Titel: | Verbesserung in Zubereitung und Verfertigung der Strike und Seile und anderer Artikel aus Hanf, Flachs und anderen faserigen Substanzen, mittelst Kautschuksaft, worauf Thom. Hancock, Goswell, Mews, Old-Street, St. Luke's, Middlesex, Patent-Hahn-Fabrikant, sich am 15. März 1825 ein Patent ertheilen ließ; nebst einigen Bemerkungen über die nüzliche Anwendung dieses Saftes in Künsten und Gewerben. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. XXVII., S. 132 |
Download: | XML |
XXVII.
Verbesserung in Zubereitung und Verfertigung der
Strike und Seile und anderer Artikel aus Hanf, Flachs und anderen faserigen Substanzen,
mittelst Kautschuksaft, worauf Thom.
Hancock, Goswell, Mews, Old-Street, St. Luke's, Middlesex,
Patent-Hahn-Fabrikant, sich am 15. März 1825
ein Patent ertheilen ließ; nebst einigen Bemerkungen über die nüzliche Anwendung dieses
Saftes in Künsten und Gewerben.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Juni. 1826. S.
359.
Hancock's, Verbesserung der Strike und Seile und anderer Artikel
etc.
Meine Verbesserung in der Zubereitung oder Verfertigung der
Seile und anderer Artikel aus Hanf, Flachs und anderen faserigen Substanzen besteht
darin, daß ich diese faserigen Substanzen, wenn sie zu Garn, Faden, Lizen,
Straͤngen, Seilen etc. verarbeitet werden, oder wollene, baumwollene, oder
seidene Faden mit einer Fluͤßigkeit vermenge oder uͤberziehe, welche
ich sogleich unten beschreiben werde, um dieselben der Luft und der Feuchtigkeit
kraͤftiger widerstehen, und sie eben dadurch auch dauerhafter zu machen. Die
oben erwaͤhnte Fluͤßigkeit wird bei uns eingefuͤhrt, und kommt,
wie man sagt, von gewissen in verschiedenen Gegenden des suͤdlichen America,
wie in Ost-Indien wildwachsenden Baͤumen. Es heißt in Hrn. Wilh. Nicholson's Uebersezung von Fourcroy's
Systême général des connaisances
chimiques, daß dieser Saft von einem in Suͤd-America wildwachsenden
Baume gesammelt wird, der Hevoea
Soll heißen: Hevea
guianensis
Aubl. Schreber taufte diese Pflanze so wie
viele andere, hoͤchst ungluͤklich und ungerecht gegen die
Verdienste seiner Vorgaͤnger, um, und nannte sie Siphonia
elastica. A. d. Ueb. heißt. Der Saft, dessen ich mich bediente, kam aus Suͤd-America, und
ich fand, daß, wenn man denselben der freien Luft in der Sonne oder in einer warmen
Stube aussezt, er sich verdikt oder eintroknet, und dann eine Substanz bildet,
welche man Kautschuk, elastischen Gummi, Federharz nennt: wenigstens kommt er damit
genau uͤberein, und besizt dieselben Eigenschaften. In Farbe und Consistenz
kommt dieser Saft dem Rahme sehr nahe.
Die Anwendung dieses auf die oben erwaͤhnten zu Striken etc. verarbeiteten
Substanzen ist sehr leicht: ich bediene mich hierzu desselben Verfahrens, dessen man
sich bei Verfertigung getheerter Seile bedient: nur mit dem Unterschiede, daß man
hier diesen Saft oder diese Fluͤßigkeit statt des Theeres anwendet, und daß
dieser Saft nicht erhizt werden darf, und daß Lizen, wie Strike und Seile, so lange
sie davon benezt sind, einander nicht beruͤhren duͤrfen, denn sonst
verbinden sie sich mehr oder minder mit einander. Wenn man will, daß das Garn, die
Faden, oder Seile mehr von dieser Fluͤßigkeit einziehen sollen, so
uͤberziehe ich dieselben zu wiederholten Mahlen so oft, bis sie die
gehoͤrige Dike erlangen, trage aber nie eine neue Lage auf, bis nicht die
vorhergehende vollkommen troken geworden ist, und verhuͤte alles
Aneinanderliegen der uͤberzogenen Artikel. Die auf obige Weise
uͤberzogenen Stuͤke bringe ich in freie Luft, oder in eine warme
Stube, bis Alles, was ausduͤnstbar ist, aus diesem Ueberzuge vollkommen
verfluͤchtigt ist.
