Titel: | Ueber eine eigenthümliche Substanz, welche in dem Meerwasser enthalten ist. Von M. Ballard, Apotheker und Präparateur an der Academie der Wiss. zu Montpellier. |
Fundstelle: | Band 22, Jahrgang 1826, Nr. XLIX., S. 222 |
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XLIX.
Ueber eine eigenthuͤmliche Substanz,
welche in dem Meerwasser enthalten ist. Von M. Ballard, Apotheker und Praͤparateur
an der Academie der Wiss. zu Montpellier.
Aus den Annales de Chimie et de Phys. August 1826. S.
337.
Ballard, uͤber eine neue Substanz, Brom genannt, welche in
dem Meerwasser enthalten ist.
I. Geschichtliche Darstellung der
Untersuchungen.
Ich hatte oͤfters bemerkt, daß, wenn man die Lauge von
der Asche der Jod enthaltenden Fucus mit der waͤsserigen Ausloͤsung
des Chlor behandelt, sich nach dem Zusaze einer Staͤrkeaufloͤsung, nicht bloß eine blaue
Zone zeigt, welche einen Antheil Jod enthaͤlt, sondern auch, etwas
uͤber derselben eine Zone von einer sehr intensiven gelben Farbe.
Diese orangegelbe Farbe zeigte sich auch, als ich auf dieselbe Art die Mutterlauge
unserer Salinen behandelte; die Faͤrbung war dabei um so dunkler, je
concentrirter die Fluͤßigkeit selbst war. Die Erscheinung dieser
Faͤrbung war von einem starken eigenthuͤmlichen Geruch begleitet.
Ich untersuchte nun, von welcher Art dieses faͤrbende Princip seyn
koͤnnte, und meine ersten Versuche fuͤhrten mich, so weit sie
reichten, auf folgende Bemerkungen:
1) Die Mutterlauge der Salinen, nachdem sie mit Chlor behandelt worden ist, verliert
ihre Farbe und ihren Geruch, wodurch sie sich auszeichnet, dadurch, daß sie einen
oder zwei Tage der Beruͤhrung mit der Luft ausgesezt bleibt, ohne daß das
Chlor alsdann dieselbe Erscheinung wieder in ihr hervorbringen koͤnnte;
2) wenn man sie mit Alkalien oder basisch-kohlensauren Alkalien behandelt, so
verschwinden der Geruch und die Farbe gleichfalls;
3) dieselbe Wirkung wird hervorgebracht, wenn man der gefaͤrbten
Fluͤßigkeit ein Reagenz zusezt, welches Wasserstoff abgeben kann, es sey nun
fuͤr sich, oder durch Dazwischenkunft des Wassers.
Dieses thun die schwefelige Saͤure, das Ammoniak, der Schwefelwasserstoff, die
schwefelwasserstoffsauren Salze, vorzuͤglich aber ein Gemenge von Zink und
Schwefelsaͤure, durch welches der Fluͤßigkeit der Wasserstoff in dem
Zustande dargeboten wird, wo er als Gas aus einer Verbindung tritt;
4) in dem Falle, wo die Entfaͤrbung durch Alkalien oder wasserstoffhaltige
Koͤrper bewirkt worden ist, kann der Zusaz von Chlor die anfaͤngliche
Faͤrbung wieder herstellen.
Zwei Erklaͤrungen bothen sich nun natuͤrlich dar, um von diesen
verschiedenen Erscheinungen Rechenschaft zu geben.
Erstens, koͤnnte man annehmen, daß der gelbe Stoff eine Verbindung von Chlor
mit irgend einem der in der Mutterlauge der Salinen enthaltenen Stoffe sey.
Zweitens, ließ sich der Fall denken, daß die faͤrbende Substanz aus irgend
einer ihrer Verbindungen durch das Chlor, welches ihre Stelle einnahm, ausgetrieben
worden sey. Um nun zu
erfahren, woran man sich in dieser Beziehung halten muß, war es unumgaͤnglich
noͤthig, die faͤrbende Substanz isolirt zu erhalten. Die
Fluͤchtigkeit derselben schien Hoffnung zu geben, daß sie durch bloße
Destillation von der Fluͤßigkeit getrennt werden koͤnnte, zu welchem
Verfahren ich auch meine Zuflucht nahm.
Die gelbgefaͤrbte Fluͤßigkeit, welche nun der Destillation unterworfen
wurde, entband wirklich vom ersten Kochen an, sehr dike roͤthliche
Daͤmpfe, welche sich durch Erkalten zu einer Fluͤßigkeit verdichteten,
an der ich die meisten Eigenschaften der gefaͤrbten Fluͤßigkeit wieder
fand; aber diese Eigenschaften waren bei weitem hervorstechender.
Diese Fluͤßigkeit, von roͤthlich gelber Farbe, und einem Geruche,
welchen man mit dem des Chloroxydes vergleichen moͤchte, besaß keine sauren
Eigenschaften, und verlor ihre Faͤrbung durch die Wirkung der Alkalien, der
schwefeligen Saͤure, des Schwefelwasserstoffs, u.s.w., und, mit einem Worte,
aller Agentien, welche auch das Wasser der Salinen, nach der Wirkung des Chlor,
entfaͤrbten.
Ich zweifelte nun um so weniger, daß das erste Product der Destillation, den Stoff
enthielt, der mich beschaͤftigte, weil die ruͤkstaͤndige
Fluͤßigkeit nunmehr alle ihre anfaͤnglichen Eigenschaften in Beziehung
auf jenen Stoff, verloren hatte. Ihre Farbe war verschwunden: anstatt ihres
lebhaften Geruches, fand man nur mehr einen aͤtherischen Geruch, auf welchen
ich in der Folge zuruͤkkommen werde. Das Chlor vermochte ihr die gelbe Farbe
nicht wieder zu geben.
Um nun diese Substanz im Zustande ihrer Reinheit zu erhalten, handelte es sich bloß
noch darum, sie von dem Wasser zu befreien, welches sich zugleich mit ihr
verfluͤchtigte.
Zu diesem Ende ließ ich die roͤthlichen Daͤmpfe uͤber
Chlor-Calcium streichen. Sie verdichteten sich in einem kleinen Recipienten zu
Troͤpfgen, von sehr tiefer rother Farbe, welche sehr fluͤchtig waren,
und das kleine Gefaͤß, worin sie sich befanden, mit dunkelrothen
Daͤmpfen anfuͤllten, deren Farbe man mit der des Salpetergases
vergleichen konnte.
Ich glaubte so den faͤrbenden Stoff in seiner Reinheit erhalten zu haben; aber
das Verfahren war wenig ergiebig. Ich hielt eine Operation fuͤr gelungen,
wenn sie mir einen Tropfen des Liquidums gab.
So geringe Quantitaͤten eigneten sich fast nur zu gewissermassen mikroscopischen Untersuchungen.
Jedoch verdanke ich ihnen die Berichtigung der ersten Vermuthungen, welche ich mir
uͤber die Natur dieser Substanz machte; und die Untersuchungen, welche ich in
der Folge mehr im Großen ausfuͤhren konnte, haben sie auch
bestaͤtiget.
Anfangs war ich in Versuchung, diese Substanz fuͤr eine Verbindung des Chlor
mit Jod zu halten, freilich, fuͤr eine, von jenen Verbindungen dieser Stoffe
verschiedene, welche die Chemiker beschrieben haben.
Umsonst richtete ich alle meine Versuche darauf hin. Die Substanz faͤrbte die
Staͤrkeaufloͤsung nicht blau, und schlug die Sublimataufloͤsung
nicht nieder; mit salpetersauren Queksilberoxydul gab sie einen weißen Niederschlag,
mit salpetersaurem Blei deßgleichen u.s.w., kurz Alles sprach dafuͤr, daß
durchaus kein Jod in ihr enthalten ist.
Andererseits habe ich diese Substanz nach einander nicht nur dem Einfluß der
Voltaischen Saͤule, sondern auch dem einer erhoͤhten Temperatur
ausgesezt, und sie hat mir nicht die mindeste Spur von Zersezung dargebothen. Der
Widerstand gegen diese Kraͤfte mußte mich natuͤrlich auf den Gedanken
bringen, daß ich es mit einem einfachen Koͤrper zu thun haben wuͤrde,
oder wenigstens mit einem solchen, der sich wie ein einfacher verhaͤlt.
Gerade in diesem Gedanken wurde ich auch durch alle Versuche, welche ich mit der
Substanz anstellte, immer mehr und mehr bestaͤrkt.
Ich glaubte hier einen einfachen Stoff vor mir zu haben, der in seinem chemischen
Verhalten die groͤßte Aehnlichkeit mit Chlor und Jod hat; der vollkommen
analoge Verbindungen eingeht; dessen physische Eigenschaften und chemisches
Verhalten jedoch, zusammengenommen, die staͤrksten Gruͤnde darbiethen,
ihn davon zu unterscheiden.
II. Ueber die Benennung der rothen Substanz, welche aus der
Mutterlauge der Salinen, nach der Einwirkung des Chlor erhalten
wird.
Meine Ansicht uͤber die Natur dieser rothen Substanz, welche in Folge der
Einwirkung des Chlor aus der Mutterlauge der Salinen erhalten wird, die ich
fuͤr die wahrscheinlichste hielt, und an welche ich mich fest hielt,
fuͤhrte die Nothwendigkeit herbei, ihr einen Namen zu geben, wobei man sie
leichter in ihren
Verbindungen verfolgen kann, und der, indem er es unnoͤthig macht, zu den
Benennungen, rother Stoff, durch Chlor freigemachte
Substanz, u.s.w., welche nothwendigerweise die Sache verwirren
wuͤrden, seine Zuflucht zu nehmen, mich zugleich in Stand sezte, die von mir
daruͤber gefaßte Meinung mit mehr Treue vorzutragen.
Ich nahm meine Zuflucht zu den Einsichten des gelehrten Professors, dessen
Schuͤler ich bin, und dessen weiser Rath meine Unerfahrenheit im Laufe
dieser, unter seinen Augen ausgefuͤhrten Arbeit, leitete.
Seinem Rache und den Gedanken, auf welche er mich gebracht hat, verdanke ich die
Ueberwindung der Schwierigkeiten, welche meinen Untersuchungen im Wege standen,
weßwegen ich ihm hier mit Vergnuͤgen meine Erkenntlichkeit bezeuge.
Hr. Anglada rieth mir diese Substanz Brom (Brôme) von dem griechischen
βρωμος (faetor) zu nennen. Dieser Name eignet sich vortrefflich zur Bildung der
zusammengesezten Benennungen, welche ihre Verbindungen erfordern, und ich behalte
ihn auch wegen der Leichtigkeit der Aussprache bei.
Wenn die Chemiker die Resultate, welche ich beobachtet zu haben glaube,
bestaͤtigen, und dieser Substanz entschieden eine Stelle unter den einfachen
Koͤrpern sichern, so wird diese Benennung, wie ich glaube, beibehalten werden
koͤnnen.
III. Ueber die Ausscheidung des Brom.
Nach zwei verschiedenen Methoden, womit ich mich jezt nach einander
beschaͤftigen will, habe ich die Ausscheidung des Brom bewerkstelligen
koͤnnen.
Erstes Verfahren. Davon habe ich schon Einiges gesagt: es
besteht darin, die Mutterlauge der Salinen, nach der Einwirkung des Chlor zu
destilliren, und durch eine erkaͤltende Mischung die roͤthlichen
Daͤmpfe zu verdichten, welche sich im Moment des Siedens entwikeln.
