Titel: | Chemische Untersuchungen über die Kunst des Brodbakens. Von Hugo Colquhoun, M. D. |
Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. LXXIII., S. 314 |
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LXXIII.
Chemische Untersuchungen uͤber die Kunst
des Brodbakens. Von Hugo
Colquhoun, M. D.
Aus den Annals of Philosophy. Septbr. 1826. S. 161.
Octbr. 1826. S. 263.
Mit Anmerkungen und einem Zusaze der
Redaction.
Colquhoun's, chemische Untersuchungen uͤber die Kunst des
Brodbakens.
Es gibt wenig chemische Arbeiten, welche die Gesundheit und
das Wohl eines jeden Individuums mehr unmittelbar betraͤfen, als die Kunst
des Brodbakens,Dessen ungeachtet ist, zumahl seit Wieder-Einfuͤhrung der
Magistrate in einigen Laͤndern, nicht bald irgend ein Gegenstand des
Gemein-Wohles mehr vernachlaͤßigt, als das liebe
„taͤgliche Brod.“ Man wird wenige
Baͤker-Laͤden finden, in welchen man reines, gutes und
gesundes Brod trifft, und die Quelle einer
zahllosen Menge von Krankheiten stroͤmt aus den Bakereim unter das
Volk. Leider muß man gestehen, daß die wenigsten Hausmuͤtter auf dem
Lande das Brodbaken besser verstehen, als der Baͤker, und man sieht
mit Bedauern, wie das schoͤnste Mehl unter den Haͤnden
unwissender Frauen und Maͤgde zu einem ungenießbaren, und der
Gesundheit hoͤchst nachtheiligen, kleisterartigen Brode aus dem Lande
verdorben wird. Linguet hatte nicht ganz Unrecht,
wenn er einen guten Theil der Volks-Krankheiten auf dem Lande dem
schlechten Brode zuschrieb, und die Idee eines sehr
ehrenwerthen Mannes, des ehemaligen Baͤkermeisters zu Wien, Hrn.
Simon Frank, Gemein-Baͤkereien auf
dem Lande einzufuͤhren, in welchen der Landmann gegen eine
normalmaͤßig festgesezte Abgabe an Mehl sich sein Brod von einem
gehoͤrig unterrichteten und gepruͤften Baͤker zu einer
schmakhaften und gesunden Nahrung baken lassen kann, verdiente in der That
die Aufmerksamkeit der Regierungen. Man gehe nur in die Huͤtten der
Landleute und koste ihr Brod, und man wird gestehen, daß es zu wundert ist,
daß die Mortalitaͤt in manchem Dorfe nicht noch groͤßer
steigt, als sie wirklich ist; denn schlechtes Brod als taͤgliche
Nahrung reichlich genossen ist mehr Gift, als manches noch so sehr
gefuͤrchtete. A. d. U. und doch gibt es vielleicht noch wenigere, bei welchen man den Grund des
Verfahrens weniger allgemein einsaͤhe. Die Arbeiten eines Baͤkers
haben wenig Anziehendes, und es liegt, fuͤr den gewoͤhnlichen
Beobachter, nichts Einladendes darin, das Mehl in einer Bakstube in seinen
verschiedenen auf einander folgenden Veraͤnderungen bis zu dem Ofen zu
verfolgen, und es auf der lezten Stufe seiner Umbildung in Brod zu betrachten. Es
ist eine eben so bekannte als richtige Bemerkung, daß die glaͤnzendsten und auffallendsten
Erscheinungen im Gewerbswesen nicht immer die interessantesten und belehrendsten bei
der Untersuchung derselben sind, und daß man nicht selten bei der gemeinsten
mechanischen Kunst Verbesserungen anbringen kann, die selbst dem bloßen Theoretiker
auffallen muͤssen, wenn er ohne alles Vorurtheil das Verfahren bei derselben
pruͤft: Verbesserungen, die dem Kuͤnstler, der bloß erzogen wurde, zur
Befolgung eines eintoͤnigen Schlendrians, welchen auch nur im Mindesten
andern zu wollen er entweder zu faul, oder zu unwissend, oder zu furchtsam als
Sclave der Gewohnheit ist, nie in den Sinn kommen konnten. Folgender Versuch wird
daher dem Publicum in der Hoffnung mitgetheilt, daß, waͤhrend er der
Aufmerksamkeit des Chemikers nicht ganz unwerth seyn mag, er zugleich dem
praktischen Baͤker selbst einige nuͤzliche Winke mittheilen kann.
Zugleich wird es nothwendig seyn, die Bemerkung vorauszuschiken, daß, in Hinsicht
auf einige Verbesserungen der Handgriffe in der Baͤkerei, die hier
vorgeschlagen werden, das Merkwuͤrdigste an denselben der Umstand ist, daß
sie bisher groͤßten Theils, um nicht zu sagen gaͤnzlich, dem
praktischen Baͤker unbekannt geblieben sind. Es gehoͤrten nicht viele
Kenntnisse dazu, um die wichtigsten derselben hier in Vorschlag zu bringen, und doch
sind die Vortheile, die die Anwendung derselben verspricht, nichts weniger als
unbedeutend.
Bei Abfassung dieses gegenwaͤrtigen Versuches war es nicht nur noͤthig,
die Ansichten und Versuche fruͤherer Schriftsteller uͤber diesen
Gegenstand zu beruͤksichtigen; es mußten auch, um einige bei dieser Kunst
vorkommende Verfahrungs-Arten zu beleuchten, verschiedene ganz neue Versuche angestellt,
und in vielen Faͤllen mußten die Resultate, welche andere erhalten zu haben
versicherten, sorgfaͤltig erprobt werden. Wo immer ein Versuch auf fremde
Autoritaͤt angefuͤhrt ist, ist dieselbe nachgewiesen; wo dieß nicht
der Fall ist, ist der Verfasser fuͤr die Genauigkeit desselben
verantwortlich.
Gebakenes Brod kann, in seinem einfachsten Zustande, als ein Koͤrper
betrachtet werden, der durch Mischung eines Theiles der Samen irgend eines
getreideartigen Grases mit Wasser entsteht, wenn diese Mischung mittelst Feuers zu
einer dichten Masse gebaken wird. Als die Baͤkerkunst noch in ihrer Kindheit
war, bestand das Verfahren wahrscheinlich nur in einigen wenigen Handgriffen. Der
erste Koch, der die Entdekung machte, daß, wenn man Korn vorerst befeuchtet, und
dann bakt, ein dichter Kuchen entsteht, der in einem geringen Umfange eine Menge
Nahrungsstoffes enthaͤlt, der, unter gehoͤrigen Umstaͤnden,
sich eine unbestimmte Zeit uͤber gut erhaͤlt, und, gekaut, fuͤr
den Gaumen sehr angenehm schmekt, kann als derjenige betrachtet werden, der den
ersten Schritt in der Kunst des Brodbakens gethan hat: ein Schritt, der an sich
schwieriger und wichtiger fuͤr das Menschengeschlecht ist, als jede
spaͤter hinzugekommene Verbesserung. Denn unter allen Verfeinerungen unserer
neueren Baͤkerkunst laͤßt sich keine, ihrer Wichtigkeit nach, mit
diesem ersten Schritte vergleichen, durch welchen der Mensch einen großen Theil
seiner Nahrung auf eine ihm eigene Weise zu sich zu nehmen gelernt hat, und
uͤber die uͤbrigen Thiere sich erhob, die das Korn roh fressen. Der
zweite Schritt, den die Baͤker-Kunst in ihrer Vervollkommnung
vorwaͤrts machte, das Zermahlen des Kornes zu Mehl, ehe man dasselbe mit
Wasser befeuchtete, um es mittelst Feuers zu einem Kuchen zu baken, scheint
natuͤrlicher und leichter gethan, als der erste, und wir finden heute zu Tage
wenige Voͤlker mehr, die, einmahl so cultivirt, daß sie Brod baken, noch so
roh waͤren, daß sie ihr Brod nicht aus gemahlenem Korne buͤken.Wenn man angefangen habe, das Getreide zur Nahrung zu gebrauchen, ist nicht
bekannt. Des ungesaͤuerten, d.i. ohne Gaͤhrung bereiteten
Brodes, eines schweren, dichten und fadschmekenden Gebaͤkes, das sich
schwieriger erweichen laͤßt, und dann einen zaͤhen Leim
bildet, wodurch es unverdaulicher wird, gedenken schon die aͤltesten
hl. Urkunden. Aber nur stufenweise ist man dahin gekommen, den mehligen, d.i. den
einzigen nahrhaften Bestandteil in den Getreidesamen, nicht nur
auszuscheiden, sondern auch zu Brod umzubilden. – Das Getreide wurde
zuerst, wie andere Naturproducte, roh und ohne alle Zubereitung,
hoͤchstens aufgequollen, genossen. Dann begnuͤgte man sich
sehr lange nur mit Mehlsuppen, Breien oder dichten, klebrichten, wenig
schmakhaften und schwer verdaulichen Kuchen, wozu die Samen erst zwischen
Steinen von Menschenhaͤnden, dann durch Stampfen, Moͤrser,
Handmuͤhlen zerrieben wurden, bevor man ein solches Bakwerk, wie
unser jeziges Brod ist, bereiten lernte. Man mußte erst groͤßere
Maschinen erfinden und vervollkommnen, um die Samenkoͤrner
vorteilhaft zu mahlen, und das reine Mehl derselben leicht und fast ohne
alle Muͤhe abzusondern. Es mußte auch erst die Beobachtung gemacht
werden, daß das mit einer gewissen Menge Wasser vermengte Mehl einer
Gaͤhrung faͤhig sei, welche fast alle seine Klebrigkeit
zerstoͤrt, seinen Geschmak erhoͤht und es geschikt macht, ein
lokeres, wohlschmekendes und leicht verdauliches Brod darzustellen. Die
Erfindung des Bieres lieferte endlich eine neue, zur Verbesserung des Brodes
sehr taugliche Materie, die Hefe. – Die Morgenlander waren die
ersten, welche das Brod in Oefen buken; in Europa wurde dieser Gebrauch erst
583 Jahre nach Romas Erbauung eingefuͤhrt. Die erste
Baͤkerordnung in Deutschland erhielten die Baͤker im Jahre
1599 durch den Kurfuͤrsten Friedrich, Pfalzgraf am Rhein. –
Wenn man die Quantitaͤt des Nahrungsstoffes des beßten Weizens durch
1000 bezeichnet, so ist nach Navy diejenige des Roggens 792; die der Gerste
940; die des Hafers 743; die der Bohnen, Erbsen und Linsen 570; die der
Kartoffeln 200. – Man vergleiche den Artikel Brod in Arsch und Grubers Encyclopaͤdie und in historischer
Hinsicht Bekmans Beitrage zur Geschichte der Erfindungen. Zweiter Band, 1.
Hf. S. 1–68. A. d. R.
Noch war aber ein anderes besonderes Verfahren in der Baͤkerei uͤbrig,
ehe dieselbe alle jene Grade erhielt, die nach und nach in die neuere
Baͤkerkunst eingefuͤhrt wurden; und dieses Verfahren deutet allerdings
auf hoͤhere Verfeinerung und Civilisation sowohl bei Einfuͤhrung als
bei dem regelmaͤßigen Gebrauche desselben: indessen ist es bereits so alt,
daß sich selbst jede Tradition uͤber den Ursprung oder die Erfindung
desselben verloren hat. Dieses Verfahren besteht darin, daß man der Brodmasse einen
leichten gasfoͤrmigen Koͤrper zusezt, der gewoͤhnlich immer von
derselben Art ist, wie derjenige, der dem Biere und dem Champagner seinen Schaum
gibt. Dieses Gas gibt uns, wenn es dem Teige gehoͤrig zugesezt ist, nach dem
Baken und Abkuͤhlen des Brodes, statt einer harten und schweren oder zaͤhen Nahrung eine
leichte, poroͤse, elastische, durchscheinende Speise, die zugleich dem Gaume
angenehmer, leichter verdaulich und gesuͤnder ist. Gewoͤhnlicher
Schiffs-Zwiebak ist kein schlechtes Beispiel der ersteren dieser
Brodgattungen, und ein gutes einfaches Weizenbrod ist ein Beispiel der lezteren.
Wenn man eine Masse Teiges zu See-Zwiebak in der Groͤße und Form eines
gewoͤhnlichen Leibes Weizen-Brodes baken wollte, so wuͤrden
sich die verschiedenen Eigenschaften dieser beiden Brod-Gattungen sehr bald
zeigen: ersterer wird eine harte dichte schwere Masse bilden, die sich nur mit
Muͤhe schneiden und kauen laͤßt, waͤhrend die andere leicht,
halbdurchscheinend, und voll kleiner Luftblaͤschen ist, so daß sie in
Hinsicht auf Leichtigkeit und Elasticitaͤt einem Schwamme aͤhnlich
wird. Man muß noch uͤberdieß bemerken, daß diese Blaͤschen an einem
gut bereiteten Brode beinahe regelmaͤßig in einer Art von Schichten
uͤber einander liegen, und alle senkrecht auf die Kruste des Brodes stehen.