Anmerkung der Herausgeber des Reportory of Patent-Inventions
.
Hr. Faraday hat in dem lezten Stuͤke (XLI.) des Journal of the Roy. Institution einen sehr interessanten
Aufsaz uͤber das Kautschuk in seinem urspruͤnglichen Zustande oder als
fluͤßiger Saft, so wie er aus dem Baume kommt, und uͤber die Verdikung
desselben mitgetheilt.Wir werden diese Abhandlung demnaͤchst liefern. A. d. R.
Der Saft ist blaßgelb, dik, und sieht wie Rahm aus, riecht unangenehm
saͤuerlich, wie in Faͤulniß uͤbergehende Milch, ist etwas
schwerer als Wasser, und uͤberhaupt einer an der Luft, oder durch Alkohol und
Saͤuren, geronnenen Milch aͤhnlich. Der geronnene Theil gibt getroknet
das bekannte Kautschuk. Das Neueste in Hrn. Faraday's
Aufsaze ist aber die von Hrn. Hancock gemachte Entdekung,
von welcher er in seiner Patent-Erklaͤrung spricht, daß das fluͤßige
Kautschuk mit Wasser gewaschen, allen Faͤrbestoff verliert,Hiervon kommt in obiger Patent-Erklaͤrung keine Sylbe vor. A. d.
Ueb. worauf dasselbe, nach dem Troknen, vollkommen durchscheinend ist, wie man am
besten an Platten von 1/10, Zoll Dike sehen kann: es sieht dann aus, wie ein
Stuͤk klarer starker Gallerte. Es ist ferner merkwuͤrdig, daß erdige Farben, mit Wasser
fein abgerieben, und mit fluͤßigem Kautschuk in etwas verduͤnntem
Zustande gemengt, eine geronnene Masse erzeugt, die vollkommen gefaͤrbt ist,
wie man durch Versuche mit Indigo, Zinnober, Chromgelb, Karmin und Lack beweisen
kann. Allein, noch eine wichtigere Thatsache, als obige, ist die Faͤhigkeit
des fluͤßigen Kautschuk sich mit Wasser vollkommen zu mengen, ohne eine
andere Veraͤnderung, als bloße Verduͤnnung, zu erleiden, und in diesem
Zustande sich leichter aufbewahren zu lassen. Partieen
Kautschuk-Saft, die man ein Jahr uͤber im Wasser hielt, erlitten gar keine
Veraͤnderung, außer daß ein Haͤutchen sich an der Oberflaͤche
erzeugte, und noch immer mengte er sich mit Wasser so gut, wie vorher, und war,
geronnen, eben so elastisch.
1000
Theile Kautschuk-Saft enthalten, nach Faraday's Analyse
Festes Kautschuk
317,0
Eyweißartigen Niederschlag
19,0
Bitteren Farbestoff, einen hoͤchst stikhaltigen
Stoff (der stark nach Ammonium riecht)Wachs
71,3
In Wasser, nicht in Alkohol, aufloͤslichen
Stoff
29,0
Wasser
563,7
–––––
1000
Hr. Faraday schließt seine Abhandlung mit
Anfuͤhrung folgender Schriften uͤber Kautschuk, welchen wir noch
einige beifuͤgen.
1751. De la Condamine, Mém. de l'Acad. roy.
1751. p. 17. 319. (Ueber ein von Hrn. Fresman zu Cayenne
entdektes elastisches Harz.)
1763. Herissant Macquer, Mém. de l'Acad. roy. 1763. p. 49.
(Ueber Aufloͤsung des Kautschuk.)
1768. Macquer, Mém. de
l'Acad. 1768. p. 58. 208. (Ueber
Aufloͤsung des Kautschuk.)
1781. Bernard, Journal de Physique.
Vol. XVII. p. 265. (Ueber Kautschuk.)
1790. Fourcroy, in Annal. d. Chim.
Vol. XI. p. 225. (Ueber den Saft, welcher
Kautschuk liefert). Repertory of Arts. Vol. VIII. p. 445. und Connaiss. chim.
Vol. VIII. p. 36.
1791. Grossart, Annal. d. chim.
vol. XI. p. 143. (uͤber Verfertigung
chirurgischer Instrumente aus Kautschuk). Repertory of
Arts. I. p. 70. 131.
Fabroni, Ann. d. Chim. vol.