Durch dieses langwierige Verfahren, erhaͤlt man nur eine geringe
Quantitaͤt Brom, und zwar ein unreines Brom. Ich habe mich uͤberzeugt,
daß es so bestaͤndig mit einer dreifachen Verbindung von Wasserstoff,
Kohlenstoff und Brom gemengt ist, die ihrer Natur und ihren Eigenschaften nach dem
Chlor-Kohlen-Wasserstoff analog ist.
Deßwegen habe ich diese Darstellungsmethode ganz und gar aufgegeben, nachdem ich, um
denselben Zwek zu erreichen, eine leichter ausfuͤhrbare Methode gefunden hatte,
welche mir auch ein reineres Brom in groͤßerer Quantitaͤt gab.
Zweites Verfahren. Nachdem ich durch die Mutterlauge der
Salinen einen Strom ChlorgasDie Erfahrung hat mich gelehrt, daß man nicht zu viel Gas hineinleiten darf,
wenn man den Verlust einer gewißen Quantitaͤt Brom vermeiden will,
welches sich in eine Verbindung umaͤndern wuͤrde, von der
unter der Benennung Chlor-Brom (Brom-Chlorid),
gehandelt werben wird. A. d. O. habe streichen lassen, gieße ich auf die Oberflaͤche der
Fluͤßigkeit eine gewiße Quantitaͤt Aether, und fuͤlle so die
ganze Flasche an, worin die Fluͤßigkeit eingeschlossen wird; wenn ich sie
alsdann stark schuͤttle, so daß diese beiden Fluͤßigkeiten sich
mischen, und alsdann einige Augenblike in Ruhe lasse, um ihre Trennung zu
beguͤnstigen, so schwimmt der Aether oben auf, sehr schoͤn
hyacinthroth gefaͤrbt, waͤhrend die entfaͤrbte Mutterlauge
anstatt des lebhaften und reizenden Geruches des Brom nur mehr den angenehmen Geruch
des in ihr aufgeloͤsten Aethers zeigt.
Der gefaͤrbte Aether (die wahre aͤtherische Aufloͤsung des Brom)
verliert dann seine Farbe und seinen unangenehmen Geruch, wenn man ihn mit irgend
einer alkalischen Substanz, besonders aber mit kaustischem Kali, schuͤttelt.
Lezteres absorbirt das Brom; indem ich nun nach einander die gelb gefaͤrbte
Mutterlauge der Salinen mit Aether und den gefaͤrbten Aether mit Kali
schuͤttle, kann ich mit einer geringen Quantitaͤt dieses Alkali alles,
aus einer sehr großen Menge Wasser entwikelte Brom, vereinigen.
Das Kali verliert allmaͤhlig alle seine alkalischen Eigenschaften, und
verwandelt sich in einen salzartigen Koͤrper, der in Wasser
aufloͤslich ist, und durch Verdampfen der Fluͤßigkeit in
Wuͤrfeln krystallisirt. Dieser kubischen Krystalle bediene ich mich mit
Erfolg zur Darstellung des Brom.
Ich vermenge die gepulverten Krystalle, mit gereinigtem Manganperoxyd (Braunstein),
und uͤbergieße das Gemenge in einem kleinen Destillationsapparate mit
Schwefelsaͤure, welche mit der Haͤlfte ihres Gewichtes Wasser
verduͤnnt ist.
Diese Saͤure, welche nur weiße Daͤmpfe und sehr wenig Brom entbunden
haͤtte, wenn sie mit den Krystallen allein in Beruͤhrung gebracht
worden waͤre, oder wenn sie in sehr concentrirtem Zustande auf obiges Gemenge
gewirkt haͤtte, bringt unter diesen Umstaͤnden roͤthliche
Daͤmpfe hervor, welche sich zu Troͤpfgen als Brom verdichten.
Man kann lezteres sammeln, wenn man den Hals der Retorte auf den Boden eines kleinen
Recipienten leitet, der mit kaltem Wasser gefuͤllt ist. Das Brom, welches in
Daͤmpfen aus der Retorte kommt, loͤst sich in dieser
Fluͤßigkeit auf; dasjenige, welches sich im Halse der Retorte in Gestalt von
Troͤpfgen verdichtet, faͤllt wegen seines großen specifischen
Gewichtes auf den Boden des Gefaͤßes.
So groß auch die Verwandschaft ist, welche das Wasser zu diesem Koͤrper hat,
so ist doch die Schichte Fluͤßigkeit, welche ihn umgibt, bald
gesaͤttigt, und da sie das Brom von allen Seiten umgibt, so schuͤzt
sie es gegen die aufloͤsende Kraft der oberen Schichten.
Um es im Zustande großer Reinheit zu erhalten, braucht man es nun bloß abzuscheiden,
und, um ihm das Wasser zu entziehen, welches es zuruͤkhalten koͤnnte,
uͤber Chlor-Calcium zu destilliren.
IV. Von einigen Eigenschaften des Brom
und besonders von seinen physischen Eigenschaften.
Das Brom erscheint in Gestalt einer schwaͤrzlich rothen Fluͤßigkeit,
wenn man es in Masse, und bei reflectirtem Lichte betrachtet, hyacinthroth hingegen,
wenn man es als duͤnne Schichte zwischen das Licht und das Aug bringt.
Sein sehr unangenehmer Geruch erinnert an den des Chloroxydes, ist aber bei weitem
staͤrker.
Sein Geschmak ist sehr stark.
Es greift die organischen Koͤrper an, das Holz, Kork, u.s.w., besonders aber
die Haut, welche es zerfrißt und stark gelb faͤrbt. Die Farbe, welche es ihr
mittheilt, ist weniger intensiv, als die, welche das Jod hervorbringt, verschwindet
aber, wie leztere, nach einiger Zeit; wenn die Beruͤhrung dieses Agens von
einer gewißen Dauer war, so verschwindet die Farbe nur mit der Zerstoͤrung
der Epidermis.
Es wirkt kraͤftig auf die Thiere. Ein Tropfen, welcher in den Schnabel eines
Vogels gebracht wurde, war hinreichend ihn zu toͤdten.
Das spec. Gew. fand ich, so gut ich es mit geringen Quantitaͤten der Substanz
schaͤzen konnte, = 2,966.
Das Brom wird bei einer Kaͤlte von – 18° (nach d. hunderttheil.
Scale) nicht fest.
Es verfluͤchtigt sich leicht, und diese große Fluͤchtigkeit contrastirt
sehr mit seinem specif. Gewichte; man braucht bloß einen Tropfen Brom in irgend ein
Gefaͤß zu bringen, um sogleich seinen innern Raum mit einem sehr dunkelrothen
Dampfe anzufuͤllen, den man wegen seiner Farbe mit dem Salpetergas
verwechseln koͤnnte, wenn er sich nicht durch eine Menge Eigenschaften davon
unterscheiden wuͤrde.
Es siedet bei einer Temperatur von + 47° (hunderttheil. Scale). Der
Waͤrmestoff scheint, obgleich seine Wirkung den physischen Zustand des Brom
so veraͤndern kann, keineswegs auf seine chemische Natur zu wirken. Ich habe
wenigstens keine Zersezung beobachtet, als ich seinen Dampf in eine lutirte, stark
gluͤhende Glasroͤhre streichen ließ.
Das Brom leitet die voltaische Elektricitaͤt nicht. Ich habe mich davon
uͤberzeugt, indem ich die beiden Pole einer Saͤule in Verbindung mit
einem kleinen Apparate brachte, worin die Zersezung des Wassers bewirkt werden
konnte. Diese Zersezung, welche sehr leicht vor sich ging, wenn ich geradezu die
Fluͤßigkeit mit den beiden Polen der Saͤule vermittelst metallischer
Draͤhte in Communication sezte, hoͤrte sogleich auf, wenn ich in den
leitenden Draht eine, nur 3 bis 4 Linien lange, Saͤule von Brom brachte.
Die Elektricitaͤt scheint das Brom auch nicht zersezen zu koͤnnen. Als
die Substanz dem Einfluͤße einer Saͤule ausgesezt wurde, welche stark
genug war, um das Wasser, die Salz-Aufloͤsungen u.s.w. zu zersezen, bemerkte
ich weder eine Verminderung ihres Volumens, noch Entbindung eines Gases, noch die
Absezung irgend eines Stoffes am Ende der leitenden Platindraͤhte, mit einem
Worte, ich erhielt kein Zeichen von Zersezung.
Die Daͤmpfe des Brom koͤnnen die Verbrennung nicht unterhalten. Eine
brennende Wachskerze, welche man in eine solche Atmosphaͤre taucht,
loͤscht darin bald aus; aber ehe sie ausloͤscht, brennt sie einige
Augenblike mit einer, an der Basis gruͤnen, und an dem oberen Theile
roͤthlichen Flamme, wie dieses in dem Chlorgas Statt findet.
Das Brom ist im Wasser, im Alkohol, und vorzuͤglich im Aether
aufloͤslich.
Die Schwefelsaͤure loͤst nur sehr wenig davon auf.Diese Eigenschaft kann man benuͤzen, um das Brom in nicht vollkommen
schließenden Gefaͤßen aufzubewahren, weil die leichtere
Schwefelsaͤure ein Hinderniß seiner Verduͤnstung wird. A. d.
O.
Das Olivenoͤhl wirkt sehr langsam darauf.
Es roͤchet die Lakmustinktur nicht, aber es entfaͤrbt sie rasch,
ungefaͤhr eben so wie das Chlor. Die schwefelsaure Indigaufloͤsung
wird ebenfalls davon entfaͤrbt.
V. Ueber die
Bromwasserstoffsaͤure (Acide
hydrobromique).
Die große Analogie, welche ich zwischen der Wirkung des Brom und derjenigen des Chlor
auf die vegetabilischen Farben bemerkt hatte, brachte mich auf die Vermuthung, daß
sie auch zwischen den Ursachen dieser Erscheinungen Statt finde, und daß das Brom,
begierig nach Wasserstoff, denselben wie das Chlor, den organischen Koͤrpern,
womit man es in Beruͤhrung bringt, entziehe. Aus diesem Grunde leitete ich
meine Versuche darauf hin, eine Verbindung von Wasserstoff mit Brom aufzusuchen.
Anfangs versuchte ich es, Wasserstoff und Brom gegenseitig auf einander wirken zu
lassen, aber ohne Erfolg. Meine Versuche waren gluͤklicher, als ich das Brom
in Beruͤhrung mit mehreren gasfoͤrmigen Wasserstoff-Verbindungen
brachte. Ich erhielt dadurch ein farbenloses, sehr saures Gas, welches, vom Kali
absorbirt, die kubischen Krystalle hervorbrachte, welche ich schon erhalten hatte,
als ich dieses Alkali mit dem bromhaltigen Aether schuͤttelte.
Ich versuchte nun aus diesen Krystallen selbst, den gasfoͤrmigen Stoff
auszuscheiden, den sie zu enthalten schienen. Mit concentrirter Schwefelsaure
behandelt, entbanden sie ein saures Gas, das ich als Bromwasserstoffsaͤure
erkannte, da ich beobachtete, daß das Chlor es unter Niederschlagung von
Bromdaͤmpfen zersezt, und daß gewisse Metalle, indem sie ihm diese Substanz
entziehen, reines Wasserstoffgas als Ruͤkstand lassen.
