Titel: | Gas und Gasbeleuchtung. |
Fundstelle: | Band 22, Jahrgang 1826, Nr. CVII., S. 481 |
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CVII.
Gas und Gasbeleuchtung.
Gas und Gasbeleuchtung.
Licht ist die Seele der Welt; Feuer eine schwache Vorstellung
des Lichts. Die Flamme, welche beim Verbrennen eines Koͤrpers zum Vorschein
kommt, besteht aus einer Materie, die wir Wasserstoffgas nennen, und sie ist immer
um so reiner und glaͤnzender, je reiner der Koͤrper ist, den wir
verbrennen, und je vollkommener die Verbrennung vor sich geht. Geschieht die
Verbrennung unvollkommen, so geht ein Theil der Materie, welche Licht und Hize geben
koͤnnte, als Rauch verloren, der keinen Nuzen bringt. Es muß daher immer
unser Streben seyn, viel Licht mit wenig Kosten zu
erzeugen.
Jeder, der viel bei Licht liest oder schreibt, wird bemerkt haben, daß eine kleine
Flamme immer glaͤnzender und heller ist, als eine groͤßere, und daß
ein frisch gepuztes Licht weit mehr Helle gibt, als ein ungepuztes. Diese
Veraͤnderung der Helle, welche wir bei Lichtern und Lampen erfahren, schadet
den Augen, weil die Gesichtsnerven sich bestaͤndig darnach richten muͤssen; und aus
diesem Grunde ist es auch ein unvollkommenes Licht. Andere Fehler der Lichter und
Lampen liegen in der weichern oder haͤrtern Beschaffenheit des Talges, der
Dike des Dochtes, und der Unreinheit des Oehles. Wachslichter sind am besten, aber
auch am theuersten; und es bleibt immer noch eine wichtige Aufgabe der Chemie, den
Talg eben so hart, als Wachs zu machen. In Ostindien sollen die Eingebornen dieses
Verfahren verstehen, dem unsere Chemiker noch nicht die gehoͤrige
Aufmerksamkeit geschenkt haben.
An der Staͤrke des Schattens in bestimmter Entfernung erkennt man die Kraft
des Lichtes; und wenn man daher Lampen, Lichter und Gas mit einander vergleicht, so
wird man bald finden, welchem darunter der Vorzug gebuͤhrt. Graf Rumford hat
durch Versuche ausgemacht, wieviel Materialien zu einer bestimmten Lichtmaße
fuͤr eine gegebene Zeit erforderlich seien, und folgende Resultate
gefunden:
Wachs
100
Pf.
Talg
101
–
Oehl in einer Argand'schen Lampe
129
–
Gezogene Talglicher
229
–
und Peckston glaubt annehmen zu
duͤrfen, daß 5450 Cubikfuß Steinkohlengas und 2000 Cubikfuß Oehlgas dieselben
Dienste thun. Die gegenseitigen Kosten einer solchen Beleuchtung gibt Peckston
ferner also an:
Pf.
Sh.
D.
100
Pf.
Wachslichter
zu
2
Sh.
per
Pf.
13
9
4
101
–
beste gegossene Talglichter
zu
8
D.
–
–
3
7
4
129
–
Spermoͤhl
zu
5
D.
–
–
2
13
9
229
–
gezogene Lichter
zu
7
D.
–
–
6
13
7
5450
Cubikfuß
Steinkohlengas
zu
6
Sh.
das
1000
1
12
8 1/2
2000
–
Oehlgas
zu
28
Sh.
–
1000
2
16
–
Es geht demnach aus dieser Vergleichung hervor, daß die Beleuchtung mit Oehlgas
beinahe fuͤnf Mahl wohlfeiler ist, als mit Wachslichtern, und
ungefaͤhr 20 % weniger kostet, als mit den besten gegossenen Talglichtern:
der Vortheile eines schoͤneren und staͤrkeren Lichtes nicht zu
gedenken, das man dabei erhaͤlt, und daß man es nach Belieben starker oder
schwaͤcher machen kann, und keine Zeit mit dem Puzen des Dochtes zu verlieren
braucht. Auch verbreitet es keinen so unangenehmen Geruch, wie es bei Oehllampen und
Lichtern der Fall ist, wenn man die leztern ausblaͤst, oder die Lichtscheere
nicht wohl verschließt, so wie es auch nicht raucht, keine Funken
umherspruͤhen, und vom Winde nicht verloͤscht werden kann.
