Titel: | Hrn. Madiot's verbessertes Pfropfmesser. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXXII., S. 311 |
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LXXII.
Hrn. Madiot's verbessertes Pfropfmesser.
Aus den Annales de l'Industrie. April. 1826. S.
40.
Mit einer Abbildung auf Tab. VII.
Madiot's, verbessertes Pfropfmesser.
Der Fehler der gewoͤhnlichen Pfropfmesser ist, daß sie
zu groß, zu dik, und bei ihren vierekigen Griffen zu unbequem zu handhaben und zu
fuͤhren sind. Man kann das Schildchen nicht gehoͤrig ausschneiden, das
Auge nicht leicht einsezen: man arbeitet sich, mit einem Worte, schwer, und daher
wird 1) die Arbeit fast immer fehlerhaft; 2) leimt sich der Bast schwer an, und 3)
bekommen die gepfropften Baͤume starke Wuͤlste, indem der Saft sich
ausgießt, und den Baum dadurch erschoͤpft.
Ehe Hr. Madiot das Pfropfmesser verbesserte, (d.i. vor dem
Jahre 1818) waren alle Pfropfmesser an der Schneide gewoͤlbt, und bildeten
einen Bogen nach auswaͤrts gegen die Spize. Er brachte mehrere Verbesserungen
nach und nach an demselben an, die wir aber hier uͤbergehen wollen; wir
wollen uns bloß darauf beschraͤnken, dasselbe so zu beschreiben, wie es jezt
nach seinen lezten Verbesserungen aus seiner Hand gekommen ist.
Fig. 16.
zeigt die es Messer in seiner neuesten Form. Der Spatel, A, ist an dem Ruͤken der Klinge angebracht beinahe an dem oberen
Ende derselben: er dient zum Einlegen des Schildes, und erleichtert diese Arbeit,
die schnell geschehen muß, ungemein. Er ist 14 Millimeter lang, und 7 Millimeter
breit, und aus Silber, Stahl, oder noch besser aus Platinna.
Die Klinge, B, ist 68 Millimeter lang, und nur an ihrem
oberen Ende schneidend, welches allein zum Abloͤsen des Schildes
noͤthig ist. Der Theil, C, die Ferse, ist stumpf,
und dient den Fingern als Stuͤze.
Zwischen der Klinge, A, und dem Griffe, D, ist innenwendig eine Feder, E, angebracht, welche das Aufmachen des Messers erleichtert, und zugleich
durch die Wirkung der Feder, die laͤngs dem Griffe, E,
F, hinlaͤuft, die Klinge haͤlt und befestigt, wenn das Messer
geoͤffnet ist.
Der Griff, D, hat nichts Besonderes, außer einem
Vorsprunge, G, zur Aufnahme des Spatels, und zum Schuze
derselben. Bei, H, ist ein Einschnitt zur Aufnahme der
Spize des Nagels, welcher Einschnitt sich in einen anderen bei, I, einsenkt, um das Messer desto leichter zu
oͤffnenDas beste Pfropfmesser sind zwei Finger an einer Hand, (sagte der
unsterbliche Schmidt, der feinste Pfropf-Meister
in Oesterreich, und Verfasser der oͤsterreichischen Baumzucht) „die irgend ein gut
schneidendes Federmesser nur so zu fuͤhren wissen, wie es zum
Schneiden einer brauchbaren Feder noͤthig ist.“ Der
unsterbliche Schmidt wird ewig Recht haben; nur
ist es zu bedauern, daß unsere Landleute nicht in der Schule eben so gut
pfropfen, als das Kreuz schlagen lernen. Doch, wer sollte sie das lehren?
Der Schulmeister? Der Pfarrer? Der Oberschreiber oder der Herr Landrichter?
Wie viele von diesen koͤnnen auch nur eine edlere Birne auf eine
Holzbirne pfropfen? Und wo sollten sie's lernen? Auf welcher
Universitaͤt, wir wollen nicht fragen, in welcher Schule wird
Gartenbau gelehrt? Und was ist ein Leben ohne Blumen, ohne Fruͤchte?
A. d. R..