Titel: | Bericht des Hrn. Molard, d. jüng. im Namen eines besonderen Ausschusses, über den von Hrn. Debergue, Mechaniker (ingeniéur-mécanicien, rue de l'arbalestre, N. 24.) zu Paris erfundenen Kunst Weberstuhl. (Selbstwebende Maschine.) |
Fundstelle: | Band 20, Jahrgang 1826, Nr. CXXVIII., S. 514 |
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CXXVIII.
Bericht des Hrn. Molard, d. jüng. im Namen eines besonderen
Ausschusses, über den von Hrn. Debergue, Mechaniker (ingeniéur-mécanicien, rue de l'arbalestre, N. 24.) zu Paris
erfundenen Kunst Weberstuhl. (Selbstwebende Maschine.)
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. N. 260. S. 41.
Mit Abbildungen auf Tab.
XI. (Im Auszuge.)
Molard's, Bericht über einen zu Paris erfundenen
Kunst-Weberstuhl.
Dieser Ausschuß, in dessen Namen Hr. Molard d. juͤngere, folgenden Bericht erstattete, bestand aus
den HHrn. Ternaux, Lasteyrie, Mallet, Francoeur und
ihm.
„Ueberzeugt, daß nur eine gehoͤrig lang fortgesezte
Erfuͤhrung, die Guͤte irgend einer Maschine beweisen kann,
besonders wenn eine solche Maschine fuͤr Fabriken bestimmt ist, konnte
der Ausschuß keine bestimmte Erklaͤrung uͤber den vorliegenden
Weberstuhl nach einem Versuche abgeben, der in der Werkstaͤtte des Hrn.
Debergue nur einige
Minuten lang von einem Manne in Thaͤtigkeit gesezt wurde. Er hat nur
gesehen, daß dieser Weberstuhl, auf welchen der Erfinder sich ein Brevet geben ließ, hoͤchst einfach ist; daß
er leicht in Gang gebracht werden kann; daß er sehr regelmaͤßig zu
arbeiten scheint; daß er endlich einige Vorzuͤge vor den aus England
eingefuͤhrten, und in unseren Fabriken aufgestellten Weberstuͤhlen
haben koͤnnte und muͤßte. Der Ausschuß beschloß daher, daß er
einem laͤnger andauernden Versuche in irgend einem Orte, wo er durch eine
regelmaͤßige Triebkraft in Bewegung gesezt werden koͤnnte,
unterzogen wuͤrde. Hr. Ternaux, der jede neue Erfindung mit Freude aufnimmt und
unterstuͤzt, wodurch unsere Industrie gefoͤrdert werden kann, hat
seine Dampf-Maschine und seine Fabrik zu St. Ouen hierzu angebothen, und sein
Anerbiethen wurde mit Dank aufgenommen.“
Der nach St. Ouen uͤbertragene Kunst-Weberstuhl wurde daselbst mittelst eines
Laufriemens mit der Dampfmaschine so in Verbindung gebracht, daß in Einer Minute 100
Mahl eingeschossen werden konnte. Hr. Cordier,
der zu St. Denis bei Paris eine bedeutende Fabrik besizt, in welcher englische
Kunst-Weberstuͤhle von einer Dampfmaschine in Bewegung gesezt werden, hatte
die Gefaͤlligkeit, eine geschlichtete und ganz zugerichtete Baumwollen-Kette
sammt dem dazu gehoͤrigen Einschusse auf seinen Spulen mitzutheilen.
„Der erste Versuch mit der oben angegebenen Geschwindigkeit schien nicht
gelungen; man erhielt in zwei Stunden nur 63 Zoll Gewebe: ungefaͤhr um
Ein Achtel weniger, als die englischen Stuͤhle bei 80 Schlaͤgen in
einer Minute liefern. Es schien uns also, daß eine Geschwindigkeit, die einen
gewissen Grad uͤbersteigt, nicht nur nicht vorteilhaft, sondern
nachtheilig wird; daß das haͤufige Reißen der Faden, welches durch eine
zu rasche und rauhe Bewegung des Schuͤzens und der Kettenfaden bei der
Kreuzung derselben entsteht, den Stuhl still stehen macht, bis diese wieder
angeknuͤpft sind. Wir muͤssen auch gestehen, daß die
Dampfmaschine, die eine Kraft von 6 Pferden hatte, in ihrer Wirkung sehr
ungleich blieb, weil die uͤbrigen Maschinen, die durch dieselbe zugleich
getrieben wurden, ihre Arbeit zuweilen unterbrechen mußten.“
Da dieser Versuch nicht entscheidend war, so veranstaltete man am 18. Julius 1825
einen zweiten: Hr. Ternaux uͤberließ seine
Dampfmaschine gaͤnzlich zu diesem Versuche, und alle anderen Werke, die durch
dieselbe getrieben wurden, mußten still stehen. Man ließ die Maschine
ungefaͤhr 26 Mahl in Einer Minute spielen, und gewann dadurch 90
Schlaͤge in Einer Minute.