Die Bromwasserstoffsaͤure kann durch folgende Verfahrungsarten erhalten
werden:
1) Ich sezte Wasserstoff, mit Bromdaͤmpfen gemengt, einige Zeit dem Einfluße
der Sonnenstrahlen aus, ohne merkliche Zeichen von einer Verbindung zu bemerken;
dagegen sah ich bromwasserstoffsaures Gas entstehen, wenn ich dieses Gemenge der Flamme einer
Kerze aussezte, oder noch besser, wenn ich eine gluͤhende Eisenstange in das
cylindrische Gefaͤß (mit weiter Oeffnung) brachte, welches dasselbe
einschloß.
In keinem Falle verbreitete sich die Wirkung jedoch durch die ganze Masse, wie dieß
mit dem Chlor und Wasserstoffe der Fall ist. Die Verbindung entstand nur um den
heißen Koͤrper herum, der sie hervorbrachte. Vielleicht waͤre nicht
dasselbe eingetreten, wenn ich Bromdaͤmpfe haͤtte sammeln, messen, und
mit einem bestimmten Volumen Wasserstoffgas mengen koͤnnen.
2) Das jodwasserstoffsaure Gas, schwefelwasserstoffsaure Gas und
Phosphorwasserstoffgas werden durch das Brom zersezt, welches sich in
Bromwasserstoffsaͤure umaͤndert, indem es Daͤmpfe von Jod,
Schwefel oder Phosphor niederschlaͤgt.
Die Zersezung tritt immer mit Entbindung von Waͤrme ein.
Das Volumen des Gases aͤndert sich nicht merklich, wenn man das
jodwasserstoffsaure Gas durch das Brom zersezt; es vergroͤßert sich hingegen,
wenn man die Zersezung des Schwefelwasserstoffs oder des Phosphorwasserstoffs
bewerkstelligt.
Das Brom wirkt ebenso auf diese Wasserstoffverbindungen, wenn sie im Wasser
aufgeloͤst sind; es bildet sich auch, auf ihre Kosten,
Bromwasserstoffsaͤure.
3) Man kann auch Bromwasserstoffsaͤure bereiten, durch Zersezung der mit Kali
und der aͤtherischen Aufloͤsung des Brom erhaltenen kubischen
Krystalle, vermittelst Schwefelsaͤure; aber das so gesammelte Gas ist oft mit
einer kleinen Menge schwefliger Saͤure und Chlorwasserstoffsaͤure
gemengt; deßwegen darf man diese Methode nicht anwenden, wenn man die
Bromwasserstoffsaͤure vollkommen rein haben will.
4) Um diese Saͤure in ihrer Reinheit zu erhalten, nahm ich meine Zuflucht zu
einer Verfahrungsart, die gewissermassen derjenigen nachgeahmt war, welcher man sich
zur Darstellung der gasfoͤrmigen Jodwasserstoffsaͤure bedient. Brom
und Phosphor, in Beruͤhrung gebracht, und mit einigen Tropfen Wasser
befeuchtet, entbinden in der That reichlich eine gasfoͤrmige Substanz, welche
man uͤber Queksilber auffangen kann, und welche nichts als
bromwasserstoffsaures Gas ist.
Diese Verbindung besizt folgende Eigenschaften:
Sie ist farbenlos, ihr Geschmak ist vollkommen sauer. Sie verbreitet, in
Beruͤhrung mit der Luft, weiße Daͤmpft, welche dichter sind als
diejenigen, welche die Chlorwasserstoffsaͤure unter denselben
Umstaͤnden verbreiten wuͤrde. Diese Daͤmpfe haben einen sehr
stechenden Geruch und reizen stark zum Husten.
Die Bromwasserstoffsaͤure erleidet keine Zersezung, wenn man sie durch eine
gluͤhende Glasroͤhre streichen laͤßt. Sie wird sogar durchaus
nicht veraͤndert, wenn man sie mit Sauerstoffgas vermengt, durch eine
aͤhnliche Roͤhre gehen laͤßt, oder auch, wenn man eine
brennende Kerze in das gasfoͤrmige Gemenge taucht.
Andererseits scheint das Brom nicht das Wasser zersezen zu koͤnnen, wie es das
Chlor thut. Ich habe in der That nicht bemerkt, daß Sauerstoff frei wurde, oder
Bromwasserstoffsaͤure entstand, als ich Brom und Wasserdampf durch eine
rothgluͤhende Glasroͤhre streichen ließ.
Die Bromwasserstoffsaͤure ist durch Chlor zersezbar, welches, indem es sich
ihres Wasserstoffs bemaͤchtigt, auf der Stelle reichliche rothe
Daͤmpfe und einen Niederschlag von Troͤpfgen von Brom
hervorbringt.
Wenn man uͤber Queksilber arbeitet, werden diese Troͤpfgen bald von dem
Metalle absorbirt und der gasfoͤrmige Stoff, welcher zuruͤkbleibt,
besizt alle Eigenschaften der Chlorwasserstoffsaͤure.
Gewisse Metalle koͤnnen auch das bromwasserstoffsaure Gas zersezen. Es schien
mir, daß das Queksilber das vollkommen reine Gas durchaus nicht veraͤndert;
aber das Zinn, das Kalium, bewirken eine vollstaͤndige Zersezung; das erste
bei einer etwas erhoͤhten, das zweite bei der gewoͤhnlichen
Temperatur.
Ein Stuͤk Kalium, welches matt in eine graduirte, mit diesem Gase
gefuͤllte Roͤhre bringt, verliert in wenigen Augenbliken seinen
metallischen Glanz, und verwandelt sich in eine weiße Substanz, welche bei der
Einwirkung des Chlor, Brom frei werden laͤßt.
Das Volumen des gasfoͤrmigen Stoffes vermindert sich bei diesem Versuche genau
um die Haͤlfte und man findet als Ruͤkstand Wasserstoffgas.
Das bromwasserstoffsaure Gas haͤtte diesem Versuche zufolge eine der
Chlorwasserstoffsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure analoge
Zusammensezung, das heißt, es waͤre aus gleichen Raumtheilen Wasserstoff und Bromdampf
gebildet, ohne Vermehrung oder Zusammenziehung des Volumens.
Das bromwasserstoffsaure Gas ist sehr aufloͤslich im Wasser. Die
waͤsserige Aufloͤsung erhaͤlt man sowohl, wenn man
fluͤssige Schwefelwasserstoffsaͤure mit Brom behandelt, als auch, wenn
man das, durch eine der oben angegebenen Verfahrungsarten entbundene Gas, durch
Wasser streichen laͤßt. Dieses erhizt sich, vermehrt sein Volumen, erlangt
eine große Dichtigkeit und das Vermoͤgen, in Beruͤhrung mit der Luft,
weiße Daͤmpfe zu verbreiten.
Diese Aufloͤsung ist farbenlos, wenn sie gehoͤrigermassen bereitet
wurde; wenn aber das entwikelte bromwasserstoffsaure Gas mit Bromdaͤmpfen
gemengt ist, so hat sie eine sehr dunkle roͤthliche Farbe. Der farbenlosen
Aufloͤsung des bromwasserstoffsauren Gases kann man diese Farbe ertheilen,
wenn man sie mit Brom schuͤttelt. Sie loͤst alsdann vielmehr davon
auf, als ein gleiches Volumen reinen Wassers haͤtte aufloͤsen
koͤnnen. Man koͤnnte dieser Aufloͤsung den Namen bromhaltige Bromwasserstoffsaͤure (acide hydro-bromique brômé)) beilegen.
Erhizt man diese neue Verbindung, so entwikeln sich Bromdaͤmpfe und
Bromwasserstoffsaͤure, und es bleibt nur eine saure, in der That fast
farbenlose, aber auch weit weniger concentrirte Aufloͤsung zuruͤk.
Das Chlor zersezt auf der Stelle die fluͤßige Bromwasserstoffsaͤure und
ertheilt ihr eine Faͤrbung, welche von dem freigewordenen Brom
herruͤhrt.
Die Salpetersaͤure wirkt auf die Bromwasserstoffsaͤure weniger schnell,
aber ihre Wirkung zeigt sich weit kraͤftiger, sobald sie einmal angefangen
hat. Es entsteht alsdann viel Brom und wahrscheinlich Wasser und salpetrige
Saͤure. Man erhaͤlt dabei eine dem Koͤnigswasser analoge
Fluͤßigkeit, welche auch in der That das Gold und Platin aufloͤst.
Die Schwefelsaͤure hat bis zu einem gewissen Grade die Eigenschaft, die
Bromwasserstoffsaͤure zu zersezen: auch sieht man nicht selten, wenn man
dieses Gas vermittelst der Schwefelsaͤure entbindet, sich Daͤmpfe von
Brom und schwefliger Saͤure bilden; dieses geschieht durch eine gegenseitige
Einwirkung, welche man sich leicht erklaͤren kann.Ich habe mich uͤberzeugt, daß, um diese Verunreinigung zu
vermeiden, es vorzuziehen ist, die Schwefelsaͤure auf die ganzen Krystalle zu
gießen, anstatt auf ihr Pulver. Es wird in diesem Falle um so weniger
Bromwasserstoffsaͤure zersezt, je groͤßer das Volumen der
Krystalle und je kleiner die Quantitaͤt der angewandten
Schwefelsaͤure ist. A. d. O.
Gewisse Metalle wirken auf die fluͤßige Bromwasserstoffsaͤure. Das
Eisen, Zink und Zinn loͤsen sich darin unter Entbindung von Wasserstoff
auf.
Die Oxyde mit metallischer Grundlage wirken verschieden auf diese Saͤure, wenn
man sie damit in Beruͤhrung bringt.
Die meisten von ihnen, die Alkalien, die Erden, die Eisenoxyde, das Kupferoxyd,
Queksilberoxyd bilden fluͤßige Verbindungen, welche man als
bromwasserstoffsaure Salze betrachten kann.
Mit gewissen Oxyden gibt die Bromwasserstoffsaͤure eine gegenseitige
Zersezung; es wird Wasser und eine metallische Brom-Verbindung gebildet; solche sind
das Bleioxyd und das Silberoxyd.
Diejenigen von diesen Oxyden, welche wegen ihres großen Sauerstoffgehaltes keine
Verwandtschaft zu der Bromwasserstoffsaͤure haben, oder bei ihrem hohen
Oxydationsgrade, durch die Zersezung der Saͤure, keine entsprechenden
Brom-Verbindungen bilden koͤnnen, verlieren einen Theil ihres Sauerstoffs,
welcher die Zersezung eines Theiles der Bromwasserstoffsaͤure und folglich
eine Entbindung von Brom bewirkt. Das weniger oxydirte Oxyd bildet alsdann mit der
der Zersezung entgangenen Saͤure, ein bromwasserstoffsaures Salz oder eine
metallische Brom-Verbindung.
Auf diese Art wirken das zweite (rothe) und dritte (braune) Bleioxyd, das
Antimonperoxyd (Antimonsaͤure) und das Manganperoxyd. Die Wirkung des lezten
Koͤrpers auf die Bromwasserstoffsaͤure kann man zur Darstellung des
Brom benuzen.
Diese Verfahrungsart, aͤhnlich derjenigen, welcher man sich zur Darstellung
des gasfoͤrmigen Chlor bedient, ist noch leichter auszufuͤhren, als
die von mir oben angegebene Methode.
Das Brom hat, wie man sieht, zum Wasserstoff eine geringere Verwandtschaft, als das
Chlor, aber eine groͤßere als das Jod.
Der Wasserstoff vereinigt sich leicht mit dem Chlor; es ist schwieriger, ihn geradezu
mit Jod und Brom zu vereinigen.