Diese Art von innerem Baue im Brode ist das, was die Baͤker
aufgehaͤuftes Brod (piled bread) nennen, und ein solches Aussehen
desselben betrachten sie als das sicherste Kennzeichen eines gut gelungenen
Gebaͤkes.
Diese hier angegebenen Unterscheidungen sind bezeichnend und entscheidend. Sie
verbreiten hinlaͤnglich Helles Licht uͤber die großen Vortheile,
welche der Menschheit durch Einfuͤhrung jenes Verfahrens in der
Baͤkerkunst zugeflossen sind, wodurch dem zum taͤglichen Genusse
bestimmten Brode eine bedeutende Menge eines fremdartigen Koͤrpers zugesezt
wird, der an und fuͤr sich nicht nahrhaft ist. Ein Umstand, der beweiset, um
wieviel gut aufgegangenes Brod leichter verdaulich ist, ist der, daß, wenn man
solches Brod zwischen den Fingern reibt, es sich leicht broͤselt, und daß ein
Stuͤk dieses Brodes in heißes Wasser gethan alsogleich darin erweicht,
bedeutend aufschwillt, aus einander faͤllt, und sich leicht in dem Wasser
zertheilt. Wenn man aber ein Stuͤkchen unaufgegangenes Brod auf
aͤhnliche Weise zwischen den Fingern quetscht, so bildet sich eine feste
zusammenhaͤngende Masse, die in heißem Wasser nicht mehr weicher, sondern zu
einer bleibend zaͤhen Teig-Masse wird.
Die verschiedenen Methoden, deren man sich bediente, um den gasartigen Koͤrper
dem Brode beizumengen, bilden beinahe den einzelnen Gegenstand interessanter
Untersuchung in der heutigen Baͤker-Kunst. Das Uebrige loͤst
sich, wie bereits bemerkt wurde, in einen ziemlich einfachen und nicht besonders merkwuͤrdigen
Koch-Proceß auf, der bloß in Mischung gehoͤriger Mengen Mehles, Salzes
und Wassers und einiger Zusaͤze besteht, worauf diese Mischung in dem Ofen
gebaken wird.Der Hr. Verfasser betrachtet hier die Baͤkerei zu
oberflaͤchlich. Er haͤtte auf die Wichtigkeit der Unterschiede
der verschiedenen Arten Mehles sowohl einer und derselben
Getreide-Art, als der verschiedenen Getreide-Arten; auf die
verschiedenen Wirkungen verschiedener Wasser; auf den unendlich wichtigen
Einfluß endlich des Baues des Ofens (die noch jezt so sehr
vernachlaͤßigte Pyrotechnik der
Baͤkerei) wenigstens im Vorbeigehen aufmerksam machen
sollen: diese Gegenstaͤnde sind weder so einfach, noch so
unbedeutend, als sie Hrn. Colquhoun vielleicht
scheinen moͤgen, da er ihrer nicht einmahl erwaͤhnte. A. d.
U. Die einzig wichtige chemische Untersuchung in der Baͤkerei ist also
die Pruͤfung des Gebrauches und der Wirkung des gasfoͤrmigen
Koͤrpers, welcher dem Brode auf eine kuͤnstliche Weise so beigesezt
wird, daß dasselbe dadurch leicht und elastisch wird. Dieß ist der Gegenstand des
vorliegenden Versuches.
Um so deutlich als moͤglich zu werden, wollen wir die Geschichte des
Mechanismus bei dem gewoͤhnlichen Verfahren der Baͤkerei in
Kuͤrze entwerfen, und dann den Nuzen und Zwek eines jeden Theiles desselben
in chemischer Hinsicht betrachten, insofern er zur gehoͤrigen Verbreitung des
Gases in dem Brode beitragt, so daß es eine leichte, schwammige, schmakhafte und
gesunde Nahrung wird. Auf diese Weise wird unsere Abhandlung in zwei Theile
zerfallen. Der erste ist ausschließlich dem Verfahren bei der Brodgaͤhrung gewidmet: der bei weiten wichtigsten und
nuͤzlichsten Verfahrungs-Weise um dem Teige dieses Gas zuzusezen. Der
zweite wird einige der uͤbrigen wichtigeren chemischen Methoden, zu welchen
der Baͤker in dieser Absicht seine Zuflucht nimmt, im Vorbeigehen betrachten.
Unter diesen wird sich, bei Bereitung der Pfefferkuchen, eine finden, die in
Hinsicht auf die Erklaͤrung derselben merkwuͤrdig und abweichend genug
ist, um eine sorgfaͤltigere Pruͤfung als irgend eine der
uͤbrigen zu verdienen, und mit dieser werden wir schließen.
Ueber das gewoͤhnliche Verfahren bei dem
Brod-Baken.
Wenn ein Stuͤk Weizen-Teig von sich selbst in Zersezung uͤbergeht, erzeugt er
immer in seinem Inneren eine gewisse Menge kohlensauren Gases, und die Bildung
dieses Gases ist der Zwek des Baͤkers, wenn er Gaͤhrung erregen will.
Die Methoden, deren er sich bedient, sind, verhaͤltnißmaͤßig, insofern
gut, als sie schneller und vollkommner dieses Gas in dem Teige erzeugen. Die
vielleicht einfachste Methode hierzu ist diese: ein Stuͤk Teig an einem
warmen Orte bei Seite zu legen, und daselbst so lang zu lassen, bis er fuͤr
sich anfaͤngt in Zersezung uͤberzugehen, wodurch innerhalb desselben
kohlensaures Gas erzeugt: und das daraus gebakene Brod leicht und blasig werden
wird. Dieses Verfahren ist aber nicht bloß mit bedeutender Langsamkeit verbunden,
sondern hat auch noch den Nachthell, daß ein solcher Teig nie von Saͤure und
nie von Faͤulniß ganz frei ist, welche beide nicht bloß immer dem Geschmake
des Brodes, sondern, in einem hoͤheren Grade, selbst der Gesundheit
schaͤdlich sind. Man wird aber finden, daß der Zersezungs-Proceß in
irgend einer frischen Masse Teiges durch den Zusaz einer geringen Menge alten
Teiges, der sich in einer staͤrkeren Gaͤhrung befindet, sehr
beschleunigt wird. Wenn solcher Teig, den man Sauerteig
nennt, zugesezt wird, so hat man die Brodmasse gesaͤuert. Dieses Saͤuren des Brodes, das jeder kennt, war
schon in den aͤltesten Zeiten, aus welchen wir noch Urkunden besizen,
allgemein gebraͤuchlich, und hat sich, obschon noch ein anderes Verfahren
hinzu kam, bei den civilisirtesten Voͤlkern bis auf den heutigen Tag
erhalten: beinahe immer bringt der Baͤker nur einen Theil des Teiges, nie die
ganze Masse auf ein Mahl, in Gaͤhrung, und saͤuert dann mit ersterem
die leztere, wodurch er dieselbe, wenn er sie zu Brod machen will, weit schneller
zur gehoͤrigen Zersezung veranlaͤßt.
Der heutige Baͤker bewirkt aber nicht mehr durch Zusaz von etwas Sauerteig den
Anfang des Zersezungs-Processes; denn er fand, daß es noch etwas anderes
gibt, was die Gaͤhrung im Teige weit schneller zu erregen vermag. Dieß sind
die Hefen,In Oberdeutschland: Gaͤrm. A. d. U. oder jener Schaum, den das Bier aus dem Faße ausstoͤßt, sobald es,
als zukerhaltiger Aufguß, in einen Zustand von wirklicher Gaͤhrung
uͤbergeht. Die Chemiker wissen noch nicht mit Bestimmtheit, welcher Theil der
Hefen, die ein sehr zusammengesezter unreiner Koͤrper sind, die Zersezung in dem Teige verbreitet,
obschon man jezt wenig mehr daran zu zweifeln scheint, daß dieß durch den klebrigen
Bestandtheil geschieht, der in den Hefen selbst schon in eine Art von Zersezung
uͤberzugehen anfing.
Wenn der Baͤker den Teig durch die Hefen-Gaͤhrung zurichten
will, nimmt er gewoͤhnlich zuerst nur einen Theil des Wassers, zuweilen aber
auch alles Wasser, welches er zu einer gewissen Menge Teiges braucht, und
loͤst in demselben, bei einer Temperatur von 70 bis 100° F. (+ 17 bis
30° Reaum.) eine gewisse Menge Salzes auf; immer aber weniger, als am Ende
erst nothwendig wird, um dem Brode den gehoͤrigen Geschmak zu ertheilen. Nun
mengt er Hefen mit diesem Wasser, und sezt dann einen Theil Mehl zu; gleichfalls
weniger, als er am Ende zur vollen Bereitung des Teiges nothwendig hat. Diese
Mischung bedekt er, und stellt sie an einen warmen Ort bei Seite: Eine Stunde darauf
zeigen sich schon Zeichen der anfangenden Gaͤhrung. Dieser Zeug, oder dieses Dampfel (sponge)Obige bei Seite gesezte Mischung nennen die Baͤker in ihrer Sprache
(in England) Schwamm (sponge; in Oberdeutschland Dampfel);
die Bildung desselben, und das Stehenlassen desselben zur freiwilligen
Zersezung nennen sie (in England) den Schwamm
ansezen, (setting de sponage); in
Oberdeutschland: Dampfel ansezen), und nach der
Menge Wassers in dem Zeuge, im Verhaͤltnisse der ganzen zum Teige
noͤthigen Menge, ist er Viertel, halber oder
ganzer Zeug. A. d. O. faͤngt an zu schwellen und sich zu heben; offenbar in Folge der
Erzeugung irgend einer elastischen Fluͤßigkeit, die, in diesem Falle, allzeit
kohlensaures Gas ist. Wenn der Zeug halbfluͤßig ist, so drangen sich bald
große Luftblasen auf die Oberflaͤche, plazen daselbst, und zerstreuen sich in
schneller Aufeinanderfolge. Wenn aber der Zeug die Consistenz eines duͤnnen
Teiges hat, so bleibt die gasfoͤrmige Fluͤßigkeit in demselben
eingeschlossen, bis er sich allmaͤhlich und gleichfoͤrmig zu beinahe
der Haͤlfte seines urspruͤnglichen Umfanges erhoben hat, wo er dann
nicht mehr laͤnger im Stande ist, die ihn ausdehnende Luft zu halten,
berstet, und sich sezt. Dieses abwechselnde Heben oder Steigen, und Zusammenfallen
oder Sezen, kann nun 24 Stunden lang unterhalten und wiederhohlt werden; Erfahrung
hat aber den Baͤker gelehrt, sich zu huͤthen, daß die Kraft des
Gaͤhrungs-Materiales nicht bis an ihr leztes Ziel gelangt. Er
unterbricht die Wirkung derselben nach dem ersten, oder laͤngstens nach dem
zweiten und dritten. Zusammenfallen des Zeuges; denn, wenn er dieß nicht
thaͤte, wuͤrde das aus solchem Teige erzeugte Brod unvermeidlich sauer
schmeken und riechen.
Er sezt nun, in dieser Periode, den Rest des Mehles, Wassers und Salzes, der zur
Bildung des Teiges nach der von ihm bestimmten Menge und Consistenz nothwendig ist,
dem Zeuge zu, und verkoͤrpert ihn mit diesem durch langes und
muͤhevolles Kneten. Wenn diese Arbeit solang fortgesezt wird, bis das
gaͤhrende und das neu zugesezte Mehl innigst mit einander gemengt ist, und
bis alle klebrigen Theile des Mehles zu einer solchen Verbindung und Consistenz
gebracht wurden, daß der Teig, der nun zaͤhe und elastisch geworden ist,
einen schnellen kraͤftigen Druk mit der Hand aushalt, ohne an derselben, wenn
man sie zuruͤkzieht, kleben zu bleiben, so wird das Kneten einige Zeit
uͤber ausgesezt. Man uͤberlaßt den Teig einige Stunden uͤber
sich selbst, waͤhrend welcher er fortfahrt in einem Zustande von
thaͤtiger Gaͤhrung zu bleiben, die sich jezt durch die ganze Masse
desselben verbreitet. Nach dem Verlaufe dieser Zeit wird er zum zweiten Mahle,
jedoch weniger stark, geknetet. Der Zwek dieser Arbeit ist, das in dem Inneren des
Teiges entwikelte Gas so gleichfoͤrmig als moͤglich durch die ganze
Teigmasse zu verbreiten, so daß kein Theil derselben bald hier ein schlechtes,
unaufgegangenes Brod in Folge des Mangels an kohlensaurem Gase, bald dort ein zu
schwammiges und lokeres Brod wegen zu haͤufigen solchen Gases bildet. Nach
dem zweiten Kneten wird der Teig in die zur Verfertigung von Broden von bestimmtem
Gewichte nothwendigen Stuͤke ausgewogen, diese Stuͤke werden zu Leiben
gebildet, und dann noch ein Mahl auf ein paar Stunden an einen warmen Ort gestellt.