XI. p. 195. XII. 156. (Ueber Aufloͤsung des
Kautschauk in wiederholt rectificirtem Steinoͤhle.)
Pelletier, Mém. de
l'Institution. Vol. I. p. 56. (Ueber
Aufloͤsung des Kautschuk in Schwefel-Aether). Repertory Arts. XI. p. 285).
1801. Howison, Asiatic Researches.
vol. V. p. 157. (Ueber die Rebe auf Prince
Wales's Island, welche elastisches Gummi liefert, und Versuche mit dem milchichten
Safte derselben, auch uͤber Anwendung desselben zu verschiedenen Zweken).
Dr. Roxbourg
Asiat. Research. Vol. V. p.
167. (Botanische Beschreibung der Urceola elastica, oder
Kautschuk-Rebe von Sumatra und Pulo-Penang, und Vergleichung des eingedikten Saftes
derselben mit dem americanischen Kautschuk).
1803. Gough, Manchester
Mémoire N. S. vol. I. p. 288. (Ueber
eine Eigenschaft des Kautschuk). Auch im Repertory of Arts.
Sec. Ser. vol. VIII. p. 105; Nicholson's
Phil. Journ. vol. XII. p.
305.
1805. Philos. Mag. vol. XXII. p. 340. (Einfache Methode Roͤhren aus Kautschuk ohne Aether zu
bereiten).
1807. Murray's
Chemistry. vol. IV. p. 177.
(Enthaͤlt ein Compendium uͤber alles, was damahls uͤber
Kautschuk bekannt war).Man vergl. uͤber Kautschuk noch Boͤhmer's
techn. Geschichte der Pflanzen II. Th.
S. 368. u. f. n.Murray's Apparat. Medicam
. IV. Th. 167–194, wo man eine Menge Schriften uͤber
diesen Gegenstand angegeben finden wird, die hier nicht angefuͤhrt
sind; ferner die neueren Lehrbuͤcher d. Chemie
und Botanik und das polyt. Journal.A. d. Ueb.
Hr. Hancock, Eigenthuͤmer des obigen Patentes und
eines aͤhnlichen, welches im May-Hefte des Repert. of Patent-Inventions, (das wir demnaͤchst
liefern) mitgetheilt wurde, versah Hrn. Faraday mit dem
zu seinen Versuchen noͤthigen Safte. Lezterer zeigte im Hoͤrsaale der
Royal-Institution eine Menge nuͤzlicher Artikel vor, die durch Verbindung des
Kautschuk-Saftes mit verschiedenen faserigen und gewebten Stoffen verfertigt wurden,
worunter Muselin und Seidenzeuge zu wasserdichten Ueberroͤken besondere
Aufmerksamkeit erregten.Eine der wichtigeren Anwendungen dieses Saftes duͤrfte die auf
verfertigte Leder-Arbeiten, Schuhe und Stiefeln seyn, um sie vollkommen und
dauernd wasserdicht zu machen. A. d. R.
Das Sonderbarste an dem
Kautschuk-Safte, den Hr. Hancock lieferte, war der
Umstand (der Hrn. Faraday entgangen zu seyn scheint, und
dessen Wichtigkeit selbst Hr. Hancock nicht beachtete),
daß jezt erst zum ersten Mahle Kautschuk-Saft im vollkommnen Zustande nach Europa
gebracht wurde. Der Saft, welchen Hr. Fourcroy im Jahre
1790 erhielt, war in der Flasche geronnen, und die weißliche Fluͤßigkeit, die
die geronnene Masse umgab, war unertraͤglich stinkend. Der Kautschuk-Saft,
den Sir Jos. Banks beinahe um dieselbe Zeit erhielt,
befand sich in einem aͤhnlichen Zustande, und Hr. Grossart bemerkt, daß Sir Joseph sich keine zweite Lieferung mehr
verschaffen konnte, obschon er 50 Guineen (600 fl.) fuͤr eine zweite Flasche
both.
