Titel: | Verfahren, um Gemählde an öffentlichen Gebäuden und überhaupt Mauern, so wie kostbare Statuen, Bas-Reliefs, Medaillen u.s.w. aus Gyps gegen die Verheerungen der Feuchtigkeit zu schüzen. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXIX., S. 281 |
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LXXIX.
Verfahren, um Gemählde an öffentlichen Gebäuden
und überhaupt Mauern, so wie kostbare Statuen, Bas-Reliefs, Medaillen u.s.w. aus Gyps
gegen die Verheerungen der Feuchtigkeit zu schüzen.
Aus einem Berichte, welchen die HHrn. Thenard und d'Arcet, Mitglieder der
koͤnigl. Academie der Wissenschaften, uͤber einen
die Feuchtigkeit abhaltenden Firniß (den sie Mastic
hydrofuge nennen), erstatteten. Journ. de Pharm. Mars,
1826.
Verfahren, um Gemählde an öffentl. Gebäuden u. überhaupt an Mauern
gegen die Verheerungen der Feuchtig. zu schüzen.
In der Sizung der koͤnigl. Academie der Wissenschaften vom 27. Febr. las Hr.
Thenard in seinem und d'Arcets Namen eine Notiz uͤber das Verfahren, welches diese beiden
Gelehrten befolgten, um das Innere der Kuppel von Sainte-Genevieve mit einem
Firnisse zu uͤberziehen, wodurch die herrlichen Mahlereien, welche dieselbe
zieren, gegen alle Angriffe der Feuchtigkeit gesichert werden.
Die ersten Versuche wurden im Jahre 1814 auf Veranlassung des beruͤhmten
Kuͤnstlers angestellt, welcher zu dieser Zeit beauftragt war, die obere
Kuppel dieser Kirche zu mahlen.
Die Verfasser haben so eben eine neue Anwendung ihres Verfahrens auf die vier
Strebebogen der unteren Kuppel gemacht, welche von Baron Gerard gemahlt werden sollen. Die
angestellten Versuche lassen nicht zweifeln, daß die Mahlereien, welche dieser
Ueberzug schuͤzen soll, den Angriffen der Feuchtigkeit nicht vollkommen
widerstehen.
Man wird den vollen Werth eines aͤhnlichen Mittels einsehen, wenn man bedenkt,
daß die meisten Mahlereien, welche unsere oͤffentlichen Gebaͤude
schmuͤken, nach Verlauf sehr weniger Jahre durch den Einfluß der Feuchtigkeit
verderben; als auffallendes Beispiel hiervon wollen wir die Mahlereien der Deke der
Antiken-Gallerte im Louvre anfuͤhren. Mahlereien, welche wir dem Pinsel
Berthelmy's verdanken, und welche im Jahre 1810 noch kaum beendigt waren. Ein großer
Theil ist durch das Einsikern des Wassers, welches in dem oberen Saale Statt hat,
bereits zerstoͤrt.
Die HHrn. Thenard und d'Arcet
haben sich nicht bloß auf das beschraͤnkt, was zur Verschoͤnerung der
oͤffentlichen Gebaͤude beitragen konnte. Sie haben den großen Vortheil
gefuͤhlt, der aus der Anwendung dieses Firnisses entstehen koͤnnte; um
die Haͤuser gegen alle Feuchtigkeit zu schuͤzen, und dadurch gesund zu
erhalten.
Versuche, die den gluͤklichsten Erfolg versprechen, sind in den unteren
Saͤlen angestellt worden, welche wegen des Wassers, das durch die Mauern und
den Boden drang, unbewohnbar waren.
Dieser wasserabhaltende Firniß besteht in einer Mischung aus gelben Wachs oder Harz,
mit bleiglaͤttehaltigen Leinoͤhl. Um das bleiglaͤttehaltige
Leinoͤhl zu erhalten, loͤst man mit Beihuͤlfe der Waͤrme
auf gewoͤhnliche Art Einen Theil fein gepulverte Bleiglaͤtte in zehn
Theilen reinem Leinoͤhle auf. Zur Bereitung des Wachsfirnisses, nimmt
man:
Gelbes Wachs
1
Theil.
Bleiglaͤttehaltiges
Leinoͤhl
3
Theile.
Es wird bei gelinder Waͤrme aufgeloͤst, und zum Gebrauche
aufbewahrt.
Der Harzfirniß wird auf dieselbe Art bereitet, man nimmt aber dann:
Harz
2
Theile.
Bleiglaͤtthaltiges Oehl
1
Theil.
