Titel: | Neu erfundener Räderweg und neues Fuhrwerk zur Förderung von Reisenden und Waaren auf Heerstraßen und Eisenbahnen, und bergauf und bergab mittelst Vorrichtungen, die auch zu anderen Zweken taugen, und worauf Wilh. Franz Snowden, Mechaniker in Oxford-Street Hanover Square, sich am 18. December 1824 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXXVII., S. 326 |
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LXXXVII.
Neu erfundener Räderweg und neues Fuhrwerk zur
Förderung von Reisenden und Waaren auf Heerstraßen und Eisenbahnen, und bergauf und
bergab mittelst Vorrichtungen, die auch zu anderen Zweken taugen, und worauf Wilh. Franz Snowden,
Mechaniker in Oxford-Street Hanover Square, sich am 18. December 1824 ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. N. 52. S.
337.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Snowden's, neu erfundener Räderweg u. neues Fuhrwerk zur Förderung
v. Reisenden u. Waaren auf Heerstraßen u. Eisenb.
Ein Theil der Gegenstaͤnde dieses Patentes bringt soviel Sonderbares zu Tage,
daß wir unsere Leser im Voraus lachen sehen, wenn sie hoͤren werden, daß,
statt nach altherkoͤmmlicher Weise die Pferde vor den Wagen zu spannen, Hr.
Snowden die Pferde in den Wagen bringt, und denselben
auf diese Weise so vorwaͤrts treiben laßt, wie eine Ochsenmuͤhle
umgetrieben wird. So sonderbar diese Vorrichtung scheinen mag, so ist Hr. Snowden doch so sehr von den Vorzuͤgen derselben
uͤberzeugt, daß er uns mit Zuversicht verspricht, seine Fuhrwerke werden in
kurzer Zeit alle Straßen bedeken, und der Welt beweisen, daß sie besser sind als
alle Maschinen, die man bisher erfunden hat, um irgend etwas von einem Orte in den
anderen zu bringen.
Dieses Patent zerfaͤllt in zwei Theile: der erste, den der
Patent-Traͤger Raͤder-Weg nennt, besteht
aus einem hohlen Graben, der oben mit einer eisernen Buͤhne versehen ist, auf
welcher Karren oder andere Fuhrwerke laufen koͤnnen. Innerhalb dieses Grabens
befindet sich eine Fahr-Maschine, die er das mechanische
Roß nennt, woran sich ein horizontales Zahnrad befindet, das sich um eine
verticale Achse dreht, und in die Zaͤhne eines Zahnstokes eingreift, der an
der Seite des Raͤder-Weges innerhalb des Grabens befestigt ist. Dieses
Zahnrad wird durch eine Dampfmaschine oder durch irgend eine Triebkraft getrieben,
und treibt das mechanische Pferd in dem Graben vorwaͤrts, wodurch, mittelst
gehoͤriger Anfuͤgungen, ein ganzer Zug von Karren oder Wagen
laͤngs der Buͤhne oben auf dem Raͤder-Wege nachgezogen werden
kann.
Der zweite Theil betrifft ein Fuhrwerk fuͤr Reisende und Guͤter,
welches an das mechanische Pferd angehaͤngt, und durch Menschen oder Pferde
innerhalb des Fuhrwerkes getrieben wird. Dieser Wagen laͤuft auf der
Buͤhne uͤber dem Raͤderwege, und statt eine Triebkraft von dem
mechanischen Pferde zu erhalten, ertheilt er demselben, mittelst Raͤder- und
Triebstoͤke, die durch, Menschenhaͤnde oder durch Pferdekraft, statt
durch Dampf, getrieben werden, Triebkraft. Dieselbe Art Fuhrwerkes und Mechanismus
zum Treiben desselben kann auch auf gewoͤhnlichen Straßen angewendet werden,
wenn man gewoͤhnliche Wagenraͤder statt des mechanischen Pferdes
nimmt, und diese durch eine Drehekraft auf die oben beschriebene Weise in Bewegung
sezt.
Die Art, wie der Raͤder-Weg eingerichtet ist, ist auf Fig. 23. im
Querdurchschnitte, Fig. 24. im Grundrisse, und Fig. 25. im
Laͤngendurchschnitte dargestellt. In allen diesen Figuren zeigt sich das
mechanische Pferd, A, in Thaͤtigkeit. Ein hohler
Graben ruht auf zwekmaͤßigen Lagern auf der Erde, oder zuweilen auch unter
der Erde in einer Grube, oder steht hoͤher uͤber der Erde, je nachdem
die Unebenheiten des Landes, uͤber welches gefahren werden muß, es erfordern;
uͤberhaupt muß der Raͤderweg soviel moͤglich horizontal seyn.