Nachdem nun die Vortheile kurz angefuͤhrt sind, welche aus der
Oehlgas-Beleuchtung entstehen, so sollen einige Worte uͤber das bei uns
herrschende Vorurtheil folgen, daß eine solche Beleuchtung gefaͤhrlich sey.
Die mit der Anwendung des Gases verbundenen Gefahren sollen folgende seyn:
1) Explosionen in den Gasbehaͤltern und den dazu erforderlichen
Gebaͤuden.
2) Explosionen in den Hauptroͤhren unter dem Pflaster.
3) Explosionen in den Haͤusern, wo das Gas verbraucht wird.
1) Die Beleuchtung mit Steinkohlengas ist seit 21 Jahren in England
eingefuͤhrt, und in dieser langen Zeit hat sich bloß anfaͤnglich ein
ungluͤklicher Vorfall in Manchester ereignet, wo ein Gasbehaͤlter
zerplazte. Dieser Vorfall entstand jedoch nicht durch eine mit dem Gase
natuͤrlich verbundene Gefahr, sondern durch den Muthwillen des Arbeiters, welcher betrunken war, atmosphaͤrische
Luft in den Gasbehaͤlter ließ, und das Licht dagegen hielt. Allein dieser
Thorheit ungeachtet wurde weder er noch ein anderer Arbeiter beschaͤdigt, und
das Gebaͤude sowohl, worin der Gasbehaͤlter stand, als die
uͤbrigen darin befindlichen Behaͤlter, litten keinen Schaden. Sogar
der Gasbehaͤlter selbst war nicht stark beschaͤdigt, und flog nicht in
die Luft, obgleich bei diesem Ereignisse alles geschah, was man gewoͤhnlich
so sehr befuͤrchtet, – naͤmlich eine Mischung
atmospaͤrischer Luft mit dem Gase im Behaͤlter; Entweichung des Gases
in das Gebaͤude, wo der Behaͤlter stand; Hinzukommen des Feuers oder
Lichtes, und endliches Zerplazen; allein alles, was daraus entstand, war weiter
nichts, als eine leichte Beschaͤdigung des Behaͤlters, worin die
Verpuffung statt fand. Seit dieser Zeit sind an 50 neue Gasbehaͤlter in
London, und 150 auf dem Lande errichtet worden, und kein Vorfall hat sich mehr
ereignet.
Die Gebaͤude, worin die Gasbehaͤlter stehen, sind von allen Seiten
offen, und bloß so weit verschlossen, damit der Wechsel der Witterung die
Behaͤlter nicht beschaͤdigen kann. Wenn daher ein Entweichen des Gases
aus dem Behaͤlter durch irgend einen Zufall statt findet; so verliert es sich seiner
Leichtigkeit wegen augenbliklich in den hoͤhern Schichten der
Atmosphaͤre, so daß durchaus keine Explosion statt finden kann.
2) Eben so ungegruͤndet ist die Furcht vor Explosionen in den Hauptroͤhren (Mains)
unter dem Pflaster. Zwar ist es wahr, daß eine Mischung von Gas und
atmosphaͤrischer Luft in unbestimmtem Verhaͤltnisse in den
Hauptroͤhren statt findet; allein wenn man auch zugibt, daß sie zuweilen eine
verpuffende Eigenschaft erlangen koͤnnte, so ist sie doch dem Bereiche des
Feuers nicht ausgesezt, weil die Roͤhren zwei bis vier Fuß unter dem Boden
sind. Durch die kleineren Roͤhren aber, welche mit den Hauptroͤhren in
Verbindung stehen, und das Gas in den Haͤusern u.s.w. vertheilen, kann keine
Flamme dahin dringen, wie es vielfaͤltige Versuche und Erfahrung bewiesen
haben. Waͤre eine solche Gefahr in der Wirklichkeit begruͤndet, so
muͤßte laͤngst schon ein ungluͤklicher Vorfall sich ereignet
haben, da sich die Gasbeleuchtung in England taͤglich mehr verbreitet.