Da lezterer Firniß weniger kostspielig ist, so wird er uͤberhaupt bei allen
gewoͤhnlichen Kunstwerken von geringem Werthe angewendet. Der Wachsfirniß ist
im Gegentheile bei kostbaren Gegenstaͤnden, verzierten Gesimsen,
Bildhauerarbeiten, vorzuziehen; er durchdringt leicht die feinsten Arbeiten; er
bildet nur einen duͤnnen feinen Ueberzug, und veraͤndert daher die
Reinheit der Zuͤge durchaus nicht.
Die ganze Schwierigkeit bei der Anwendung dieses Firnisses besteht in der Austragung
desselben; allein gerade der Art des Auftragens verdankt er hauptsaͤchlich
seinen Vorzug vor anderen Feuchtigkeit abhaltenden Firnissen.
Wenn man ihn auf der Oberflaͤche einer Mauer oder eines Gewoͤlbes
anbringen will, so ist es noͤthig, diese leztere vorher zu erwaͤrmen,
um von derselben alle Feuchtigkeit zu entfernen, und den Firniß tief in den Stein
oder Gyps eindringen zu lassen. Man bedient sich zu diesem Ende der Gluthpfanne des
Vergolders.Diese Gluthpfanne ist ein rechtwinkeliges sehr flaches Parallelopiped, dessen
fuͤnf Seitenflaͤchen von Eisenblech sind, die sechste ist ein
eiserner Rost. Man bringt gluͤhende Kohlen in das Innere des
Parallelopipedes, und haͤlt die mit dem Roste versehene Seite gegen
den Theil, den man erwaͤrmen will. Dieser Ofen ist außerdem mit zwei
Haͤkchen versehen, mittelst welcher man ihn parallel mit sich selbst
fortgleiten lassen kann, um die zunaͤchst daran stehenden Theile zu
erwaͤrmen.
Man faͤngt nun an, einen Theil der Oberflaͤche stark zu
erwaͤrmen, laͤßt dann den Ofen vor dem naͤchst anstehenden
Theile hingleiten, und wenn dieser erwaͤrmt worden ist, traͤgt man den
warmen Firniß auf ersteres auf. Wenn man bemerkt, daß die ganze Oberflaͤche
nicht gleichmaͤßig mit Firniß bedekt ist, so erwaͤrmt man sie
neuerdings, um noch mehr davon aufzutragen, und man wiederholt diese Operation, bis
der Stein davon gesaͤttigt ist, d.h. bis er nichts mehr davon aufnimmt.
Die zarten Steine und der Gyps, selbst wenn sie schon durch das Wasser erweicht
worden sind, erlangen durch dieses Verfahren eine große Haͤrte, und werden
von nun an nicht mehr von der Feuchtigkeit angegriffen.Es ist leicht, sich den Vorzug dieses neuen Verfahrens vor dem
gewoͤhnlich gebraͤuchlichen zu erklaͤren. Zu den
gewoͤhnlichen Mahlereien werden naͤmlich Bleiweiß oder andere
farbige Metalloxide angewendet, welche vorher mit Leinoͤhl
angeruͤhrt worden sind; das Leinoͤhl, welches bei der
gewoͤhnlichen Temperatur fluͤßig ist, und sodann von dem
Steine eingesogen, breitet sich darin betraͤchtlich aus, und
verlaͤßt die Farbe, wodurch das Einsaugen auf der Oberflaͤche
und die Notwendigkeit entsteht, die Mahlerei zu uͤberfirnissen. Die
Mahlerei, die in diesem Zustande nur sehr schwach an dem Steine
anhaͤngt, folgt der Wirkung des Firnisses, der, indem er sich
abschuppt, sie mit sich abreißt, und die neue Composition hingegen, welche
man vor dem Bemahlen auftraͤgt, und welche nur bei einer Temperatur
uͤber 40° fluͤßig werden kann, wird im Innern des
Steines fest; von diesem Augenblike an kann sie sich nicht mehr verbreiten;
sie bleibt mit der Mahlerei verbunden, und haͤlt dieselbe an der
Oberfläche des Steines fest, waͤhrend sie sie zugleich gegen
Feuchtigkeit schuͤzt. Hierdurch wird das Firnissen der Mahlereien
unnoͤthig, was ein sehr großer Vortheil ist. Die Mahlereien der
Kuppel von Sainte-Genevieve sind nicht gefirnißt worden. Mehrere Partien
dieses ungeheueren Gemaͤhles sind schon vor mehr als zehn Jahren
beendigt, und keine hat bis jezt auch nur die geringste Veraͤnderung
erlitten.