Das Chlor zersezt bei einer hohen Temperatur das Wasser; aber Brom und Jod
koͤnnen unter denselben Umstaͤnden seine Zersezung nicht bewirken.
Die Bromwasserstoffsaͤure wird endlich durch das Chlor zersezt, aber das Brom
zersezt seinerseits die Jodwasserstoffsaͤure.
Die Wirkung der Metalle auf diese verschiedenen Wasserstoffsaͤuren
fuͤhrt ebenfalls auf dieselbe Folgerung. Die Jodwasserstoffsaͤure
zersezt sich in Beruͤhrung mit Queksilber; die reine
Bromwasserstoffsaͤure kann hingegen lange Zeit ohne bemerkbare
Veraͤnderung uͤber diesem Metalle aufbewahrt werden; aber bei einer
wenig erhoͤhten Temperatur faͤngt sie an, durch Zinn zersezt zu
werden, welches bei derselben Temperatur auf die Chlorwasserstoffsaͤure
(Salzsaͤure) keine Wirkung gehabt haͤtte.
Aus dieser ungleichen Verwandtschaft folgt, daß die Eigenschaften des
bromwasserstoffsauren Gases gewissermassen zwischen denen der
Chlorwasserstoffsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure das Mittel halten.
Wenn es der ersteren darin gleicht, daß es sich schwer unter dem vereinten
Einfluͤsse einer hohen Temperatur und des Sauerstoffs zersezen laͤßt,
so naͤhert es sich andererseits wieder der zweiten durch feine Eigenschaft,
bis zu einem gewissen Puncte durch die Schwefelsaure veraͤndert zu werden,
und durch sein Vermoͤgen einen Ueberschuß von Brom aufzunehmen.
VI. Ueber die bromwasserstoffsauren
Salze (Hydro-Bromates) und die Verbindungen des Brom mit den Metallen (Bromures métalliques).
Die Wirkung des Brom auf die Metalle zeigt die groͤßte Aehnlichkeit mit
derjenigen, welche das Chlor auf dieselben Koͤrper ausuͤbt. Das
Antimon und Zinn brennen in Beruͤhrung mit Brom. Das Kalium entwikelt bei
seiner Vereinigung damit soviel Waͤrme und Licht, daß die entstehende
Detonnation stark genug ist, die Glasgefaͤße, in welchen man arbeitet, zu
zerbrechen, und die Verbindung weit wegzuschleudern.
Die Brom-Verbindungen, welche man mit diesen Koͤrpern geradezu darstellt, und
besonders das Brom-Kalium, zeigen in ihrem Aussehen und in ihren Eigenschaften keine
bemerkbare Verschiedenheit von denjenigen, welche man durch Behandlung der Oxyde
dieser Metalle mit Bromwasserstoffsaͤure erhaͤlt, es sei nun auf dem troknen Wege,
oder auf dem nassen, wenn man nur die Aufloͤsungen verdunsten oder
krystallisiren ließ. Ihre waͤsserigen Aufloͤsungen haben alle
Eigenschaften mit den entsprechenden bromwasserstoffsauren Salzen gemein. Alles
dieses macht es sehr wahrscheinlich, daß, so wie dieses bei den Verbindungen des
Chlor und Jod mit den Metallen der Fall ist, auch die metallischen Brom-Verbindungen
sich bei der Aufloͤsung in Wasser in bromwasserstoffsaure Salze
umaͤndern, und daß umgekehrt die bromwasserstoffsauren Salze sich in
Brom-Verbindungen umaͤndern, wenn sie in festen Zustand
uͤbergehen.
Diese beiden Classen von Verbindungen moͤchten daher schwerlich ohne
laͤstige Wiederholungen getrennt abgehandelt werden koͤnnen.
Da ich nur wenige bromwasserstoffsaure Salze oder Brom-Verbindungen dargestellt habe,
so kann ich noch keine Beschreibung ihrer allgemeinen Eigenschaften geben. Nur das
will ich sagen, daß man die bromwasserstoffsauren Salze leicht an ihrer Eigenschaft
erkennt, sich gelb zu faͤrben und Brom zu entbinden, wenn man auf sie solche
Koͤrper einwirken laͤßt, welche den Wasserstoff stark anziehen, wohin
die Chlorsaͤure, Salpetersaͤure und besonders das Chlor
gehoͤren; auf diese Eigenschaft gruͤndet sich auch die Anwendung des
leztern Koͤrpers zur Ausscheidung des Brom. Was die Brom-Verbindungen
betrifft, so werden sie alle durch Chlor mit Entbindung von Brom zersezt.
Ueber das Brom-Kalium (Bromure
de Potassium).
Ich habe mich verschiedener Verfahrungsarten zur Darstellung des Brom-Kalium
bedient: 1) ich erhielt es, indem ich das Metall in den Dampf des Brom brachte
2) indem ich mittelst desselben die Bromwasserstoffsaͤure zersezte; 3)
indem ich geradezu diese Saͤure mit Kali vereinigte, die
Aufloͤsung abrauchte und den Ruͤkstand eintroknete. 4) Die
kubischen Krystalle, welche man durch Saͤttigung des bromhaltigen Aethers
mit Kali erhaͤlt, kann man entweder als bromwasserstoffsaures Kali oder
als Brom-Kalium betrachten. Sie enthalten immer kleine Antheile
chlorwasserstoffsaures Kali oder Natrum.
Das auf was immer fuͤr eine Art dargestellte Brom-Kalium hat stets gleiche
Eigenschaften.
Wenn man es durch Aufloͤsen in Wasser wieder in seinen krystallinischen
Zustand bringt, nimmt es gewoͤhnlich die Gestalt von Wuͤrfeln an,
zuweilen die von langen rechtwinklichten Parallelopipeden. Sein Geschmak ist
siechend. Beim Erhizen decrepitirt es und kommt hierauf in Fluß, ohne dadurch
eine Veraͤnderung zu erleiden.
Das Chlor zersezt es bei einer erhoͤhten Temperatur, es entbindet sich
Brom und es bildet sich Chlor-Kalium.
Das Jod hat keine Wirkung auf dasselbe, selbst nicht bei einer hohen Temperatur.
Das Brom treibt hingegen aus dem geschmolzenen Jod-Kalium, uͤber welches
man es leitet, reichliche veilchenblaue Daͤmpfe aus.
Die Boraxsaͤure kann es bei der Rothgluͤhhize nicht zersezen,
wenigstens Nicht, wenn man nicht Wasserdampf durch das stark erhizte Gemenge
treibt: in lezterem Falle entwikelt sich Bromwasserstoffsaͤure.
Das Brom-Kalium wandelt sich, in Beruͤhrung mit Wasser, in
bromwasserstoffsaures Kali um; lezteres loͤst sich in groͤßerer
Quantitaͤt im heißen als im kalten Wasser auf, wobei es eine merkliche
Kaͤlte hervorbringt. Es loͤst sich auch im Alkohol, jedoch in
geringer Quantitaͤt, auf.
Die Aufloͤsung des bromwasserstoffsauren Kali loͤst nicht mehr Brom
auf, als das reine Wasser aufgeloͤst haͤtte.
Die Schwefelsaͤure zersezt es, indem sie Daͤmpfe von
Bromwasserstoffsaͤure und Brom entbindet.
1,27 Gramm Brom-KaliumIm Originale steht bróme anstatt bromure de potassium. A. d. U. hinterließ, auf diese Art behandelt, einen Ruͤkstand von 0,973
schwefelsaurem Kali. Diese Quantitaͤt Salz enthaͤlt 0,52668 Kali,
welche aus 0,08927 Sauerstoff und 0,43741 Kalium bestehen.
Das Brom-Kalium bestuͤnde diesem Versuche zufolge aus:
Brom
65,56;
Kalium
34,44.
––––––
100,00.
Wenn diese Verbindung aus einem Atom Brom und einem Atom Kalium besteht, so ist
das Atomgewicht des ersteren Koͤrpers = 93,26, das Atomgewicht des
Sauerstoffs = 10 angenommen.
Die metallischen Brom-Verbindungen verwandeln sich bei ihrer Aufloͤsung im
Wasser in neutrale bromwasserstoffsaure Salze.
Dieses wird zersezt, und zwei Raumtheile Wasserstoff verlassen einen Raumtheil
Sauerstoff, der sich mit dem Metalle vereinigt. Da nun die
Bromwasserstoffsaͤure aus gleichen Raumtheilen Wasserstoff und Bromdampf
besteht, so folgt daraus, daß die zwei frei gewordenen Raumtheile Wasserstoff,
vier Raumtheile Bromwasserstoffsaure hervorbringen muͤssen. Hieraus muß
man nun schließen, daß die bromwasserstoffsauren Salze mit metallischer Basis
einen Raumtheil Bromwasserstoffsaͤure enthalten, der viermal so groß ist,
als der Raumtheil des Sauerstoffs, welchen das Oxyd enthaͤlt. Da nun die
0,08927 Gr. Sauerstoff einen Raum von 0,0624 Lit. einnehmen, so muß 1,270 Gramm
Brom-Kalium 0,2496 Lit. Bromwasserstoffsaͤure hervorbringen.
Das specifische Gewicht des Brom-Dampfes waͤre zufolge der hier gegebenen
Verhaͤltnisse = 5,1354 und das der Bromwasserstoffsaͤure = 2,6021.
Ich habe mich noch nicht uͤberzeugt, ob diese Resultate, welche die
Theorie gibt, durch die Erfahrung bestaͤtiget werden.
Bromwasserstoffsaures Ammoniak (Hydro-Bromate d'Ammoniaque)
Das bromwasserstoffsaͤure Gas vereinigt sich zu gleichen Raumtheilen mit
dem Ammoniakgas. Es entsteht dadurch eine salzartige Verbindung, welche man auch
durch Verbindung der Bromwasserstoffsaͤure mit fluͤssigem Ammoniak
erhalten kann. Ich habe mir auch bromwasserstoffsaures Ammoniak bereitet, indem
ich gasfoͤrmiges oder an Wasser gebundenes Ammoniak durch Brom zersezte.
Das Resultat der Einwirkung ist, daß Waͤrmestoff ohne Licht frei,
Stikstoff entbunden und bromwasserstoffsaures Ammoniak gebildet wird.
In keinem dieser Faͤlle habe ich jedoch bemerkt, daß sich eine dem
Chlor-Stikstoff analoge Verbindung bildete.
Das bromwasserstoffsaure Ammoniak ist fest, weiß. In feuchtem Zustande der Luft
ausgesezt, faͤrbt es sich ein wenig gelb und erlangt die Eigenschaft, das
blaue Lakmuspapier zu roͤthen. Es krystallisirt in langen Prismen, auf
welche kleinere unter rechtem Winkel aufgesezt sind. Es verfluͤchtigt
sich durch die Einwirkung der Waͤrme.
Bromwasserstoffsaurer Baryt (Hydro-Bromate de Baryte.)
Ich habe dieses Salz durch Schuͤtteln des Barythydrates mit der aͤtherischen
Aufloͤsung des Brom, oder auch durch directe Verbindung des Baryt mit
Bromwasserstoffsaͤure erhalten. Der bromwasserstoffsaure Baryt schmilzt,
wenn er der Einwirkung der Waͤrme ausgesezt wird. Er ist im Wasser leicht
aufloͤslich. Auch loͤst er sich im Alkohol auf. Seine Krystalle,
in Gestalt undurchsichtiger Knollen gruppirt, haben keine Aehnlichkeit mit den
glaͤnzenden Schuppen, welche der chlorwasserstoffsaure Baryt bildet.