„In zwei Stunden erhielt man auf diese Weise 83 Zoll, was ungefaͤhr
96 Eintraͤge fuͤr jeden Zoll gibt. Dieß thut 7968
Einschuͤsse fuͤr 2 Stunden, oder 66,4 in Einer Minute.“
„Man sagt, daß es in England Stuͤhle gibt, welche noch schneller
weben; wir haben aber hieruͤber keine volle Gewißheit; wir wissen bloß,
daß ein Weib oder ein Kind, das zwei franzoͤsische Kunst-Stuͤhle
besorgt, binnen 12 Stunden ungefaͤhr 22 Ellen verfertigt.“
„Das Gewebe scheint, mit freiem Auge betrachtet, ziemlich
regelmaͤßig; wenn man es aber mit dem Vergroͤßerungs-Glase und mit
dem Fadenzaͤhler untersucht, so bemerkt man ziemlich fuͤhlbare
Unterschiede in der Zahl der Eintraͤge nach der Laͤnge des Gewebes
hin. Diese Ungleichheiten ruͤhren aber nicht von einem ungleichen Spiele
des Stuhles her, welches immer dasselbe bleibt, sondern von der groͤßeren
oder geringeren Feuchtigkeit des Eintrages in dem Augenblike, wo derselbe
eingeschossen wird. Im Großen haben diese Ungleichheiten nicht Statt, weil man
dann die gehoͤrige Vorsicht braucht, die Spulen immer gleich feucht zu
haben.“
„Wenn auch der Weberstuhl des Hrn. Debergue keine Vorzuͤge vor den
englischen, in Frankreich bekannten, Kunst-Stuͤhlen haͤtte, so
koͤnnte man doch nicht laͤugnen, daß er viel einfacher und viel
wohlfeiler ist: alle seine Theile, die Achse aus geschlagenem Eisen allein
ausgenommen, sind aus Gußeisen, und lassen sich leicht wechseln; man kann, nach
Belieben, und nach Art und Feinheit des Fadens, mit welchem man arbeitet, die
Bewegung der Lade, des Schuͤzens und der Schaͤmel einrichten,
indem man bloß einige Stuͤke des Stuhles mit anderen auswechselt, die
nicht viel kosten; das Raͤderwerk endlich, welches den gewebten Stoff auf
dem Tuchbaume aufrollt, ist innerhalb des Gestelles angebracht, macht keine
Ungelegenheit, und ist nicht so vielen Zufaͤlligkeiten ausgesezt, wie bei
den englischen Stuͤhlen. Die Weise, wie die Kette gespannt wird, ist auch
viel einfacher. Es ist nur ein Gewicht von 4 bis 5 Kilogrammen noͤthig,
waͤhrend man bei den englischen Stuͤhlen ein Gewicht von 40 bis 50
Kilogrammen braucht; und wenn endlich der Einschuß zwei Mahl geschlagen werden
soll, so laͤßt die Lade in diesem Stuhle des Hrn.
Debergue sich auch hierzu verwenden, ohne daß die Geschwindigkeit bei
der Verfertigung des Stoffes hierdurch litte.“
„Unser Urtheil uͤber diesen Stuhl stimmt mit jenem mehrerer
Fabrikanten, die ihn versuchten, und die denselben zu ihrem Gebrauche kommen
ließen. Man wird allerdings in der Folge einige Verbesserungen an demselben
anbringen koͤnnen: allein, so wie er ist, kann man denselben nicht bloß
zur Verfertigung der Calicots, sondern auch zum Weben der Leinwand aus Hanf und
Flachs, des Tuches und der Wollenzeuge, und der Seidenzeuge von jeder Breite
gebrauchen.“
„Die Anwendung des Schnell- oder Flug-Schuͤzens hat nicht bloß die
Arbeit des Webers um ein Drittel beschleunigt, sondern denselben auch in den
Stand gesezt, ohne alle groͤßere Muͤhe Stoffe von groͤßerer
Breite zu verfertigen. Der Kunst-Stuhl, der von irgend einer mechanischen Kraft
in Thaͤtigkeit gesezt wird, vermehrt auch dadurch noch die Menge seines Erzeugnisses in einem
auffallenden Verhaͤltnisse, daß ein Arbeiter zwei Stuͤhle zugleich
bedienen kann, indem er bloß die geringe Muͤhe sich zu geben braucht, die
abgerissenen Faden anzuknuͤpfen, den Schuͤzen mit den
noͤthigen Spulen zu versehen, und die Sperr-Ruthen in dem Maße
vorzuruͤken, als die Arbeit vorwaͤrts schreitet. Auch dieser Stuhl
ist eine jener Wohlthaten, die die Mechanik der Menschheit taͤglich
erweiset: sie erspart nicht bloß Muͤhe und Arbeit, sondern
vervielfaͤltigt zugleich die Erzeugnisse, und sezt den hohen Preis
derselben so sehr herab, daß auch diejenigen sich derselben nun bedienen
koͤnnen, die ehevor nicht im Stande waren, sie zu bezahlen.“
„Gluͤklicher Weise duͤrfen wir jezt die Meinung nicht mehr
widerlegen, die man ehevor allgemein hatte, daß die Maschinen die Arbeiter dem
Hungertode uͤberliefern. Die Thatsachen, die hieruͤber schriftlich
bekannt gemacht wurden, die Fortschritte, die der Unterricht gewann, und
vorzuͤglich eine lange Erfahrung haben diese verrostete und
menschenfreundliche Idee berichtigen gelehrt. Es ist vielleicht der Muͤhe
werth zu zeigen, wie man in England die Kunst-Weberstuͤhle in Beziehung
auf die Handstuͤhle betrachtet. Wir theilen hier die Fragen und Antworten
mit, welche bei Gelegenheit der Untersuchung uͤber Aufhebung des
Maschinen-Ausfuhrverbotes von dem Parliamente im J. 1824 vorgekommen sind.Vergl. Enquête faite par ordre du Parlement
d'Angleterre pour constater les progrès de l'industrie
française 1 vol. 8. Paris 1825. chez Baudouin frères,
p. 180. A. d. O. Vergl. auch polyt. Journ. Bd. XV. S. 482.
Frage. Fangen die Weber an Handstuͤhlen jezt
nach und nach an zu den Kunststuͤhlen uͤberzugehen? – Antw. Ja!
Fr. Scheint euch dieser Uebergang fuͤr die
Fabrik-Arbeiter und fuͤr die Besizer vorteilhaft? – Antw. Ja! dieß ist die allgemeine Meinung in meiner
Nachbarschaft. (Hr. Bremmer, der hier antwortete, wohnt zu Hyde, bei
Manchester.)
