Titel: Ueber die Verfertigung künstlicher Blumen, von Hrn. Le Normand.
Fundstelle: Band 22, Jahrgang 1826, Nr. LXXIV., S. 343
Download: XML
LXXIV. Ueber die Verfertigung kuͤnstlicher Blumen, von Hrn. Le Normand. Aus den Annales de l'Industrie nationale. N. 77. S. 153. (Auch im Dictionnaire technologique IX. B. S. 129. Mit Abbildungen auf Tab. VI. (Im Auszuge.) Le Normand, uͤber die Verfertigung kuͤnstlicher Blumen. Die Kunst, kuͤnstliche Blumen zu verfertigen, besteht, wie die Central-Jury bei der Ausstellung im J. 1823 bemerkte, aus zwei ganz verschiedenen Theilen: der eine ist rein Manufactur-Sache, und begreift das Faͤrben der dazu nothwendigen Stoffe, das Ausschneiden der Blaͤtter und Blumenblaͤtter, die Bereitung der Pistille, Staubgefaͤße und Kelche. Der andere besteht in der Kunst, aus diesen Theilen Knospen, Blumen, Blumenstraͤuße, Girlanden und Buschwerk zu bilden; diese Kunst fordert eben soviele Geschiklichkeit als Geschmak, und genaues Studium des Effectes, den man hervorbringen kann, und der Fehler, die man zu vermeiden hat; sie fordert das seltene Talent, die Natur mit Anmuth zu copiren, und mit Verstand nachzuahmen. Es ist der Kunst der Blumenmacherinnen bereits gelungen, die zartesten Blumen aller Welttheile mit der taͤuschendsten Wahrheit nachzuahmen. Die Italiaͤner scheinen die ersten gewesen zu seyn, die in dieser Kunst sich auszeichneten. Nach und nach fand diese Kunst auch ihren Weg nach Frankreich, und da wir Franzosen in Allem, wo es sich um Leichtigkeit und Geschmak handelt, unsere Meister um vieles uͤbertrafen, so sind wir auch in dieser Kunst auf einen Grad von Vollkommenheit gelangt, auf welchem wir die Concurrenz keines Volkes mehr zu besorgen haben. Ehe man dahin gelangte, wo man sich gegenwaͤrtig befindet, griff man nach allerlei Dingen, um Blumen daraus zu machen. Man verfiel zuerst auf Baͤnder von verschiedenen Farben, die man aufkrauste, und um Messingdraht wikelte und denen man, irgend eine Form einer Blume gab: nothwendig, mußte man hier weit hinter der Wahrheit zuruͤk bleiben. Diese rohe Nachahmung der Natur ward bald durch Federn verdraͤngt, die zarter sind, leichter alle verschiedenen Formen annehmen, und Blumen leichter und treuer darstellen koͤnnen. Man mußte sie aber faͤrben, und es war schwer, alle nothwendigen Schattirungen mit der gehoͤrigen Lebhaftigkeit zu erhalten. Die Wilden in Suͤd-America machen Meisterwerke in dieser Art. Wir sahen Blumenstraͤuße aus Federn ihrer Voͤgel gebildet, die die schoͤnen Gewaͤchse ihres Landes auf die taͤuschendste Weise darstellen: Blaͤtter und Blumen sind meisterhaft, und die Farben schießen nie. Sie haben aber auch Voͤgel von den schoͤnsten und glaͤnzendsten Farben in allen Schattirungen, und es bleibt nichts zu bewundern, als die Geschiklichkeit, mit welcher sie die Federn derselben benuͤzen. Die Italiaͤner bedienten sich, außer den Federn, vorzugsweise der Seidengehaͤuse (Cocons) der Seidenraupen. Nichts laͤßt sich so leicht faͤrben, und behaͤlt die Farbe so lang; die Durchscheinenheit, der feine Sammt auf denselben ahmt die Blumenblaͤtter auf eine tauschende Weise nach, und gibt