Bromwasserstoffsaure Bittererde (Hydro-Bromate de Magnésie)
Dieses unkrystallisirbare, zerfließende Salz wird wie das chlorwasserstoffsaure
zersezt, wenn man es einer erhoͤhten Temperatur aussezt.
Brom-Blei (Bromure de
Plomb).
Wenn man in eine Bleiaufloͤsung einige Tropfen eines in Wasser
aufloͤslichen bromwasserstoffsauren Salzes gießt, bildet sich ein weißer
krystallinischer Niederschlag, welcher das Aussehen des Chlor-Blei hat. Dieser
Niederschlag schmilzt, wenn er stark erhizt wird, zu einer rothen
Fluͤßigkeit, welche nur sehr schwache weiße Daͤmpfe
ausstoͤßt, und durch Erkalten fest wird, worauf sie einen schoͤnen
gelben, dem Mineralgelb aͤhnlichen, Stoff darstellt.
Das Brom-Blei ist, so lange es sich noch in einem sehr vertheilten
Aggregatzustande befindet, durch Salpetersaͤure und Schwefelsaͤure
zersezbar, unter Entbindung von Brom durch erstere und unter Entbindung von Brom
und Bromwasserstoffsaͤure durch leztere.
Die große Cohaͤsion, welche es durch Schmelzen erlangt, macht, daß es von
der Salpetersaͤure nicht mehr angegriffen wird. Man kann es alsdann bloß
vermittelst siedender Schwefelsaͤure zersezen.
Zweites Brom-Zinn (Deuto-Bromure d'Étain).
Ich habe schon bemerkt, daß sich das Zinn in der Bromwasserstoffsaͤure
unter Entbindung von Wasserstoff aufloͤst. Das bromwasserstoffsaure Salz,
welches dadurch entsteht, verwandelt sich, zur Trokne gebracht, in Erstes
Brom-Zinn, welches ich wenig untersucht habe, aber wovon ich mich
uͤberzeugt habe, daß es sehr verschieden ist von der Verbindung, welche
durch directe Einwirkung des Brom auf Zinn erhalten wird. Leztere Verbindung ist offenbar dem
Salze proportional, welches die Bromwasserstoffsaͤure mit dem zweiten
Zinnoxyde gibt.
Das Zinn brennt in Beruͤhrung mit Brom, und verwandelt sich in eine feste,
weiße, krystallinische, sehr schmelzbare und leicht zu verfluͤchtigende
Verbindung.
Diese Verbindung verbreitet, in Beruͤhrung mit der feuchten Luft, nur
Spuren von weißen Daͤmpfen. Sie loͤst sich im Wasser ohne
merkliche Erhizung auf und aͤndert sich dabei in saures
bromwasserstoffsaures Zinnoxyd um.
In heiße Schwefelsaͤure gebracht, wird es fluͤßig, und bleibt in
Gestalt oͤhlartiger Tropfen auf dem Boden des Gefaͤßes liegen,
ohne eine merkliche Veraͤnderung zu erleiden. Die Salpetersaͤure
hingegen bewirkt in wenigen Augenbliken eine lebhafte Entbindung von Brom.
Das Zweite Brom-Zinn, der rauchenden Fluͤßigkeit des Libavius analog,
besizt, wie man sieht, nur wenige Eigenschaften von lezterer Verbindung.
Verbindungen des Brom mit Queksilber (Bromures de Mercure)
Das Queksilber kann sich in mehreren Verhaͤltnissen mit Brom verbinden.
Die Aufloͤsung eines bromwasserstoffsauren Alkali bringt im
salpetersauren Queksilberoxydul einen weißen Niederschlag hervor, dem Calomel
aͤhnlich, welcher nur Erstes Brom-Queksilber zu seyn scheint.
Das Brom greift das Queksilber stark an. Die Verbindung findet unter
Waͤrmeentwiklung ohne Lichterscheinung Statt. Es entsteht dadurch ein
weißer Stoff, welcher sich beim Erhizen sublimirt, in Wasser, Alkohol und
besonders im Aether aufloͤslich ist, und durch die Alkalien roth und gelb
gefaͤllt wird, daher er viele Analogie mit dem aͤzenden Sublimat
zeigt. Er unterscheidet sich davon durch seine Eigenschaft, bei der Behandlung
mit Salpetersaͤure und noch vielmehr mit Schwefelsaͤure,
roͤthliche Daͤmpfe von Brom zu geben. Der Vorzug, welchen in
diesem Falle die Schwefelsaure zu erlangen scheint, ist, glaube ich, darin
begruͤndet, daß sie mit Beihuͤlfe einer hoͤhern Temperatur
wirken kann.
Brom-Silber (Bromure
d'Argent).
Das salpetersaure Silber bringt in den aufloͤslichen bromwasserstoffsauren
Salzen einen kaͤseartigen Niederschlag hervor.
Diese Verbindung hat eine schwache zeisiggelbe Farbe, wenn sie im Schatten
getroknet worden ist, schwaͤrzt sich hingegen, wenn sie noch feucht dem
Sonnenlichte ausgesezt wird, jedoch weniger schnell als das Chlor-Silber. Sie
ist, wie lezteres, in Wasser unaufloͤslich, in Ammoniak
aufloͤslich, in Salpetersaͤure unaufloͤslich. Leztere
bringt selbst im Kochen keine Veraͤnderung hervor; die kochende
Schwefelsaͤure entwikelt einige Dampfe von Brom.
Das Brom-Silber schmilzt beim Erhizen zu einer roͤthlichen
Fluͤßigkeit, welche beim Erkalten zu einer gelben hornartigen Masse
erstarrt.
Der Wasserstoff kann diese Verbindung zersezen, wenn er in dem Zustande damit in
Beruͤhrung kommt, wo er als Gas aus einer Verbindung tritt. Es entsteht
alsdann metallisches Silber und Bromwasserstoffsaͤure.
Ich habe mich dieser Eigenschaft bedient, um das Brom-Silber zu analysiren. Ich
brachte eine scharf gewogene Quantitaͤt der Brom-Verbindung in ein
Gemenge von reiner Zinkfeile und verduͤnnter Schwefelsaͤure. Das
Silber wurde reducirt, und ich habe sein Gewicht nicht eher bestimmt, als
nachdem ich mich versichert hatte, daß der Zink vollkommen aufgeloͤst
worden ist, und nachdem ich die erforderlichen Manipulationen beendigt
hatte.
Das Mittel aus zwei, sehr wenig von einander abweichenden. Versuchen gab
fuͤr die Zusammensezung dieses Koͤrpers:
Silber
589;
Brom
411;
–––––
1000;
daraus wuͤrde sich das Atomgewicht des Brom = 94,29
ergeben, eine Zahl, die wenig von derjenigen abweicht, welche man aus der
Analyse des Brom-Kalium ableiten kann.
Brom-Gold (Bromure
d'Or).
Das Brom und seine waͤsserige Aufloͤsung koͤnnen
Goldtheilchen aufloͤsen. Man erhaͤlt so eine gelbe
Brom-Verbindung, welche auf animalischen Substanzen veilchenblaue Fleken macht,
und sich durch Erhizen in Brom und metallisches Gold zersezt.
Brom-Platin (Bromure de
Platine).
Das Platin wird bei der gewoͤhnlichen Temperatur vom Brom nicht
angegriffen. Es loͤst sich jedoch auf, wenn man es in Beruͤhrung
mit der Brom-Salpetersaͤure (Acide
bromonitrique) bringt, und bildet eine gelbgefaͤrbte
Verbindung, welche sich durch die Waͤrme zersezt, und welche, wie das
Chlor-Platin, in der Aufloͤsung der Kali- und Ammoniaksalze wenig
aufloͤsliche, gelbe Niederschlage bilden kann.
VII. Ueber die Wirkung des Brom auf die
Metalloxyde.
Auf die Oxyde der Metalle kann das Brom unter zwei verschiedenen Umstaͤnden
wirken.
1) Es kann auf diese Koͤrper wirken, wenn sie troken und stark erhizt
sind;
2) kann es auf sie bei der gewoͤhnlichen Temperatur unter Beihuͤlfe des
Wassers wirken.
Wenn man Brom in Dampfen uͤber Kali, Natrum, Baryt und Kalk streichen
laͤßt, welche rothgluͤhend gemacht worden sind, so zeigt sich ein
lebhaftes Weißgluͤhen; es entbindet sich Sauerstoffgas, und man findet im
Inneren der Roͤhre Brom-Kalium, Brom-Natrium u.s.w.
Auf diese Art habe ich die Bittererde nicht zersezen koͤnnen, ebensowenig wie
die Zirkonerde. Das Brom hat sich um diese rothgluͤhenden Erden herumbewegt,
ohne Spuren von Sauerstoff zu entwikeln, und ohne mit ihnen in Verbindung zu
treten.
Auf das sublimirte Zinkoxyd hat das Brom, mit Unterstuͤzung einer hohen
Temperatur, keine Einwirkung geaͤußert.
Die Metalloxyde, welche das Brom zersezen kann, scheinen davon nicht mehr
veraͤndert werden zu koͤnnen, wenn sie mit einer starken Saͤure
verbunden sind. Ich versuchte vergebens, Sauerstoff zu entbinden, indem ich Brom
uͤber rothgluͤhendes schwefelsaures Kali streichen ließ.
Anders verhaͤlt es sich, wenn die Saͤure nur wenig Verwandtschaft zum
Metalloxyd hat. Die kohlensauren Alkalien werden in der That vollkommen durch das
Brom zersezt, welches daraus ein Gas entbindet, das, dem Raͤume nach aus 2
Theilen Kohlensaͤure und 1 Theile Sauerstoff besteht.
Ganz andere Erscheinungen treten ein, wenn man das Brom auf die oben angegebenen
Alkalien oder Erden wirken laͤßt, indem sie aufgeloͤst, oder in einer
sehr großen Quantitaͤt Wasser vertheilt sind. Man bemerkt keine Entbindung
von Sauerstoff; der Geruch und die Farbe des Brom verschwinden; aber die gebildete
Verbindung hat die Eigenschaft, diese Substanz auf Zusaz schwacher Sauren, z.B. der Essigsaͤure,
zu entbinden, und schnell die Lakmustinctur zu entfaͤrben.
Diesen Versuchen zu Folge kann das Brom Verbindungen mit den Oxyden eingehen, analog
dem Chlor-Kalk, Chlor-Natrum u.s.w.
Wenn man endlich das Brom in eine sehr concentrirte Aufloͤsung von Kali
bringt, oder mit dem festen Alkali den bromhaltigen Aether schuͤttelt, so
erhaͤlt man durch Abdampfen der Fluͤßigkeit nicht bloß kubische
Krystalle von bromwasserstoffsaurem Kali, sondern auch nadelfoͤrmige
Krystalle, welche nichts als ein bromsaures Salz mit derselben Basis zu seyn
scheinen. Der Baryt verhalt sich ebenso gegen das Brom. Der Kalk ebenfalls. Die
Bittererde aber scheint diese Eigenschaft nicht zu haben. Die Analogie spricht
hinreichend dafuͤr, daß die Entstehung dieser zwei verschiedenen Salze auf
der Zersezung des Wassers beruht.
Die Zersezung des Wassers, welche so leicht mit Beihuͤlfe der Alkalien vor
sich geht, findet auch, jedoch weniger vollstaͤndig, Statt, wenn das Brom
darauf unter dem Einfluͤsse der Sonnenstrahlen wirkt. Eine waͤsserige
Aufloͤsung von Brom, welche ich lange Zeit den Sonnenstrahlen ausgesezt
hatte, gab mir deutliche Anzeigen, daß sie Bromsaure und
Bromwasserstoffsaͤure enthielt, deren Bildung nicht anders, als durch Annahme
einer Wasserzersezung erklaͤrt werden kann.