3) Den Bemerkungen zufolge, welche uͤber die beiden vorhergehenden Punkte
gemacht wurden, ist es augenscheinlich, daß keine Gefahr weder in den
Gasbehaͤltern noch in den Hauptroͤhren entstehen kann; und es bleibt
daher nur noch zu zeigen uͤbrig, daß auch in Haͤusern, wo das Gas
verbraucht wird, nichts zu befuͤrchten ist, wenn man nur ganz
gewoͤhnliche Vorsicht dabei braucht. Eine Explosion des Gases kann nur dann
statt finden, wenn 1 Theil Gas mit 5 Theilen atmosphaͤrischer Luft gemischt
ist; und weil Zimmer, Kauflaͤden, Werkstaͤtten u.s.w. nicht dicht
genug sind, um das Gas verschlossen zu, erhalten, so kann nicht leicht eine
Explosion geschehen. Um z.B. dem Gase eine verpuffende Eigenschaft zu geben,
muͤßte es in einem dicht verschlossenen Zimmer, das 15 Quadratfuß mißt, und 9
Fuß hoch ist, 48 Stunden lang einen Zufluß von 5 Cubikfuß Gas in jeder Stunde
erhalten, was nicht geschehen kann, wenn man nur die mindeste Aufmerksamkeit darauf
richtet, und den Hahn nicht aus Muthwillen oͤffnet.
Es ist in der That zu bewundern, daß zu Anfang der Gasbeleuchtung, als man mit den
Eigenschaften des Gases noch nicht gehoͤrig vertraut war, so wenig
Vorfaͤlle statt fanden; ein Beweis, daß die Gefahr nicht groß seyn kann, und
sich immer mehr vermindern muß, je mehr Apparat, Maschine und der Gebrauch derselben
verbessert und bekannt werden. Die Roͤhren, welche das Gas aus den
verschiedenen Werken Londons nach allen Theilen der Stadt leiten, bedeken jezt einen
Raum von etwa fuͤnfzig englischen Meilen, und der taͤgliche Gasbedarf
auf einer einzigen sehr bevoͤlkerten Stelle steigt auf 320,000 Cubikfuß.
London hat jezt drei Gaswerke, welche Steinkohlengas liefern, die unter dem Namen der
Charterres Gas-light and Coke Company, der City of London Gas-Light and Coke Company, und der South London Gas light Company bekannt sind. Das erste
von diesen Werken verbraucht jaͤhrlich 17,732 Chaldrons Kohlen, und erzeugt
daraus 216,330,000 Cubikfuß Gas, womit 30635 Gaslichter unterhalten werden. Das
zweite Gaswerk verbraucht jaͤhrlich 8842 Chaldrons Kohlen, und erzeugt
107,848,000 Cubikfuß Gas; und das dritte verbraucht 3120 Chaldrons Kohlen, und
erzeugt 38,064,000 Cubikfuß Gas. Alle diese Werke haben 47 Gasbehaͤlter,
welche 917940 Cubikfuß Gas enthalten, das aus 571 Retorten geliefert wird. Die dazu
erforderlichen Kohlen betragen 29692 Chaldrons, welche 7115 Chaldrons Coke, und
362,000,000 Cubikfuß Gas geben. Die damit unterhaltenen Privatlichter belaufen sich
auf 34,241, und die oͤffentlichen Lampen auf 8268. Die Kosten der Anlage
aller drei Werke sollen 851,250 Pfund Sterling betragen haben.