Da die Gaͤhrung auch hier noch fortwaͤhrt, so erzeugt sich bald wieder
eine hinlaͤngliche Menge neuen kohlensauren Gases, um diesen Leib in einen
doppelt so großen Umfang, als er anfangs hatte, auszudehnen. Nun ist der Leib zum
Baken fertig, und wenn er jezt gehoͤrig ausgebaken wird, so ist er, wo er aus
dem Ofen kommt, beinahe zwei Mahl so groß, als er gewesen ist, ehe er in den Ofen
kam. Man muß hier bemerken, daß man gefunden hat, daß die Entwikelung der
gehoͤrigen Menge Gases in dem Inneren des Teiges durchaus vorher
vollendet worden seyn muß, ehe man denselben in den Ofen bringt, indem, sobald der
Teig in den Ofen gelangt, der Gaͤhrungs-Proceß aufgehoben wird: nur
die bereits vorher in demselben enthaltene Luft ist es, die, durch die Hize
ausgedehnt und verbreitet durch alle Theile des ganzen Leibes, denselben in seinem
ganzen Umfange ausdehnt, und ihm den aufgegangenen und blasigen Bau gibt. Wenn man
bedenkt, daß das so allgemein ausgedehnte Gas vorlaͤufig von dem
Baͤker durch das Brod vertheilt wurde, und daß der ganze Teig durch das
Kneten eine zaͤhe Consistenz erhielt, so ist es offenbar, daß das Resultat
hiervon an einem gut gebakenen Brode dieses seyn muß, daß es aus einer unendlichen
Menge Zellchen besteht, deren jede mit kohlensaurem Gase gefuͤllt und mit
einer klebrigen Haut ausgefuͤttert ist, oder aus derselben besteht, und daß
das Brod dadurch sein leichtes, elastisches, poroͤses Gefuͤge
erhaͤlt.
Dieß waͤre nun die Geschichte des gewoͤhnlichsten und gemeinsten
Verfahrens, welches heute zu Tage der Baͤker befolgt, um einen Leib Brod zu
verfertigen. Es ist nichts besonders Anziehendes in derselben; dieser Mangel wird
aber reichlich durch das Interesse ersezt, welches eine chemische Untersuchung der Natur des Gaͤhrungs-Processes, so
wie er hier dargestellt ist, erregt. Diese Untersuchung hat zu verschiedenen Zeiten
die Aufmerksamkeit mehrerer Chemiker erregt: ihre Meinungen waren indessen, wie wir
bald sehen werden, in 'Hinsicht auf beinahe das ganze Detail derselben
außerordentlich verschieden. Die neuesten Schriftsteller uͤber diesen
Gegenstand naͤhern sich jedoch einander mehr in ihren Ansichten; wir finden
eine gesuͤndere, gruͤndlichere Erklaͤrung der verschiedenen
Erscheinungen, die sich hier darbiethen, und eine allmaͤhlich fortschreitende
Neigung zur vollkommenen Einstimmigkeit uͤber die wichtigsten Puncte. In
wiefern die Versuche, die wir gleich anfuͤhren werden, geeignet seyn
koͤnnen, ein so wuͤnschenswerthes Ende herbeizufuͤhren, als die
Aufstellung einer chemischen Theorie gewaͤhren kann, die alle einzelne
Erscheinungen des Gaͤhrungs-Processes in der Kunst des Brodbakens
genuͤgend zu erklaͤren vermag, laͤßt sich hier nicht
entscheiden. Fuͤr jeden Fall hat man mit der groͤßten
Gewissenhaftigkeit auf der einen Seite alles vermieden, was bei Darstellung einer
Meinung, die man bestreiten und im Einzelnen anfuͤhren mußte, dieselbe
haͤtte entstellen koͤnnen, und auf der anderen Seite hat man jede
Uebertreibung zu Gunsten einer Ansicht, die man vertheidigen zu muͤssen
glaubte, auf das Sorgfaͤltigste beseitigt. Sollte sich ja eine irrige Angabe
finden, so geschah sie nicht geflissentlich, und man wird sie berichtigen, sobald
sie als irrig erwiesen ist. Mit dieser Erklaͤrung schreiten wir zu unserer
chemischen Untersuchung.
I. Der Natur der
Brod-Gaͤhrung.
Alles Weizen-Mehl hat drei Hauptbestandtheile: Staͤrke, die, der Menge
nach, den Hauptbestandtheil desselben bildet; Kleber; Zukerstoff. Vor dreißig
Jahren, wo die Ideen der Chemiker in Bezug auf die Grundbestandtheile organischer
Koͤrper weniger klar und bestimmt waren, als gegenwaͤrtig, brachte die
Schwierigkeit, der Gaͤhrung in dem Teige irgend einen Plaz unter den
gewoͤhnlichen drei Classen der Gaͤhrung: der weinigen, der sauren und
der faulen, anzuweisen, die Idee in Umlauf, daß sie eine eigene Art von Zersezung
(species sui generis) waͤre. Man nannte sie
daher Brod-Gaͤhrung (Panary) und glaubte, sie bestuͤnde in der gleichzeitigen Zersezung
und wechselseitigen Gegenwirkung aller Bestandtheile des Mehles. Spaͤter
glaubte man, daß die Wirkung der Gaͤhrung sich nicht auf ein Mahl auf alle
Bestandtheile des Mehles zugleich erstrekt; sondern sie wurde ein Mahl, wie von den
HHrn. Aikin in ihrem trefflichen Dictionary of Chemistry 1807, Artikel Bread, auf den klebrigen Bestandtheil, ein ander Mahl auf die
Staͤrke beschraͤnkt: in den neuesten Zeiten war die vorherrschende
Meinung diese, daß die einzige und Hauptursache der Gaͤhrung der in dem Mehle
enthaltene Zukerstoff ist. Diese leztere Theorie wird auch in dem
gegenwaͤrtigen Versuche vertheidigt; die Gaͤhrung in dem Teige wird,
insofern sie der Baͤker braucht, lediglich der Zersezung des Zukerstoffes des
Mehles in Kohlensaͤure und Alkohol zugeschrieben, indem derselbe in eine Lage
gebracht wurde, der ihn zu dem Uebergange in weinige Gaͤhrung geneigt macht.
Es ist kein Zweifel, daß, wenn man die Zukergaͤhrung in irgend einem Theile
sich erschoͤpfen ließ, man finden wird, daß eine neue Gaͤhrung von
verschiedener Art in demselben darauf folgen wird; diese leztere Zersezung wird aber
allein als nachtheilig fuͤr das Brod betrachtet, waͤhrend die erstere
die Quelle aller jener Vortheile ist, welche die beste Gaͤhrung dem Brode
gewaͤhrt. Es scheint demnach, daß der erste wesentliche Punct, welcher in der
chemischen Geschichte der Brod-Gaͤhrung bestimmt werden muß, der ist: ob
der Zukerstoff wirklich ausschließlich die Ursache derselben ist.
Um diesen Hauptpunct gehoͤrig zu erlaͤutern, wollen wir zuerst die noch
uͤbrigen Bestandtheile des Weizen-Mehles außer dem Zukerstoffe
betrachten: und hier ist es genug, wenn wir bloß Staͤrke und Kleber als
solche anfuͤhren; denn der Eiweißstoff und der gummiartige Stoff in diesem
Mehle scheinen beide, sowohl wegen ihrer geringen Menge als wegen anderer, weiter
unten zu betrachtenden, Umstaͤnde von geringem Einfluͤsse bei diesem
Gegenstande. Wenn wir nun die wohlbekannten Erscheinungen der Zersezung eines jeden
dieser beiden Koͤrper einzeln betrachten, so werden wir finden, daß sie auf
eine ganz entschiedene Weise von denjenigen verschieden sind, welche bei der
Brod-Gaͤhrung Statt haben; waͤhrend die charakteristischen
Merkmahle der Zersezung des anderen Bestandtheiles des Mehles, des Zukerstoffes
naͤmlich, mit den bekannten Erscheinungen und Wirkungen der
Brod-Gaͤhrung verglichen, keinen Zweifel uͤber die Aehnlichkeit
oder vielmehr uͤber die Identitaͤt beider uͤbrig lassen.
Zuerst uͤber Staͤrke und Kleber. Die Staͤrke erhaͤlt
nicht die mindeste Neigung zu irgend einer Zersezung, wenn man sie, wie den Teig,
nur einige Stunden uͤber einer etwas waͤrmeren Temperatur aussezt; und
selbst nasser Kleber erleidet, waͤhrend der kurzen Zeit, die zum Beginnen und
zur Vollendung der Teig-Gaͤhrung nothwendig ist, keine
Veraͤnderung, weder in seinem Aussehen, noch in seinen chemischen
Eigenschaften, wenn er auch, entweder fuͤr sich, oder mit Hefen gemengt,
einer solchen Temperatur ausgesezt wird: der Gaͤhrungs-Proceß in dem
Teige ist jedoch unter diesen Umstaͤnden sehr thaͤtig und stark.
Ueberdieß ist es gewiß, daß, wenn die Zersezung der Staͤrke oder des Klebers,
die immer nur verhaͤltnißmaͤßig sehr langsam erregt wird, einmahl
begonnen hat, und unter so beguͤnstigenden Umstaͤnden, wie hier der
Teig in der Baͤkerei, in Hinsicht auf Feuchtigkeit sowohl als auf
Waͤrme, belassen wird, nothwendig mit regelmaͤßiger und unversiegter
Kraft so lang fortschreitet, als noch ein Theilchen davon unveraͤndert
geblieben ist. Allein im Teige haͤlt die Gaͤhrung, obschon sie bald nach der Beimischung der Hefen und des warmen
Wassers mir dem Mehle beginnt, und in voller Kraft 24 bis 48 Stunden lang
fortschreitet, ploͤzlich ein, obschon es offenbar ist, daß dann noch viel Staͤrke und Kleber unveraͤndert
in dem Teige geblieben ist. Man kann endlich noch als entscheidend fuͤr
diesen Fall anfuͤhren, daß, wenn die Gaͤhrung auf diese Weise im Teige
aufgehoͤrt hat, weder der Zusaz frischer Hefen, noch frischer Staͤrke,
noch frischen Klebers, noch aller dieser drei Koͤrper zusammengenommen, den
mindesten Einfluß auf Erneuung des Gaͤhrungs-Processes aͤußert.
Hr. Vogel hatDie Arbeit des Hrn. Hofr. Vogel in
Muͤnchen, welche in der Folge noch oͤfters aus dem Journal de Pharmacie citirt wird, findet sich in
den Denkschriften der k. b. Akademie der Wissenschaften. B. 6. S.
113–148 mit der Aufschrift: Analytische
Versuche uͤber Weizen, Hafer und Reiß, begleitet mit
Betrachtungen uͤber die Brod-Gaͤhrung und die
chemische Natur des Brodes. A. d. R. erwiesen, daß im gebakenen Weizen-Brode beinahe eben so viel Kleber
gefunden wird, als im Weizenmehle, und daß drei Viertheile der Staͤrke
unzersezt bleiben, waͤhrend das andere Viertel nur in einen gummiartigen
Stoff verwandelt wurde, der dem Ansehen und den Eigenschaften nach der
geroͤsteten Staͤrke gleich kommt: eine Veraͤnderung, die, wie
es sich von selbst versteht, nicht auf die Beimischung eines gasartigen
Koͤrpers mit dem Brode Einfluß haben konnte. Es scheint daher kaum noch eines
anderen Beweises zu beduͤrfen, daß weder Staͤrke noch Kleber an der
Brod-Gaͤhrung Antheil haben.
Wir sind noch zu wenig mit der chemischen Natur des Eiweiß- und gummiartigen
Stoffes, die, in sehr geringer Menge, in dem Weizen-Mehle vorhanden sind,
bekannt, um mit derselben Genauigkeit uͤber die Veraͤnderungen zu
urtheilen, oder uͤber den Einfluß, den sie bei der
Brod-Gaͤhrung aͤußern. Abgesehen aber von ihrer unbedeutenden
Menge ist dieß ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, daß sie sich gaͤnzlich
ruhig dabei verhalten, wenigstens in der fruͤheren Periode der
Teig-Gaͤhrung, daß weder Eiweiß noch Gummi eine groͤßere
Neigung in einen Zustand freiwilliger Gaͤhrung uͤberzugehen zu besizen
scheinen, als Kleber auf einer Seite und Staͤrke auf der anderen.
Bei Betrachtung des anderen Bestandtheiles des Mehles hingegen, des Zukerstoffes,
ergibt sich eine sehr einfache Loͤsung aller Schwierigkeiten, und eine
natuͤrliche Erklaͤrung des gewoͤhnlichen
Gaͤhrungs-Processes. Man kann sich kaum der Verwunderung enthalten, wie so viele
Chemiker, und unter diesen so ausgezeichnete Maͤnner, ehemahls der
Staͤrke und dem Kleber eine so große Kraft bei der
Brod-Gaͤhrung zuschreiben konnten, wenn man bedenkt, daß so viele
auffallende und offenbare Unterschiede, wie so eben gezeigt wurde, mit ihren
Vermuthungen im Widerspruche stehen. Es herrschte aber damahls wirklich die Idee,
vorzuͤglich nach der Ansicht der HHrn. Aikin, daß
der Zukerstoff im Mehle in weit geringerer Menge vorhanden, und weit weniger
wesentlich waͤre, als es wirklich der Fall ist. Die
Alkohol-Gaͤhrung des Zukers war uͤbrigens schon lang gekannt
und eingesehen, und die Hauptschwierigkeit bei ihrer Annahme war immer nur diese, ob
sie bei dem Teige auch wirklich Statt hat.
