Titel: | Ueber Bereitung eines Aezgrundes für Kupferstecher. Von Hrn. Edm. Turrell, Clarendon-Square Somers-town. |
Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. LXI., S. 247 |
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LXI.
Ueber Bereitung eines Aezgrundes fuͤr
Kupferstecher. Von Hrn. Edm.
Turrell, Clarendon-Square Somers-town.
Aus dem XLIII. Bd. der Transactions of the Society for the
Encouragement of Arts. In Gill's technical Repository. N. 51. S.
129.
Turrell, uͤber Bereitung eines Aezgrundes fuͤr
Kupferstecher.
Der Aezgrund gehoͤrt unter die wichtigsten
Gegenstaͤnde der Kupferstecherei, wie alle Kupferstecher sich fruͤher
oder spaͤter uͤberzeugt haben werden.
Da mehrere Recepte hierzu vorhanden, und mehrere derselben gleich gut sind, so kann
man, ohne hoͤhere Erfahrung, unter denselben schwerlich waͤhlen, und,
selbst dann, kann bei der sorgfaͤltigsten Abwaͤgung der Materialien
noch ein Mißlingen Statt haben, wenn diese Materialien schlecht sind, oder auf
ungeeignete Weise zusammengesezt werden.
Ich werde daher zuerst die Kennzeichen und Eigenschaften der Guͤte der
anzuwendenden Materialien hier beschreiben, und
2) die beste Methode angeben, wie und in welchen Verhaͤltnissen sie
zusammengesezt werden muͤssen, und einige Regeln angeben, wie man diese
Verhaͤltnisse gehoͤrig zu wechseln hat.
Das wichtigste und unerlaͤßlichste Material ist Asphalt. Nichts in der Natur
kann, wie es mir scheint, denselben ersezen, und, so gut alles Uebrige seyn mag, so
kann nichts die Unreinigkeit desselben verbessern. Asphalt oder Judenpech ist ein
festes mineralisches Erdharz, das mehrere Naturforscher fuͤr ehemahls
fluͤßig gewesenes Stein-Oehl erklaͤren, welches durch irgend
einen Abdampfungs-Proceß der Natur verdichtet wurde.
Der Theer, welchen man durch Destillation der erdharzhaltigen Kohlen bei der
gewoͤhnlichen Bereitung des Kohlengafes erhaͤlt, hat eine große
Aehnlichkeit mit Steinoͤhl, und gibt, wenn er langsam abgeraucht und
gehoͤrig behandelt wird, anfangs ein vollkommenes mineralisches Harz, und,
erhaͤlt durch Fortsezung des Abdampfungs-Processes, endlich die
Festigkeit des Asphaltes. Dieser kuͤnstliche Asphalt dient uͤberall
beinahe eben so gut, als natuͤrlicher, z.B. zu den groben schwarzen
Ueberzuͤgen auf die Kutschendekel, und zum Lakiren mehrerer Artikel, wie der
Kohlen-Behaͤlter, und vieler Eisenwaaren, die gegen Rost
geschuͤrt werden muͤssen.
Der Bruch des kuͤnstlichen Asphaltes ist jenem des natuͤrlichen so
aͤhnlich, daß man ihn durch das aͤußere Ansehen nur sehr schwer davon
unterscheiden kann; gewoͤhnlich ist aber jener tiefer schwarz,
waͤhrend der beste natuͤrliche eine schoͤne tief schwarzbraune
Farbe hat. Man braucht ihn gewoͤhnlich als Glanzfarbe in der
Oehl-Mahlerei, und man sagt, daß er auch in der Wasserfarben-Mahlerei
die Basis jener Farbe bildet, die unter dem Namen Vandyk
Braun bekannt ist. Ein kleines Stuͤk kuͤnstlicher Asphalt,
auf heißes Eisen gelegt, dampft wie Steinkohle unter aͤhnlichen
Umstaͤnden, und laͤßt eine kohlige Loͤschkohle (cinder) zuruͤk.
Das sicherste Mittel, natuͤrlichen Asphalt vom kuͤnstlichen zu
unterscheiden, ist der Geruch.
