Titel: | Nachtrag zu der ersten Abhandlung des Hrn. Dupuy über die Destillation fetter Körper. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. LXXXIII., S. 340 |
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LXXXIII.
Nachtrag zu der ersten Abhandlung des Hrn.
Dupuy über die Destillation
fetter Körper.
Aus den Annales de Chimie et de Physique 1826. Mai. p.
53.
Dupuy's, Nachtrag zu der ersten Abhandlung über die Destillation
fetter Körper.
Man bezweifelte 1stens die Moͤglichkeit, fette
Koͤrper bei einem Druke von 76° destilliren zu koͤnnen, ohne
sie zum Sieden zu bringen; 2tens die Moͤglichkeit, beim Sieden derselben ein
festes Produkt zu erhalten; hieraus schloß man, daß ich keinen Talg destillirt
haͤtte, als ich meine erste Abhandlung bekannt machte.
Obwohl ich von der Genauigkeit der von mir angegebenen Thatsachen uͤberzeugt
war, so wollte ich doch vor Widerlegung dieser Einwuͤrfe noch einige neue
Versuche anstellen; und zwar 1stens, um diese Thatsachen ausfuͤhrlicher
darzustellen, als fruͤher; 2tens, um zu beweisen, daß, wenn die HHrn. Bussy
und Lecann andere Resultate, als ich, erhielten, dieß davon
herruͤhrt, daß sie ihre Destillationen unter ganz anderen Umstaͤnden
anstellten, als ich.
Ich kann nicht begreifen, wie es diese HHrn. so schwierig finden koͤnnen, die
Moͤglichkeit anzunehmen, bei einem Druke von 76° einen Koͤrper
destilliren zu koͤnnen, welcher Dampf erzeugt, wenn man ihn in eine Retorte
bringt, die mit einem viel kaͤlteren Recipienten in Verbindung sieht.
Offenbar verdichtet sich der Dampf in demselben, und der hierdurch entstehende leere
Raum gestattet einer neuen Menge der fetten Substanz sich zu verfluͤchtigen.
Eben so wenig sehe ich ein, warum sie die Moͤglichkeit nicht zugeben wollen,
daß man ein fluͤßiges Product erhaͤlt, wenn man diese Substanzen zum
Sieden bringt; die Fluͤchtigkeit ihrer Elemente laͤßt voraussezen, daß
die Producte nach dem Grade der Temperatur, und nach der Dauer, waͤhrend
welcher der Koͤrper ihrer Einwirkung ausgesezt ist, in ihren Eigenschaften
verschieden seyn koͤnnen. Um alle Zweifel zu heben, will ich auch den Apparat
beschreiben, dessen ich mich bediente, und die Umstaͤnde, unter welchen ich
arbeitete. Ich will die Destillation eines fetten Koͤrpers ohne Sieden, Destillation durch Verdampfung, jene, wo ein fetter
Koͤrper bei langsamen Sieden destillirt wird, Destillation durch langsames Sieden, und jene, wo er bei raschem Sieden
uͤbergeht, Destillation durch rasches Sieden
nennen.
Apparat, der zu den drei Operationen
diente.
Dieser Apparat besteht aus einer Retorte, einem Vorstoße und aus einem tubulirten
Ballon, an dessen Tubulatur eine lange, offene Roͤhre angebracht wird, damit
das Gas einen Ausweg hat; bei der raschen Destillation muß man eine
gekruͤmmte Roͤhre anbringen., die man in eine Flasche mit Wasser
tauchen laͤßt, um die fluͤchtigen Saͤuren und manches Mahl auch
einen Theil der fetten Saͤuren, die mit fortgerissen werden, zu verdichten;
denn die Temperatur wird so erhoͤht, daß der Kitt zum Theile verkohlt wird;
die Retorte, welche die fette Substanz enthaͤlt, wird auf einen Ofen
gebracht, und durch einen Dreifuß uͤber dem Feuer erhalten.
1. Destillation durch
Verdampfung.
Verfahren. Wenn man in einer Retorte 500 Gr. Oehl oder
Talg erhizt, so faͤrbt sich die angewendete fette Substanz nach und nach, und bald bemerkt
man im Bauche und im Halse der Retorte Daͤmpfe, die sich verdichten, und
worauf wieder neue Daͤmpfe entstehen, obschon die Hize zu gering ist, um die
Masse zum Sieden zu bringen. Das Product des Oliven-Oehles betraͤgt im
Durchschnitte 20 Gr., jenes des Talges 30 Gr.; steigert man, wenn sich nichts mehr
von der fetten Substanz verfluͤchtigt, die Temperatur des Ruͤkstandes
bis zum Sieden, so erhaͤlt man ein fluͤßiges Product.
Die Destillation durch Verdampfung ist sehr langsam; denn um alle die feste, feste
Substanz zu erhalten, welche 500 Gr. Oliven-Oehl oder Talg geben koͤnnen,
braucht man 150–160 Stunden.
Resultat der Destillation von 500 Gr.
Hammel-Fett durch Verdampfung.
Zwei feste Producte:
Das erste ist weiß und wiegt 394 Gr., 15.
Bei
48°
ist es hell;
47
faͤngt es an sich zu truͤben;
42
bildet es eine weiche Masse, durch welche das
Thermometerleicht durchdringt;
38
hat es die Consistenz von gefrornem
Oliven-Oehle;
35
ist der groͤßte Theil der Substanz fest, allein
Alles ist noch weich;
20
ist es bruͤchig.
Das zweite ist rothgelb, weich, und wiegt 25 Gr., 35.