Nun ist aber der Betrag des Zukerstoffes, der in dem Mehle natuͤrlicher Weise
vorkommt, durchaus nicht unbedeutend; er ist, im Gegentheile, vollkommen
hinreichend, durch seine Zersezung alle jene Menge kohlensauren Gases zu liefern,
dessen Entwikelung das Fortschreiten der Gaͤhrung in dem Teige bezeichnet.
Hr. Vogel erhielt bei Analisirung zweier Arten von
Weizen-Mehl folgende Resultate. Im Winter-Weizen (Triticum hibernum L.) fand er:
Staͤrke
68,0
Feuchten Kleber
24,0
Schleim-Zuker
5,5
Pflanzen-Eiweißstoff
1,5.
Und in Spelz-Weizen-Mehl, (Triticum spelta), der fuͤr eine bessere
Art, als die vorige gilt:
Staͤrke
74,0
Feuchten Kleber
22,0
Schleim-Zuker
5,5
Pflanzen-Eiweißstoff
0,5.
(Journal de Pharmacie. III. 212.)
Proust und Edlin stellten
gleichfalls Versuche an, die zu denselben Resultaten fuͤhrten. Ersterer fand
(Annal. de Chim. et de Phys. V. p. 340) in 100
Theilen Weizen-Mehl
Staͤrke
74,5
Kleber
12,5
Gummi und Zuker Extract
12,0
Gelbes Harz
1,0
–––––
100,0.
Lezterer gibt (in seinem Treatise on the Art of Bread Making,
p. 50) folgendes Resultat seiner Untersuchung eines Pfundes Weizen:
Staͤrke
10 Unz.
0 Quent.
Kleie
3 –
0 –
Kleber
0 –
6 –
Zuker
0 –
2 –
Verlust beim Mahlen
2 –
0 –
–––––––
––––––
16 Unzen.
Lezterer fand insbesondere, daß durch bloßes Waschen des Weizen-Mehles mit
Wasser, und durch Reinigung des schleimigen Extractes er anderthalb per Cent krystallisirbaren Zuker erhielt. Die
Eigenschaften, die Hr. Edlin dem auf diese Weise
erhaltenen Mehlzuker zuschreibt, weichen indessen so sehr von jenen ab, welche
andere und geschiktere Chemiker demselben zuschreiben, daß man die Nothwendigkeit
eingestehen muß seine Angabe nur mit bedeutenden Beschraͤnkungen annehmen zu
duͤrfen.
Da nun die Gegenwart des Zukerstoffes im Mehle auf diese Weise deutlich erwiesen ist,
und da derselbe nicht in unbedeutender Menge, naͤmlich in nicht geringerer
als zu 5 per Cent, nach obigen Analysen in demselben
vorkommt; da ferner die Alkohol-Gaͤhrung des Zukers dem Chemiker
vollkommen bekannt ist, und die Kennzeichen derselben mit jenen der
Brod-Gaͤhrung sowohl in Hinsicht auf Schnelligkeit ihres Beginnens,
als in Hinsicht auf Kraft ihrer Fortdauer, uͤberein kommen, und der
gewoͤhnliche Zukergehalt im Mehle fuͤr die Zeit ihrer Dauer hinreicht,
so scheinen uͤber die wahre Natur der Brod-Gaͤhrung nur wenig
Zweifel uͤbrig.
Die Resultate des folgenden hoͤchst einfachen Versuches, der immer mit
demselben Erfolge wiederholt wurde, werden diese Ansicht noch mehr außer allen
Zweifel sezen. Nachdem ich den Gaͤhrungs-Prozeß sich in einer Masse
Teiges erschoͤpfen ließ, so daß der Teig weder durch Hefen, noch durch
Staͤrke, noch durch Kleber mehr in Waͤhrung zu bringen war, und sich
ganz wie eine ausgegohrene Masse verhielt, so suchte ich die Gaͤhrung durch
etwas Hefen, denen ich den anderen Bestandheil des
Mehles, den Zukerstoff, in einer sehr geringen Menge zusezte, in demselben wieder zu
erneuern. Durch nur vier per Cent gewoͤhnlichen
raffinirten Zukers, den ich unter diesen Umstaͤnden zusezte, fing der Gaͤhrungs-Proceß alsogleich wieder an,
und die Erscheinungen, die Staͤrke und die Dauer desselben waren
eine bloße Wiederhohlung des fruͤheren, ehevor gaͤnzlich
erschoͤpften, Gaͤhrungs-Processes. Nach dem Verlaufe derselben Zeit hoͤrte derselbe auf die
naͤmliche Weise gaͤnzlich auf.
Es ist unmoͤglich nach diesem Versuche, zumahl wenn man ihn mit den
uͤbrigen in Verbindung bringt, nicht als entschieden anzunehmen, daß die
gewoͤhnliche Brod-Gaͤhrung nichts anders, als die einfache und
wohlbekannte Alkohol-Gaͤhrung des Zukers ist. Wenn irgend etwas zur
Bestaͤtigung dieser Ansicht dienen kann, so ist es die obige Thatsache, daß
durch bloßen Zusaz von Zuker zu einer ausgegohrenen Teigmasse, ohne daß derselbe mit
irgend einem anderen Koͤrper gemengt wird, der Gaͤhrungs-Proceß
in dem Teige wieder erneuert wird. In diesem Falle war jedoch, wie sich aus der
verhaͤltnißmaͤßigen Schwaͤche der Hefen erwarten ließ, die
freiwillige Zersezung im Anfange etwas langsamer, weniger kraͤftig, und hielt
laͤnger an, als der gewoͤhnliche Gaͤhrungs-Prozeß; dieß
ist aber, bekanntlich, auch gerade dasjenige, was jedes Mahl Statt hat, wenn
Zuker-Stoff mittelst eines Gaͤhrungs-Stoffes in Gaͤhrung
gebracht wird, der entweder schon halb erschoͤpft, oder dessen
Gaͤhrungs-Kraft von Natur aus sehr schwach ist.
Nur Ein Einwurf scheint gegen eine Theorie vorgebracht werden zu koͤnnen, die
durch so kraͤftige Beweise, als die eben angefuͤhrten sind,
unterstuͤzt wird, und auch dieser Einwurf ist mehr scheinbar, als wirklich.
Nachdem naͤmlich ein Leib Brod gebaken wurde, findet man beinahe noch eben so
viel Zukerstoff in demselben, als vorher in dem dazu genommenen Mehle noch vor aller
Gaͤhrung desselben vorhanden war. Hr. Vogel fand,
daß in einem gebakenen Leibe Brod noch 3,60 Zuker zuruͤkblieb; dieß ist nur 1
oder 1,5 p. Cent weniger, als in dem Mehle vorhanden
war, ehe dasselbe zu Teig angeruͤhrt wurde. In 100 Theilen Weizenbrodes, das
mit destillirtem Wasser und mit Hefen, ohne Salz, angemacht wurde, fand er (Journal de Pharm. III. 219.)
Zuker
3,60
Geroͤstete oder (Gummi)
Staͤrke
18,0
Staͤrke
53,50
Kleber mit etwas Staͤrke
20,75
Kohlensaͤure
– –
Kochsalzsauren Kalk
– –
Bittererde
– –
Er gesteht sehr offen, daß er uͤber diese Erscheinung
nicht wenig betroffen war, indem er in Bezug auf Brod-Gaͤhrung
dieselbe Ansicht hat, die in diesem Versuche aufgestellt ist.
Allein, man muß hier zuerst bedenken, daß, da der Gaͤhrungs-Prozeß von
dem Baͤker immer schon sehr fruͤhzeitig
unterbrochen wird, dieser Bestandtheil in jedem Leibe, der der
Gaͤhrung unterzogen wurde, nie ganz, und oͤfters nur in einem sehr
geringen Verhaͤltnisse theilweise zersezt wird. Ueberdieß scheint es beinahe
gewiß, daß waͤhrend des Bakens eine andere und ziemlich interessante
chemische Veraͤnderung vor sich geht, welche, wenn folgende Angabe richtig
ist, leicht die bedeutende Menge Zukers in dem Brode nach dem Baken erklaͤren
kann, ohne den Grundsaz umzustoßen, daß Zukerstoff das Substrat der vorausgegangenen
Gaͤhrung war.
Aus Hrn. Vogel's zulezt angefuͤhrtem Versuche
erhellt, daß, außer dem, daß der Betrag an Kleber kaum durch das Baken
veraͤndert wurde, und drei Viertel der Staͤrke ihre Eigenschaften
unveraͤndert behielten, das noch uͤbrige Viertel derselben die
Eigenschaften einer gummiartigen Masse erhielt, die der geroͤsteten
Staͤrke aͤhnlich und leicht in kaltem Wasser aufloͤsbar ist.
Dieß scheint nun allerdings zu dem Schlusse zu berechtigen, daß, wenn irgend ein
Theil in einem Leibe Brod in dem Zustande gallertartiger Staͤrke in dem Ofen
kommt, das bloße Baken die relativen Bestandtheile des Teiges veraͤndert, und
eine gewisse Menge Zukerstoff auf Kosten der
Staͤrke bildet. Nun wird es sich aber selten treffen, daß nicht
solche Theile im Brode vorkaͤmen, indem das warme Wasser, dessen man sich
gewoͤhnlich zum Anruͤhren des Teiges bedient, gerade das
natuͤrlichste Mittel ist um Staͤrke in gallertartigen Zustand zu
bringen.
Man hat mehrere Teige angemacht, in welchen reine Weizen-Staͤrke mit gemeinem Mehle in sehr verschiedenem
Verhaͤltnisse gemengt wurde. Bei einigen derselben wurde diese Staͤrke
mit einem Minimum von Wasser in Gallerte verwandelt, ehe sie dem Mehle zugesezt
wurde. Nachdem man jeder dieser einzelnen Massen Teiges eine gehoͤrige Menge
Salzes beimengte, und sie durchknetete, wunden alle zusammen die gewoͤhnliche
Zeit uͤber bei Seite gestellt und der Gaͤhrung auf die
gewoͤhnliche Weise uͤberlassen, worauf sie im Ofen gebaken wurden. In
Hinsicht auf aͤusseres Ansehen, Zunahme an Umfang, und blasiges inneres Gefuͤge war
keines dieser Brode von einem der Vergleichung wegen zugleich mitgebakenen Brode
verschieden; der einzige Unterschied war der, daß, wenn die dem Teige zumengte
Staͤrke die Menge des dazu gebrauchten Mehles sehr bedeutend
uͤberstieg, das Brod zwar bedeutend weißer, aber nicht so gut aufgegangen und
nicht so blasig war, als bei den uͤbrigen. Bei dem Kosten dieser
verschiedenen Brode ergab sich aber das unerwartete Resultat, daß bei allen
denjenigen Leiben, denen die Staͤrke in groͤßerer Menge im
gallertartigen Zustande zugesezt war, sich eine ungewoͤhnliche
Suͤßigkeit deutlich bemerken ließ. Die anderen Leibe, denen die gallertartige
Staͤrke in geringerer Menge beigemischt war, oder denen man die reine
Staͤrke nur troken und in Pulverform in was immer fuͤr einem
Verhaͤltnisse zugesezt hatte, obschon sie zu derselben Zeit und aus demselben
Mehle bereitet wurden, hatten durchaus keinen suͤßlicheren Geschmak, als das
gemeine gewoͤhnliche Brod. Aus diesen Thatsachen laͤßt sich nun
schließen, daß die gallertartige Staͤrke in dem Brode, wenn dieses in den
Ofen kommt, durch das Baken und waͤhrend desselben eine gewisse Menge
Zukerstoff in dem Brode erzeugt. Nun ist es aber hoͤchst wahrscheinlich, daß
gallertartige Staͤrke in allen auf die gewoͤhnliche Weise gegohrnen
Brod-Leiben vorhanden ist; es wird also jedes Mahl, waͤhrend dieselben
in dem Ofen sind, eine gewisse Menge Zukers in denselben sich bilden. Die
Schwierigkeit, welche Hr. Vogel bei Erklaͤrung
dieses Phaͤnomenes fand,Wenn man aber die Abhandlung des. Hrn. Hofraths Vogel in den Denkschriften der koͤnigl. bayer. Akademie der
Wissenschaften liest, so findet man, daß er selbst schon die Idee hatte,
aber sie nur nicht weiter verfolgte, womit ihm Hr. Colquhoun hier das
Problem zu loͤsen glaubt. Folgendes sind seine Worte: „Das
Brod enthaͤlt also einen sehr suͤßen Zuker. Es ist
auffallend, daß der Zuker im Mehle waͤhrend der Gaͤhrung
durch die Hefe nicht zersezt war; oder sollte sich
vielleicht beim Baken eine neue Quantitaͤt Zuker auf Kosten
der Staͤrke bilden, wie dieß zwischen Kleber und
Staͤrke unter gewissen Umstaͤnden der Fall
ist?“ A. d. R. scheint uns demnach, wenn sie nicht durch die fruͤhzeitige
Unterbrechung der Gaͤhrung bei der Brod-Bereitung gehoben
waͤre, vollkommen beseitigt, und es ist hiermit erwiesen, daß bei unserem
gewoͤhnlichen Baͤler-Systeme die Brod-Gaͤhrung
nichts anderes, als die geistige oder sogenannte Alkohol-Gaͤhrung des
Zukerstoffes in dem Mehle, und daß dieser leztere es ist, in welchem die Zersezung
beginnt, und mit welchem sie aufhoͤrt, wenn der Teig sich in Gaͤhrung
befindet.