Fr. Da ihr weit mehr Arbeit mit weniger
Haͤnden durch die Kunststuͤhle erzeugen koͤnnt, wird
dadurch nicht eine Menge Arbeiter brodlos? – Antw. Dieß war bisher noch nicht der Fall.
Fr. Nimmt die Nachfrage im Verhaͤltnisse mit
der Beschaͤftigung der Arbeiter zu? – Antw. Die Nachfrage und die Bestellungen nehmen so rasch zu, als wir
Maschinen zur Befriedigung derselben erzeugen koͤnnen.
Fr. Wer hat mehr Taglohn, der Arbeiter an
Kunststuͤhlen, oder der Arbeiter an Handstuͤhlen? – Antw. Der erstere gewinnt viel mehr.
Fr. Koͤnnt ihr sagen wieviel? – Antw. Um ein gutes Drittel mehr.
Fr. Was bekommt ein Arbeiter bei jedem Stuhle?
– Antw. Ein Arbeiter bekommt fuͤr die
Zurichtung bei den Kunststuͤhlen woͤchentlich 24 bis 30 Shilling
„(1 Shilling = 36 kr.)“ Weiber und Kinder, die die
Kunststuͤhle waͤhrend des Webens besorgen, (Ein Individuum dient
bei zwei Stuͤhlen), gewinnen woͤchentlich 12 bis 14 Shillings.
Fr. Und wieviel bekommen die Weber an den
Handstuͤhlen? – Antw. Das kann ich
nicht sagen, weil wir keine Handstuͤhle mehr in unserer Gegend haben,
seit man die Kunststuͤhle kennen gelernt hat. Man sagte mir, daß sie um
ein Drittel weniger bekommen. Ich weiß aber, daß die Weber an
Handstuͤhlen sich zur Arbeit an Kunststuͤhlen draͤngen,
sobald wir neue Kunststuͤhle im Gange haben.
Man sieht hieraus, daß zu Manchester, dem Mittelpuncte der
Baumwollenzeuge-Fabrication, kein Handstuhl mehr zu finden ist, und daß die
Weber, wenn sie von den Handstuͤhlen zu den Kunststuͤhlen
uͤbergehen, nicht nur Ein Drittel mehr gewinnen, sondern auch weniger
Arbeit haben.“
„Wir fuͤrchten nicht, daß die Einfuͤhrung der
Kunststuͤhle Widerstand von Seite der Fabrikherren und der Fabrikarbeiter
finden sollte.Dieß wird auch in Deutschland nirgendwo der Fall seyn. Die blutigen
Auftritte, die sich erst vor wenigen Wochen wieder in England
wiederholten, stehen allerdings nicht in Einklang mit den oben
angefuͤhrten Antworten des Hrn. Bremmer; allein, es hatten
ungluͤklicher Weise noch zwei andere Umstaͤnde Statt, die
sie herbeifuͤhrten: 1) die unselige Idee des Hrn. Huskisson, den
englischen Fabrikanten den bisherigen Schuz des Einfuhr-Verbothes
auslaͤndischer Fabrikate zu entziehen; 2) die ungeheure Theurung
der ersten Lebensbeduͤrfnisse, des Brodes und Mehles, in England.
Haͤtte man durch die erstere nicht den Fabrikherren zur Abdankung
so vieler Arbeiter gezwungen, und haͤtte man der lezteren durch
Korn-Einfuhr nur auf eine halbmenschliche Weise zu steuern gesucht,
so
wuͤrden alle diese Schrekens- und Jammer-Scenen unterblieben
seyn. Wir haben auf dem festen Lande keinen Begriff von der
Armseligkeit, in welcher ein englischer Fabrikarbeiter bei 15 bis 20 fl.
Wochenlohn leben muß: er lebt nicht so gut, als ein Arbeiter bei uns mit
eben so vielen Zwoͤlfern. Wenn die Korn-Geseze in England nicht
bald geaͤndert werden, so kann die Ruhe von ganz Europa dadurch
erschuͤttert werden; Korn-Einfuhr, nicht Einfuhr von Fabrikaten
haͤtte erlaubt werden sollen: durch erstere haͤtten aber
die reichen Guͤterbesizer verloren, durch leztere leiden nur
– die Fabrikanten. – Ein Umstand, der das Maschinen-Wesen
in den Fabriken so aͤußerst wohlthaͤtig fuͤr die
Menschheit macht, und den die Gegner desselben noch nie
beruͤksichtigten, ist der, daß dadurch die Gesundheit des Volkes
auf eine nicht zu berechnende Weise gewinnt. Tausende von Webern starben
jaͤhrlich durch die Schlaͤge der Lade gegen
ihre Brust an Blutspeien und Lungensucht dahin, oder siechen ihr
armseliges Leben dahin, noch schwaͤchere Siechlinge erzeugend,
als sie selbst sind. Der Kunststuhl beseitiget alle diese der Gesundheit
von Generationen so gefaͤhrlichen Nachtheile. Wir in Bayern haben
insbesondere von den Kunststuͤhlen durchaus keinen jener
Nachtheile zu besorgen, welche die Gegner derselben an dieser
wohlthaͤtigen Erfindung sehen wollen: denn, wenn wir alle unsere
gegenwaͤrtig im Lande lebenden Weber bei Kunststuͤhlen,
statt bei Handstuͤhlen, verwenden, und dabei um ein volles
Drittel mehr an Arbeit gewinnen lassen; so werden sie selbst bei der
vermehrten Erzeugung des Kunststuhles nicht hinreichen, um den Bedarf
des Landes an Tuch, Leinwand, Baumwollen- und Seidenzeugen zu deken. Bei
uns wird sicher kein Weber durch Einfuͤhrung der
Kunststuͤhle brodlos. A. b. Ueb. Es ist nur ein Umstand, der der Einfuͤhrung derselben in diesem
Augenblike noch im Wege steht, und dieß ist der noch zu hohe Preis derselben. In
dieser Hinsicht hat Hr. Debergue der Industrie einen
großen Dienst geleistet, daß er einen Kunststuhl erfand, der weit einfacher ist,
als der englische.“
Der Ausschuß empfiehlt nun einstimmig diesen Stuhl, empfiehlt seine Bekanntmachung
und Verbreitung, und verlangt die goldene Medaille als Belohnung fuͤr den
Erfinder.