der daraus verfertigten kuͤnstlichen Blume die Weichheit der natuͤrlichen. Diese Cocons sind wenig hygrometrisch, und widerstehen den Einwirkungen der Sonne sehr lang. Man machte auch aus italiaͤnischem Duͤnntuche (gaze d'Italie) haͤufig Blumen in Italien; allein sie sind jezt außer Gebrauch, weil die Farben theils nicht lebhaft, theils nicht glaͤnzend genug darauf ausfielen. In Frankreich waͤhlte man den feinsten und schoͤnsten Battist, die Elle zu 15 bis 18 Franken, zu den Blumen, und Florentiner Taffet zu den Blaͤttern. Die beruͤhmtesten Fabriken kuͤnstlicher Blumen sind gegenwaͤrtig zu Paris und Lyon. Man arbeitet nur 6 Monate lang im Jahre vom 1. November an, fuͤr Frankreich; die anderen 6 Monate uͤber arbeitet man fuͤr Deutschland und Rußland. Die schoͤnsten Blumen gehen nach Rußland; nur die gemeinsten bleiben in Deutschland haͤngen. Man machte auch aus Muscheln Blumen, die zwar durch ihre Farben und durch die Kunst, mit welcher sie zusammengesezt sind, sich sehr auszeichnen: allein ihre Schwere machte sie bald aufgeben. Man verfertigte auch Blumen aus Wachs. Bei der Ausstellung im Jahre 1823 fanden sich einige, die die Natur taͤuschend nachahmten. Vorzuͤglich zeichneten sich jene der Madame Didot, Witwe, rue Vaugirard N. 21. aus, die nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Diese Blumen koͤnnen jedoch nur als Schaustuͤke in Zimmern dienen, und die natuͤrlichen Blumen zu einer Zeit ersezen helfen, wo man keine mehr bekommen kann. Wir wollen bei Verfertigung derselben, so wie der vorigen, nicht laͤnger verweilen, weil sie nicht fabrikmaͤßig verfertigt werden, und hoͤchstens zur Unterhaltung muͤßiger Damen dienen.Es befremdet uns sehr, daß Hr. Le Normand den Werth der Wachsblumen so wenig achtet und achten lehrt. Hr. Trattinik zu Wien hat die eßbaren und giftigen Schwaͤmme in Wachs abbilden lassen, und dadurch, da bekanntlich Schwaͤmme sich nicht getroknet kenntlich aufbewahren lassen, in dem Maße Ungluͤksfaͤlle verhuͤthet, als er die Verbreitung der Kenntniß eßbarer und giftiger Schwaͤmme bei dem Unterrichte, wo man sich bisher bloß mittelmaͤßiger Abbildungen bedienen konnte, erleichterte. Der sel. Hr. L. R. Bertuch, unsterblichen Andenkens, hat in seinem Industrie-Comptoir den Pomologen durch sein vortreffliches pomologisches Wachs-Cabinett, in welchem die vorzuͤglichsten in Deutschland gedeihenden Obstsorten auf eine treffliche Weise in Wachs abgebildet sind, und selbst den Landwirthen durch seine in Wachs herrlich nachgebildeten Erdaͤpfel-Sorten unendliche Dienste erwiesen. Die uͤbrigens herrlichen Wachs-Abbildungen der feinen italienischen Obstsorten, die Mad. Pizzagalli zu Florenz besorgt, sind erst nach Bertuch's Unternehmung in den Handel getreten. Was endlich die Nachbildung der Blumen und Gewaͤchse selbst in Wachs betrifft, so ist diese bei sehr vielen Gewaͤchsen, namentlich bei allen sogenannten Fettpflanzen (plantes grasses), das einzige Mittel, zur genauen botanischen Kenntniß dieser, in so vieler Hinsicht kostbaren, Pflanzen zu gelangen. Auch die besten Abbildungen dieser Gewaͤchse, selbst wenn Redouté sie uns schenkt, werden immer