Die Producte, die mit dem Theere empor steigen, waͤhrend er aus der Steinkohle
destillirt wird, und mehr oder minder mit demselben verbunden sind, sind Schwefel
und Ammonium; Koͤrper, welche zwar in reinem Zustande sehr fluͤchtig
sind, aber doch eine so starke Verwandschaft zum Theere besizen, daß sie auf keine
Weise von demselben waͤhrend seines Ueberganges in kuͤnstlichen
Asphalt getrennt werden koͤnnen. Wenn daher lezterer auf heißes Eisen gelegt
wird, so hat der aufsteigende Dampf immer einen ekelhaften Geruch, worin man
Schwefel und Ammonium unterscheiden kann.
Die Gegenwart dieser beiden Koͤrper in dem kuͤnstlichen Asphalte macht
denselben offenbar zu einem Materiale fuͤr Aezgrund unbrauchbar, indem, da
man verduͤnnte Salpetersaͤure zum Aezen der Kupfer-Platte bei
dem sogenannten Einbeissen anwendet, die bekannte
Verwandtschaft der Saͤure zum Alkali eine Zersezung im Aezgrunde veranlaßt,
und ein zu tiefes oder zu seichtes Aezen dadurch entstehen muß. Ich kann noch
beifuͤgen, daß ein solcher Aezgrund zuweilen auf die Kupferplatte selbst
etwas wirken wird, wenn er eine laͤngere Zeit darauf liegen bleibt, und einen
Flek auf der Oberflaͤche erzeugen wird, der, in einigen Faͤllen, bei
dem Aezen sehr nachtheilig wirken muß. Diese Bemerkungen werden hinreichen, um zu
zeigen, warum man kuͤnstlichen Asphalt nicht als Aezgrund brauchen kann.
Wenn ein kleines Stuͤkchen aͤchten syrisches Asphaltes auf heißes Eisen
gelegt wird, so wird es, wenn es sehr rein und gut ist, beinahe ganz in Dampf
verwandelt werden, und fuͤr die meisten Menschen angenehm riechen.
Terpenthin-Geist loͤst es vollkommen auf, und bildet einen Firniß, der
der Einwirkung verduͤnnter Salpeter-Saͤure widersteht. Daher
bedienen sich auch Kupferstecher desselben, um in Kupferplatten geaͤzte
Linien, die durch das Aezen mit Salpetersaͤure tief genug gebissen wurden, zu
bedeken. Ich habe wiederholt bemerkt, daß die Atmosphaͤre auf die
Oberflaͤche des reinen Asphaltes nicht zersezend einwirkt, und wahrscheinlich
bediente man sich deßwegen desselben in der Composition zur Bedekung und
Aufbewahrung der aͤgyptischen Mumien.
Diese Eigenschaften des reinen Asphaltes, der Einwirkung der verduͤnnten
Salpeter-Saͤure zu widerstehen, und dem Aezgrunde Haͤrte und
Zaͤhigkeit zu geben, machen denselben fuͤr den Kupferstecher
unentbehrlich.
Das zweite, und kaum minder wichtige, Material ist Burgunder-Pech, aus Pinus Abies. Das durch Einschnitte aus dem Baume
erhaltene Pech wird in Wasser gesotten, durch ein Leinentuch gestehen, und in
Faͤssern oder Blasen ausgefuͤhrt. Es wird vorzuͤglich in der
Gegend von Neufchatel bereitet, und wir erhalten es aus Sachsen.
Das zu dem Aezgrunde tauglichste Burgunder-Pech erhalten wir in Blasen; es
ist, wenn es gut ist, undurchsichtig gelb, und etwas dunkler, als Strohgelb. Wenn es
alt wird, wird es an der Oberflaͤche durchscheinend, und zugleich,
wahrscheinlich durch den Verlust seines wesentlichen Oehles, so bruͤchig, daß
es sich zwischen den Fingern zerreiben laͤßt. Das frischeste, das daher auch
undurchscheinend ist, ist das beste fuͤr den Kupferstecher, da es sich am
vollkommensten aufloͤst.