Beschreibung des Kunst-Weberstuhles des Hrn. Debergue.
Dieser einfache und dauerhaft gebaute Weberstuhl, auf welchem man sowohl Leinwand,
als Baumwollen-, Seiden- und Wollenzeuge, glatt oder gekreuzt weben kann, ist von
vorne und im Seiten-Aufrisse, und im Durchschnitte auf Tab. XI. dargestellt. Sein
Gestell, AA, ist so, wie die uͤbrigen Theile seines Mechanismus, mit Ausnahme
des Hauptbaumes, aus Gußeisens lezterer ist aus geschlagenem Eisen. Er besteht, wie
alle Weberstuͤhle, 1) aus einer Lade, deren Geschwindigkeit, so wie die
Staͤrke der Schlaͤge derselben, sich nach Art der zu verfertigenden
Stoffe, und nach der Feinheit derselben richten. 2) aus einem
Schnell-Schuͤzen (caribari, oder navette volante). 3) aus mehreren oder wenigeren
Geschirren, je nachdem der gearbeitete Stoff glatt oder gekreuzt ist; 4) aus den
hinten liegenden Kettenbaume, auf welchem die Kette aufgezogen ist, die immer in
gehoͤriger Spannung erhalten wird, und aus dem vorne liegenden Tuchbaume, auf
welchem der Stoff, so wie er gewebt wurde, aufgewunden wird. 5) aus einer besonderen
Einrichtung, durch
welche der Stuhl von selbst stehen bleibt, wenn der Schuͤzen in seinem Laufe
durch das Reißen eines Fadens, oder aus irgend einem anderen Grunde aufgehalten
wird.
Der Stuhl wird durch eine Dampfmaschine, oder durch ein Tretrad oder auch ein
Schwungrad uͤberhaupt in Bewegung gesezt, indem ein Laufriemen von diesem
Triebwerke her auf die außen an dem Gestelle des Stuhles angebrachte Trommel, oder
Laufrolle, U, laͤuft. Auf der Achse dieser
Trommel oder Rolle befindet sich ein Triebstok, V, der in ein Zahnrad, X, eingreift,
welches auf der eisernen Achse, P, aufgezogen ist. Diese Achse laͤuft durch
die ganze Breite des Stuhles, und fuͤhrt verschiedene Stuͤke, welche
die Lade, den Schuͤzen und das Geschirr in Bewegung sezen.
1) Die Lade (battant, chasse),
besteht aus zwei gekruͤmmten Hebeln oder Stangen, (épées), BB, zu jeder Seite
des Stuhles innerhalb des Gestelles. Sie fuͤhrt, wie gewoͤhnlich, den
Kasten des Schuͤzens, C, und das Blatt, (peigne), D, und bewegt sich
auf den Achsen, aa, die in der Sohle des Gestelles
angebracht sind. Ihre Bewegung erhaͤlt sie durch zwei gleiche excentrische
Raͤder, TT, die an jedem Ende der Haupt
Achse, P, aufgezogen sind. Fig. 5. Tab. XI. zeigt sie
von vorne und von der Seite. Auf ihrer vorderen Flaͤche ist eine Kehle, a', in welcher sich eine Laufwalze, b', befindet, die an dem gekruͤmmten Theile der
Stange der Lade angebracht ist, welche also allen Bewegungen des excentrischen Rades
gehorcht.
Diese excentrischen Raͤder koͤnnen auf jeden Einschuß Einen oder zwei
Schlaͤge fallen, und die Lade mehr oder minder weit zuruͤk, also mit
groͤßerer oder geringerer Geschwindigkeit, sich schwingen lassen; sie
koͤnnen ihr auch noͤthigen Falles jene Ruhe gewaͤhren, die der
Durchgang des Schuͤzens durch; die Kette bei verschiedenen Arten von Geweben
erfordert.
2) Der Schuͤzen Dieser wird mittelst eines
Schnellbalkens, R, geschnellt, welcher auf einem
Drehezapfen, c, spielt, der in einer Roͤhre an
dem vorderen Querbalken des Stuhles sich; befindet. Dieser Schnellbalken ist (Fig. 9. Tab.
XI.) mit einer Kleinen Laufwalze, d, versehen die in
einer ausgedrehten Kehle, c', am Umfange der
Toͤlpel-Rolle, Q, laͤuft, die man auf dem
Baumer
P, mittelst der beiden Drukschrauben b'b', befestigt. (Siehe Fig. 6. Tab. XI.) Man wird
begreifen, das die Rolle, Q, waͤhrend sie sich;
dreht, die kleine Lauswalze, d, zwingen wird, in allen
Kruͤmmungen der Kehle, c', zu laufen, wodurch
dann der Schnellbalken seine Bewegung hin und her erhaͤlt, und den
schuͤzen darnach schnellt. Die beiden Schnuͤre des
Schnell-Schuͤzens, ee, die, auf einer Seite
an dem Auge am oberen Ende des Schnellbalkens, auf der anderen an den Klopfern, f, befestigt sind, die sich auf der Spindel, g, schieben machen abwechselnd den Schuͤzen
durch; die offene Kette hin und her laufen.
Die Bewegung des Schuͤzens kann beschleunigt, oder langsamer gemacht werde, je
nachdem man die kleine Laufwalze, d, dem Drehezapfen,
c, mittelst des Ausschnittes oder Falzes, i, in dem Schnellbalken Fig. 9. naͤher
bringt, oder davon entfernt.