Dieser Ungeheuern Ausdehnung der Gaswerke wegen wurde im Jahr 1824 eine Commission
auf Befehl des Parlaments niedergesezt, um zu untersuchen, ob nicht etwa große
Gefahr dadurch entstehen koͤnne, wobei Sir Humphry Davy und andere| geschikte Chemiker berathen wurden. Das Resultat dieser
Untersuchung fiel ganz zu Gunsten der Gaswerke aus, indem die Commission entschied,
daß die Gesezgebung diesem Industriezweige nichts in Weg legen soll, weil keine
Gefahr dabei sey, wenn man nur gewoͤhnliche Vorsicht brauche. Deshalb nehmen
auch die Londner Versicherungsanstalten gegen Feuersgefahr weniger Praͤmien
von Haͤusern u.s.w., welche mit Gas beleuchtet werden, als von solchen, wo
man Lichter oder Lampen brennt, weil beim Gase keine Funken umherfliegen, und
sorglose Dienstboten es nicht an unrechte Stellen bringen koͤnnen. Ueberhaupt
aber gibt es jezt kaum mehr eine Stadt in England, wo man nicht mit Gas beleuchtete;
und in wenigen Jahren
wird diese Beleuchtungsart jede andere vollends verdraͤngen, um so mehr, da
man seit Kurzem auch angefangen hat, tragbares Gas zu
liefern, womit man Zimmer und jeden Theil eines Hauses ganz ohne Gefahr beleuchten
kann.
Um dieß zu erzweken, und eine groͤßere Quantitaͤt Gas in einen kleinen
Raum hineinzubringen, wird es in besonders dazu verfertigte Cylinder
gefuͤllt, und dergestalt zusammen gepreßt, daß 30 Cubikfuß nur 1 Cubikfuß
Raum einnehmen. Auf diese Weise hat man einen betraͤchtlichen Gasvorrath im
Hause; und weil die Behaͤlter so gemacht sind, daß sie noch uͤber den
gewoͤhnlichen einen Druk von 200 Pfund auf den Quadratzoll aushalten
koͤnnen, so ist durchaus nichts dabei zu befuͤrchten. Diese
Behaͤlter sind gewoͤhnlich von Eisenblech gemacht, und in
huͤbschen Lampen oder Fußgestellen verschlossen, welche oben mit allerlei
Bildern aus der Mythologie verziert sind. Die Gasbehaͤlter werden von der
Gesellschaft zur Verfertigung des tragbaren Gases an jeden Hauseigenthuͤmer
gefuͤllt geliefert, dem es alsdann anheim steht, irgend eine Verzierung nach
Gefallen zu waͤhlen. Auf diese Weise werden auch Tanz- und
Concert-Saͤle beleuchtet, und das Gas kann man nun uͤberall
hinbringen, wohin es fruͤher nicht geleitet werden konnte. Fuͤr
Kanzelleien, Caffeehaͤuser, Gasthoͤfe, Pallaͤste,
Kauflaͤden u.s.w. ist das tragbare Gas unvergleichlich; um so mehr, da es aus
Oehl bereitet wird, keinen unangenehmen Geruch verbreitet, und die Farbe der Metalle
und Vergoldungen nicht angreift, weil es frei von geschwefeltem Wasserstoff ist.
Sechs Cubikfuß Oehlgas geben eben so viel Licht, als ein Pfund Wachslichter; und
jeden Cubikfuß Gas verkauft die Gesellschaft an regelmaͤßige Abnehmer
fuͤr drei Farthings, wodurch sechs Cubikfuß Gas nicht theurer kommen, als ein
halbes Pfund Talglichter.