Bei
53°
ist es hell;
52
faͤngt es an sich zu truͤben, und man
bemerkt kleine glaͤnzendeKrystalle, welche in der Mitte der
Fluͤssigkeit schwimmen;
46
ist es eine truͤbe, aber noch leicht bewegliche
Fluͤssigkeit;
42
ist es eine mehr truͤbe und weniger bewegliche
Fluͤßigkeit;
38
ist es noch fluͤßig, enthaͤlt aber viele
kleine Krystalle eingemengt;
20
ist es eine weiche Masse, gefrornem Oliven-Oehle
aͤhnlich.
Der Ruͤkstand in der Retorte gab durch Kochen ein fluͤßiges Product von
49,75 Gr., welches sich nicht truͤbt, wenn man es mehrere Stunden lang bei
0° mit Schnee in Beruͤhrung laͤßt.
2. Destillation durch langsames
Sieden.
Verfahren. Wenn man 500 Gr. Talg in einer Retorte so
erhizt, daß sie langsam sieden, so erhaͤlt man ein Product, welches bei
20° Cent, fluͤßig ist, und nur durch Verminderung der Temperatur zum
Theile krystallisirt. Ich sammelte das Product, welches ich in 4 verschiedenen
Zeiten bei der Destillation von Talg erhielt. Das erste Product war fluͤßig,
ambragelb, und ließ erst, nachdem es einige Tage lang im Keller gestanden war,
Krystalle von Margarinsaͤure fallen. Das zweite enthielt einige Krystalle von
derselben Saͤure; es war gruͤnlich, wurde aber einige Tage nach der
Destillation braun; im Keller wurden die Krystalle bedeutend mehr, allein der
groͤßte Theil blieb bei 0° fluͤßig; die Fluͤßigkeit,
welche die Krystalle bedekte, betrug 1/3 des Productes. Das dritte war braun, wie
das erste, und sezte selbst bei 0° keine Krystalle ab. Das vierte, noch
dunklere, sezte gleichfalls nichts ab.
Resultat einer Destillation von 500 Gr.
Hammel-Fett durch langsames Sieden.
Ein einziges Product, welches 435,5 Gr. wog.
Bei
20°
ist es klar;
14
ist es schwach truͤb;
10
ist es truͤb.
Bei 0° in Schnee getaucht stokt es; allein die Menge der Fluͤßigkeit
ist so groß, daß die Substanz durch Schuͤtteln beweglich wird, wie eine
Fluͤßigkeit, die mit einer geringen Menge einer festen Substanz vermischt
ist; die Consistenz wird nicht weiter vermehrt, wenn man das Eintauchen 4 Stunden
lang fortsezt. Laͤßt man es, nachdem es geschmolzen ist, langsam
abkuͤhlen, so fallen die krystallisirbaren Saͤuren nieder, und der
fluͤßige Theil wird vollkommen wasserhell. Um dieses Resultat zu erhalten,
muß das Sieden 18–24 Stunden fortgesezt werden.
3. Destillation durch rasches
Sieden.
Verfahren. Wenn man 500 Gr. Talg in 8–10 Stunden
destillirt, so ist das erhaltene Product truͤb, und bei 20° von der
Consistenz eines duͤnnen Honigs; betraͤgt aber die Zeit von dem
Augenblike an, bei welchem die fette Substanz zu sieden anfaͤngt, bis zu
jenem, wo nur einige Tropfen empyreumatisches Oehl mehr in der Retorte sind, nur 1/4 Stunde, so ist das
Product ganz fest, und stokt bei einer Temperatur von 20°.
Resultat einer Destillation von 500 Gr.
Hammel-Fett durch rasches Sieden.
(Die Destillation wurde nicht vollkommen beendigt; die Retorte enthielt noch einige
Gramme einer braunen Substanz.) Ein einziges Product, welches 441,50 wog.
Bei
48°
ist es klar;
47
faͤngt es an sich zu truͤben;
42
ist es truͤb;
35
hat es die Consistenz von gefrornem
Olivenoͤhle;
20
nahm es seine urspruͤngliche Consistenz wieder
an;es ist nicht bruͤchig.
Resultat einer gleichen Destillation, im
Jardin du Roi angestellt.
Zwei Producte.
Das erste ist rothgelb und wiegt 400 Gr.
Bei
43°
ist es klar;
42
faͤngt es an sich zu truͤben;
40
ist es undurchsichtig, aber sehr beweglich;
30
hat es die Consistenz von gefrornem
Oliven-Oehle;
20
bildet es eine ganz feste Masse.
Das zweite Product, in dem Wasser gesammelt, welches sich hinter dem Ballon befand,
ist beinahe weiß, und wiegt 30 Gr.
Bei
25 °
ist es klar;
24
ist es etwas truͤb;
23
ist es ganz truͤb, aber sehr beweglich;
10
hat es die Consistenz von gefrornem
Olivenoͤhle.
Diese Thatsachen beweisen hinlaͤnglich: 1) daß, wenn man Fett durch
Verdampfung destillirt; das Product fester ist, als jenes, welches man durch
Destillationen beim Sieden erhaͤlt (ein Resultat, welches ich in meiner
ersten Abhandlung angab); 2) daß die Dauer einer Destillation durch Sieden den
groͤßten Einfluß auf die Festigkeit des Productes hat; die HHrn. Bussy und Lecanu haben also
diese Resultate deßwegen fuͤr falsch gehalten, weil sie dieselben nicht
kannten; und aus Allem laͤßt sich schließen, daß sie ihre Destillationen
immer durch mehr oder weniger rasches Sieden bewerkstelligten.