3) Die Geschirre, E,
haͤngen an Riemen, FF, welche uͤber
die Walze, G, laufen, die von den Strebern, C', getragen wird. Sie werden von zwei
Daͤumlingen, SS, bewegt, welche auf der
Achse, P, befestigt sind, und, indem sie sich nach und
nach; auf die Laufwalzen, i, stuͤzen, die
Schaͤmel (marches, pedales), HH, hinabdruͤken. Diese Schaͤmel
ziehen die Schnuͤre, kk, der beiden
Gegen-Schaͤmel, ll, welche, von ihrer
Seite, die Schnuͤre, ll, ziehen, die an den
Geschiren, E, angebracht sind. Auf diese Weise wird die
Kette zum Durchgange des Schuͤzens geoͤffnet. Man hat hier
Gegen-Schaͤmel angebracht; weil die Einrichtung dieses Stuhles es
unmoͤglich machte, die Daͤumlinge in der Mitte des Baumes, P, anzubringen.
Gekreuzte Stoffe werden mittelst vier Daͤumlingen gewoben, welche durch ein
Eingreifungs-Systeme oder Raͤderwerk, bei welchem man so viele
Schaͤmel anbringen kann, als man will, in Umtrieb gesezt werden. Diese
Vorrichtung ist in der Figur nicht angedeutet, weil der Stuhl, der hier gezeichnet
ist, nur fuͤr glatte Stoffe dient.
4) Aufwinden des gewebten Stoffes. Dieses geschieht auf
den Tuchbaum, k, mittelst des Sperr-Rades, p, welches durch zwei Sperrkegel, qq, die es nicht zuruͤklassen, gestellt
wird. Ein Stellhaken, m, der nach und nach in die
Zaͤhne eingreift, schiebt es in dem Maße vorwaͤrts, als es gewoben
wird. Diese Bewegung wird demselben mittelst einer Schnur, n, mitgetheilt, die vorne an dem Kasten des Schuͤzens befestigt
ist, so daß, so oft die Lade vorschreitet, um zu schlagen, diese Schnur den Hebel,
h', zieht, welcher den Stellhaken, m, niederdruͤkt, und dadurch die langsame und
regelmaͤßige Bewegung des Tuchbaumes veranlaͤßt. Dieses
Aufwinde-System, das hoͤchst einfach ist, und fuͤr staͤrkere
Gewebe sehr gut taugt, kann durch ein Raͤderwerk ersezt werden, das sich noch
weit gleichfoͤrmiger bewegt, und noch dauerhafter ist.
5) Spannung der Kette. Die Kette wird
ruͤkwaͤrts auf dem Garnbaume, L, durch
eine hoͤlzerne Feder, A', gespannt, welche an dem
hinteren Querbalken des Stuhles befestigt ist. An jedem der beiden Enden dieser
Feder befindet sich eine Schnur, B', die sich Ein oder
mehrere Mahle um den Garnbaum windet: an dem anderen Ende dieser Schnur ist ein mehr
oder minder schweres Gewicht, O, angebracht, je nachdem
man eine groͤßere oder geringere Spannung zu geben wuͤnscht.
6. Bewegung, durch welche der Stuhl von selbst stehen bleibt,
wenn irgend etwas in Unordnung geraͤth. So oft der Schuͤzen
aus dem Kasten, C, heraustritt, um durch die Kette zu
laufen, tritt ein hoͤlzerner Schluͤssel, h, welcher sie durch eine gekruͤmmte Feder, t, Fig.
1. Tab. XI., zuruͤk hielt, nach innen zuruͤk, und bleibt
waͤhrend der kurzen Zeit des Ruͤkganges der Lade in dieser Stellung.
Wenn sich der Schuͤzen wegen eines gebrochenen Fadens, oder aus irgend einer
anderen Ursache, in der Kette aufhielte, waͤhrend die Lade auf den Einschuß
schlaͤgt, wuͤrde das Blatt unvermeidlich gebrochen werden
muͤssen. Allein, sobald der Schuͤzen steken bleibt, staͤmmt
sich der Hebel, u, der durch die gekruͤmmte
Feder, t, und noch durch eine Feder, v, niedergedruͤkt wird, gegen die Lehne, x, wenn die Lade vorwaͤrts schreitet, und da nun auch das
Stuͤk, g', dadurch getroffen werden muß, welches
an der großen senkrechten Feder, Z, befestigt ist, so
wird diese Feder aus der Kerbe des Zaumes, y, in welcher
sie zuruͤkgehalten wurde, los, und entfernt sich. Dadurch wird aber auch der
Schluͤssel, Y, an welchem die Feder befestigt
ist, mitgerissen, und da dieser Schluͤssel den Laufriemen auf der Trommel
oder Rolle, U, umfaßt, so wirft er diesen zugleich auf
die leer laufende Rolle, U, und die Bewegung des Stuhles
ist augenbliklich unterbrochen.
Diese hier beschriebene Vorrichtung ist ein hoͤchst wichtiger Theil des
Kunst-Stuhles, der sich aber auch auf andere Art anbringen laͤßt: nur
muͤssen alle Theile desselben auf das Sorgfaͤltigste berechnet, und
die Bewegungen muͤssen schnell, sanft und regelmaͤßig seyn.