Nachdem nun der erste Schritt in der Untersuchung der Natur der
Brod-Gaͤhrung mit Erfolg geschehen ist, handelt es sich nochwendig
darum, zu bestimmen, ob diese Gaͤhrung wirklich eine Gaͤhrung eigener
Art ist, oder zu welcher der drei bekannten Gaͤhrungen, der weinigen, oder
sogenannten geistigen, der sauren oder der faulen, sie gehoͤrt.
Die Gaͤhrung, welche zuerst in dem Teige des Baͤkers sich entwikelt,
ist, wenn der Teig anders von gewoͤhnlicher Guͤte ist, sicher die
gemeine weinige oder Alkohol-Gaͤhrung, indem alle Erscheinungen der
Wein-Gaͤhrung des Zukers, der sich in Alkohol und Kohlensaͤure
aufloͤset, genau mit jenen bei der Gaͤhrung des Teiges in der
Baͤkerstube uͤberein kommen,Hr. Thom. Graham erzaͤhlt in einem kurzen
Aufsaze der Annals of Philosophy, Novemb. 1826.
S. 363, daß er die Richtigkeit der Ansicht, daß Brod-Gaͤhrung,
Wein- oder Alkohol-Gaͤhrung ist, selbst durch
Destillation bestaͤtigt fand. Um keine Hefen zu gebrauchen, die
Alkohol haͤtten erzeugen koͤnnen, knetete er etwas Mehl zu
Teig, den er auf die gewoͤhnliche Weise gaͤhren und zu
Sauerteig werden ließ. Mittelst dieses Sauerteiges bereitete er einen Leib
Brod, und brachte diesen in eine Retorte, die er der Bakhize aussezte. Die
uͤbergehende verdichtete Fluͤßigkeit schmekte und roch nach
Alkohol, und gab, nach wiederholter Rectifikation, Alkohol, der nicht bloß
brannte, sondern auch Schießpulver anzuͤndete. Dieser Versuch wurde
mehrere Mahle wiederholt, und die erhaltene Menge Alkohols betrug zwischen
0,3 und 1 per Cent des Gewichtes des angewendeten Mehles. Wenn man den Teig
vor dem Baken sauer werden ließ, verminderte sich die Menge Alkohols
auffallend und schnell, und man erhielt eine unangenehm schmekende
brennzelige Fluͤßigkeit. A. d. Ueb. Man findet aber bei dieser Brod-Gaͤhrung eine,
merkwuͤrdige und charakteristische Veraͤnderung, die immer Statt hat,
wenn man dieselbe zu weit fortschreitet: laͤßt; und da durch diese
Veraͤnderung, wo sie immer eintritt, die Guͤte des Brodes bedeutend
leidet und sie daher der Schreken aller Baͤker ist, so ist es der
Muͤhe werth, auch diese zweite Veraͤnderung zu untersuchen, die,
nachdem die erste einige Zeit uͤber gedauert hat, immer eintritt.
Die Art, in welcher die neue Veraͤnderung sich zeigt, wenn sie im weiteren
Verlaufe der Brod-Gaͤhrung entsteht, ist dem Baͤker
hinlaͤnglich bekannt. Er kann die Gaͤhrung, bei den
gewoͤhnlichen Materialien, und unter den gewoͤhnlichen
Umstaͤnden, leicht bis auf jenen Grad treiben, der zur Erzeugung eines
leichten und gut aufgegangenen Brodes, das suͤßlich und angenehm schmekt,
nothwendig ist. Er weiß aber auch wohl, daß, wenn er die Gaͤhrung seines
Teiges nicht zu gehoͤriger Zeit unterbricht, derselbe unvermeidlich sauer
wird, und daß die Saͤure in dem Verhaͤltnisse zunimmt, als er die
Gaͤhrung uͤber ihre gehoͤrige Grenze hinaus fortschreiten ließ.
Es ist indessen bloße Uebung, die ihm nach dem Anscheine beurtheilen lehrt, durch
welche er die Kunst erlangt den gehoͤrigen Augenblik zu erfassen, in welchem
er eingreifen, die Gaͤhrung unterdruͤken, und der dadurch entstehenden
Entwikelung der Saͤure vorbeugen muß.
Die Quelle der Entstehung dieser Saͤure wurde zu verschiedenen Zeiten und von
verschiedenen Chemikern einem jeden der verschiedenen Bestandtheile des Mehles, dem
Kleber, der Staͤrke und dem Zukerstoffe desselben zugeschrieben. Es scheint
indessen gegenwaͤrtig beinahe kein Zweifel mehr uͤbrig, daß wenigstens
der groͤßte Theil dieser Saͤurung die Folge einer zweiten Gaͤhrung ist, und durch den wohl bekannten
Saͤurungs-Proceß des Alkoholes entsteht, welcher bei der ersten
Gaͤhrung des Zukerstoffes entwikelt wird. Daß die Staͤrke, oder wohl
gar der Kleber, jemahls dazu sollte beitragen koͤnnen, ist wohl
hoͤchst unwahrscheinlich, wenigstens bei der gewoͤhnlichen Art zu
baten; obschon man Grund hat zu vermuthen, daß in jenen Faͤllen, in welchen
der Zeug zu lang aufbewahrt, oder der Gaͤhrungs-Proceß in anderer
Hinsicht fehlerhaft geleitet wurde, ein Theil des Eiweißstoffes und des Schleimes
gleichfalls saͤuerlich wird, und so zur hoͤheren Thaͤtigkeit
der sauren Gaͤhrung beitraͤgt.
Die Schriftsteller haben allgemein als erwiesen angenommen, daß die auf diese Weise
in dem Teige entwikelte Saͤure ausschließlich Essigsaͤure ist; und
wenn wir bedenken, wie leicht und wie haͤufig sich dieselbe waͤhrend
der Zersezung organischer Koͤrper bildet, und welcher Ueberfluß an
Materialien irr diesem Falle sich zur Erzeugung derselben darbietet, so
muͤssen wir gestehen, daß sie den Hauptbestandtheil der Saͤure im
sauren Teige im Allgemeinen bildet: indessen ist sie vielleicht selten die einzige
Ursache des Sauerwerdens desselben. Es scheinen gute Gruͤnde vorhanden, nach
welchen man schließen kann, daß eine andere, weniger fluͤchtige
Saͤure, hoͤchst wahrscheinlich die Milchsaͤure nicht selten mit derselben
verbunden ist, vorzuͤglich, wenn die Gaͤhrung des Teiges viel
langsamer, als gewoͤhnlich, von Statten ging, entweder weil die Hefen sich
nicht im gehoͤrigen Zustande befanden, oder weil das Mehl
urspruͤnglich schlecht war. Braconnot, VogelMan vergleiche Vogel's Abhandlung in Schweiggers Journal der Chemie und
Physik. B. 20. S. 425. Er fand, daß Wasser, welches uͤber Habermehl
und Reißmehl gegohren hat, ausser Essigsaͤure viel Milchsaͤure
enthaͤlt und findet es sehr wahrscheinlich, daß sich die
Milchsaͤure in allen mit Wasser angeruͤhrten Mehlarten und in
vielen aͤhnlichen Faͤllen neben der Essigsaͤure bildet.
A. d. R. und andere haben neuerlich durch Versuche erwiesen, daß diese Saͤure
sich leicht und in bedeutender Menge waͤhrend der freiwilligen Zersezung
einer großen Anzahl verschiedener Pflanzenkoͤrper entwikelt, wenn diese sich
in einem Zustande von Feuchtigkeit befinden. Die Gegenwart der Milchsaͤure
koͤnnte eine merkwuͤrdige Erscheinung bei ' dem Sauerwerden des Teiges
erklaͤren, fuͤr die es schwer ist eine andere Erklaͤrung zu
finden, und die sich auf eine hoͤchst auffallende Weise in jenen
Faͤllen zeigt, wo man die Gaͤhrung des Teiges zu weit fortschreiten
ließ. Es ist Thatsache, daß die Saͤure an einem rohen ungebakenen Teige sich
in dem lezten Falle weit mehr durch den Geschmak, als durch den Geruch wahrnehmen
laͤßt, waͤhrend das aus solchem Teige gebakene Brod, wenn es aus dem
Ofen kommt, im Gegentheile weit mehr sauer riecht, als schmekt. Dieß ist aber gerade
dasjenige, was man erwarten darf, wenn man annimmt, daß Milchsaͤure in
Verbindung mit Essigsaͤure das Sauerwerden in dem Teige erzeugt. Bei der
gewoͤhnlichen Temperatur einer Bakstube ist die Milchsaͤure, obschon
man sie deutlich im sauren Teige schmeken kann, fuͤr die Nase nicht
wahrnehmbar; da sie aber leicht durch die Hize zersezt wird, so wird sie auch,
sobald sie der hoͤheren Temperatur des Ofens ausgesezt wird, wie die Versuche
des Hrn. Verzelius erwiesen, großen Theils zersezt, und
in Essigsaͤure verwandelt; folglich fuͤr die Nase fuͤhlbarer,
als fuͤr die Zunge.
Es scheint also nach dem, was so eben angefuͤhrt wurde, so ziemlich erwiesen,
daß bei einem sauer werdenden Teige immer eine zweite Zersezung mit im Spiele ist; daß diese anfangs
wahrscheinlich einen gemischten Charakter hat, und theils in Verwandlung des durch
die Gaͤhrung des Zukerstoffes entwikelten Alkoholes in Essigsaͤure,
und theils in Bildung von Milchsaͤure besteht, waͤhrend die Hize des
Ofens, die die Gaͤhrung des Zukerstoffes unterbricht, einen großen Theil der
Milchsaͤure zersezt, und in Essigsaure aufloͤset.
Diese Theorie scheint ziemlich genuͤgend alle Haupt-Erscheinungen bei
dem Fortschreiten der Gaͤhrung des Brod-Teiges und einige Resultate
bei dem Baken zu erklaͤren, die sich auf eine andere Weise nicht so leicht
erlaͤutern lassen. Die Brod-Gaͤhrung ist also durchaus keine
eigene Art von Gaͤhrung, sondern das Substrat derselben ist der Zukerstoff
des Mehles, und sie selbst ist anfangs immer eine Wein- oder
Alkohol-Gaͤhrung, verbunden mit der gewoͤhnlichen
haͤufigen Entwikelung von kohlensaurem Gase, nachdem sie aber eine gewisse
Zeit uͤber angehalten hat, beginnt eine zweite freiwillige Zersezung: der
entwikelte Alkohol fangt an in Gaͤhrung zu gerathen, und loͤst sich in
Essigsaͤure auf, waͤhrend, hoͤchst wahrscheinlich, eine
bedeutende Menge Milch- und Essigsaͤure auf Kosten gewisser anderer
Bestandtheile des Mehles, die im Anfange der Gaͤhrung ruhig bleiben, gebildet
wird, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß, in einem gewissen Grade, gleichzeitig
auch Ammonium in dem Teige sich bildet.
Obschon der Baͤker sein Geheimniß, wodurch er gutes Brod bakt, naͤmlich
Unterdruͤkung der Alkohol-Gaͤhrung, ehe die
Essig-Bildung beginnt, nur durch Erfahrung und Uebung erlernen kann; so gibt
es doch noch andere, hoͤchst einfache und sichere Methoden, um den
Baͤker in den Stand zu sezen, dem Nachtheile des Sauerwerdens entweder
vorzubeugen, oder abzuhelfen; auf diese wollen wir jezt unsere Aufmerksamkeit
lenken.
