Titel: | Etwas über Seife und Eyweiß. |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CIII., S. 382 |
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CIII.
Etwas über Seife und Eyweiß.
Aus einem Briefe des Hrn. Colin an Hrn. Gay-Lussac, in den Annales de Chimie et de
Physique. Novbr. 1825. S. 321.
Etwas über Seife und Eyweiß.
Bei Gelegenheit der Versuche, welche ich mit den Seifen anstellte, und welche im J.
1816 im dritten Bande dieser Sammlung gedrukt wurden, bewies ich, daß das Salz, wenn
man es in gehoͤriger Menge zusezt, die Eigenschaft besizt, dieselben zu
fallen, wobei sie so erhaͤrten, daß sie zerreiblich werden, und daß die auf
diese Weise gefaͤllte Seife zur Wiederaufloͤsung eine neue Menge
aͤzenden Alkalis brauchte. Man muͤsse sich also, sagte ich,
huͤten, dieselbe zu hart zu machen, wenn das Wasser, auf welchem sie
schwimmt, nicht Alkali zuruͤkhalten sollte, was ein reiner Verlust
waͤre. Die Unaufloͤslichkeit, welche die Seife unter diesen
Umstaͤnden erhaͤlt, wurde auch von Hrn. Vauquelin bestaͤtigt, welcher in einer, der Academie de Medecine vorgelegten, Note uͤberdieß auch noch zeigte,
daß eine sehr wenig concentrirte Aufloͤsung von Meersalz dieselbe Wirkung
hervorzubringen im Stande sey. Er behauptet, daß diese Ausscheidung nicht durch die
Verwandtschaft des Salzes zum Wasser bedingt wird, was ich auch glaube; denn die
durch die gegenseitige Einwirkung der beiden Salze aufeinander erhaltenen
Niederschlaͤge sind in der That minder aufloͤslich, als diese Salze
selbst. Da nun Hr. Chevreul bewies, daß die Seifen
salzartige Substanzen sind, so begreift man wohl, daß dieselben mit dem Meersalze
eine Verbindung eingehen koͤnnten, in deren Folge sie ihre
Aufloͤslichkeit verlieren. Ich weiß von Hrn. Robiquet
daß Stuͤke
Seife, in Salzwasser getaucht, an Gewicht zunehmen, und den Grad der Salzigkeit der
Aufloͤsung vermindern: und da es ferner bekannt ist, daß die Wirkung des
Wassers oft hinreicht, um ein Salz in 2 Theile zu scheiden, wovon der eine sauer,
der andere alkalisch ist, was auch bei den Seifen selbst der Fall ist, weil Hr. Chevreul auf diese Weise die perlmutterartige Masse davon
trennt; so sieht man wohl ein, daß die Dazwischenkunft einer dritten, wenn auch
schwachen, Substanz im Stande seyn wuͤrde, diese Abscheidung zu modificiren,
und sie noch auffallender zu machen.
Hr. Vauquelin zieht hieraus den Schluß, daß das Meers
Wasser nie zum Waschen mit Seife tauglich seyn wird, und daß es falsch ist, daß
gewisse englische Seifen zum Gebrauche fuͤr die Marine besser sind, als die
unsrigen. Er schlaͤgt daher vor, auf dem Meere statt der Seife zu einigen
schleimigen Pflanzen seine Zuflucht zu nehmen, wie dieß auch zu Lande in einigen
Gegenden geschieht. Wir fuͤgen hier noch bei, daß man in neueren Zeiten die
Erdapfel zu diesem Zweke empfahl; man behauptet sogar, daß dieses Verfahren gut ist,
und es ist auch leicht, dasselbe zu bestaͤtigen. Alle Nahrungsmittel besizen
wirklich die Eigenschaft, die Fette etc. zu absorbiren, wie sich dieß bei der
Zubereitung unserer Speisen zeigt. Es waͤre leicht, statt der
Erdaͤpfel andere beinahe unnuͤze Wurzeln zu nehmen, wie die
Zaunruͤbe, (Bryonia), oder auch Fruͤchte,
wie die Roßkastanien etc. Man koͤnnte, von diesem Grundsaze ausgehend, diesen
Substanzen auch eine bestimmte Menge basisch kohlensaures Natrum oder Kali zusezen,
und man wuͤrde hoͤchst wahrscheinlich zum erwuͤnschten Ziele
gelangen.