Ich glaube aus den Thatsachen, welche in diesem und dem vorhergehenden Paragraph
enthalten sind, folgern zu koͤnnen, daß das Brom nicht so kraͤftig auf
die Metalle wirkt, als das Chlor, aber staͤrker als das Jod. Die Licht- und
Waͤrme-Entwiklung, wovon seine Vereinigung mit diesen Koͤrpern
begleitet wird, ist viel starker, als diejenige, welche das Jod unter denselben
Umstaͤnden hervorbringen wuͤrde. Wenn das Zinn sich mit Brom unter
Lichtentwiklung vereinigt, was es mit dem Chlor nicht thut, so ruͤhrt dieß,
wie ich glaube, daher, weil das Brom, als ein fluͤßiger Koͤrper, die
Vereinigung durch seine groͤßere wirkende Masse befoͤrdern kann.
Die Verbindungen des Jod mit den Metallen werden durch das Brom zersezt, und die
Brom-Verbindungen wieder durch das Chlor.
Das Jod, welches das Kali und Natrum bei einer erhoͤhten Temperatur sehr
leicht zersezt, wirkt nicht auf den Baryt, mit welchem Oxyde es sich verbindet. Das Brom hingegen
kann diese salzfaͤhige Grundlage und selbst den Kalk zersezen, aber nicht so
kraͤftig auf die Bittererde wirken, waͤhrend das Chlor seine
zersezende Kraft auch auf dieses Oxyd ausdehnt.
VIII. Von der Bromsaͤure
(Acyde bromique) und ihren
Verbindungen.
Wenn man das Brom mit einer hinreichend concentrirten Aufloͤsung von Kali
schuͤttelt, bilden sich, wie schon gesagt, zwei sehr verschiedene
Verbindungen. Man erhaͤlt bromwasserstoffsaures Kali in der
Fluͤßigkeit aufgeloͤst. Auf dem Boden des Gefaͤßes sammelt sich
ein weißes, krystallinisches Pulver, welches, da es auf gluͤhenden Kohlen wie
Salpeter schmilzt, und sich durch die Hize in Brom-Kalium, wobei es allen seinen
Sauerstoff als Gas fahren laͤßt, umaͤndert, als bromsaures Kali
betrachtet werden zu muͤssen scheint.
Das bromsaure Kali ist in Alkohol sehr wenig aufloͤslich; es loͤst sich
in sehr großer Quantitaͤt im siedenden Wasser auf, woraus es beim Erkalten in
auf einander gruppirten Nadeln sich niederschlaͤgt. Wenn man es durch
Abdaͤmpfen krystallisiren laͤßt, sezt es sich in Blaͤttern von
matten Aussehen ab.
Das bromsaure Kali wird durch die Hize zersezt. Es brennt auf gluͤhenden
Kohlen. Als Pulver mit Schwefelblumen gemengt, detonnirt es durch den Stoß.
Die Aufloͤsung dieses Salzes bringt im salpetersauren Silber einen weißen,
pulverigen Niederschlag hervor, der sich in Beruͤhrung mit dem Lichte kaum
schwaͤrzt, und sich so von dem Brom-Silber unterscheidet, welches gelblich
und kaͤseartig ist, und durch die Sonnenstrahlen leicht veraͤndert
wird.
Das bromsaure Kali schlaͤgt die Bleisalze nicht nieder, waͤhrend diese
Verbindungen in der Aufloͤsung des bromwasserstoffsauren Kali einen
reichlichen krystallinischen Niederschlag hervorbringen.
Mit dem salpetersauren Queksilberoxydul gibt es einen gelblich weißen, in
Salpetersaͤure aufloͤslichen Niederschlag.
Das bromsaure Kali zeigt eine Eigenschaft, welche man bei den chlorsauren Salzen
nicht, bei den jodsauren aber in einem hohen Grade findet. Seine Saͤure
zersezt sich unter dem Einfluͤsse solcher Koͤrper, welche Wasserstoff
mittelbar oder unmittelbar an sie abtreten koͤnnen, geradeso, als wenn sie
ungebunden waͤre; daher wirken auch die schweflige Saͤure, der Schwefelwasserstoff, die
Bromwasserstoffsaͤure und die Chlorwasserstoffsaͤure auf das bromsaure
Kali so, daß in den drei ersteren Fallen Brom entbunden wird, und im lezteren eine
Verbindung des Brom mit dem Chlor entsteht.
Ich habe vergebens versucht, ein Bromoxyd durch Zersezung des bromsauren Kali zu
erhalten. Es ist wahr, daß dieß vielleicht von den zu geringen Quantitaͤten
der Substanzen herruͤhrt, womit ich meine Versuche habe anstellen
koͤnnen.
Die mit Wasser verduͤnnte Bromwasserstoffsaͤure entbindet Brom, wenn
man sie mit bromsaurem Kali schuͤttelt. Die verduͤnnte
Schwefelsaͤure entwikelt bei der Temperatur des kochenden Wassers eine
gasfoͤrmige Substanz, welche ich zuerst uͤber Wasser, dann
uͤber Queksilber und endlich uͤber Oehl aufzufangen versuchte. Immer
erhielt ich Brom und Sauerstoffgas, was anzuzeigen scheint, daß das Brom entweder
keine Oxyde bilden kann, oder auch, daß diese Verbindungen, wenn man sie erhalten
kann, noch leichter zersezt werden, als die Chloroxyde.
Man kann bromsaures Kali noch durch ein anderes Verfahren erhalten, als das
angegebene. Man braucht z.B. bloß Brom mit Chlor zu vereinigen, und die
waͤsserige Aufloͤsung dieser Verbindung mit Kali zu versezen, um in
einem Augenblike, durch Zersezung des Wassers, ein bromsaures und ein
chlorwasserstoffsaures (salzsaures) Salz von diesem Alkali zu erzeugen. Diese Salze
kann man leicht wegen ihrer ungleichen Aufloͤslichkeit von einander
trennen.
Ich habe dieses Verfahren zur Darstellung des bromsauren Baryt benuzt, den ich in
nadelfoͤrmigen, in kochendem Wasser aufloͤslichen, in kaltem Wasser
wenig aufloͤslichen und mit gruͤner Flamme auf gluͤhenden
Kohlen schmelzenden Krystallen erhielt.
Wenn man mit Wasser verduͤnnte Schwefelsaure in eine waͤsserige
Aufloͤsung von bromsaurem Baryt gießt, so daß man die ganze Salzbasis
niederschlaͤgt, so erhaͤlt man eine Fluͤßigkeit, welche nur
eine verduͤnnte Aufloͤsung von Bromsaͤure ist.
Durch langsames Verdunsten kann man den groͤßten Theil des mit dieser
Saͤure verewigten Wassers wegbringen. Sie bekommt dann die Consistenz eines
Syrups; wenn man aber die Temperatur noch mehr steigert, um das Wasser, was sie enthaͤlt,
vollkommen zu verjagen, so verfluͤchtigt sich ein Theil, und der andere
zersezt sich in Sauerstoff und Brom.
Dieselben Wirkungen schienen mir beim Verdampfen der Saͤure im luftleeren
Raͤume mit Beihuͤlfe der Schwefelsaͤure hervorgebracht zu
werden, daher das Wasser zum Bestehen der Bromsaure noͤthig zu seyn
scheint.
Diese Saͤure roͤthet anfangs stark das Lakmuspapier, bleicht es aber
bald darauf. Sie ist fast geruchlos; ihr Geschmak ist sehr sauer, aber keineswegs
aͤzend.
Die Salpetersaͤure und Schwefelsaure veraͤndern sie nicht. Die zweite
bringt zwar, wenn sie sehr concentrirt ist, ein Aufbrausen hervor, indem
wahrscheinlich Sauerstoff entbunden wird, und macht etwas Brom frei; aber diese
Wirkung scheint der hoͤhern Temperatur zugeschrieben werden zu
muͤssen, welche die Schwefelsaͤure, indem sie sich mit dem Wasser der
Bromsaͤure verbindet, hervorbringt; denn es geschieht nicht mit
verduͤnnter Schwefelsaͤure.
Die Wasserstoffsauren, so wie die mit Sauerstoff nicht gesaͤttigten Sauren,
wirken hingegen sehr kraͤftig auf die Bromsaͤure.
Die schweflige Saͤure, die Schwefelwasserstoff- und
Bromwasserstoffsaͤure zersezen sie. Dasselbe thun die
Chlorwasserstoffsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure. Im leztem Falle
erhaͤlt man Verbindungen des Brom mit Chlor und Jod.
In Verbindung mit den Basen verhalten sich diese verschiedenen Saͤuren ebenso
gegen die Bromsaͤure.
Die Bromsaͤure bringt in den Silbersalzen einen weißen pulverigen Niederschlag
hervor, der nichts als ein bromsaures Salz dieses Metalles zu seyn scheint. Sie
schlaͤgt ebenso die concentrirten Aufloͤsungen der Bleisalze nieder,
aber die Verbindung, welche man alsdann erhaͤlt, loͤst sich auf Zusaz
von etwas Wasser wieder auf, durch welche Aufloͤslichkeit sie sich von
derjenigen unterscheidet, welche die bromwasserstoffsauren Salze in der
Aufloͤsung derselben Metallsalze hervorbringen.
Mit salpetersaurem Queksilberoxydul gibt sie, wie das bromsaure Kali, einen weißen
Niederschlag.
Die Bromsaͤure naͤhert sich in ihren Eigenschaften sehr den analogen
Verbindungen des Chlor und Jod; aber wegen der Unmoͤglichkeit, ihr alles
Wasser zu entziehen, und sie bis zum Siedepuncte zu erhizen, ohne sie, wenigstens
zum Theil, zu zersezen,
naͤhert sie sich weit mehr der Chlorsaͤure, und zeigt, daß der
Sauerstoff weniger stark in ihr gebunden ist, als in der Jodsaͤure.
Das Verhaͤltniß ihrer Bestandtheile zeigt, daß sie in ihrer Zusammensezung
denselben Gesezen unterworfen ist, wie die Chlorsaͤure, Jodsaͤure und
Salpetersaͤure.
1,128 bromsaures Kali hinterließen nach dem Gluͤhen 0,790 Brom-Kalium; der von
dem entbundenen SauerstoffIch stellte diesen Versuch so an, daß ich das Sauerstoffgas, welches sich
entwikelte, sammeln und messen konnte; da aber mein Apparat zufaͤllig
in Unordnung kam, so konnte ich die so erhaltenen Resultate nicht mehr
controlliren. A. d. O. herruͤhrende Gewichtsverlust war folglich 0,338.
0,799 Brom-Kalium enthalten nach der oben angegebenen Analyse 0,27255 Kalium und
0,51745 Brom.
Diese Quantitaͤt Kalium nimmt, um Kali zu werden, 0,05563 Sauerstoff auf,
welche von 0,338 abgezogen, 0,28237 als die Quantitaͤt Sauerstoff
uͤbrig lassen, welche mit 0,51745 Brom vereinigt ist.
Die Bromsaͤure bestuͤnde, nach diesem Versuche, aus:
64,69
Brom;
35,31
Sauerstoff.