Das Sauerwerden des Teiges, das jedem Baͤker so oft laͤstig wird,
scheint, bei dem gegenwaͤrtigen Zustande der Baͤkerei, auch bei der
groͤßten Geschiklichkeit und Sorgfalt, nicht immer gaͤnzlich zu
vermeiden. Denn, wenn das Mehl schon urspruͤnglich schlecht war; wenn die
angewendeten Hefen schwach oder kraftlos waren; wenn das Wasser zu kalt oder zu warm
zugegossen wurde, oder, vielleicht auch wenn der Zustand der Atmosphaͤre
unguͤnstig istLieber moͤchten wir sagen, wenn der Baͤker nicht reinlich genug
in seiner Werkstaͤtte verfaͤhrt, die Gefaͤße und
Geraͤthe nicht gehoͤrig reinigt, so daß es in der Bakstube saͤuerlt, als ob man in einer
Essigsiederei sich befaͤnde, und auf diese Weise die an und
fuͤr sich unschuldige Atmosphaͤre verdirbt. A. d. Ueb., kann der Teig schnell sauer werden wenn, mit einem Worte, der zweite Zersezungs-Prozeß
im Teige beginnt, ehe die weinige Gaͤhrung des Zukerstoffes weit genug
fortgeschritten ist um die hinlaͤngliche Menge kohlensaures Gas zu entwikeln:
so kann das Brod durch alle bisher gebraͤuchlichen Mittel nicht mehr den
gehoͤrigen milden Geschmak und die nothwendige Leichtigkeit erhalten. Man
kann hoͤchstens die eine dieser Eigenschaften noch auf Kosten der anderen
retten. Der Baͤker muß naͤmlich, sobald die Saͤure
anfaͤngt sich zu zeigen, den Teig entweder in den Ofen schießen, und wird
dann ein schweres nicht gehoͤrig aufgegangenes Brod erhalten; oder das Brod
wird, wenn er, wie es gewoͤhnlich geschieht, dasselbe lieber leicht und
gehoͤrig aufgegangen haben will, und daher die Gaͤhrung noch
laͤnger fortwaͤhren laͤßt, sicher sauer.
Es gibt indessen ein hoͤchst einfaches und ganz kraͤftiges Mittel gegen
dieses Uebel, wodurch, selbst wenn das Sauerwerden sich bereits auf eine sehr
entschiedene Weise eingestellt hat, der Baͤker dasselbe gaͤnzlich
beseitigen kann, ohne sein Brod dadurch schwer zu machen und dasselbe um sein
lokeres blaͤsiges Gefuͤge zu bringen. Dieses Mittel, welches hier zur
vollkommenen Saͤttigung der Saͤure angewendet werden muß, ist, wie
jeder Chemiker von selbst einsieht, gehoͤrige Anwendung eines Alkali. Es ist
ein auffallender Beweis, wie sehr unsere Gewerbsleute, ununterrichtet und ohne allen
Untersuchungs-Geist, ehemals, da ihnen wissenschaftliche Kenntnisse weniger
zugaͤngig waren, als jezt, wo sie ihnen wahrscheinlich nicht mehr werden
verschlossen bleiben koͤnnen, gewohnt waren immer in demselben Geleise
fortzutappen, indem dem groͤßten Theile von ihnen ein so leichtes und
einfaches Mittel gegen so vielen und so großen Schaden bis auf diesen Augenblik
unbekannt geblieben ist. Eine sehr geringe Menge kohlensaurer Soda oder kohlensaurer
Bittererde ist alles, was der Baͤker braucht, um sich eines Teiges zu
versichern, der waͤhrend der ganzen Gaͤhrung mild und angenehm
schmekend bleibt. Selbst wenn die Saͤure des Teiges schon einen bedeutenden
Grad erreicht hat, koͤnnen diese Alkalien mit Erfolg und auf eine ganz
unschaͤdliche Weise angewendet werden, um dem Teige seine
urspruͤngliche Frische zu geben.
Um dieses Mittel zu pruͤfen und seine Wirkung zu versuchen, wurde eine gewisse
Menge gewoͤhnlichen Brod-Teiges, der so eben zum Einschießen in den
Ofen fertig war, an einem warmen Orte bei Seite gestellt, wo dann, sehr
natuͤrlich, die Gaͤhrung sehr schnell fortschritt. Zu der einfachen
Zersezung des Zukerstoffes gesellte sich bald der zweite Proceß der sauren
Gaͤhrung, und der Teig ward nach und nach sauer. Nach vier und zwanzig
Stunden, wo der Teig noch immer in starker Gaͤhrung stand, zeigte sich bei
Oeffnung desselben ein sehr deutlich saurer Geruch. Der Teig schmekte auch deutlich,
obschon schwaͤcher, sauer. Man nahm zwei Stuͤke von diesem Teige,
jedes zu 10 Loth, und stellte ihn wieder bei Seite. In eines dieser Stuͤke
knetete man 10 Gran gewoͤhnlicher kohlensaurer Bittererde, und buk beide im
Ofen. Nach dem Baken zeigte sich ein auffallender Unterschied zwischen diesen beiden
Stuͤken. Das Brod, das aus dem sauren Teige allein gebaken wurde, hatte einen
sehr deutlich sauren Geschmak, und roch so sauer, daß Niemand dasselbe gekauft haben
wuͤrde; waͤhrend das andere mit der Bittererde nicht die mindeste Spur
von Saͤure zeigte, und ein in jeder Hinsicht treffliches Brod darboth.
Dieß war nun sicher eine entscheidende Probe der Wirksamkeit der kohlensauren
Bittererde gegen einen Grad von Saͤure, den man bei Baͤkern nicht
leicht staͤrker finden kann. Es war aber der Muͤhe werth, sowohl in
theoretischer als praktischer Hinsicht, dieses Mittel bei einem noch
groͤßeren Grade von Saͤure zu versuchen, und mit der Wirkung der
kohlensauren Soda zu vergleichen. Man ließ also die Masse jenes sauren Teiges, von
welchem man obige zwei Stuͤke genommen hat, noch vier und zwanzig Stunden
laͤnger an einem warmen Orte liegen. Damahls hatten die verschiedenen
Zersezungs-Processe an demselben noch nicht gaͤnzlich
aufgehoͤrt; die Gaͤhrung war noch immer im Gange, obschon
schwaͤcher als Tages vorher. Der saure Geschmak hat zugenommen, und der
Geruch war sehr stark sauer. Von diesem Teige wurden vier Stuͤke genommen;
das eine kam, so wie es war, in den Ofen; das zweite erhielt vier, das dritte acht
Gran kohlensaure Bittererde zugeknetet; dem vierten wurden 16 Gran
gewoͤhnlicher kohlensaurer krystallisirter Soda zugesezt. Alle diese vier
Theile wurden auf die gewoͤhnliche Weise gebaken. Der erste derselben
schmekte und roch sehr stark sauer. An dem zweiten war die Saͤure nur schwach merklich,
vorzuͤglich durch den Geruch; der dritte hatte weder Saͤure noch
irgend eine unangenehme Eigenschaft. Der vierte schmekte zwar nicht sauer, roch aber
etwas nach Saͤure.
Diese Resultate scheinen entscheidend: denn acht Gran kohlensaure Bittererde auf 5
Unzen Teig, oder ungefaͤhr 32 Gran auf das Pfund, was ungefaͤhr 32
Gran auf das Pfund Mehl betraͤgt, erwiesen sich kraͤftig genug um eine
Saͤure zu beseitigen, wie sie selten in den Baͤkereien vorkommt. Bei
großen Massen ist eine weit geringere Menge vollkommen hinreichend, so daß, aller
Wahrscheinlichkeit nach, sechs Loth kohlensaure Bittererde auf Einen Zentner Mehl
hinreichen werden, vorausgesezt, daß sie mit dem Mehle auf das innigste gemengt
ist.
Die Anwendung der kohlensauren Bittererde scheint entschiedene praktische Vortheile
vor der kohlensauren Soda zu besizen. Sie hat bedeutenden Umfang und
Elasticitaͤt, so daß, wenn man sie in Ueberschuß anwendet, sie selbst
mechanisch eine bedeutende Wirkung hervorbringt, und das Brod, dem sie beigemengt
ist, leichter macht. Diese Eigenschaft, vielleicht in Verbindung mit jener, die
Saͤure zu verbessern, obschon man leztere weniger zu achten schien,
veranlaßte Hrn. Edmund Davy, sie im Philos. Magaz. 48. Bd. S. 465.Man vergl. polyt. Journal Bd. IV. S.
242. A. d. R. zu empfehlen, als ein sehr zwekmaͤßiges Mittel, das schwere und
teigige Brod aufgehen zu machen, welches man von dem schlechten Mehle des Sommers
1816 erhielt. Nebst diesen Vorzuͤgen ist sie zugleich auch mehr geschmaklos,
und wirkt weniger chemisch, als kohlensaure Soda.Der Verfasser des Artikels Boulanger im Dictionnaire technologique (Paris 1823)
fuͤhrt vergleichende Versuche an, welche in Beziehung auf die Angabe
des Hrn. Edmund Davy in Frankreich angestellt wurden, wozu man das
schlechteste Mehl zweiter Qualitaͤt, welches man sich verschaffen
konnte, mit und ohne Zusaz kohlensaurer Bittererde, anwandte. Man machte
fuͤnf kleine Brode, wovon jedes ein Pfund (livre) Mehl enthielt; hundert Gran Salz und einen guten
Loͤffel voll Bierhefen. Der Teig wurde fuͤr jedes mit Wasser
von der Temperatur von 38° der hunderttheil. Scala (+ 30° R.)
angemacht und vor dem Feuer waͤhrend zwei Stunden bei einer
Temperatur von 21° (+ 16 1/2° R.) in Gaͤhrung gelassen.
Das erste Brod enthielt sonst nichts; das zweite enthielt 10 Gran kohlensaure
Bittererde; das dritte 20 Gran; das vierte 30 Gran und das fuͤnfte
40. Die Brode wurden nach ihrem Baken untersucht.Das erste wurde in dem Bakofen platt; es hatte das Ansehen eines Kuchens, war
weich, teigicht, und klebte leicht dem Messer an; das zweite, welches 10
Gran kohlensaure Bittererde enthielt, war verbessert; es war besser
aufgegangen als das vorhergehende; aber seine Verbesserung war unbedeutend;
das dritte Brod war viel vorzuͤglicher und hinreichend leicht und
poroͤs. Das vierte mit 30 Gran kohlensaurer Bittererde war noch
besser; aber das fuͤnfte uͤbertraf alle anderen durch seine
schoͤne Farbe und seine gleichmaͤßige Leichtigkeit.Nach dem Verfasser dieses Artikels (Hr. Lenormand) kann man wegen der
Anwendung der kohlensauren Bittererde zum Brode ganz beruhigt seyn. (?) Man
reicht es selbst Kindern mit aller Sicherheit, und der ausschließliche
Gebrauch waͤhrend fuͤnf Wochen von mit kohlensaurer Bittererde
gemachtem Brode, hat auf Hrn. E. Davy keine
nachtheilige Wirkung gehabt. Die Anwendung der kohlensauren Bittererde ist,
wie wir wissen, auch in Italien empfohlen worden. (Polyt. Journ. Band XX. S. 319.) Wenn sie allgemein
wuͤrde, duͤrfte uͤbrigens der Preis der Magnesie sich
bedeutend erhoͤhen. A. d. R. Wo also immer die Saͤure, die man verbessern soll, durch den
ganzen Teig verbreitet ist, ist es am besten, kohlensaure Bittererde zu gebrauchen,
indem es bei aller Sorgfalt schwer seyn duͤrfte, das Alkali durch Einkneten
eben so innig mit der ganzen Masse zu verkoͤrpern, indem, selbst wenn
irgendwo zufaͤllig etwas zuviel Bittererde vorkommen sollte, weder der
Geschmak dadurch leidet, noch die alkalische Kraft derselben eine chemische
Veraͤnderung in den Bestandtheilen des Mehles veranlaͤßt. Man muß
bemerken, daß, sobald der Baͤker aus irgend einem Umstande Grund hat zu
vermuthen, daß ein Teig sauer werden koͤnnte, waͤhrend die Materialien
zu demselben noch nicht untereinander gemengt sind, er gut thun wird, wenn er die
Bittererde mit dem Mehle noch ehe mengt, als es naß gemacht wird, und er kann sicher
seyn, daß auf diese Weise die neutralisirende Kraft dieses Mittels durch den ganzen
Teig in dem erforderlichen Maße in Thaͤtigkeit gesezt werden wird. Wenn die
Bittererde auf diese Weise durch alle Theile des Teiges verbreitet ist, wird alle
Saͤure, wo sie sich immer an irgend einer Stelle entwikeln sollte, alsogleich
durch dieses Alkali neutralisirt werden. Die geringe Menge neutralen Salzes, welche
durch die gegenseitige Einwirkung dieser beiden Koͤrper gebildet wird,
scheint durchaus nicht auf die Guͤte des Brodes irgend einen Einfluß zu
aͤußern, und weit entfernt, daß die Anwendung der kohlensauren Bittererde das
Aufgehen des Brodes hinderte, wird dieselbe vielmehr durch Entwikelung ihres
kohlensauren Gases bei ihrer Zersezung die Lokerheit und das blasige Gefuͤge
des Brodes befoͤrdern.