Diejenigen, welche Oehlgas regelmaͤßig brennen, bestimmen die Groͤße
der Lampen, die sie brauchen, und wie oft sie gefuͤllt werden muͤssen;
wogegen sie den Werth der Lampe deponiren. Die Lampen werden von der Gesellschaft in
Ordnung gehalten; dagegen aber sind die Abnehmer fuͤr Beschaͤdigung
verantwortlich. Wer bestaͤndig Gas nimmt, muß fuͤr eine bestimmte Zahl
Cubikfuß, zum Preise von 6 1/4 Shilling die 100 Fuß vorausbezahlen; und sobald diese
Zahl abgeliefert ist, muß dasselbe wiederholt werden. Wer unter 10 Cubikfuß Gas nimmt, und die Lampen,
welche gewoͤhnlich ins Haus geschikt werden, nicht selbst abholt, muß mehr
bezahlen. Die uͤbrigen Bedingungen sind in beistehender Tabelle
enthalten.
Bedingungen,unter welchen die Gasgesellschaft das
Publikum mit Oehlgas versieht.
Textabbildung Bd. 22, S. 486
Maß der Behaͤlter; Gehalt in
Cubikschuhen; Genaue Menge Gas, die in jedem Behaͤlter enthalten ist; den
Gehalt dreißig Mahl verdichtet; Gasmenge, die im Behaͤlter zuruͤk
bleibt, und nicht verbrannt werden kann; Gasmenge, welche in jedem Behalter
verbrannt werden kann; Gasmenge, wofuͤr bezahlt werden muß
Nach diesen Bemerkungen kommen wir nun auf den schon in oͤffentlichen
Blaͤttern beruͤhrten Gegenstand, daß die Einfuͤhrung eines
Gaswerkes durch Fremde nachtheilig sey, weil sie den Gewinn aus dem Lande ziehen.
Diese Behauptung muß ohne fernere Bedingung zugegeben werden; denn es ist besser
selbst zu arbeiten, als andere fuͤr sich arbeiten zu lassen. Wenn es aber
anerkannt ist, daß ein Industrie-Zweig in einem Lande vortheilhaft waͤre, und
es findet sich niemand ihn zu unternehmen, so thut die Regierung wohl daran, fremde
Vorschlaͤge auf eine bestimmte Zeit anzunehmen;
denn es ist besser mit fremder Huͤlfe vorwaͤrts zu ruͤken, als
beim Alten zu bleiben. Dieß ist bei dem vorliegenden Gegenstande der Fall, von dem
man beweisen kann, daß er selbst dann einem Lande nicht nachtheilig ist, wen er auch
durch Fremde eingefuͤhrt wird, obgleich, wie gesagt, einheimische Unternehmer
den Vorzug verdienen.
Wir haben in Suͤd-Deutschland geschikte Arbeiter in vielen Faͤchern,
und wenn sie es auch nicht sind, so haben doch viele darunter gewiß
vorzuͤgliche Anlagen. Weil es ihnen aber an der gehoͤrigen Ausbildung
fehlt, und sie mit dem verbesserten Maschinenwesen nicht bekannt sind; so
laͤßt sich gar nicht erwarten, daß ein Oehlgas-Apparat bei uns verfertigt
werden koͤnnte, wie er jezt in England gemacht wird. Wenn man daher die
Oehlgas-Beleuchtung durch einheimische Unternehmer einfuͤhren wollte, so
muͤßte wenigstens der Apparat aus England geholt werden, der meines Erachtens
an 24,000 Gulden kosten wuͤrde. Mit dem Apparate allein waͤre aber
noch nichts gethan; denn es fehlten uns alsdann noch ein in diesem Fache bewanderter
Ingenieur und ein Paar geschikte Arbeiter, um die Sache in Gang zu sezen, und ihr
die erforderliche Einrichtung zu geben. Es ginge also selbst bei einem einheimischen
Unternehmen eine betraͤchtliche Summe Geld ins Ausland, wenn man auch den
Umstand nicht beruͤksichtigt, daß wir in diesem Zweige noch wenig Erfahrung
haben. Wird er aber von Englaͤndern unternommen, so geht kein Geld
fuͤr den Apparat hinaus, und alle uͤbrigen dabei vorkommenden
Arbeiten, die noch hoͤher als der Apparat selbst kommen, werden mit
englischem Gelde bezahlt.