hinter einer guten Wachsabbildung derselben weit zuruͤk bleiben, und sind um so nothwendiger, als es unmoͤglich ist, diese Gewaͤchse anders, als in Weingeist, oder gesotten und gepreßt, wodurch sie gaͤnzlich entstellt werden, aufzubewahren. Diese Gewaͤchse sind uͤbrigens an und fuͤr sich sehr kostbar; ihr Unterhalt ist eben so kostbar, und manche derselben bluͤhen oft in einer Reihe von Jahren nicht. Es ist um so nothwendiger, diese Gewaͤchse in Wachs nachzubilden, als in manchen Laͤndern heute zu Tage die Botanik nicht bloß verwaist, sondern verfolgt ist, und botanische Garten und Sammlungen muthwillig zerstoͤrt werden. Das k. k. Naturalien-Cabinett zu Wien besizt Abbildungen kostbarer Fettpflanzen in Wachs, die nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. A. d. U. Auch bei den Blumen aus gefaͤrbtem Papiere werden wir nicht laͤnger stehen bleiben, obschon man viele derselben fabrikmaͤßig erzeugt: das, was wir uͤber die besseren kuͤnstlichen Blumen sagen werden, wird auch die Verfertigung dieser Blumen aus Papier erklaͤren. Desto laͤnger muͤssen wir aber bei einer Erfindung verweilen, die die Bewunderung aller Kenner verdiente, und die, seit der Ausstellung im J. 1823 ungeheuere Fortschritte machte, unendlichen Absaz gewann, und eine Menge von Weibern und Kindern beschaͤftigt. Es gelang naͤmlich Hrn. Achill de Bernardière (Vergl. polyt. Journ. B. XII. S. 233.) nach vielen sinnreichen Versuchen das Fischbein so fein, wie die feinsten Blumenblaͤtter, zu spalten, und vollkommen zu entfaͤrben, so, daß sie ein mattes Weiß auf ihrer Oberflaͤche darstellen, und dann in den glaͤnzendsten Farben zu faͤrben. Diese Blumen aus Fischbein haben ganz die Leichtigkeit, Frische und den warmen Glanz der natuͤrlichen Blumen; sie stehen nicht so schnell ab, wie die Blumen aus Battist und Taffet, und kommen nicht theurer, als diese. Diese herrlichen Arbeiten aus der Fabrik des Hrn. Bernardière werden von Weibern und Maͤdchen im Strafarbeitshause verfertigt, welche hierdurch zugleich Fleiß und Sittlichkeit lernen. Hr. de Bernardière uͤberreichte bei der lezten Ausstellung S. M. dem Koͤnige zwei Nelken, die weiß und roth gestreift waren; die eine war natuͤrlich, die andere aus Fischbein. S. M. griffen nach der lezteren und hielten sie fuͤr natuͤrlich, da sie sich auch durch den Geruch nicht unterscheiden ließ. Hr. de Bernardière erhielt die silberne Medaille (Vergl. Annales de l'Industrie, T. XI. p. 5.) Wir werden hier nicht die Art und Weise beschreiben, nach welcher Hr. de Bernardière das Fischbein zurichtet und entfaͤrbt; er hat ein Brevet darauf genommen, und haͤlt sein Verfahren geheim: obschon uns dasselbe bekannt ist, muͤssen wir doch sein Eigenthum achten.Wir sind mit der Ausmittelung des Verfahrens, Fischbein zu bleichen, eben beschaͤftigt, und werden dasselbe in diesem Journale demnaͤchst mittheilen. A. d. R. Mit Ausnahme zweier Operationen bedient er sich uͤbrigens bei dem Faͤrben und Zusammensezen seiner Blumen aus Fischbein desselben Verfahrens, welches man bei Verfertigung kuͤnstlicher Blumen aus Battist und Taffet befolgt. Da es unmoͤglich ist, das Verfahren