––––––
100,00
Wenn man das Atomgewicht des Brom durch 93,28 ausdruͤkt, so wie es durch die
Analyse des Brom-Kalium gefunden wurde, so wuͤrden, unter der Voraussezung,
daß die Bromsaͤure aus 5 Atomen Sauerstoff und 1 Atom Brom besteht, 100
Theile Bromsaͤure enthalten:
Brom,
65,10;
Sauerstoff,
34,90.
––––––
100,00
Diese Zahlen weichen so wenig von denjenigen ab, welche die directe Analyse der
Bromsaͤure gibt, daß man, wie ich glaube, die Voraussezung, unter welcher sie
berechnet sind, als wahr annehmen darf.
IX. Von der Verbindung des Brom mit
Chlor und Jod.
Das Brom vereinigt sich mit dem Chlor bei der gewoͤhnlichen Temperatur. Man
kann diese Verbindung erhalten, wenn man einen Strom Chlor durch Brom leitet, und vermittelst
einer erkaͤltenden Mischung die Dampfe verdichtet, welche sich entwikeln.
Das Chlor-Brom zeigt sich in Gestalt einer rothlichgelben Fluͤßigkeit, welche
weit weniger dunkel, als das Brom selbst ist, einen lebhaften, durchdringenden,
sogleich Thraͤnen entlokenden Geruch, und einen aͤußerst unangenehmen
Geschmak hat.
Es ist sehr fluͤßig und fluͤchtig. Seine dunkelgelben in der Farbe den
Chloroxyden vergleichbaren Dampfe haben keine Aehnlichkeit mit der Roͤthe der
Dampfe des Brom.
Die Metalle brennen in dieser Verbindung, wodurch wahrscheinlich metallische Brom-
und Chlor-Verbindungen entstehen.
Das Chlor-Brom ist in Wasser aufloͤslich. Die Fluͤßigkeit hat alsdann
die Farbe und den Geruch dieser Verbindung und kann, wie sie, schnell das
Lakmuspapier entfaͤrben, ohne es zu roͤthen.
Das Chlor-Brom ist daher ohne Zersezung in Wasser aufloͤslich.
Das Wasser zersezt hingegen dieses Liquidum unter dem Einfluße alkalischer
Substanzen. Das Kali, Natrum, der Baryt bringen, wenn sie in eine Aufloͤsung
von Chlor-Brom gegossen werden, chlorwasserstoffsaure (salzsaure) und bromsaure
Salze derselben Basen hervor, eine Eigenschaft, welche man bei dem Chlor-Jod findet,
und welche bestaͤtigt, daß das Chlor in der That mehr Verwandtschaft zum
Wasserstoff, als das Brom hat.
Brom-Jod (Bromure
d'Jode).
Das Jod scheint mit dem Brom zwei verschiedene Verbindungen bilden zu
koͤnnen. Wenn man diese beiden Koͤrper in bestimmten
Verhaͤltnissen auf einander wirken laͤßt, so erhaͤlt man
eine feste Verbindung, welche beim Erhizen rothbraune Dampfe von sich gibt, die
sich zu kleinen Krystallen von derselben Farbe verdichten, welche ein
farnkrautaͤhnliches Aussehen haben.
Ein neuer Zusaz von Brom verwandelt diese Krystalle in eine fluͤßige
Verbindung, die im Aussehen der Jodwasserstoffsaͤure gleicht, wenn diese
viel Jod aufgeloͤst enthaͤlt.
Das fluͤßige Brom-Jod ist mit Wasser vermischbar, welchem es die Eigenschaft
mittheilt, die Lakmustinktur und das Lakmuspapier zu bleichen, ohne sie roth zu
faͤrben.
Die Alkalien, welche in diese Aufloͤsung gegossen werden, geben
bromwasserstoffsaͤure und jodsaure Salze, wie es die Analogie voraussehen
laßt.
X. Von der Wirkung des Brom auf den
Phosphor, Schwefel und Kohlenstoff.
Phosphor und Brom, welche in einer mit Kohlensaͤure angefuͤllten
Flasche in Beruͤhrung gebracht werden, wirken sogleich unter Waͤrme-
und Lichtentwiklung auf einander.
Das Resultat der Vereinigung theilt sich in zwei Theile: der eine von ihnen ist fest
und sublimirt sich in Krystallen im oberen Theile des Gefaͤßes; der andere
ist fluͤßig und nimmt den unteren Theil ein.
Diese leztere Verbindung des Brom und Phosphor scheint weniger Brom als die feste und
krystallinische Verbindung, von welcher ich gesprochen habe, zu enthalten. Man kann
ihr auch wirklich die leztere Form geben, wenn man ihr eine hinreichende
Quantitaͤt Brom zusezt. Ich werde sie daher Ersten
Brom-Phosphor (proto-bromure de phosphore)
nennen, waͤhrend ich den Namen Zweiten
Brom-Phosphor (deuto-bromure de phosphore)
fuͤr die feste Verbindung des Phosphor mit dem Brom beibehalten werde.
Erste Brom-Verbindung. Der Erste Brom-Phosphor ist
fluͤßig, selbst bei einer Temperatur von – 12° (hundertth. Sc.)
Er roͤthet das Lakmuspapier nur schwach; vielleicht verdankt er diese
Eigenschaft nur der unvollkommnen Trokenheit der angewandten Stoffe. Er
verfluͤchtigt sich leicht und verbreitet in Beruͤhrung mit der Luft
siechende Dampfe.
Er kann, wie der Erste Chlor-Phosphor, einen Ueberschuß von Phosphor
aufloͤsen, und so die Eigenschaft erlangen, brennbare Koͤrper, womit
man ihn in Beruͤhrung bringt, zu entflammen.
Auf das Wasser wirkt er sehr heftig, und erzeugt unter großer Waͤrmeentwiklung
Bromwasserstoffsaͤure, welche man als Gas sammeln kann, wenn man nur einige
Tropfen Wasser zugesezt hat, welche sich aber in dieser Fluͤßigkeit
aufloͤst, wenn man davon eine groͤßere Quantitaͤt angewandt
hat.
Diese saure Aufloͤsung laͤßt beim Verdunsten einen Ruͤkstand der sich leicht
entzuͤndet, wenn man ihn ganz austroknet und sich so in Phosphorsaͤure
umaͤndert.
Zweite Brom-Verbindung. Der Zweite Brom-Phosphor ist
fest, von gelber Farbe; bei einer wenig erhoͤhten Temperatur zergeht er zu
einer rothen Fluͤßigkeit, welche beim Erhizen eben so gefaͤrbte
Daͤmpfe hervorbringt.
Wenn man den Zweiten Brom-Phosphor nach dem Schmelzen erkalten laͤßt, oder
seine Dampft verdichtet, so gibt er im ersten Falle rhomboidale Krystalle,
waͤhrend sich im zweiten Falle diese Verbindung in auf einander gesezten
Nadeln darstellt.
Die Metalle zersezen ihn, indem sie mit dem Brom und wahrscheinlich auch mit dem
Phosphor in Verbindung treten. Er verbreitet in Beruͤhrung mit der Luft
dichte siechende Dampfe. Er zersezt das Wasser, womit er in Beruͤhrung kommt,
mit Waͤrmeentwiklung, wodurch Bromwasserstoffsaͤure und
Phosphorsaͤure entstehen.
Laͤßt man das Chlor auf die eine oder die andere der Verbindungen des Brom mit
dem Phosphor, wovon ich so eben gesprochen habe, wirken, so entwikeln sich
roͤthliche Daͤmpfe von Brom, und man erhaͤlt Chlor-Phosphor.
Das Jod kann diese Verbindungen nicht zersezen; im Gegentheile erhaͤlt man
violette Daͤmpfe und Brom-Phosphor, wenn man das Brom auf den Jod-Phosphor
wirken laͤßt.
Vom Brom-Schwefel (Bromure de
Soufre).
Den Brom-Schwefel kann man erhalten, wenn man Brom auf sublimirten Schwefel
gießt. Lezterer verwandelt sich in eine Fluͤßigkeit von
oͤhlartigem Aussehen von roͤthlicher Farbe, welche bei weitem
dunkler, als die des Chlor-Schwefel ist, und sie kann, wie lezterer, in
Beruͤhrung mit der Luft weiße Daͤmpfe verbreiten, deren Geruch
auch an den dieser leztern Verbindung erinnert.
Der Brom-Schwefel roͤthet nur schwach das Lakmuspapier; mit Huͤlfe
des Wassers roͤthet er es sehr stark. Das Wasser wirkt in der
Kaͤlte nur langsam auf den Brom-Schwefel; aber bei der Siedhize entsteht
eine schwache Detonnation; es bildet sich Bromwasserstoffsaure, Schwefelsaure
und Schwefelwasserstoff, waͤhrend der Chlor-Schwefel unter denselben
Umstaͤnden ohne Detonnation Chlorwasserstoffsaure, schwefelige
Saͤure und Schwefelsaͤure hervorgebracht haͤtte. Der
Brom-Schwefel wird durch Chlor mit Entwikelung von Brom, und unter Bildung von
Chlor-Schwefel zersezt.
Vom Brom-Kohlenwasserstoff (Hydro-Carbure de Bróme).
Ich habe keine Anzeige von Zersezung oder Vereinigung bemerkt, als ich bei
verschiedenen Temperaturen Kohlenstoff in Beruͤhrung mit Brom brachte,
aber ich habe diesen Koͤrper leicht mit dem zweiten Kohlenwasserstoffgas
verbinden koͤnnen.
Schuͤttet man einen Tropfen Brom in eine Flasche, welche mit diesem Gas
gefuͤllt ist, so ist er in einem Augenblike in eine Substanz von
oͤhlartigen Aussehen umgeaͤndert, welche schwerer als Wasser, und
farbenlos ist, und welche anstatt des starken Brom-Geruches, nur mehr einen
aͤtherischen Geruch zeigt, welcher angenehmer, als der des
Chlor-Kohlenwasserstoffs ist.
Die Verbindung des Brom mit Kohlenwasserstoff verfluͤchtigt sich mit
Leichtigkeit; sie zersezt sich, wenn man sie durch eine rothgluͤhende
Glasroͤhre streichen laͤßt. Ich habe bei einem solchen Versuche
abgesezte Kohle und entbundenes bromwasserstoffsaures Gas erhalten. – In
Beruͤhrung mit einem brennenden Koͤrper entzuͤndet sich
diese Verbindung, indem sehr saure Daͤmpfe entstehen, und ein diker Rauch
wegen des fein vertheilten Kohlenstoffs. Ich habe vergebens versucht, eine
Verbindung von Brom mit Kohlenstoff zu erhalten, indem ich ein Gemisch dieses
Brom-Kohlenwasserstoff der Einwirkung der Sonnenstrahlen aussezte.
Man kann eine, mit der eben beschriebenen Verbindung identische erhalten, wenn
man die durch Chlor gelb gefaͤrbte Mutterlauge der Salinen destillirt.
Das Brom, welches man alsdann erhaͤlt, ist oft mit dem
Brom-Kohlenwasserstoff gemengt, wovon man es durch Wasser abscheidet. Zuweilen
geschieht es sogar, daß bei dieser Operation alles Brom sich in diese dreifache
Verbindung umaͤndert. Diese Umaͤnderung wird wahrscheinlich durch
die Einwirkung des Brom auf eine geringe Quantitaͤt eines organischen
Stoffes hervorgebracht, welcher im Wasser der Salinen enthalten ist, und dem
durch Abrauchen erhaltenen Ruͤkstande die Eigenschaft ertheilt, beim
starken Erhizen sich zu schwaͤrzen.