Das Spiel dieses Stuhles ist, in Kuͤrze, Folgendes: Wir nehmen an, die Kette
sey auf dem Garn- und Tuchbaume, K, L, gehoͤrig
aufgezogen, und durch die Stifte des Blattes, D,
geleitet, und der Schuͤzen mit seiner Spule in den Kasten, C, und alles Raͤderwerk im Eingriffe. Das
Triebrad theilt zuerst seine Bewegung dem Laufriemen mit, der uͤber die
Rolle, U, laͤuft; diese dreht den Triebstok, V, und das Zahnrad, X,
zugleich mit der Hauptachse, P, und allen auf lezterer
befindlichen Theilen. Die Umdrehung der excentrischen Raͤder, T, veranlaͤßt alsogleich das Hin- und
Herschwingen der Lade, und folglich den Schlag derselben. Zu gleicher Zeit
druͤken aber auch die Daͤumlinge, SS, nach und nach auf die Schaͤmel, HH, wodurch die Kette zum Durchgange des Schuͤzens geoͤffnet
wird. Dieser wird durch das Hin- und Herbewegen des Schnellbalkens, R, geworfen, an welchem die Schnuͤre angebunden
sind, die mit den Klopfern in Verbindung stehen: dieser Schnellbalken erhaͤlt
seine Bewegung durch die Toͤlpel-Rolle, Q. Man
sieht also, daß dieselbe Triebkraft folgende Wirkungen hervorbringt: 1) die Oeffnung
der Kette; 2) den Wurf des Schuͤzens; 3) den Schlag der Lade. Die
Schwierigkeit besteht nur darin, diese verschiedenen Bewegungen so zusammen treffen
zu machen, daß der Stuhl nicht stehen bleibt, und diese Schwierigkeit wurde durch
die sinnreiche Verbindung der verschiedenen Theile des Mechanismus gluͤklich
uͤberwunden.
Eine Dampfmaschine oder eine Roßmuͤhle kann mehrere Stuͤhle in
demselben Gebaͤude zugleich treiben. Der Arbeiter hat nichts anderes zu thun, als
die gerissenen Faden anzuknuͤpfen, und die Schuͤzen zu versehen, so
daß er mehrere Stuͤhle auf ein Mahl bedienen kann.
Erklaͤrung der Figuren.
Tab. XI. Allgemeine Ansicht des Kunst-Weberstuhles des
Hrn. Debergue.
Fig. 1.
Seiten-Aufriß, von der Seite der Triebrolle.
Fig. 2. Der
Stuhl von vorne.
Fig. 3. Die
Bremse-Gabel einzeln.
Einzelne Theile dieses Stuhles.
Fig. 4.
Durchschnitt durch die Mitte des Stuhles seiner Breite nach.
Fig. 5. Das
excentrische Rad, von vorne und im Durchschnitte.
Fig. 6. Die
Rolle mit ausgedrehter Kehle, von vorne, von der Seite, und im Durchschnitte.
Fig. 7. Das
Rad mit den Daͤumlingen von vorne und im Durchschnitte.
Fig. 8. Die
Lade von der Seite sammt dem Schuͤzen-Kasten.
Fig. 9. Der
Schnellbalken, der den Schuͤzen wirft, von vorne.
A, Gestell des Stuhles aus Gußeisen. B, Lade. C,
Schuͤzenkasten. D, Blatt. E, Geschirre, durch welche die Kreuzung der Kettenfaden gebildet wird. F, Riemen, in welchen die Geschirre haͤngen. G, Walze, uͤber welche diese Riemen laufen. HH, Schaͤmel. II, Gegen-Schaͤmel. K, Tuchbaum, auf
welchem der fertige Stoff aufgerollt wird. L, Garn- oder
Kettenbaum, der die Kette traͤgt. M,
Lieferungs-Walze, uͤber welche die Kette laͤuft. N, eine andere aͤhnliche Walze, uͤber
welche der fertige Stoff laͤuft. O, Gewicht,
welches die Spannung der Kette auf dem Kettenbaume, L,
unterhaͤlt. P, Hauptachse, welche die
verschiedenen Theile des Stuhles bewegt; Q, die
Toͤlpel-Rolle mit ausgeschnittener Kehle, welche, durch ihre Umdrehung, dem
Schnellbalken, R, eine schaukelnde Bewegung mittheilt,
der den Schuͤzen schnellt. SS,
Daͤumlinge, die abwechselnd die Schaͤmel, HH, heben und senken. T, excentrisches Rad,
welches die Schwingung der Lade, B, bewirkt. U, Triebrolle. V, Triebstok
aus der Achse der Triebrolle. X, Zahnrad auf der
Hauptachse, P, welches von dem Triebstoke getrieben wird. Y, Bremse-Gabel. Z, Feder,
welche die Bremse-Gabel, Y, von der Triebrolle, U, auf die leer laufende Rolle, U', wirft, wodurch der Stuhl stehen bleibt.
A', hoͤlzerne Feder zur Spannung der Kette auf
dem Kettenbaume, L. B'B', Schnuͤre an dieser
Feder, die uͤber den Kettenbaum laufen; sie tragen die Gewichte, OO. C'C', Streber, die die Walze, G, tragen.
aa, Achsen in der Sohle des Gestelles, auf welchen
sich die Stangen der Lade, B, bewegen; b, Laufwalze auf dem gekruͤmmten Theile der
Stange, die sich in der Kehle des excentrichen Rades, T,
bewegt; c, Mittelpunct der Bewegung des Schnellbalkens,
R: d, Laufwalze an diesem Hebel, die sich in der
Kehle der Toͤlpel-Rolle, Q, bewegt; e, Schnuͤre des Schnell-Schuͤzens; f, Klopfer des Schuͤzens; g, Spindel, auf welcher sich der Klopfer schiebt; h, hoͤlzerner Schluͤssel, welcher den Schuͤzen in
seinem Kasten haͤlt; ii, Laufwalzen an dem
Ende der Schaͤmel, HH; kk, Schnuͤre, welche die
Gegen-Schaͤmel heben und sinken lassen; II,
andere Schnuͤre, welche abwechselnd die Geschirre, E, ziehen; m, Stellhaken, der den Kettenbaum,
K, in dem Maße treibt, als das Gewebe
vorruͤkt; n, Schnur, welche den Stellhaken, m, in Thaͤtigkeit sezt; P, Sperr-Rad auf dem Tuchbaume, K; qq, Sperrkegel, die den Ruͤklauf des Rades
hindern; r, Feder, die auf diese Sperrkegel
druͤkt; ss, Stange, auf welcher sich die
gekruͤmmte Feder, t, bewegt, die sich gegen den
hoͤlzernen Schluͤssel, h, stuͤzt;
u, Hebel, der sich um die Stange, s, dreht; v, Feder, die
diesen Hebel druͤkt; x, Lehne; y, Zaum, in welchem die große Feder, Z, sich befindet; z,
gespannte Kette im Stuhle.
