Titel: | Hrn. Matth. Murray's Dampfwagen. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXII., S. 289 |
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LXII.
Hrn. Matth. Murray's Dampfwagen.
Aus dem London Journal of Arts. N. 65. S.
142.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII. (Im Auszuge.)
Murray's, Dampfwagen.
Bisher waren die meisten Dampfwagen in der Ausfuͤhrung
noch immer verungluͤkt; entweder waren die Kessel zu schwer, und hinderten
dadurch die gehoͤrige Schnelligkeit der Bewegung sowohl auf Eisenbahnen, als
auf den gewoͤhnlichen Straßen; oder sie waren zu leicht, und folglich nicht
im Stande, die gehoͤrige Menge Dampf und Kraft zu erzeugen. Die Triebkraft
selbst war ferner oͤfters nicht auf die gehoͤrige Weise angebracht, so
daß ein großer Theil derselben verloren ging, oder es ging ein zu großer Theil
derselben durch Reibung verloren. Ueberdieß war die Maschinerie in vielen
Faͤllen mangelhaft im Baue einzelner Theile, oder diese Theile waren
ungeschikt angebracht, und so lag bisher fast immer der Fehler in der
Ausfuͤhrung, nicht in der Theorie.
Hr. Matthaͤus Murray zu Leeds, der als
Dampfmaschinen-Fabrikant ruͤhmlich bekannt ist, schlaͤgt folgenden
Plan zu einem Dampfwagen vor, den er zwekmaͤßiger findet, als alle ihm bisher
bekannt gewordenen Plane aͤhnlicher Art. Er betrachtet indessen auch seinen
Plan noch als bloßen Plan, der verbesserungsfaͤhig ist, und theilt denselben
nur als solchen in dieser Hinsicht einstweilen dem Publicum mitEs freut uns, in diesem Plane die erste Idee des Erfinders der Dampfbothe
wieder aufgegriffen zu sehen, auf welche man nun auch in America bei
Dampfbothen auf Fluͤssen wieder zuruͤkgekommen ist:
naͤmlich die Dampfbothe als Kraft von der Last zu trennen, und so,
wie man Pferde und Ochsen vor den Wagen spannt, und nicht in denselben, so
auch die Dampfmaschinen als Pferdekraft vor Wagen und Schiffe gespannt zu
sehen. Ein anderer wichtiger Umstand bei den Raͤderfuhrwerken scheint
Hrn. Murray auch nicht entgangen zu seyn;
naͤmlich der, daß die Triebkraft an der Peripherie des Rades, und
nicht an der Achse angebracht werden muß, wie es bisher alle, oder
wenigstens die allermeisten, Mechaniker thaten. A. d. Ueb..
Fig. 4. ist
ein Aufriß dieser Dampfmaschine sammt Zugehoͤr, und ein. Durchschnitt des
Kessel mit. seinem Ofen und seinen Zuͤgen; beide laufen auf einer Eisenbahn,
und sind mit einander verbunden. Fig. 5. ist eine
horizontale Ansicht von Fig. 4. In Heiden Figuren
bezeichnen dieselben Buchstaben dieselben Gegenstaͤnde.
a, a, ist eine doppelte Eisenbahn auf Steinlagern, wie
gewoͤhnlich.
b, b, sind Scheibenraͤder aus Eisen, oder aus
Holz und Eisen, und mittelst Bolzen und Schrauben verbunden, mit Vorspruͤngen
an der inneren Seite, um sie mittelst derselben innerhalb des Bereiches der
doppelten Bahn zu erhalten. Diese Raͤder tragen die Maschine und das Gestell
des Kessels, und werden dadurch auf der Eisenbahn hingefahren: die Achsen laufen auf
Federn, um alles Stoßen, wenn es uͤber kleine Hindernisse weggeht, zu
vermeiden. Die ganze Maschinerie, die zur Dampfmaschine gehoͤr, ist in einem
eisernen Gestelle aufgezogen.
c, c, sind zwei arbeitete Dampfcylinder, die, wie
gewoͤhnlich, in Holz oder in irgend einen anderen schlechten
Waͤrmeleiter gefaßt sind, um nichts durch strahlende Waͤrme zu
verlieren.
d, d, sind die Verdichtungs-Buͤchsen unter den
Cylindern;
e, e, die Eisenstangen an den Staͤmpeln, welche
in den Cylindern arbeiten;
f, f, die Schwingbalken;
g, g, Stuͤzen, um den Stuͤz- oder
Schwingpunct der Schwingbalken zu halten; diese Stuͤzen sind oben und unten
mittelst Gelenken eingefuͤgt, wodurch sie sich naͤhern und entfernen
koͤnnen, und die Staͤmpelstange doch immer senkrecht bleibt.
h, h, sind Stangen, die oben an den Balken, und unten an
Kurbeln befestigt sind (die andere ist durch punctirte Linien angedeutet); diese
Stangen dienen zur Uͤbertragung der Bewegungen der Maschine von den Stangen
der Staͤmpel auf die Kurbeln.
i, i, welche sich auf der Achse eines Zahnrades, k, befinden, und zwar unter rechten Winkeln, damit der
Stoß eines Staͤmpels die Ruhe des anderen uͤberwindet.