Um eine Uebersicht von den Kosten eines Steinkohlen-Gaswerks zu geben, womit 160
oͤffentliche und 500 Privatlichter das ganze Jahr hindurch versehen werden
koͤnnen, folgen hier die Angaben des geschikten Ingenieurs Peckston, welcher mehrere der ersten Gaswerke in England
eingerichtet hat.
Auslagen fuͤr die Gebaͤude,
Baustelle u.s.w.
4630
Pf.
–
Sh.
Apparat
2800
–
–
–
Gasleitung durch die Stadt, wozu 22500
FußRoͤhren erfordert werden
4070
–
–
–
–––––
–––––
–––––
–––––
Summe der ganzen Anlage
11500
Pf.
–
Sh.
11500
Pf.
–
Sh.
–––––
–––––
–––––
–––––
Dazu kommen aber noch ferner
dielaufenden jaͤhrlichen Kosten, naͤmlich:
Gehalt des Aufsehers
225
Pf.
–
Sh.
Arbeitslohn dem Mechaniker, Schmidt
u.s.w.
236
–
12
–
Handlanger, Pflasterer
201
–
10
–
Anzuͤnder der Lampen
41
–
12
–
790 Tonnen Steinkohlen zur
Gasbereitung
1027
–
–
–
100 Tonnen zum Feuermaterial
100
–
–
–
Kalk zum Reinigen des Gases
10
–
–
–
Abnuzung des Apparats und
Ausbesserung
244
–
–
–
–––––
–––––
–––––
–––––
13585
Pf.
14
Sh.
Die ganze Auslage wuͤrde sich demnach auf 13585 Pf. 14 Sh., oder um eine runde
Summe anzunehmen, auf 13600 Pfund Sterling belaufen. Wenn daher ein solches Gaswerk
von Fremden errichtet wird, so kommen dazu ungefaͤhr 11000 Pfd. Sterling ins
Land, weil außer dem eigentlichen Apparat Alles im Lande gemacht und ausgegeben
werden muß, wenn die Fracht von den Roͤhren u.s.w. nicht allen Gewinn
aufzehren soll. Die Kosten zur Errichtung eines Oehlgaswerkes kommen zwar etwas
wohlfeiler zu stehen; doch aber ist es sehr zu bezweifeln, ob es unter 6000 bis 7000
Pfd. Sterling geschehen kann, wovon also an 5000 Pfd., ohne die laufenden Kosten, im
Lande ausgegeben wuͤrden. Die Errichtung eines Oehlgaswerkes durch Fremde ist
also in dieser Beziehung schon nicht unvortheilhaft, und wird es um so mehr, wenn
man bedenkt, daß unsere Handwerksleute an feinere Arbeiten sich gewoͤhnen,
und folglich gewiß dabei lernen werden. Man kann aber den Gegenstand noch von
mehreren andern Seiten betrachten, und zugleich beweisen, daß die aus einer solchen
Unternehmung entspringenden Vortheile die allgemeine Aufmerksamkeit verdienen.
Im suͤdlichen Deutschland findet im Allgemeinen eine bedeutende Einfuhr von
Wachslichtern und Talg statt. Die Beleuchtung mit Oehlgas ist aber, wie eben
bewiesen wurde, jener mit Wachs vorzuziehen, gibt ein schoͤneres Licht, und
ist fuͤnf Mahl wohlfeiler. Wenn daher Oehlgas statt Wachs gebraucht wird, so
bleibt das Geld dafuͤr im Lande, und jeder Hauseigenthuͤmer kann
entweder um denselben Preis fuͤnf Mahl mehr Licht in seiner Wohnung haben, oder achtzig Gulden
ersparen, wenn man annimmt, daß er fruͤher 100 dafuͤr ausgegeben habe,
und sich mit eben soviel Licht, als zuvor, behelfen will.