Der Baͤker hat indessen das Ungluͤk des Sauerwerdens des Brodes nicht
von dem Gaͤhrungs-Processe allein zu fuͤrchten; denn es
geschieht zuweilen, obschon gegenwaͤrtig weit seltener, als in
fruͤheren Zeiten, daß die Hefen in der Bakstube sauer werden, ehe sie mit dem
Mehle gemischt werden. Das Mittel dagegen ist, wie man leicht ermessen kann,
dasselbe, das wir so eben angegeben haben. Um keinen Zweifel hieruͤber
uͤbrig zu lassen, hat man wirklich Versuche damit angestellt, und die
Resultate waren so entschieden fuͤr die gute Wirkung der Anwendung eines
Alkali, als man nur immer erwarten konnte. Selbst nachdem man die Hefen eine ganze
Woche uͤber an einem warmen Orte stehen, und so sauer werden ließ, daß sie
concentrirt sauer schmekten und rochen, erhielten dieselben alsogleich nach Zusezung
eines Alkali ihren natuͤrlichen Hefen-Geschmak wieder. In diesem Falle
muß das Alkali den Hefen nur zugesezt werden, als noch Aufbrausen erfolgt, und nicht
laͤnger. Sauer gewordene, und auf diese Weise wieder entsaͤuerte,
Hefen besaßen die Kraft Gaͤhrung zu erregen in ganz ungeschwaͤchtem
Zustande, und konnten zur Verfertigung des Brodes eben so gut angewendet werden, als
ganz neue und frische Hefen.
Es scheint also nichts leichter und sicherer gegen die Saͤure im Brode
anzuwenden, als diese kohlensaure Bittererde, und es ist unbegreiflich, wie man das
Brod so lange sauer werden lassen konnte, da man ein so einfaches Mittel bei der
Hand hatte.
Wir wollen nun untersuchen, welche Veraͤnderungen das Brod waͤhrend des
Bakens im Ofen erleidet, da diese noch in bedeutendes Dunkel gehuͤllt sind,
und manchen Zweifeln unterliegen. Die erste auffallende Wirkung des Bakens im Ofen,
die man beobachtet, ist diese, daß, die Gaͤhrung, sie mag in dem Teige
unmittelbar vor dem Einschießen desselben noch so heftig gewesen seyn, durch die
Einwirkung des Feuers alsogleich unterbrochen und aufgehoben wird. Man hat bis jezt
kaum noch mit Sicherheit bestimmt, worin die eigentliche Einwirkung des Feuers auf die Bestandtheile
des Mehles, die nun erfolgt, besteht, und wir wollen sie hier vielmehr
aufzaͤhlen, als erlaͤutern.
Es scheint, daß der staͤrkmehlhaltige Bestandtheil derjenige ist, der die
groͤßte Veraͤnderung erleidet. Man hat bereits, als ziemlich gewiß,
erwiesen, daß waͤhrend des Bakens in dem Ofen sich Zukerstoff auf Kosten der
gallertartigen Staͤrke entwikelt, die sich bei der fruͤheren
Teig-Bereitung bildete. Hr. Vogel hat ferner in
einem bereits angefuͤhrten Versuche, (Journal de
Pharmacie, 3. Bd. S. 219.) erwiesen, daß ungefaͤhr ein Viertel der
ganzen Menge Staͤrke in eine gummiartige Materie verwandelt wird, die die
Eigenschaften geroͤsteter Staͤrke besizt, und, wie diese, in kaltem
Wasser aufloͤsbar ist.Kaltes Wasser loͤst nach Hrn. Vogel aus
keiner der Mehlarten, außer dem Reißmehle, Staͤrke, auf; das aus den
verschiedenen Mehlen gebakene Brod hingegen enthaͤlt immer in kaltem
Wasser aufloͤsliche Staͤrke. A. d. R. Auch der Kleber, obschon seiner Menge nach, wie Vogel's Versuche zeigen, wenig veraͤndert, wird in dem Ofen
wenigstens in sofern angegriffen, als seine Theilchen von einander getrennt werden,
und verliert dadurch einen großen Theil seiner Klebrigkeit und seiner
Elasticitaͤt. Weiter wurde uͤber die Natur dieser
Veraͤnderungen wenig mehr bestimmt.
Nachdem diese Veraͤnderungen alle eingetreten sind, und das Brod in dem Ofen
nach und nach bis zum doppelten Umfange seiner vorigen Groͤße sich gehoben,
die obere und die untere Kruste erhalten hat, oder nachdem es, mit anderen Worten,
an jenen Theilen, welche der hoͤheren Temperatur sowohl auf der
gluͤhenden Sohle des Ofens, als in der erhizten Luft desselben ausgesezt
waren, geroͤstet wurde, nimmt man das nun gebakene Brod heraus, und
laͤßt es auskuͤhlen: es ist dann alles an demselben geschehen, was die
neuere Baͤkerkunst leisten konnte. Obschon es vielleicht unmoͤglich
ist, jedem der Bestandtheile des Mehles mit der hoͤchsten Genauigkeit seine
besondere Rolle, und jedem einzelnen Verfahren seine eigentliche Wirkung anzuweisen,
in sofern sie zu dem Gelingen eines guten Brodes beitraͤgt, so ist es
vielleicht doch interessant, in Kuͤrze den Antheil zu bezeichnen, den der
gegenwaͤrtige Zustand unserer Kenntnisse uns gestattet, einem jeden derselben
zu diesem Ende
anzuweisen. Das Befeuchten des Mehles mit Wasser, und das Kneten desselben zu einer
gleichartigen Masse ist der erste Schritt zur Bildung der kuͤnftigen
Rudimente des Teiges. Der Zukerstoff des Mehles, der dem Brode seinen angenehmen
Geschmak ertheilen hilft, kann sicher auch als das Substrat der chemischen
Gaͤhrung betrachtet werden, welche das kohlensaure Gas in dem Teige
entwikelt, wodurch das Brod seine Leichtigkeit erhaͤlt und blasig wird. Der
Kleber des Mehles, der dem Weizen eigen ist, bindet und kittet alle Theilchen des
Teiges durch den mechanischen Proceß des Knetens zu einem Kuchen zusammen, und
zertheilt sich, durch seine Zaͤhigkeit, wenn er in dem ganzen Leibe vertheilt
ist, in Tausende von kleinen Zellen, die das Gas einsperren, wenn es durch die Hize
ausgedehnt wird. Der noch uͤbrige Bestandtheil, die Staͤrke, ist nicht
bloß die große Basis allen Brodes, und die Hauptquelle aller Nahrung in demselben,
sondern sie wird auch in dem Ofen durch die Hize steif, und hilft auch wesentlich
die Theilchen des Brodes auf eine bleibende Weise zu befestigen, waͤhrend
dasselbe in dem Zustande der hoͤchsten Ausdehnung sich befindet; sie gibt
oͤfters noch einen gewissen Zuschuß von Zukerstoff, und ein bedeutender Theil
ihrer ganzen Masse, wird in eine gummige Substanz verwandelt. Der
Eiweiß-Stoff in dem Mehle wird in dem Ofen gerinnen muͤssen, und da er
in diesem Zustande durchaus keine Zuruͤkziehbarkeit mehr besizt, so wird er
auch ohne Zweifel etwas zur Foͤrderung des sogenannten Sezens des Brodes beitragen, und demselben helfen sein schwammiges
Gefuͤge zu erhalten, welches sich fruͤher durch die innere Entwikelung
des Gases bildete. Wenn diese verschiedenen Bestandtheile des Mehles ihre
verschiedenen, ihnen zukommenden Rollen gespielt haben, und die verschiedenen
Operationen des Knetens, Gaͤhrens und Bakens gehoͤrig verrichtet
wurden, so wird auch die Brod-Bildung aus dem Weizen-Mehle vollendet
seyn.Hier wollen wir noch folgendes in Betreff der chemischen Natur des Brodes bemerken. Hr. Hofrath Vogel hat sehr viele Versuche angestellt, die
getrennten Bestandtheile des Mehles wieder zu vereinigen, und aus ihnen Brod
wieder herzustellen. Er mengte unter anderem die aus der Zergliederung des
Weizenteiges erhaltenen Substanzen wieder zusammen. Das filtrirte
Spuͤhlwasser wurde abgeraucht, und mit dem feuchten Kleber zu einem
homogenen Teige zusammen gerieben; es wurde alsdann die gewaschene
Staͤrke und ein wenig Hefe hinzugesezt. Der gut
geknetete Teig kam freilich in Gaͤhrung; allein das daraus gebakene
Brod war, wie in allen anderen aͤhnlichen Versuchen mit dem auf die
gewoͤhnliche Art bereiteten Weizenbrode gar nicht zu vergleichen. Die
Rinde war sehr hart geworden, das Innere stark abgebaken, und von einer
klebrigen Consistenz. „Es scheint daher, sagt Hr. Hofr. Vogel in seiner Abhandlung, daß die
Staͤrke so, wie der Kleber, wenn sie einmahl von einander
getrennt sind, die Eigenschaft verloren haben, zur Bildung des Brodes
noch faͤhig zu seyn. Wir muͤssen uns uͤberhaupt den
Kleber, so wie er im Mehle vorhanden ist, ganz anders vorstellen, als
wir ihn isolirt mit vielem Wasser verbunden, in Gestalt eines Hydrats von großer Elasticitaͤt
erhalten. Auch wenn dieser isolirte Kleber getroknet, und seines Wassers
beraubt ist, so erhalten wir ihn, gewiß nicht
von der Beschaffenheit, wie er im Mehl existirte; denn durch das Troknen
verliert er seine Elasticitaͤt, welche wir ihm durch Behandlung
mit Wasser nicht wieder geben koͤnnen. Im Mehle muß jedes
Theilchen von Kleber ganz in der Naͤhe eines Theilchens von
Staͤrke liegen, und beide muͤssen sich in einem feinen,
hoͤchst vertheilten Zustande befinden, woher sie denn auch sehr
dazu geeignet seyn moͤgen, unter guͤnstigen und den dazu
erforderlichen Umstaͤnden gegenseitig auf einander zu wirken. Ist
dieses Band aber einmahl zerrissen, und die Trennung der Bestandtheile
vollendet, so koͤnnen wir aus selbigem kein Mehl wieder
herstellen, und auch kein Brod aus der homogenen Masse
hervorbringen.“ A. d. R.
Was jene Brod-Arten betrifft, zu welchen, wie zu dem gewoͤhnlichen
Schiffs-Zwiebake (water-biscuit,
sea-biscuit), keine elastische Fluͤßigkeit bei ihrer
Bereitung kommt; so ist die Bereitungs-Art derselben schon dadurch
hinlaͤnglich erklaͤrt, daß nichts von irgend einem
Gaͤhrungs-Stoffe denselben zugesezt wird. Ihre Bereitung ist in der
That einer der einfachsten, und am wenigsten interessanten Theile der Kochkunst, den
man sich nur immer denken kann, und verdiente hier kaum einer besonderen
Erwaͤhnung.
Die Baͤker-Kunst liefert uͤbrigens noch eine Menge mit
Gewuͤrzen und auch auf andere Art bereiteter Producte, die mehr zu den
Luxus-Artikeln der verfeinerten Gesellschaft, als zu den Beduͤrfnissen
des Lebens gehoͤren. Bei allen diesen ist die Vermengung des Teiges mit einer
elastischen Fluͤßigkeit eben so nothwendig; allein, es gibt hier mehrere
Faͤlle, in welchen dieser Zwek nicht durch den Gaͤhrungs-Proceß
erhalten werden kann, und lezterer sogar nachtheilig waͤre. Die Ursache
hiervon ist diese, weil zu dem Gaͤhrungs-Processe, wenn durch
denselben gutes Brod erhalten werden soll, immer eine bedeutende Zeit noͤthig
ist; wo man nun diese nicht haben kann, oder wo dem Teige Bestandtheile beigemischt
wurden, die die Kraft der Gaͤhrung laͤhmen, dort mußte der
Baͤker zu anderen Mitteln seine Zuflucht nehmen, um die elastische
Fluͤßigkeit in den Teig zu bringen. Mehrere derselben sind sehr sinnreich,
und obschon keines derselben so interessant ist, wie jenes, durch welches wir das
allgemeine Nahrungs-Mittel, Brod, bereiten, so ist doch die Untersuchung
derselben nuͤzlich und merkwuͤrdig: und zu dieser wollen wir jezt
uͤbergehen.
II. Ueber gewisse
Verfahrungs-Weisen, elastische Fluͤßigkeiten ohne
Brod-Gaͤhrung in den Teig zu bringen.