bei einer jeden Blume zu beschreiben, die man kuͤnstlich nachbildet, wollen wir uns bloß auf die Rose beschraͤnken, deren Blumenblaͤtter, wie gesagt, in Frankreich aus Battist, und deren Blaͤtter aus Taffet verfertigt werden. Man nimmt, wie bemerkt wurde, den feinsten Battist, mangt oder cylindrirt ihn, um das Korn auf demselben niederzudruͤken, steift oder gummirt ihn aber nie. Die Blumenblaͤtter werden nach der Natur so taͤuschend als moͤglich gefaͤrbt oder bemahlt. Die Blumenblaͤtter werden mit einem Durchschlag-Eisen ausgeschnitten. Man muß solche Eisen von verschiedenen Formen und von verschiedener Groͤße haben, indem die Blumenblaͤtter einer Rose nicht alle gleich sind. Nachdem die Blumenblaͤtter durchgeschlagen sind, bereitet man die Farbe (die Tinctur) fuͤr dieselben, die aus Carmin besteht, welcher mit einem alkalischen Wasser angeruͤhrt ist: kohlensaure Pottasche (Sel de tartre) dient hierzu trefflich. Man nimmt ein Blumenblatt an seinem Ende, welches spizig zulaͤuft, mittelst des Zaͤngelchens, taucht es mit dem anderen Ende bis auf einige Linien von dem Nagel in die Farbe, und bringt es hierauf alsogleich in reines Wasser, um eine gleichfoͤrmige und zarte Farbe zu erhalten, wie sie gewoͤhnlich an dem Rande der Blumenblaͤtter ist: den mittleren Theil, der immer etwas dunkler ist, mahlt man mit dem Pinsel aus, und, wo es noͤthig ist, panachirt man auch mit dem Pinsel, d.h., mahlt dunklere Streifen auf dasselbe. Auf das spizige Ende (den Nagel) des Blumenblattes, welcher weiß ist; laͤßt man einen Tropfen Wasser fallen, der die dort am Ende befindliche Farbe aufloͤst, und sich in einem matten Rosa uͤber den Nagel verliert. Man nimmt die Farbe nur schwach, und wenn sie zu matt ausfaͤllt, taucht man die getrokneten Blumenblaͤtter noch ein Mahl und so oft ein, bis sie die gehoͤrige Farbe erlangt haben. Die Zufaͤlligkeiten, welche man oͤfters an den Rosen bemerkt, werden mit dem Pinsel nachgemahlen, sowohl an den aͤußeren Blumenblaͤttern als an den inneren, die gewoͤhnlich einen gruͤnen Faden außen zeigen, wodurch sie sich den Blaͤttern naͤhern. Der Taffet zu den Blaͤttern wird in Ellen langen Stuͤken in der Farbe gefaͤrbt, die man nachahmen will. Nach dem Faͤrben spannt man denselben in einem großen Rahmen mit Bindfaden auf, die am Rande des Taffets aufgenaͤht, und um den Rahmen geschlungen werden: die Spannung muß so stark als moͤglich gegeben werden, und man laͤßt den Taffet in dem Rahmen troknen. Nachdem er troken geworden ist, gibt man ihm mit einer leichten Aufloͤsung von arabischen Gummi auf einer Seite jenen Glanz, welchen die Blaͤtter haben muͤssen, und auf der anderen mittelst eines in der verlangten Schattirung gefaͤrbten Staͤrkwassers, welches mit dem Pinsel aufgetragen wird, den an der unteren Seite der Blaͤtter gewoͤhnlichen Sammt. Die Kunst besteht bei Lezterem darin, daß man der Staͤrke den gehoͤrigen Grad von Consistenz gibt, und sie so auftraͤgt, daß sie nicht zu sehr erhaͤrtet, auch nicht zu glatt wird, mit einem Worte, den gehoͤrigen Sammt gibt. Wenn die Blaͤtter unten noch mehr rauh seyn muͤssen, ahmt man diese rauhere Bekleidung mit fein gepulverter und gehoͤrig gefaͤrbter Tuchscherer-Wolle nach, die beim Scheren abfaͤllt. Man traͤgt naͤmlich mit dem Pinsel eine leichte Gummi-Aufloͤsung auf, und wenn diese anfaͤngt zu troknen, pudert man den Wollenstaub daruͤber, und schuͤttelt, nachdem der Gummi troken geworden ist, den Taffet, damit das Ueberfluͤßige abfaͤllt. Die Blaͤttchen unter den Rosen, die man areignes (sic!