Dieser Graben besteht aus zwei Seiten-Bahnen, aa,
die gehoͤrig unter einander verbunden sind, und oben die Buͤhne, bb, tragen; die Bahnen schlagen sich oben und
unten um, und bilden auf diese Weise Furchen oder Hoͤhlungen, in welchen die
Raͤder, cc, des mechanischen Pferdes
laufen. Auf der oberen Seite des mechanischen Pferdes sind Gegenreibungs-Walzen, d, horizontal angebracht, deren Umfange gegen die
Seiten-Bahnen, aa, laufen, um der Bewegung mehr
Sanftheit zu geben, und das Reiben der Raͤder zu verhindern. Auf dieser
oberen Seite des mechanischen Pferdes findet sich auch ein Zahnrad, e, welches in einen Zahnstok eingreift, der an einer der
Seiten-Bahnen f, angebracht ist. Dieses Zahnrad wird
mittelst einer Dampfmaschine, oder irgend einer hinlaͤnglichen auf die Achse desselben,
g, wirkenden Kraft in Umlauf gesezt, und treibt das
mechanische Pferd laͤngs dem Raͤder-Wege fort. Die Dampfmaschine kann,
wie bei, B, auf einen Wagen gebracht werden, dessen
Raͤder oben auf der Buͤhne, b, laufen, und
sie kann der Achse, g, mittelst Staͤmpeln,
Kurbeln und mittelst eines Raͤderwerkes eine umdrehende Bewegung ertheilen,
um das Rad, e, in dem Zahnstoke, f, laufen zu lassen, und dadurch das mechanische Pferd laͤngs dem
Raͤder-Wege fortzutreiben. Hinten an dem Dampfwagen sind die Karren oder
Wagen, CC, angebracht, und wo die Buͤhne,
b, keine Vorspraͤnge hat, um die
Wagenraͤder zu leiten, muͤssen Staͤbe, i, von der unteren Seite des Wagens hinab in die Oeffnung laͤngs
der Mitte der Buͤhne, bb, laufen, um die
Wagen gehoͤrig im Geleise zu erhalten. Die Raͤder der Karren oder
Wagen koͤnnen sich auch in Furchen der Seitenbahnen bewegen, statt
laͤngs der Buͤhne hinzulaufen, wo dann der Koͤrper der Wagen
durch Untersaͤze gestuͤzt wird, die durch die Oeffnung der
Buͤhne aufwaͤrts steigen. Der Patent-Traͤger bemerkt, daß
„diese Art Wagen auf Eisenbahnen zu leiten, naͤmlich mittelst
eines inneren Zahnstokes und eines beschrankten Laufes der Raͤder,
vorzuͤglich dort wuͤnschenswerth ist, wo die Wagen mit großer
Schnelligkeit sowohl zur Foͤrderung der Waaren, als der Reisenden, fahren
sollen.“
Er schlaͤgt ferner diese Art von Eisenbahn und sein mechanisches Pferd zum
Ziehen der Schiffe auf Canaͤlen und Fluͤssen vor, und will auf starken
Pfaͤhlen laͤngs denselben solche Raͤder-Wege errichten, wie
Fig. 26.
zeigt, aa, sind die Seitenbahnen zweier
Raͤder-Wege, die in einem eisernen Gestelle gehoͤrig befestigt sind.
bb, sind die mechanischen Pferde, die auf den
unteren Vorspraͤngen der Seiten-Bahnen laufen, cc, sind die Stuͤzen fuͤr die Wagen, in welchen die Leiter
sizen. dd, sind die Zahnstoͤke, die an dem
eisernen Gestelle des Raͤder-Weges eingebolzt sind; es, sind
Zahnraͤder, die an den Wagen angebracht sind, und, ff, sind ihre Triebstoͤke. Die
Fuͤhrer drehen die Kurbeln, gg, und bringen
dadurch die Triebstoͤke in Drehekraft, die die Zahnraͤder treiben,
welche in die feststehenden Zahnstoͤke eingreifen, und so das mechanische
Pferd und das daran befestigte Fahrzeug oder Fuhrwerk vorwaͤrts treiben, wenn
das Seil, h, an denselben befestigt ist.
Wenn schwere Koͤrper uͤber steile Abhaͤnge mittelst stehender
Maschinen in
Kutschen oder Fuhrwerken hinaufzuziehen sind, schlägt der Patent-Traͤger
einen Raͤder-Weg von der Art vor, wie Fig. 27. zeigt. Dieser
besteht aus einer Reihe von Zahnraͤdern und Triebstoͤken, die in
einandergreifen, und als Zug dienen; die bewegende Kraft kann an einem der beiden
Enden, oder an irgend einem Theile des Zuges angebracht seyn. Die Fuhrwerke oder
Kisten, aa, welche die schweren Koͤrper
enthaͤlten, kommen auf Raͤder oder Walzen, bb, welche in Furchen laufen, ziemlich so, wie das
oben beschriebene mechanische Pferd.