Wenn man kostbare
Gegenstaͤnde aus Gyps, z.B. Statuen, Bas-Reliefs, Medaillen etc. in gutem
Zustande erhalten will, so muß man weißes Wachs und Bleiseife anwenden, die durch
wechselseitige Zersezung eines Bleisalzes und der Leinoͤhlseife bereitet
wurde. Nachdem die Metallseife gebildet, gewaschen und getroknet worden ist, nimmt
man drei Theile derselben, die man mit Einem Theile weißen Wachs zusammenschmelzen
laͤßt. Man kann sich auch mit Vortheil der Zinkseife bedienen, die auf
dieselbe Art bereitet wird, darf aber dann nicht vergessen, daß man mit dem
kaͤuflichen schwefelsauren Zink, welcher immer Eisen enthaͤlt, nur
dann eine recht weiße Seife erhaͤlt, wenn man ihn gehoͤrig gereinigt
hat.Es ist besser, sich hiezu des kuͤnstlich dargestellten kristallisirten
schwefelsauren Zinkes zu bedienen, den die chemischen Fabriken, namentlich
auch die des Herausgebers dieses Journals, jezt sehr billig liefern. A. d.
R.
Wenn man statt weißer Seifen, wie jene des Zinkes oder des Bleies, Kupfer- oder
Eisenseifen anwendet, so erhaͤlt man einen gruͤn oder rothbraun
gefaͤrbten Firniß. Durch Mischung dieser beiden Seifen erhaͤlt man
alle Nuͤancen von Gruͤn. Wenn man die Seife nimmt, welche aus der
Zersezung von
20
Theilen schwefelsaurem Eisen und
80
Theilen schwefelsaurem Kupfer
entsteht, so gibt man dem Gypse eine Farbe, welche die antike
Bronze vollkommen nachahmt.
Um sie aufzutragen, erhizt man die damit zu uͤberziehenden Gegenstande in einer Trokenstube
oder in einem Ofen, bei einer Temperatur, welche niemals 100 Grad
uͤbersteigen darf. Man tragt den Firniß warm, mittelst eines Pinsels auf; ein
Theil davon wird verschlukt; da aber die Temperatur bald niedriger wird, so wird ein
Theil auf der Oberflaͤche fest. Man bringt den Gegenstand wieder in die
Trokenstube oder in den Ofen; der Firniß wird neuerdings fluͤßig und sehr
schnell verschlukt werden. Man wiederholt diese Arbeit so lang, bis man glaubt, daß
der Firniß weit genug in das Innere des Gypses eingedrungen ist, und wenn man sodann
das Stuͤk aus dem Ofen nimmt, reibt man es ganz leicht mit einem
Stuͤke Leinen- oder Baumwollenzeuges, ehe es noch ganz kalt geworden ist, um
dadurch von demselben eine leichte Kruste Eisenoxid zu entfernen, welche
gewoͤhnlich auf der Oberfläche liegen bleibt, und ihr eine gelbe Farbe
ertheilt; was ohne Zweifel daher ruͤhrt, daß ein Theil Eisen, der in das
Maximum der Oxidation uͤbergeht, nicht mehr von den festen Saͤuren in
Aufloͤsung erhalten werden kann, und sodann nicht mehr von dem Gypse
verschlukt wird.
Die metallischen Ueberzuͤge, von welchen wir so eben gesprochen haben,
bewirken, daß der Gyps vom Wasser durchaus nicht mehr angegriffen wird; wir haben
Bas-Reliefs gesehen, an welchen nur ein Theil der Oberflaͤche von dem
Firnisse durchdrungen war, und der sodann der Wirkung eines Wasserfalles ausgesezt
wurde. Nach Verlauf einiger Zeit hatte der bedekte Theil nicht die mindeste
Veraͤnderung erlitten, und der andere war großen Theils aufgeloͤst;
der Gyps war dabei einen Daumen dik durchfressen.
Dieses Verfahren, welches bisher der Kunst des Gyps-Abgießers fehlte, vereinigt alle
Eigenschaften eines vollkommenen Verfahrens, weil es die Reinheit der Umrisse nicht
im mindesten veraͤndert, und den Vortheil gestattet, Bildhauer-Arbeiten um
einen sehr niedrigen Preis zu verkaufen, welche das Ansehen und bis zu einem
gewissen Grade die Dauerhaftigkeit des Marmors haben.
A. P. Bussy.