkeit zu beseitigen, die auf der Schneide hangen geblieben seyn
koͤnnte, und bediene sich keines gewoͤhnlichen Streichriemens, indem die Composition, mit
welcher diese Riemen gewoͤhnlich belegt sind, immer schlecht und dem
Messer nachtheilig ist. Der Riemen muß von der besten Ledersorte seyn, und wenn
die Composition abgegangen ist, so ist es am besten, denselben mit etwas reinem
Talge zu uͤberreiben, und dann etwas von dem obersten Theile eines
gepuzten Dochtes darauf zu thun, der ein feines Pulver bildet, welches so gut
ist, als die beste Composition, die man jemahls zu diesem Zweke angewendet hat.
Eine andere treffliche Methode einen Streichriemen zu verjuͤngen, ist
diese, daß man ihn gut mit sogenanntem Pinter (pewler)Einer Composition aus 9–10 Theilen, und ein Theil Spießglanz. A.
d. Ueb. uͤberreibt, und das Leder mit den feinsten Metalltheilchen
impraͤgnirt.“
„Am Schluͤsse dieser Bemerkungen kann ich nicht unterlassen gegen
den elastischen Polster-Streichriemen zu Protestiren,
welcher dadurch, daß er dem Druke des Messers leicht nachgibt, die feine, scharfe, flache Schneide, die der Stein
erzeugt, leicht wegnimmt, und dafuͤr eine verderbliche runde Schneide gibt. Ein flacher Streichriemen, der
nicht zu sehr mit Leder uͤberladen ist, ist am Besten geeignet, die Form
zu unterhalten, die der Stein der Schneide gegeben hat; alle anderen Riemen sind
nur dazu, um praktisch alle Theorie zu zerstoͤren, nach welcher man dem
Messer eine gute Schneide gegeben hat.“