Der dritte und, lezte Artikel ist Jungfern-Wachs. Das beste ist, im
Allgemeinen, das Ostindische. Das englische Wachs wird haͤufig mit
Hirsch-Talg verfaͤlscht, wodurch es zu einem Aezgrunde sehr untauglich
wird, indem die Zaͤhigkeit und Haltbarkeit des Grundes auf der Kupferplatte
dadurch verdorben wird. Diese Verfaͤlschung laͤßt sich leicht durch
die Weichheit und Klebrigkeit erkennen, und auch dadurch, daß es, gegen das Licht
gehalten, weniger durchsichtig ist. Reines Wachs nimmt, mit Leinen-Tuch
gerieben, eine bedeutende Politur, oder einen schoͤnen Glanz an,
waͤhrend das verfaͤlschte immer matt bleibt. Wenn man reines Wachs mit
einem scharfen reinen Messer fein spaͤnelt, so laͤßt die Schneide des
Messers dort, wo das Wachs weggeschnitten wurde, eine schoͤn
glaͤnzende Flaͤche zuruͤk; wenn es aber mit Talg
verfaͤlscht ist, fehlt diese glaͤnzende Flaͤche. Diese drei
Materialien reichen, wo sie rein sind, zu einem guten Aezgrunde hin, und mehr sind
uͤberfluͤßig. Asphalt muß um jeden Preis herbeigeschafft werden: die
uͤbrigen Artikel kann man sich leichter verschaffen.
Allgemeine Regeln zur Zubereitung und Zusammensezung der
obigen Ingredienzen.
Der Asphalt wird in kleine Stuͤke gebrochen, und wenn Thon oder irgend eine
andere Unreinigkeit daran ist, wird er sorgfaͤltig davon gereinigt, und dann
in einem marmornen oder
wedgwood'schen Moͤrser fein zerrieben. Wenn man waͤhrend dieser Arbeit
irgend einen steinartigen Koͤrper darunter bemerkt, muß er sorgfaͤltig
ausgeschieden werden. So zubereitet kann der Asphalt auf folgende Weise mit den
uͤbrigen Materialien gemengt werden:
Man gibt vier Unzen Burgunder-Peches in einen gut glasirten irdenen Napf,
laͤßt es bei einem schwachen Feuer schmelzen, und schwenkt das
Naͤpfchen, so daß die ganze innere Oberflaͤche desselben mit Pech
uͤberzogen wird. Dann sezt man eben so viel zerriebenen Asphalt zu, und
laͤßt das Naͤpfchen auf dem Feuer, bis beide Koͤrper so
ziemlich mit einander gemengt sind, was, wenn gehoͤrig umgeruͤhrt
wird, bald geschehen ist. Dann sezt man noch vier Unzen Asphalt zu, die sich bei
vermehrter Hize und fleißigem Umruͤhren bald damit verbinden, und eine so
fluͤßige Masse bilden werden, wie geschmolzenes Pech.
Nachdem der Asphalt vollkommen geschmolzen ist, erhaͤlt man ihn in diesem
Zustande wenigstens eine Viertel-Stunde lang, vermindert die Hize etwas, und
ruͤhrt indessen immer fleißig um, wodurch die Feuchtigkeit des
Burgunder-Peches großen Theiles verduͤnsten wird: dafuͤr wird
das wesentliche Oehl des Terpenthines sich mit dem Asphalte verkoͤrpern, und
den Aezgrund noch vollkommner machen. Wenn man diese Vorsicht vernachlaͤßigt,
so faͤngt der Aezgrund an zu verduͤnsten, wenn er auf der Platte
ausgebreitet wird, wenn er auch einen Monat und daruͤber darauf gelegen ist,
und zuweilen noch fruͤher; wodurch derselbe dann bruͤchig wird, und
von der Platte absteht, oder wegspringt zum großen Nachtheile der darauf
gezeichneten Linien und Tinten. Dem so zubereiteten Asphalte und
Burgunder-Peche sezt man 6 Unzen des besten Jungfern-Wachses zu, und
ruͤhrt alles wohl unter einander, bis es gehoͤrig gemengt ist. Man
laͤßt diese Mischung ungefaͤhr 10 Minuten lang still fort kochen,
worauf man sie vom Feuer nimmt, und so lange abkuͤhlen laͤßt, bis sie
die Consistenz von Terpenthin oder sehr diken Theriak angenommen hat. In diesem
Zustande kann sie auf die gepuzte Oberflaͤche einer Kupferplatte, oder eines
gut glasirten Tellers in solcher Menge gegossen werden, daß man eine Kugel von
ungefaͤhr Einer Unze, oder zwei Loche Schwere daraus bilden kann. Nachdem sie
daselbst hinlaͤnglich kalt geworden ist, rollt man sie (vorausgesezt, daß sie
die hinlaͤngliche Consistenz besizt, was man erst sieht, wenn sie einige Stunden lang auf der
Platte gelegen ist), in wohlgereinigten Haͤnden zu Kugeln. Wenn sie zu weich
waͤre, gibt der Aezgrund ungleich breite Linien (in der englischen
Kunstsprache dray-lines, Haken), die an
einigen Stellen sehr dik, an anderen sehr duͤnn sind, und wenn er zu hart
ist, so springen die Linien aus, werden am Rande gesaͤgt und man
erhaͤlt keine feinen ebenen Tinten.