XI. Von der Wirkung des Brom auf einige
organische Substanzen.
Die große Verwandschaft, welche das Brom zum Wasserstoff hat, laͤßt
gewissermaßen voraussehen, auf welche Art es auf die organischen Substanzen wirkt.
Es zersezt die meisten derselben, indem es immer Bromwasserstoffsaure bildet, und zuweilen Kohle
ausscheidet.
Das Brom loͤst sich sehr leicht in der Essigsaͤure auf, auf welche es
nur langsam einwirkt. Es ist sehr aufloͤslich im Aether und Alkohol. Die
gefaͤrbten Aufloͤsungen, welche diese beiden Fluͤßigkeiten
bilden, verlieren ihre Farbe nach Verlauf einiger Tage, worauf man
Bromwasserstoffsaͤure in der Fluͤßigkeit aufgeloͤst findet.
Die fetten Oehle bewirken nur sehr langsam Erscheinungen dieser Art. Augenbliklich
finden sie Statt, wenn man Brom in Beruͤhrung mit den wesentlichen Oehlen
bringt. Indem ich einige Tropfen dieser Substanz in Terpenthin- oder Anisoͤhl
fallen ließ, bemerkte ich, daß Waͤrme entstand, weiße Daͤmpfe von
Bromwasserstoffsaͤure sich entbanden, und das wesentliche Oehl sich in eine
harzige, gelbliche, pechartige, dem Terpenthin aͤhnliche Substanz
umaͤnderte.
Leztere Substanz verhaͤlt sich eben so gegen das Brom.
Der Kampher loͤst sich in dieser Fluͤßigkeit sehr leicht auf, und sie
verliert in dieser Verbindung groͤßtenteils ihren Geruch und ihre
Fluͤchtigkeit. Diese Verbindung des Brom mit dem Kampher wird durch
Erniedrigung der Temperatur fest und krystallisirt.
Die dauerhaftesten Pigmente, werden durch die Wirkung des Brom, welches sie
entfaͤrbt, und sie, wie das Chlor in eine eigenthuͤmliche gelb
gefaͤrbte Substanz umaͤndert, von Grund aus veraͤndert.
Ich habe keine bemerkenswerthe Erscheinungen beobachtet, als ich Brom auf Zuker,
Staͤrkmehl, Morphium, Margarinsaͤure u.s.w. wirken ließ.
Die geringe Quantitaͤt Brom, welche mir zur Disposition stand, verhinderte
mich zu untersuchen, wie es sich gegen die organischen Verbindungen verhalten
wuͤrde.
XII. Ueber das natuͤrliche
Vorkommen des Brom.
Das Brom findet sich im Meerwasser in sehr geringer Menge. Die Mutterlauge der
Salinen enthaͤlt auch nur sehr wenig davon, selbst wenn man sie durch
Verdampfen bedeutend in die Enge gebracht hat, so daß sich Kochsalz ausgeschieden,
und obgleich dieses nur geringe Quantitaͤten Brom mit nachgezogen hat.
Die Natur der Mittel, durch welche man es ausscheiden kann, scheint dafuͤr zu
sprechen, daß es als Bromwasserstoffsaͤure darin enthalten ist, und aus
mehreren Gruͤnden muß ich glauben, daß diese Saͤure an Bittererde
gebunden ist.
Der durch Verdampfen der Salinen-Mutterlauge erhaltene Ruͤkstand verliert
naͤmlich die Eigenschaft, in Beruͤhrung mit Chlor, Brom zu entwikeln,
wenn man ihn stark gluͤht. Bedenkt man, daß die von mir untersuchten
bromwasserstoffsauren Salze durch Gluͤhen nicht zersezt werden, mit Ausnahme
des Bittererdesalzes, so wird man auf die Annahme gefuͤhrt, daß die
Mutterlauge der Salinen wirklich diese Verbindung enthaͤlt.
Die Pflanzen und Thiele, welche im Meere leben, enthalten auch Brom. Die Aschen der
Pflanzen, welche im Mittelmeere wachsen, geben alle eine gelbe Farbe, wenn man ihre
Lauge mit Chlor behandelt. Dieselbe Farbe entstand, als ich mit diesem Agens die
Aufloͤsung der Asche von lanthina violacea, eines
molluscus testaceus behandelte, den ich der
Guͤte des Hrn. August Berard verdankte, und
welchen dieser ausgezeichnete Officier auf der Insel St. Helena, waͤhrend
seiner zweiten Reise um die Welt, gesammelt hatte.
Bemerkenswerthe Quantitaͤten von Brom erhielt ich aus der Mutterlauge der
Varecsoda, deren man sich zur Darstellung des Jod bedientDas Verfahren, wodurch mir die Ausscheidung des Brom am besten gelang, wenn
die Verbindungen, worin es enthalten ist, mir jenen vergesellschaftet sind,
welche das Jod verschaffen, bestand darin, das Jod durch ein Kupferfalz
niederzuschlagen, durch Filtriren die unaufloͤsliche Jodverbindung
abzuscheiden, die Fluͤßigkeit abzurauchen, und den Ruͤkstand
mit Schwefelsaure und Manganoxyd zu behandeln. A. d. O..
Endlich schien es mir, daß der Ruͤkstand, welchen ich durch Abdampfen eines
Mineralwassers von den oͤstlichen Pyrenaͤen erhielt, und der sehr
salzhaltig war, sich durch Chlor gelb faͤrbte. Wuͤrde das Brom
wirklich in einem Wasser dieser Art vorkommen, so hatte man Hoffnung, es in den
eigentlich sogenannten Salzquellen, und besonders in der Mutterlauge des Steinsalzes
anzutreffen. Es fehlten mir die Materialien, um dieses zu entscheiden.
Alles dieses macht es sehr wahrscheinlich, daß man das Brom in vielen Producten des
Meeres oder des unterirdischen Wassers antreffen wird.
XIII. Schlußbemerkungen.
Wenn die Thatsachen, welche ich so eben durchgegangen habe, mich nicht
getaͤuscht haben, so rechtfertigen sie, wie ich glaube, vollkommen, die in
Betreff der Natur des Brom von mir ausgesprochene Meinung, welche ich zur
Erklaͤrung seiner Verbindungen gebraucht habe.
Eine Substanz, welche in ihrem isolirten Zustande so kraͤftig wie das Brom
allen Zersezungsversuchen widersteht, welche aus allen Verbindungen, die sie
eingeht, durch das Chlor ausgetrieben wird, und darauf constant ihre
anfaͤnglichen Eigens schaffen zeigt, welche, indem sie auf die Verbindungen
des Jod wirkt, sich lezterem in allen Fallen substituirt, und ganz seine Rolle in
den neuen Producten spielt; welche endlich, troz dieses auffallend verschiedenen
chemischen Verhaltens, sich dennoch an das Chlor und Jod durch die entschiedensten
Analogieen anschließt, scheint daher mit demselben Rechte als ein einfacher
Koͤrper betrachtet werden zu muͤssen.
Wenn dieses Resultat die noͤthige Begruͤndung durch die Untersuchungen
erhaͤlt, welche die Chemiker in der Folge uͤber das Brom anstellen
werden, so ergibt sich der Rang, welcher ihm in der Reihe der einfachen
Koͤrper bestimmt ist, von selbst.
Offenbar muͤßte es zwischen das Chlor und Jod eingereiht werden.
Nicht ohne Interesse wuͤrde man dann sehen, daß zwei sich so nahe stehende
Substanzen, wie das Jod und Chlor, eine Substanz zwischen sich aufnehmen, um
gleichsam durch noch engere Bande eine Gruppe von Agentien zu verbinden, deren
Familienzuͤge schon so merkwuͤrdig sind.
Eine solche Annaͤherung, als sich zwischen diesen drei Koͤrpern in
ihren Eigenschaften und ihrem chemischen Verhalten zeigt, wuͤrde noch mehr
Bedeutung durch die Betrachtung ihres gemeinschaftlichen Ursprungs erhalten.
Als ich im Anfange meiner Forschungen die verschiedenen Verbindungen des Brom
untersuchte, und fast immer die groͤßten Aehnlichkeiten zwischen ihnen und
den analogen Chlorverbindungen fand, entstanden, ich gestehe es, bei mir einige
Zweifel an der Eigenthuͤmlichkeit des Brom. Aber diese Zweifel konnten nicht
mehr Stich halten, bei der Energie, womit das Chlor es aus seinen Verbindungen
austreibt, waͤhrend das Jod durch das Brom aus allen den seinigen
ausgetrieben wird.
Ich gestehe selbst, daß die Materialien, welche ich zur Geschichte des Brom habe
sammeln koͤnnen, noch viel zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Ich
haͤtte sogar ihre Bekanntmachung gerne noch so lange verschoben, bis
zahlreichere Versuche mich in den Stand gesezt hatten, es mit weniger Luken zu thun,
wenn ich in Betreff dieses wichtigen Gegenstandes fuͤr Nachforschungen es
nicht fuͤr noch viel nuͤzlicher gehalten haͤtte, die
Aufmerksamkeit derjenigen Chemiker darauf zu leiten, welche sich dadurch
vorzuͤglich auszeichnen, daß sie ein großes Licht uͤber die Stoffe
verbreiten, womit sie sich beschaͤftigen.
Ich werde meinerseits nicht aufhoͤren mich mit dieser Substanz ferner zu
beschaͤftigen, sobald die Mutterlaugen unserer Salinen hinreichend
concentrirt seyn werden, um eine zwekmaͤßige Ausscheidung des Brom zu
gestatten, besonders wenn diese Skizze das Gluͤk haben sollte, die Academie
zu interessiren; sollte ich durch neue Bemuͤhungen zu Resultaten von gewißer
Wichtigkeit gelangen, so wuͤrde ich eilen, sie ihr vorzulegen; was ich
alsdann auch mit mehr Zutrauen thun wuͤrde.
––––––––––
Die Academie hat die HHrn. Vauquelin, Thenard und Gay-Lussac beauftragt, sie mit ihrer Meinung uͤber
diese Abhandlung des Hrn. Balard bekannt zu machen. In
ihrem Berichte, welcher in den Ann. de Chim. auf diese
Abhandlung folgt, geben sie eine Uebersicht von den Eigenschaften dieser neuen
Substanz, und schließen alsdann, wie folgt:
„Wenn auch die wenigen Versuche, welche wir anstellen konnten, uns
uͤber die Existenz des Brom als neuer einfacher Koͤrper nicht
diejenige Gewißheit verschaffen, welche man heut zu Tage mit Recht verlangt, so
betrachten wir sie doch als sehr wahrscheinlich. Die Abhandlung des Hrn. Balard ist uͤbrigens sehr gut geschrieben, und
die zahlreichen Resultate, welche er darin vortragt, wuͤrden selbst dann
noch nichts destoweniger ein sehr großes Interesse erregen, wenn man dahin
gelangte, beweisen zu koͤnnen, daß das Brom kein einfacher Koͤrper
ist.
Die Entdekung des Brom ist eine sehr wichtige Bereicherung der Chemie, und
fuͤhrt Hrn. Balard auf die ehrenvollste Weise
in die wissenschaftliche Laufbahn ein.
Wir glauben, daß dieser junge Chemiker der Aufmunterung der Academie vollkommen
wuͤrdig ist, und wir haben die Ehre ihr vorzuschlagen: zu verordnen, daß seine
Abhandlung in der Sammlung von Abhandlungen fremder Gelehrten abgedrukt
werde.“
Die Academie nahm dieses Urtheil an.