a', Kehle des excentrischen Rades, T, in welcher die Laufwalze, b, sich dreht; b'b', Drukschrauben, welche die
Toͤlpel-Rolle, Q, auf der Hauptachse, P, befestigen; c'c', Kehle
der Rolle, Q: d', Verdikung dieser Rolle, durch welche
die Achse, P, laͤuft; e', Achse der Daͤumlinge, SS; f'f', Drukschrauben, welche die
Daͤumlinge auf der Hauptachse, P, befestigen; g', Stuͤk, welches an der großen Feder, Z, befestigt ist; h', Hebel,
welcher mit dem Stellhaken, m, einen Koͤrper
bildet; i', Falz, wodurch die Laufwalze, d, in verschiedener Hoͤhe am Schnellbalken, R, gehalten wird; k',
Mittelpunct der Bewegung des Bremse-Schluͤssels.
Bemerkungen uͤber die Kunststuͤhle.
Die erste Idee eines Kunst-Stuhles, auf welchem man ohne Menschenhand weben kann,
scheint dem beruͤhmten Vaucanson
anzugehoͤren, der sie im J. 1747 bekannt machte; sie wurde aber erst am Ende
des vorigen Jahrhundertes ausgefuͤhrt. Im J. 1785 errichtete Cartwright Kunst-Stuͤhle zu Doncaster; im J. 1790
fuͤhrte Grimshaw mehrere solche Stuͤhle zu
Manchester ein; Bell baute deren mehrere, zu Dumbarton in
Schottland; im J. 1796 nahm Robert Miller zu Milton
Printfield ein Patent auf einen Kunst-Stuhl, den man im 8. Bd. der Annales des Arts et Manufactures beschrieben findet;
allein, dieser Stuhl, so wie jene die Monteith zu Glasgow im J. 1801 errichtete,
fanden wenig Beifall, indem sie sowohl in Hinsicht auf Festigkeit als auf
Einfachheit noch viel zu wuͤnschen uͤbrig ließen.
Erst einige Jahre spaͤter wurden die Kunst-Stuͤhle in den Fabriken
eingefuͤhrt. In den Jahren 1805 und 1808 errichteten die HHrn. Finlay und Comp. zu Down und Catrine
bedeutende Fabriken mit Kunst-Stuͤhlen, wo eine Dampf-Maschine 500, sage
fuͤnfhundert Weberstuͤhle treibt. Diese Unternehmung gelang
vollkommen, und gab großen Gewinn.
Auch die Englaͤnder beschaͤftigten sich mit Vervollkommnung dieser
Stuͤhle. Die HHrn. Horrock und Morsland zu Stockport bei Manchester erfanden Kunst-Stuͤhle
von sehr festem Baue, die man aber gegenwaͤrtig aufgegeben hat, weil sie zu
zusammengesezt sind, und weil man ein gleichfoͤrmigeres und
regelmaͤßigeres Gewebe auf andere Weise erhalten kann, ohne daß die Faden so
oft rissen, was eine Hauptschwierigkeit bei diesen Stuͤhlen war.
Heute zu Tage sind diese Stuͤhle in England und Schottland allgemein, und es
gibt keine Spinn-Muͤhle, die nicht eine gewisse Anzahl derselben
haͤtte. Mit einigen Veraͤnderungen in dem Mechanismus derselben gelang
es endlich, auch gekreuzte und façonnirte Seiden- und Wollen-Zeuge mittelst
derselben zu weben. Man versuchte zu Manchester sehr breite Tuͤcher mittelst
derselben zu verfertigen, was aber nicht gelang. Folgende Thatsachen wurden an einer
Fabrik zu Manchester, die mit 400 Kunst-Stuͤhlen Baumwollen-Zeuge webt, im J.
1823 erhoben.
Die Lade schlaͤgt an diesen Kunst-Stuͤken 80 Mahl in Einer Minute bei 3/4 breiten Calicots,
85 Mahl bei 3/5 breiten, und 120 Mahl bei Seiden-Zeugen von geringer Breite.
Eine Scherbank versieht, von einem guten Arbeiter geleitet, 5 Scherrahmen, wovon
jeder die Ketten fuͤr 18 Stuͤhle zurichtet und schlichtet, wenn er von
einem geschikten Arbeiter gefuͤhrt ist. Das Zimmer, wo diese Maschinen
aufgestellt sind, ist mit Dampf geheizt auf 80 bis 85° F. (21 bis 23°
R.)
Die Arbeiter arbeiten gewoͤhnlich 16 Stunden des Tages, um sich desto mehr zu
verdienen. Die Erzeugung auf einem Stuhle ist, nach Verschiedenheit der
Geschiklichkeit des Arbeiters, der Zeit zum Wiederanknuͤpfen der gebrochenen
Faden etc. etc. verschieden. Zwei Kunst-Stuͤhle, die ein Maͤdchen
besorgt, geben gewoͤhnlich 200 Yards (182 Meter, oder 66,66 engl. Fuß) Zeug
in einer Woche, oder 18 Yards (16 1/2 Meter, 6 engl. Fuß) kommen taͤglich auf
Einen Stuhl; soviel koͤnnte selbst der geschikteste Weber in einem Tage nicht
liefern.
Ueberdieß wird, hinsichtlich der Guͤte der Gewebe, 1) die Kette dadurch, daß
sie geschlichtet wird, ehe sie in den Stuhl kommt, fester und
gleichfoͤrmiger. 2) der Einschuß, der durch Dampf in einem luftleeren Raume
befeuchtet wurde, ist so glatt, als wenn er abgesengt worden waͤre. 3) das
Gewebe ist im Allgemeinen besser gewebt und fester.