Es wuͤrde von großem Nuzen seyn, auszumitteln, welchem Umstande man es zu
verdanken hat, daß der Saft, welchen Hr. Hancock erhielt,
so wohl erhalten blieb: Hr. Hancock scheint denselben
bisher selbst nicht zu kennen. Hr. Faraday erhielt seinen
Saft in einer gewoͤhnlichen Flasche, in welcher man nichts anderes bemerken
konnte, als die Bildung eines duͤnnen Haͤutchens festen Kautschuk auf
der Oberflaͤche des Korkes, mit welchem die Flasche geschlossen war. Es ist
vielleicht nicht unwahrscheinlich, daß der Kautschuk-Saft, welchen Hr. Hancock erhielt, deßwegen so gut erhalten war, weil er im
Kielraume des Schiffes lag, wo es kuͤhler ist, als in der Kajuͤte:
denn wahrscheinlich hatte man ihn dorthin gepakt, da es eine bedeutende Menge war,
und einen großen Ballen gab; Hrn. Fourcroy's und Sir Joseph's Flaschen wurden wahrscheinlich, als einzelne
Flaschen, in der Kajuͤte aufbewahrt, um sie vor dem Zerbrechen zu
verwahren.Vielleicht war Wasser beigemischt, in welchem, nach obiger Bemerkung, dieser
Saft sich leichter aufbewahren laͤßt.A. d. Ueb.
Wir sind geneigt zu vermuthen, daß das Kautschuk von verschiedenen Baͤumen und
Pflanzen erhalten wird. Hr. Fourcroy sagt, daß es durch
Einschnitte in die Rinde der Hevoea
„(soll heißen Hevea)“
ausschwizt. Hr. Howison beschreibt die Pflanze, die es
liefert, als eine Rebe, die wie Epheu, an anderen Baͤumen hinauf klettert,
und Dr. Roxbourgh versichert, daß die Urceola elastica, die gleichfalls eine Rebe ist, und vielleicht eine
und dieselbe Art mit der Pflanze Howison's, auch
Kautschuk liefert.
Die Laͤnder, in welchen diese Pflanzen wachsen, sind meistens
Tropen-Laͤnder. Fourcroy sagt, daß man Kautschuk
aus Guiana bekommt, daß er es auch aus Isle de Bourbon, Cayenne und aus Brasilien
erhielt. Hr. Howison fand es auf Prince of Wales's
Island. Dr. Roxburgh auf Sumatra und Pulo-Penang. Hr.
Hancock erhielt es aus dem suͤdlichen Theile
von Mexico. Die noͤrdlichste Gegend, in welcher eine Pflanze, die Kautschuk
liefert, gedeiht, sind die Ufer des Red-River und des Arkansas in der Naͤhe
des Mississipi, zwischen 32 und 35° N. B., so daß sich vermuthen
laͤßt, daß diese Pflanze auch in den suͤdlichsten Laͤndern
Europa's gedeihen wuͤrde, wo freie Leute sie im Ueberfluße ziehen
koͤnnten, ohne daß wir Kautschuk mit Menschenblut und Menschenthraͤnen
bezahlen muͤssen, was der Fall seyn muͤßte, wenn, wie einige
unvorsichtig vorgeschlagen haben, diese Pflanze in den westindischen Colonien durch
Sclaven gebaut wuͤrde.Dieß wuͤrde nicht der Fall seyn, wenn die freien Haitier sie bauten.
Es wundert uns, daß die HHrn. Herausgeber keiner europaͤischen
Pflanze erwaͤhnen, in deren mehreren nicht unbedeutende Mengen
Kautschuk enthalten sind, die man vielleicht mit Vortheil benuͤzen
wird, nachdem man Kautschuk zwekmaͤßiger anwenden gelernt hat. Nach
Versuchen, die ein Bekannter des Uebersezers anstellte, schlaͤgt eine
gewoͤhnliche Flintenkugel nicht durch Kautschuk, wenn dieser nur
einige Linien Dike hat. Man koͤnnte ihn daher sehr gut zum Schuze der
Infanterie verwenden, um so mehr, als auch ein guter Saͤbel etwas
dike Kautschuk-Lagen nicht durchzuhauen vermag. Fuͤr jeden Fall
koͤnnten wohlhabende Officiere sich leicht ein Unterkleid aus
Kautschuk verfertigen lassen, daß sie am Leibe und an den Armen und Beinen
hieb- und schußfest machen koͤnnte gegen Flinten- und
Pistolen-Kugeln. A. d. Ueb.
Ueber Aufloͤsung des Kautschuk in Aether finden sich gute Notizen in Grossart's und Pelletiers
Abhandlungen; wenn aber, wie wir hoͤrten, Kautschuk-Aufloͤsung in
Kohlen Theer vollkommen troken wird, so wird diese ihrer Wohlfeilheit und leichten
Bereitung wegen vor jener den Vorzug verdienen.