“) nennt, werden alsogleich nach dem Faͤrben zugerichtet, um ihnen jene Festigkeit zu geben, die sie besizen muͤssen. Zu diesem Ende wird der Taffet noch naß aus der Faͤrberei gewalkt, in gefaͤrbtem Staͤrkwasser gedruͤkt, und, nachdem er auf beiden Seiten gehoͤrig damit gesaͤttigt wurde, im Rahmen ausgespannt und getroknet. Der auf diese Weise gehoͤrig zubereitete und getroknete Taffet wird mit dem Durchschlag-Eisen nach der verlangten Form und Groͤße der Blaͤtter, die man nachbilden will, ausgeschlagen: man muß fuͤr eine Rose Blaͤtter von verschiedener Groͤße haben. Man wird die Blaͤtter niemahls mit der Schere so genau ausschneiden koͤnnen, und man wuͤrde, wenn man es auch koͤnnte, umsonst seine Zeit dabei verlieren. Man schlaͤgt auf einem ebenen Holzbloke, oder auf einer Bleiplatte durch: besser ist es aber, eine Tafel zu nehmen, die aus Blei und Zinn zusammengeschmolzen ist. Diese vorbereitenden Arbeiten reichen aber noch nicht hin, um schoͤne Blaͤtter zu geben. Die Blaͤtter muͤssen, um natuͤrlichen Blaͤttern aͤhnlich zu werden, die verschiedenen Rippen und Nerven bekoͤnnen, die sie in der Natur immer haben. Um ihnen dieselben mitzutheilen, bedient man sich verschiedener Instrumente, die man Preß- oder Goffrir-Eisen (gaufroirs) nennt, und deren man von so viel verschiedenen Formen haben muß, als es verschiedene Blaͤtter gibt, die man nachbilden will. Jedes dieser Eisen besteht aus zwei Stuͤken, wovon eines aus Eisen und mit einem hoͤlzernen Griffe versehen ist, und an seinem Ende die Seite eines Blattes eingravirt hat; das andere oder das Gegenstuͤk, ist aus Kupfer, und ist mit Raͤndern versehen, wie eine Schachtel. Man erhizt die Eisen etwas, legt mehrere Blaͤtter in den kupfernen Model, preßt sie, und laͤßt sie einige Augenblike unter dem Druke, damit sie die Form gehoͤrig annehmen. Knospen macht man aus Taffet oder aus weißer Haut, die man gehoͤrig faͤrbt oder mahlt. Man gibt ihnen die natuͤrliche Form, fuͤllt sie mit Baumwolle aus, oder mit Brotkrumen oder mit gummirter gezupfter Seide, und bindet sie mit Seide an die Spize kleiner Eisendrahte. Man stekt die Knospen in Sand, mit welchem ein hoͤlzernes Naͤpfchen, A, (Figur 26.) gefuͤllt ist, wo man eine Menge solcher Knospen zum Abtroknen aufgestekt sieht. Die Staubfaden werden auf folgende Weise gebildet. Man bindet eine hinreichende Anzahl kurzer Faden aus roher Seide an die Spize eines Messingdrahtes, und taucht sie in guten Handschuhmacher-Leim (colle de gants), wodurch sie, nach dem Abtroknen, die gehoͤrige Festigkeit erlangen Ehe man diese Faden leimt, schneidet man sie alle in gleicher und fuͤr eine Rose schiklicher Laͤnge ab. Den ganzen Buͤndel dieser Staubfaden (le coeur), stekt man entweder auf ein Kissen, oder in die