Ich erinnere mich, ehemahls ein kleines Stuͤk englische Seife besessen zu
haben, deren sich, wie man sagte, die Seeleute bedienten; allein sie verhielt sich
gegen salzsaͤuren Kalk und sogar gegen Kochsalz wie unsere Seifen.
Ich benuͤze die Gelegenheit dieses Briefes, um ihnen zwei Beobachtungen
mitzutheilen, welche mit der Entdekung zusammenhaͤngen, welche Vauquelin in den Wassern von Vichy machte, und welche
wahrscheinlich auch einigen Bezug auf die animalische Substanz haben, die Hr. de Longchamp in den Mineralwaͤssern entdekte, und der
er den Namen Barrégine beilegte.
Bei meinen Versuchen uͤber die GaͤhrungPolyt. Journal Bd. XVIII. S. 239. A.
d. R. untersuchte ich den Eyweißstoff mit verschiedenen Saͤuren, und fand,
daß derselbe. eine blaue Farbe annahm, wenn ich ihn bei gelinder Waͤrme mit
Zuker, Wasser und Kampfer-Saͤure digerirte; ich muß hierbei noch bemerken,
daß die Hize einen Augenblik lang stark genug war, um einen Theil des Eyweißstoffes
gerinnen zu machen. Ich erhielt ferner eine blaue, gruͤne und rothe Farbe,
wenn ich diesen Stoff unmittelbar mit verduͤnnter Schwefelsaͤure
behandelte, die Fluͤßigkeit bis zur Gallerte abrauchte, und dann auf ein
Filtrum brachte, wo sie lang genug ausgewaschen wurde. Nach Verlauf von einigen
Tagen war ein Theil des Filtrums deutlich blau gefaͤrbt; andere Stellen
zeigten hier und da rothe Puncte, und noch andere waten gruͤnlich. Eine
waͤsserige Eyweiß-Aufloͤsung endlich, die ich, mit Salzsaͤure
gefallt, auf ein Filtrum gebracht und ausgewaschen hatte, gab eine Substanz von
schoͤner rother Farbe. Eben diese Farbe laͤßt sich auch mit
Schwefelsaͤure und mit der thierischen Substanz, von welcher die Rede ist,
nach Belieben hervorbringen. Hr. Fremy, mit dem ich
uͤber diesen Gegenstand sprach, zeigte mir eine rothe Fluͤßigkeit,
welche er durch Behandlung des Eyweißes mit eben dieser Saͤure erhielt. Diese
Thatsachen stimmen, wenn ich mich nicht irre, allein mit der Moͤglichkeit
uͤberein, die in den Waͤssern voll Vichy gefundene thierische Substanz
darzustellen; denn auch diese besizt die Eigenschaft blau zu werden, waͤhrend
ihre uͤbrigen Eigenschaften, nach Vauquelin, doch
mit jenen des Eyweißes uͤbereinstimmen. Sie scheinen mir auch geeignet, die
Moͤglichkeit der Umwandlung des Eyweißes in den Faͤrbestoff des Blutes
darzustellen. Es ist wohl wahr, daß die, auf diese Weise erzeugte rothe Substanz
unaufloͤslich ist; allein man weiß auch, daß auch der Farbestoff des Blutes
durch Behandlung mit Saͤuren unaufloͤslich wird. Ich halte es daher
fuͤr sehr geeignet, das Studium dieser Erscheinungen weiter fortzusezen.