An diesen Fuhrwerken befinden sich Zahnstoͤke, c,
die in die Zaͤhne der Raͤder, d,
eingreifen, und durch die Umdrehung dieser Raͤder wird das Fuhrwerk
vorwaͤrts oder ruͤkwaͤrts gebracht. Ein Raͤder-Weg
dieser Art kann horizontal, vertical, oder unter was immer fuͤr einer Neigung
angebracht werden, und schwere Koͤrper von einer Hoͤhe in die andere
versezen, also auch zum Foͤrdern der Erze und Kohlen aus Bergwerken
dienen.
Das Fuhrwerk, welches den zweiten Theil dieses Patentes bildet, kann, in Verbindung
mit dem mechanischen Pferde, sowohl auf der oben beschriebenen Eisenbahn, als auf
gewoͤhnlichen Straßen laufen. Es ist in Fig. 28. dargestellt, und
besteht aus einer kreisfoͤrmigen Buͤhne, auf welcher zwei Pferde, wie
an einem Pferde-Goͤpel, im Kreise umhergehen. Die Pferde sind an horizontale
Hebel, aa, wie in einem Joche, eingespannt. Diese
Hebel drehen eine im Mittelpuncte befindliche Achse, b,
an deren unterem Ende sich ein großes Zahnrad befindet, welches in dieser Figur
nicht dargestellt werden konnte. Die Kraft der Pferde, die in diesem Wagen
umherlaufen, dreht dieses Rad in horizontaler Richtung, welches in
Triebstoͤke an seinem Umfange eingreift, und dadurch das Triebwerk in
Thaͤtigkeit sezt, welches die Achsen der Wagenraͤder treibt. Diese
Achsen haben Sperrkegel, welche in Zahnraͤder einfallen, die auf den Naben
der Wagenraͤder sich befinden, und so werden, durch die Umdrehung der Achsen,
auch die Raͤder umgetrieben, und das Fuhrwerk wird vorwaͤrts
gebracht.
Wenn diese Vorrichtung bei obigem Raͤder-Wege angebracht wird, so drehen die
Pferde das große Zahnrad auf der Buͤhne des Fuhrwerkes, und dieses treibt
dann einen Triebstok oben an der Spindel, g, Fig. 23, 24, 25., welcher
das mechanische Pferd laͤngs dem Raͤder-Werke, und folglich auch den
Wagen auf der Buͤhne des lezteren vorwaͤrts treibt.
Das Fuhrwerk wird, wenn es sich auf einem gewoͤhnlichen Wege bewegt, wie Fig. 28.
zeigt, durch einen Leiter gelenkt, der vorne steht, und ein horizontales Steuer-Rad,
e, dreht. Dieses Rad befindet sich auf einer
senkrechten Achse, d, welche unten mit einem Triebstoke
versehen ist, der in einen halbkreisfoͤrmigen Zahnstok unter dem Wagen au der
vorderen Achse eingreift. Je nachdem dieser Zahnstok durch den Triebstok gedreht
wird, kommt die Achse der Vorderraͤder in einen gewissen Winkel gegen die
Hinterraͤder, und da dann der Sperrkegel der Achse uͤber das Sperrad
auf der Nabe des zuruͤkweichenden Rades zuruͤkglitscht, geht das
Fuhrwerk in einer krummlinigen Richtung vorwaͤrts.
Der Patent-Traͤger meint, daß diese Sperrkegel oder Sperrraͤder mit
Vortheil an Maͤhe- und Drill-Maschinen angebracht werden konnten und
uͤberall, wo die Umdrehung des Rades anderen Theilen der Maschine Bewegung
mittheilen soll.
Durch die Laͤnge der Hebel, welche die Joche bilden, glaubt er soviel Kraft zu
gewinnen, daß er sein Fuhrwerk mit irgend einer Schnelligkeit zu treiben vermagEs waͤre wohl uͤberfluͤssig, uͤber die
laͤcherliche Unanwendbarkeit dieser Art von Fuhrwerk Bemerkungen
machen zu wollen. Indessen wird sich hier und da in großen Fabriken,
Bergwerken, bei Bauten etc. diese Vorrichtung vielleicht mit Nuzen anwenden
lassen. Beruͤksichtigung verdient ferner die allgemein
vernachlaͤßigte Idee, die Umdrehung der Raͤder eines
Fuhrwerkes zu Nebenzweken zu benuͤzen. So koͤnnte z.B. ein
schwerer Fuhrwagen durch Nebenbenuͤzung der Umdrehung seiner
Raͤder eine Menge kleiner Mahl-Arbeiten verrichten, z.B. Brechen des
Habers etc. A. d. Ueb..