Dieses Zahnrad greift in ein aͤhnliches Zahnrad, I, auf der Achse der beiden Vorderraͤder, und, indem es diese Achse
dreht, macht es die Vorderraͤder sich drehen, und der Wagen der Maschine lauft durch die
Reibung des Umfanges der Raͤder auf der Eisenbahn vorwaͤrts.
Die Stangen, m, m, dienen zur Verbindung der Vorder- und
Hinterraͤder mit einander, wie der Grundriß in Fig. 5. zeigt, wodurch die
umdrehende Bewegung der Maschine auch den Hinteren Raͤdern mitgetheilt
wird.
Hinter dem Wagen der Maschine, und mit diesem verbunden, ist der Kessel und der Wagen
desselben, der gleichfalls auf derselben Eisenbahn, und auf aͤhnlichen
Raͤdern laͤuft. Auf der Hinteren Achse des Wagens der Maschine ist ein
Rad, n, angebracht, das sich um diese Achse dreht. Ueber
den Umfang dieses Sporn-Rades, und eines aͤhnlichen Sporn-Rades, o, auf dem Vordergestelle des Kesselwagens laͤuft
eine Kette ohne Ende, p, welche, durch die Umdrehung
von, n, das Rad, o, und die
Laufraͤder desselben dreht, und so den Kesselwagen durch den Maschinenwagen
auf der Eisenbahn vorwaͤrts zieht.
Die Achsen der Laufraͤder des Kesselswagens ruhen auf Federn in
Buͤchsen, wie jene des Maschinen-Wagens: diese Buͤchsen und Federn
koͤnnen aber nur durch Puncte angedeutet werden. Beide Wagen sind durch eine
Klinke und Schraubenbuͤchse verbunden, wodurch ihre wechselseitige Entfernung
nach Belieben gestellt werden kann.
Der Kessel und der Ofen sind im Durchschnitte dargestellt, damit man den inneren Ball
derselben deutlicher sieht.
q, q, q, ist der mit Wasser beinahe voll
gefuͤllte Kessel, so daß nur Raum zur Aufsammlung des Dampfes bleibt.
r, ist der Feuerherd, aus Eisenstangen bestehend, die
auf einen schiefen Flache ruhen, und unten ist die Aschengrube: dieser ganze Apparat
ist von dem Wasser im Kessel vollkommen umgeben.
s, s, ist der Zug und der Schornstein, oben mit einem
Daͤmpfer, um Zug und Hize zu reguliren.
Das Feuer-Material wird oben durch einen Rumpf, t,
eingelassen, der mit einer Speisungs-Rolle und Platte, u, in der Kohlenbuͤchse versehen ist, und von den Laufraͤdern
selbst in Thaͤtigkeit gesezt wird, so daß die in dem Ofen noͤthige
Menge Brennmateriales durch dieselben regulirt und zu gehoͤriger Zeit in das
darunter brennende Feuer herabgelassen wird.
Der in dem oberen Theile des Kessels erzeugte Dampf gelangt durch die kupferne
Roͤhre, v, v, die durch sogenanntes allgemeines
Gefuͤge zusammengesezt ist, damit sie den Stoͤßen der beiden Wagen auf der Eisenbahn
nachgeben kann, mittelst der Arme, in welche dieselbe sich zertheilt, in die
arbeitenden Cylinder, c, c, wo die Ein- und
Ausgangs-Klappen auf aͤhnliche Weise geoͤffnet und geschlossen werden,
wie in den gewoͤhnlichen Dampfmaschinen. Nachdem der Dampf seinen Dienst
geleistet hat, entweicht er durch die Roͤhre, w,
w, in den Schornstein, und durch denselben in die atmosphaͤrische
Luft. Die Wagen, welche durch diese Maschine gezogen werden sollen, werden an dem
Hintertheile des Kessel-Wagens angebracht.
Diese Maschine ist wohlfeiler und einfacher und dauerhafter, als irgend eine
Dampfwagen-Maschine, die man bisher kennt.