Der Preis eines solchen Stuhles, ganz aus Eisen, ist zu Glasgow 10 bis 12 Pfd.
Sterling (300 Franken, 120 bis 144 fl.) Man hat neuerlich noch kleinere, sehr
leichte und einfache, Stuͤhle ausgedacht, die man Dandy-looms nennt, und die nur 84 Franken kosten; sie versprechen großen
Nuzen. Man sezt sie mittelst einer Kurbel oder mit der Hand unter weit geringerer
Anstrengung und mit mehr Regelmaͤßigkeit in Bewegung, als die
gewoͤhnlichen Stuͤhle.
Eine andere hoͤchst wichtige Erfindung ist die Maschine zur Verfertigung der
Blaͤtter (Rietblaͤtter, peignes ou ros),
die unglaublich schnell arbeitet, und die man einem Americaner verdankt. Der
Eisendraht, der vorlaͤufig geplaͤttet und polirt wurde, wird von einer
Trommel in der Naͤhe der Maschine abgezogen, nach und nach getheilt, zwischen
die Leisten des Blattes gebracht, und daselbst mit zerlassenem Peche eingekittet. In
einer Secunde sind drei Zaͤhne eingesezt. Man wird diese Maschine indessen
schwerlich benuͤzen koͤnnen, weil sie zu theuer zu stehen kommt.
Bei allen den vielen Vorzuͤgen der Kunst-Stuͤhle sind dieselben doch
noch nicht so allgemein in Frankreich verbreitet, als sie es zu seyn verdienten; man
hat zwar im J. 1806 einen Versuch gemacht, solche Stuͤhle zur Verfertigung
des Segeltuches anzuwenden (Vergl. Bulletin de la
Société. IV. Ann. p. 224.); allein man scheint dieser Sache
keine weitere Folge gegeben zu haben. Indessen fangen jezt mehrere Fabrikanten an,
solche Stuͤhle in ihre Fabriken einzufuͤhren.
Um zu zeigen, welche Wichtigkeit man auf diesen Zweig der Industrie in England legt,
wollen wir hier in Kuͤrze die Verbesserungen anfuͤhren, die man in
England seit einigen Jahren an diesen Stuͤhlen machte.
1) ließ sich Horrock zu Stockport bei Manchester am 31.
Juli 1813 ein Patent auf einen eisernen Weberstuhl geben, der im 17. Jahrgange des
Bulletin de la Société S. 8.
beschrieben ist, heute zu Tage aber nicht mehr gebraucht wird.
2) Robert Bowmann zu Manchester, am 27. Maͤrz 1821
(Polyt. Journ. Bd. VIII. S. 375. Bd. XIII. S. 43. London Journal of Arts Bd. XI. S. 161.) „Seine Verbesserungen
bestehen in Anwendung mehrerer Geschirre zur Verfertigung der Barchente und der
Gewebe aus Wolle und Seide. Diese Geschirre sind so angebracht, daß sie mit mehr
Leichtigkeit unabhaͤngig von einander arbeiten, und immer eine gleiche
Spannung unterhalten. Die Schaͤmel sind uͤber und unter dem Stuhle
angebracht, und werden durch Raͤder bewegt, die in einander
eingreifen.“
3) Richard Roberts zu Manchester. „(Wir haben
das Patent dieses Herrn, das hier im Auszuge mitgetheilt wird, Polytechn. Journ.
Bd. XIV. S. 41. mit Abbildungen
mitgetheilt, und uͤbergehen daher den gelieferten Auszug.)“ Er
nahm ein Brevet d'Importation in Frankreich.
4) Archibald Buchanan. „(Auch das Patent dieses
Herrn haben wir Bd. XIII. S. 40. unseres
Journales mit Abbildungen mitgetheilt, und koͤnnen daher den hier
gegebenen Auszug fuͤglich uͤbergehen.)“
5) Ulrich Stansfeld. „(Wir haben auch dieses
Patent, Bd. XVIII. S. 67. im Polytechn.
Journ. mit Abbildungen geliefert, so daß der hier gegebene Auszug fuͤr
unsere Leser uͤberfluͤßig seyn wuͤrde.)“
6) Jos. Daniel zu Stocke in Wiltshire, der sich am 7. Juli 1824 ein Patent
auf einen Tuchweberstuhl ertheilen ließ, in welchem die Lade durch eine Kurbel auf
der Hauptachse bewegt wird. Eine Feder hinter der Lade ist mit der Kurbel verbunden,
und regulirt diese Bewegungen so, daß der Schuͤzen ohne alle
Erschuͤtterung durchgeht, und der Einschuß immer gleich gedraͤngt
liegt. Die Geschirre werden, wie gewoͤhnlich, mittelst der Schaͤmel
geoͤffnet, die von einem mit Laufwalzen versehenen Hebel getreten werden; sie
werden von einem mit Gegengewichten beschwerten sich schwingenden Hebel unter dem
Stuhle in Bewegung gesezt. Schief angebrachte Buͤrsten oder
Kardaͤtschen, mit welchen der Kettenbaum umgeben ist, ziehen das gearbeitete
Gewebe in der Richtung seiner Sahlleisten in die Breite.
7) Joh. Porter zu Smedley bei Manchester ließ sich am 13.
Mai 1824 ein Patent auf Kunst-Stuͤhle fuͤr façonirte und
broschirte Zeuge ertheilen. Er bedient sich hierzu eines excentrischen Rades mit
einer Kehle, in welcher eine Laufwalze laͤuft, wodurch der Stuhl und die
Baͤume, auf welchen die Kette aufgerollt ist, sich bewegen; 2) einer
Vorrichtung zum Aufrollen des verfertigten Zeuges, so wie derselbe fertig wird; 3)
einer besonderen Methode, um die Geschirre in Thaͤtigkeit zu sezen.