Sandbuͤchse, A, zu den Knospen und sondert sie gehoͤrig von einander, damit sie waͤhrend des Troknens nicht an einander kleben. Nachdem sie troken geworden sind, befeuchtet man diese Faden, alle zugleich, etwas an der Spize, und zwar mit einem Teige aus arabischem Gummi und schoͤnen Weizenmehle. Dieser Teig hat dann die gehoͤrige Eigenschaft hiezu erlangt, wenn, er anfaͤngt etwas saͤuerlich zu werden, oder in saure Gaͤhrung uͤberzugehen. Er klebt vollkommen, und besser als der staͤrkste arabische Gummi. Wir verstehen immer diesen Kleister, wenn wir in der Folge von Teig sprechen werden. Nachdem die Enden der Faden aus roher Seide, welche die Staubfaden bilden sollen, mit diesem Teige belegt sind, taucht man sie in ein Gefaͤß, welches mit feiner Gruͤze (semoule) gefuͤllt ist, die in einer Aufloͤsung von terra merita in Alkohol oder Weingeist gelb gefaͤrbt wurde. Jeder Seidenfaden wird ein Koͤrnchen Gruͤze aufnehmen, die man dann troknen laͤßt. Um diesen Buͤschel Staubfaden, oder um das Herz (le coeur) der Blume klebt man nun die Blumenblaͤtter an ihren Naͤgeln mit dem Teige an; je mehr man nach außen kommt, desto groͤßere Blumenblaͤtter muß man ankleben, die man dann alle mittelst einer auf einer Seite holen Zange auswoͤlbt (gauffrirt), um sie der Natur so nahe als moͤglich zu bringen. Dann sezt man den Kelch an, der die Naͤgel aller Blumenblaͤtter um faßt, und leimt ihn mit dem Teige auf, nachdem man vorher die drei kleinen ausgeschnittenen Blaͤttchen (areignes), angebracht hat, die die Knospe umgeben. Der Staͤngel (la queue) wird aus einem oder mehreren Drahtfaden gebildet, die man mit dem Drahte verbindet, an welchem die Staubfaden angebunden sind. Man umwikelt die Drahte mehr oder minder mit Baumwolle, je nachdem der Staͤngel, so wie er sich von der Blume entfernt, immer diker und diker werden muß, und bedekt diese mit gruͤn gefaͤrbtem Schlangenpapier (papier serpente). Die Blaͤtter werden auf aͤhnliche Weise auf feinen Kupferdraht aufgezogen. Man stellt sie, wie in der Natur, zu drei und drei: diejenigen, die naͤher an der Blume zu stehen kommen, muͤssen kleiner und mehr gelblichgruͤn seyn. Der Blattstiel wird, wie der Blumenstiel, verfertigt, und auf dieselbe Weise mit diesem lezteren verbunden. Die sogenannten Pompons-Rosen leiden eine Abaͤnderung bei ihrer Verfertigung. Da die Blumenblaͤtter, wenn sie getrennt wuͤrden, zu klein ausfielen, so schlaͤgt man fuͤnf bis sechs auf ein Mahl durch, die in der Runde zu stehen kommen. Das Durchschlageisen macht ein Loch in der Mitte. Man faßt mehrere Reihen dieser Blumenblaͤtter auf dem Drahte auf, der die Staubfaden haͤlt, die kleinsten zuerst, leimt sie mit dem Teige, was schneller hergeht, als bei den groͤßeren, und vollendet die Arbeit auf dieselbe Weise. Man braucht zu den Blumen besondere Farben, die es der Muͤhe werth ist zu kennen. Zu Roth: Karmin in Weinstein-Salz (Sal tartari Eine Aufloͤsung von gereinigter Pottasche in Wasser. Aezender Salmiakgeist ist aber zu diesem Behufe geeigneter. A. d. R.) aufgeloͤst. Hiermit erhaͤlt man alle Schattirungen. Zu Blau; Indig in Schwefelsaͤure aufgeloͤst, und, nachdem