Wenn diese Verhaͤltnisse nicht genau beachtet werden, so breitet der Aezgrund
sich auf der Kupferplatte nicht gern aus. Diesem Fehler laͤßt sich durch
Zusaz der gehoͤrigen Menge Burgunder-Peches leicht abhelfen.
Ich will nun einige allgemeine Regeln aufstellen, wie man
obigen Fehlern des Aezgrundes durch die Eigenschaften der Materialien desselben
selbst abhelfen kann.
Asphalt macht den Grund hart und zaͤhe. Wenn es daher dem Grunde an dieser
Eigenschaft fehlt, muß noch mehr davon zugesezt werden; dieser muß aber vorher in
der gehoͤrigen Menge Burgunder-Pechs aufgeloͤset worden seyn,
denn sonst haͤlt es zu schwer, oder es ist ganz unmoͤglich, denselben
mit dem Grunde gehoͤrig zu mengen, wenn das Wachs einmahl zugesezt ist. Man
wird dieß leicht einsehen, wenn man bedenkt, daß Burgunder-Pech das wahre Aufloͤsungs-Mittel fuͤr den
Asphalt ist, mit welchem dieser immer zuerst verbunden seyn muß. Aus diesem Grunde
wird es gut seyn, den Grund immer lieber zu hart, als zu weich zu machen, weil man
ihn in der Folge leichter weicher, als haͤrter machen kann.
Sollte der Grund sich zu hart zeigen, so darf man nur ein wenig Jungfern-Wachs
zusezen: mehr braucht es nicht.
Wenn sich der Grund nicht leicht uͤber der Platte verbreitet, und an dem
Streicher haͤngen bleibt, oder die Platte nur theilweise bedekt, kann diesem
Fehler dadurch abgeholfen werden, daß man ein wenig Burgunder-Pech zusezt;
wenn der Grund zugleich aber auch zu weich waͤre, so muß sowohl Asphalt als
Burgunder-Pech, vorlaͤufig gemengt, zugesezt werden, indem der Asphalt
immer gleichmaͤßig vertheilt und vollkommen aufgeloͤst seyn muß.
Obschon in allen Recepten Asphalt zulezt zugesezt wird,
so bin ich doch uͤberzeugt, daß er dem Peche zuerst zugesezt werden muß, wenn
man alle guten Wirkungen desselben erhalten will, indem das Pech das wahre
Aufloͤsungs-Mittel desselben ist.
Aus dem bisher gesagten fließen folgende Regeln:
1) Asphalt gibt dem Aezgrunde Haͤrte und Zaͤhigkeit, und ist durchaus
nothwendig, weil er der Einwirkung der verduͤnnten
Salpeter-Saͤure am besten widersteht.
2) Burgunder-Pech ist ein vollkommenes Aufloͤsungs-Mittel
fuͤr Asphalt, und nuͤzt, mit demselben verbunden, zur
gleichfoͤrmigen Verbreitung uͤber der Kupfertafel, was wesentlich
nothwendig ist, wenn nicht falsch ausgebissen werden soll.
3) Jungfern-Wachs gibt dem Grunde die gehoͤrige Weichheit und
Consistenz, so daß, wenn Linien durch denselben durchgeschnitten werden, die Kanten
jeder Linie rein, ohne alle Zaken und Splitter bleiben, was dem geaͤzten
Stiche hoͤchst nachtheilig seyn wuͤrde.
Ich wuͤnschte meinen Kunstbruͤdern das Resultat meiner
vieljaͤhrigen Erfahrung hiermit vorzulegen, nicht neue Versuche oder
willkuͤhrliche Recepte, die, statt wahrer Grundsaͤze, bloß ungewissen
Erfolg und oͤfters gaͤnzliches Mißlingen veranlassen.