Titel: | Künstliches Leder, worauf Thom. Hancock, Patent-Kork-Fabrikant, Goswell Mews, St. Luke, Old-Street, sich am 15. März ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LI., S. 229 |
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LI.
Künstliches Leder, worauf Thom. Hancock, Patent-Kork-Fabrikant,
Goswell Mews, St. Luke, Old-Street, sich am 15. März ein Patent
ertheilen ließ.
Aus dem London Journal of Arts. Junius. S.
311.
Hancock's, künstliches Leder.
Dieses Patent ist eine Verbesserung eines fruͤheren
aͤhnlichen desselben Patent-Traͤgers (Siehe Lond. Journ. X. B. S. 22. Polyt. Journ. Bd. XVIII.
S. 370.), nach welchem er lose Wollen-, Baumwollen-, Flachs- und andere
Fasern filzen, und auf dieselbe, als Grund, aufgeloͤsten elastischen Gummi,
(Kautschuk) auftragen ließ. Hierdurch erhielt er eine Substanz, die beinahe wie
Leder aussieht, und in vielen Fallen auch statt Leder gebraucht werden kann.
Gegenwaͤrtig nimmt Hancock ein Stuͤk Tuch
oder Zeug aus Wolle, Baumwolle, Flachs, oder aus anderem Faserstoffe zur Grundlage
seines kuͤnstlichen Leders, spannt dasselbe uͤber einer ebenen
Flaͤche aus, und bestreicht es mit einer unten zu beschreibenden Mischung
mittelst eines Spatels. Auf diese Mischung legt er eine gehoͤrige Menge
Uattartigen Filzes aus Baumwolle, Flachs, Wolle, Seide, Haar, oder irgend einem
gekardetschten, gekaͤmmten oder gehaͤchelten Faserstoffe
gleichfoͤrmig auf, bringt diese drei Lagen zwischen Pappendekel oder Platten,
und laͤßt sie durch Walzen laufen, oder gibt sie unter irgend eine starke
Presse, um die noch fluͤßige Mischung durch die Fasern durchzupressen.
Hierauf wird das so verfertigte Blatt kuͤnstlichen Leders der freien Luft
ausgesezt, um zu troknen, oder in eine Trokenstube gethan, die 80 bis 90° F.
(21 bis 26° R.) warm ist.
Die Mischung, von welcher oben die Rede war, wird auf folgende Weise bereitet. Man
loͤset 2 Pfund Kautschuk in Einem Gallon Terpenthin-Oehl, und hoͤchst
rectificirtem Kohlen-Theer auf; sezt sechs Unzen schwarzes Harz, und zwei Pfund
starke Leim-Aufloͤsung, nebst einem Pfunde Ocher, gepulverten Bimsstein und
Weißkalk zu.
Nach einem anderen Verhaͤltnisse besteht diese Mischung aus anderthalb Pfund
Kautschuk, der auf obige Weise aufgeloͤst wurde; einem Pfunde Leim und Harz,
in einem Dampfbade geschmolzen und gemengt, welchem dann die uͤbrigen
Materialien zugesezt, und darin gehoͤrig durchgeruͤhrt werden, wobei
die Hize die Aufloͤsung beguͤnstigen wird; diese ganze Mischung wird
dann durch ein Sieb geseiht, damit alle unaufgeloͤsten Theile
zuruͤkbleiben.
Wo man eine feste und wohlfeile Mischung braucht, nimmt man die erstere mit Ocher
oder Weißkalk, in dem Verhaͤltnisse von einem Drittel Weißkalk und Leim; will
man aber eine dauerhafte und biegsame, so ist die leztere zu waͤhlen, in
welcher Kautschuk den Hauptbestandtheil bildet.
Man kann dieses kuͤnstliche Leder so dik machen, als man will, wenn man, noch
ehe der Gummi troken wurde, Lage auf Lage legt, und sie dann auf einander preßt.
Wenn man will, kann man den gewebten Zeug abziehen, ehe alles fest geworden ist, wo
man dann bloß eine Substanz aus dem Uattaͤhnlichen Filze und dem Gummi haben
wird.
Um ein Leder zu machen, das zu Schuh- oder Stiefel-Sohlen taugt, empfiehlt der
Patent-Traͤger einen Grund aus gleichen Theilen Wolle und Baumwolle; zu
Rohren, Riemen und anderen Kleidungsstuͤken wird geschnittener Hanf, Flachs
und Baumwolle gebraucht, und wenn die Oberflaͤche vollkommen glatt und eben
seyn soll, muß das Kunstleder am Ende durch poͤlirte Walzen gezogen
werden.
Man kann dieses Kunstleder zu Schuh- und Stiefel-Sohlen, Wasser-Eimern,
Roͤhren zur Wasserleitung, Pavillons und Schattendeken, Getreide- und
Mehl-Saͤken, Paktuͤchern etc. und zu einer Menge anderer Zweke
brauchen.