er gehoͤrig aufgeloͤst ist, verduͤnnt man denselben mit Wasser, und entzieht der Aufloͤsung die Saͤure entweder mit spanisch Weiß (reinem Bleiweiß), oder mit kohlensaurem Kalke, wodurch Gyps gebildet wird, der zu Boden faͤllt. Der Indigo bleibt in der Fluͤßigkeit, die man abgießt.Man kann die Indigtinktur fuͤr diesen Gebrauch auf einen einfachem Weg darstellen, indem man in 8 Loth Wasser 1 Loth Alaun aufloͤst, und die kalte Alaunaufloͤsung auf 3 bis 4 Loth Neublau gießt, und oͤfters umruͤhrt. Nach einiger Ruhe sezt sich die Staͤrke des Neublau ab, und die Fluͤßigkeit enthaͤlt den in dem Neublau enthaltenen Indig aufgeloͤst. A. d. R. Zu Hellgelb; eine Aufloͤsung von Curcuma longa in Alkohol. Zu Dunkelgelb: eine Aufloͤsung von Terra merita unter Terra merita versteht man die runde Gilbwurzel (curcuma rotunda). Fuͤr beide Farben, naͤmlich fuͤr hell- und dunkelgelb kann man dieselbe Farbtinktur gebrauchen, nur verduͤnnt man sie fuͤr hellgelb vorher noch mit Alkohol. A. d. R. in Alkohol. Eine Weinstein-Aufloͤsung frischt alle diese Farben auf. Zu Violett: Lyoner-Orseile, und ein blaues Bad. Zu Lilas: Lyoner-Orseile. Die dreifarbigen Veilchen (la pensée), werden mit dem Pinsel gemahlt. Da die Blumenblaͤtter derselben sammetartig sind, so legt man sie auf graues nicht geleimtes Papier, traͤgt die Farbe auf, und verbreitet sie mit dem Finger so, daß das Papier die Haͤlfte davon einsaugt. Es ist unmoͤglich von allen Blumen zu sprechen; man muß arbeiten gesehen und sich selbst darin versucht haben: es braucht nur Geduld und Geschmak. Wir haben beinahe alle Geheimnisse der Blumenmacherinnen verrathen, die sie nicht sagen wollen. Gewisse Arbeiten lassen sich uͤberdieß gar nicht beschreiben, z.B. die Kunst, mit den Zaͤngelchen aus freier Hand zu gaufrieren etc. etc. Die vorzuͤglichen Instrumente bei dem Blumenmachen sind Fig. 26. das mit Sand gefuͤllte Naͤpfchen, in welchem eine Menge Eisendrahte steken, deren jeder mit einer Knospe oder mit einem Buͤndel Staubgefaͤße etc. versehen ist, um abzutroknen. A, ist das Naͤpfchen. B, sind die Knospen. Fig. 27. Zaͤngelchen. A, der Kopf, B, B, die Arme derselben. An einigen sind beide Arme flach, an anderen ist der eine Arm rund ausgehoͤhlt, der andere rund gewoͤlbt. Fig. 28. Aufriß des eisernen, Fig. 29. Grundriß des kupfernen Preß- oder Gaufrier-Instrumentes, um die Blaͤtter zu pressen. A, ist das Gaufrier-Eisen; B, der Stiel: C, der Griff. Fuͤr jedes Blatt sind besondere solche Instrumente noͤthig. Fig. 30. Gaufrier-Instrument aus Holz. A, A, sind die Leisten. Fig. 31. Gaufrier-Eisen mit seinem Stiele, um die Woͤlbungen an den Blaͤttern, Blumen u. dgl. zu erzeugen. A, das Instrument. B, der Stiel. C, der Griff. Fig. 32, 33, 34. Docken von verschiedener Form, um die Blaͤtter und Blumenblaͤtter zu rollen. Man hat kegelfoͤrmige, flache und vierekige, walzenfoͤrmige und eyfoͤrmige: man hat sie von allen Formen. Außer diesen Instrumenten hat man noch eine Menge anderer, deren man sich unter bestimmten Umstaͤnden bedient, und die es uͤberfluͤßig waͤre hier zu beschreiben.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    VI
Tab. VI