Wenn Oehlgas statt Wachslichtern gebraucht wird, hoͤrt nicht nur die Einfuhr
der leztern groͤßtentheils auf, sondern der Anbau von Oehlsamen muß ebenfalls
erweitert, und der Akerbau dadurch befoͤrdert werden. Wenn daher die Anlage
von Gaswerken auf einer Seite Geld ins Land bringt, und auf der andern anderes
erspart und der Akerbau befoͤrdert wird; so wird es wohl nicht ungereimt
erscheinen, wenn man nachstehende ungefaͤhre Berechnung anstellt:
Geld, welches eine einzelne, auf 160
oͤffentlicheund 500 Privatlichter berechnete Anlage insLand
bringt
6000
fl.
der Umtrieb im ersten Jahre
15000
–
–––––
75000
fl.
Davon ist jedoch der Gewinn der Unternehmer abzuziehen, welcher ins Ausland geht, und
diesen kann man auf 8 p. C. berechnen, da man beim Steinkohlengas ungefaͤhr
eben soviel annimmt. Dieß macht also auf eine Anlage von obiger Ausdehnung nicht
mehr als 6000 fl. im Jahre; und wenn die Gesellschaft ein Privilegium auf 10 Jahre
bekaͤme, so machte es 60000 fl. Die Anlage selbst braͤchte aber 75000
fl. ins Land, und die Beleuchtung wuͤrde ebenfalls bei Weitem weniger kosten.
Was aber in 10 Jahren an Wachslichtern erspart werden koͤnnte, laͤßt
sich nicht genau angeben; doch aber ist gewiß, daß, wenn die Beleuchtung mit Oehlgas
allgemein wuͤrde, 100000 fl. im Jahre in den suͤddeutschen Staaten
nicht zuviel angenommen waͤre; und mithin betruͤge dieß in 10 Jahren
nicht weniger als 1,000,000 fl.
Es ist daher die Beleuchtung mit Oehlgas, sowohl von fremden als einheimischen
Unternehmern, gewiß vortheilhaft, und außer den Lichterziehern wuͤrde wohl
niemand beeintraͤchtigt werden. Was aber diese verloͤren,
wuͤrde dem Privatmanne reichlich durch eine wohlfeilere Beleuchtung ersezt,
die nach obigen Angaben zwischen Talglichtern und Oehlgas auf 20 p. C. steigt; und
Blechler, Eisengießer und Pflasterer etc. wuͤrden mehr Verdienst bekommen. Da
jedoch die Lichterzieher bei uns auch Seifensieder sind; so sollen sie trachten,
statt bei dem Herkoͤmmlichen zu bleiben, auch feinere Seifen zu machen, die man uns aus
Frankreich und England zufuͤhrt, und womit sie wohl eben so gut nach anderen
Laͤndern handeln koͤnnen, als die Englaͤnder und Franzosen. In
den meisten Kauflaͤden, und auch in vielen Privathaͤusern, brennt man
uͤbrigens bloß Oehl in Lampen; auch kommen noch Lichter herein, und wenn man
den Gegenstand genau untersucht, so wird der Verlust fuͤr die Lichterzieher
nicht so bedeutend seyn, als er beim ersten Blike erscheint.
Es ist demnach keinem Zweifel unterworfen, daß die Einfuͤhrung der
Oehlgasbeleuchtung von wahrem Nuzen ist, wenn auch gleich einige Individuen dabei
verlieren sollten. Der Staat hat bloß uͤber das allgemeine Interesse des
Landes zu wachen, und kann sich nicht um den Verlust Einzelner bekuͤmmern;
denn wer wuͤrde z.B. die Drukerpresse verboten haben, um den einzelnen
Abschreibern nicht zu schaden, welche ehemals von diesem Gewerbe lebten?
In London zaͤhlt man im Ganzen sieben Gasgesellschaften, deren Capital
6,850,000 Pfund Sterling seyn soll, wovon aber bis jezt nur 889,000 Pfund
eingeschossen wurden. Das Capital der London Portable Gas
Company soll 1000000 Pfund betragen; es wurden aber bis jezt nur 100,000
Pfund dazu erfordert.