Der Baͤker nimmt hier zu dem gewoͤhnlichen basisch kohlensauren
Ammonium (dem Sesqui-Carbonate des Ammonium) seine Zuflucht, und vielleicht
ist dieß das sicherste Mittel, sein Brod gehoͤrig mit Gas zu versehen. Er
nimmt fast immer zwischen 1/2 und 1 ganzen Lothe von diesem Salze auf ein Pfund
Mehl. Dieses Salz wird in dem Wasser aufgeloͤst, mit welchem der Teig
angeruͤhrt wird, woraus dieses Brod verfertigt werden soll. Sobald die
gehoͤrige Menge Mehles mit dem Wasser gemengt wurde, in welchem dieses Salz
aufgeloͤst ist, und der Teig hinlaͤnglich abgeknetet ist, ist er zum
Einschießen in den Ofen fertig: er mag uͤbrigens nun alsogleich gebaken, oder
erst nach einiger Zeit in den Ofen gebracht werden, je nachdem der Baͤker es
bequemer findet, immer wird ein leichtes schwammiges Gebaͤk aus dem Ofen
kommen. Die Hize des Ofens macht, daß das kohlensaure Ammonium sich alsogleich in
elastische Daͤmpfe ausdehnt. Waͤhrend diese Daͤmpfe zu
entweichen streben, oͤffnet und treibt die gespannte eingeschlossene Luft die
dicht zusammengedraͤngten Theilchen des Teiges auseinander; die ganze Masse
hebt sich, vergroͤßert ihren Umfang sehr bedeutend, und wird, obschon das
Gas, welches von dem Ofen ausgetrieben wird, immerdar entweicht, durch die
anhaltende Thaͤtigkeit ihrer elastischen Fluͤßigkeit einige Zeit
uͤber in einem sehr weit ausgedehnten Umfange erhalten, bis das Gas endlich
gaͤnzlich aus dem Brode ausgetrieben ist. Nachdem beinahe Alles
verduͤnstet ist, sezt sich das Brod etwas; es hat aber bereits durch die
anhaltende Hize einen Grad von Steifheit und Trokenheit in allen Theilen seines
Gefuͤges erhalten, der es hindert in seinen vorigen Umfang zuruͤk zu
sinken: es behaͤlt also nicht bloß seinen vergroͤßerten Umfang,
sondern wird auch zugleich leicht und poroͤs.
Allein der Bau eines auf diese Weise bereiteten Brodes, und uͤberhaupt eines
jeden Brodes, in welchem die ploͤzliche Bildung und Entweichung einer
elastischen Fluͤßigkeit in dem Ofen selbst erzeugt wurde, weicht bei
genauerer Untersuchung sehr von jener eines Brodes ab, welches durch
vorlaͤufige Gaͤhrung mittelst Hefen bereitet wurde. Brod, welches man
durch kohlensaures Ammonium aufgetrieben hat, ist allerdings poroͤs, und hat
sehr viele und sehr kleine Loͤcher; allein das Brod aus einem
regelmaͤßig gegohrenen Teige ist nicht sowohl poroͤs, als vielmehr
schwammig und blasig: ersteres zeigt nie eine Spur von jenen Schichten oder Lagen
von Blaͤschen, auf welche die Baͤker soviel halten.
Man nimmt allgemein an, daß, nachdem solches Brod durch den Ofen ging, das
kohlensaure Ammonium so vollkommen durch die Hize zerstreut wurde, daß keine Spur
des ehemahligen Vorhandenseyns desselben in dem Brode mehr zu finden ist, außer
einem leichten Anstriche von gelber Farbe, und einem nur sehr unbedeutenden
unangenehmen Geschmake, welcher leztere sich bei allen diesen Arten von Bakwerk
leicht durch etwas Zuker verbergen laͤßt. Allein, außer diesen Spuren von
Ammonium bleibt noch immer eine geringe Menge dieses Salzes in der Substanz des
Brodes selbst verborgen: denn es hat immer im Allgemeinen noch einen starken Geruch
nach Ammonium, wenn es ausgebaken aus dem Ofen kommt, und obschon es, nach dem
Auskuͤhlen, groͤßten Theils geruchlos ist, so wird es doch, wieder
erhizt, durch den Geruch das Daseyn des Ammoniums wieder verrathen. Indessen
koͤnnte es nur durch die groͤßte Sorglosigkeit geschehen, daß soviel
Ammonium in demselben zuruͤkbliebe, daß der Geschmak des Gebaͤkes
dadurch wesentlich litte, oder irgend eine schwaͤchlichere Constitution davon
einigen Nachtheil empfaͤnde.
Da die Anwendung des basisch kohlensauren Ammoniums, um den Teig in dem Ofen mit der
elastischen Fluͤßigkeit in reichlicher Menge zu versehen, so einfach ist, so
wollen wir hierbei nicht
laͤnger verweilen, und ein anderes Verfahren untersuchen, welches zu
demselben Zweke vorgeschlagen wurde, und welches seinen vorzuͤglichen
Anspruch auf Aufmerksamkeit dem Umstande verdankt, daß es den Beifall mehr dann
eines Chemikers vom ersten Range erlangte: denn bisher war es von wenigem
praktischen Nuzen, und es ist nicht wahrscheinlich, daß es bald einen solchen
leisten wird.
Dieses Verfahren besteht darin, den Teig vom Anfange der Brodbereitung an, wo das
Mehl mit Wasser gemengt wird, auf kuͤnstliche Weise mit freiem kohlensauren
Gase zu schwaͤngern. Man glaubte, daß die auf diese Weise zugesezte
Kohlensaͤure, in Folge der Ausdehnung, die sie im Ofen erleiden muß, dem
Brode einen hinlaͤnglichen Grad von Leichtigkeit und Blasigkeit ertheilen
wird.
Die Moͤglichkeit, durch Saͤttigung mit kohlensaurem Gase auf diese
Weise den Teig auszudehnen, wurde von mehreren allerdings mehr oder minder achtbaren
Seiten behauptet. Hr. Edlin kann als der Erste gelten,
der dieses Verfahren auf formelle Weise zur allgemeinen Kenntniß brachte. In seinem
Treatise on the Art of Bread-Making, p. 56,
gibt er ohne weiters, als Resultat wiederholter Versuche, an, daß, wenn warmer
frischer Teig und etwas Mehl mit einer gesaͤttigten Aufloͤsung von
kohlensaurem Gase geknetet, und die auf diese Weise zubereitete Teigmasse
ungefaͤhr eine halbe Stunde lang an einen warmen Ort gestellt wird, sich
dieselbe eben so heben wird, als wenn sie sich im regelmaͤßigen
Gaͤhrungs-Zustande befaͤnde, und daß, wenn sie hierauf gebaken
wird, sie ein leichtes, treffliches, poroͤses Brod geben wird, das man von
demjenigen nicht unterscheiden kann, welches man durch Beihuͤlfe der Hefen
erhalten hat. Er fuͤhrt, zur Unterstuͤzung seiner Meinung, gewisse
Nachrichten uͤber die Anwendung des Wassers verschiedener
Mineral-Quellen zum Brodbaken an, vorzuͤglich jener zu Gonnesse, von
welcher Stadt die Pariser lang mit ihrem schoͤnen Brode versehen wurden, von
Selters in Deutschland, und von zwei anderen in der Naͤhe von Saratoga in
America, wo diese Quellen so reichlich mit kohlensaurem Gase versehen sind, daß sie
in der ganzen Umgebung als vollkommenes Surrogat der Hefen bei der
Brod-Bereitung dienen. Alle diese Thatsachen, wenn sie richtig sind, dienten
allerdings zur
Aufstellung der Theorie des Hrn. Edlin, daß die
Thaͤtigkeit der Hefen zur Erregung der Zuker-Gaͤhrung im Teige
ausschließlich in der Kohlensaͤure gelegen ist, mit welcher dieses Wasser,
wenn es gehoͤrig verschlossen aufbewahrt wird, beinahe gesaͤttigt
ist.
Wir muͤssen hier noch einer anderen Meinung uͤber diesen Gegenstand
erwaͤhnen, die so ziemlich mit jener des Hrn. Edlin uͤbereinstimmt, und die, wie man sagt, auf die achtbare
Auctoritaͤt des Hrn. Henry zu Manchester sich
gruͤndet. Es heißt in dem Supplement to the
Encyclopaedia Britanica, Artikel: „Baking“ Das Resultat gewisser Versuche des eben angefuͤhrten Chemikers sey:
„daß, wenn Mehl mit Wasser zu einem Teige geknetet wird, welches mit
Kohlensaͤure gesaͤttigt ist, der Teig eben so gut in die
Hoͤhe geht, und das Brod eben so leicht und wohlschmekend wird, als wenn
der Teig mit Hefen bereitet waͤre.“ Der Verfasser dieses
Artikels sagt ferner, daß, wenn man statt der gewoͤhnlichen Menge gemeinen
Salzes, oder kochsalzsauren Soda auf die gewoͤhnliche Weise die Bestandtheile
dieses Salzes dem Teige beimengt, naͤmlich, Soda, d.i., kohlensaure Soda, und
Kochsalzsaͤure, beide in dem gehoͤrigen Verhaͤltnisse, und den
Teig so schnell als moͤglich knetet, er auf der Stelle aufgehen wird, eben so
sehr, wo nicht mehr, als Teig, der mit Hefen gemengt ist, und daß er, nach dem
Baken, ein leichtes und treffliches Brod geben wird.
Wenn diese Meinungen vollkommen gegruͤndet waͤren, so wuͤrden
sie allerdings von nicht geringer Wichtigkeit fuͤr den Baͤker seyn,
und ihm den taͤglichen Zeitverlust bei der Hefen-Gaͤhrung, so
wie auch viele Arbeit bei dem Kneten ersparen. Allein, wir finden, auf der anderen
Seite, Hrn. Vogel's Versuche diesen Meinungen ganz
widersprechend: Hr. Vogel versichert uns, gegen alle mit
so vielem Scheine von Richtigkeit aufgestellten Erfahrungen des Hrn. Edlin, daß er nie im Stande war, auch nur die mindeste
Spur wirklicher Gaͤhrung in einem Teige zu erhalten, der bloß mit einer
gesaͤttigten waͤsserigen Aufloͤsung von kohlensauren Gase,
statt mit der gewoͤhnlichen Mischung von Hefen und Wasser behandelt wurde. Er
sagt ferner, daß ein solcher Teig, nachdem er die gewoͤhnliche Zeit
uͤber an einem warmen Orte aufbehalten wurde, bei dem Baken nichts anderes,
als einen harten Kuchen liefert, der dem gewoͤhnlichen Brode durchaus nicht gleicht. Er
fuͤgt ferner als Erlaͤuterung der Nothwendigkeit, den Teig mit einer
hinlaͤnglichen Menge elastischer Fluͤßigkeit zu versehen, ehe derselbe
gebaken wird, an, daß, als er versuchte, ein in dem Ofen selbst aufgehendes lokeres
Brod durch Beimengung kohlensaurer Bittererde oder Zinkspaͤne zu dem Mehle zu
bereiten, und dann dieses Mehl mit einem mit Schwefelsaͤure
gesaͤuerten Wasser abknetete, ihm alle diese Versuche immer vollkommen
mißlangen. (Journal de Pharmacie. III. vol. p. 216.)
Da bei diesen entgegengesezten Ansichten uͤber einen so wichtigen Gegenstand,
als die Pruͤfung der Wirksamkeit des ohne Gaͤhrung in den Teig
gebrachten kohlensauren Gases ist, neue Versuche nothwendig schienen, so wurden sie
angestellt. Allein, es war hier eine doppelte Untersuchung noͤthig. Es
handelt sich, 1) darum, zu bestimmen: ob es moͤglich ist, einen wohl
aufgegangenen Leib-Brod aus einem Teige zu erhalten, der aus einem Mehle, das
bloß mit einem Wasser, welches mit Kohlensaͤure gesaͤttigt ist,
bereitet wurde. Um diese Frage entscheidend zu loͤsen, war es nothwendig,
solchen Teig in einem doppelten Zustande zu baten, einmahl ganz frisch bereitet, und
einmahl, nachdem er einige Zeit uͤber aufbewahrt wurde, um zu sehen, ob die
gesaͤttigte Aufloͤsung von Kohlensaͤure in diesem lezten Falle
im Stande war, die weinige Gaͤhrung des Zukerstoffes ohne alle
Beihuͤlfe von Hefen zu erregen. Zweitens, war es noͤthig, zu
bestimmen, ob die Wirkungen einer langsamen Hefen-Gaͤhrung in Hinsicht
auf Leichtigkeit und Porositaͤt des Brodes sich dadurch nachahmen ließen, daß
man den Teig mit einem kohlensauren Alkali innig mengte, und hierauf das kohlensaure
Gas innerhalb des Teiges durch Zusaz einer Saͤure sich ploͤzlich
entwikeln ließ. Die erhaltenen Resultate schienen fuͤr beide Faͤlle
entscheidend.
Acht Loth Mehl wurden mit vier Kubik-Zoll Wasser, welches mit kohlensaurem
Gase gesaͤttigt war, bei einer Temperatur von 51° (F. + 8,5°
R.) zu einem Teige gemacht. Eine zweite Portion Teiges wurde aus vier Loth Mehl mit
zwei Kubik-Zoll Wasser bei einer Temperatur von 80° (F. + 21,3°
R.) angemacht, und unmittelbar darauf wurden noch zwei Loth Mehl und zwei
Kubik-Zoll kohlensaures Gas zugeknetet. Zum Vergleiche wurde noch eine dritte
Portion Teiges aus 8 Loth Mehl, und 4 Kubik-Zoll Hefen mit warmem Wasser bei
einer Temperatur von
70° (F. + 16,8° R.) angemacht. Zu jeder dieser drei Massen Teiges
wurden noch 30 Gran gemeinen Kochsalzes auf die gewoͤhnliche Weise hinzu
gethan, um das Brod zu wuͤrzen. Unmittelbar nach der Bereitung wurde ein
Theil (ungefaͤhr ein Viertel) davon genommen, und in dem Ofen gebaken. Die
Producte aller dieser drei Theile waren durchaus dieselben; es war ein derbes,
blasenloses Brod, in keiner Hinsicht von demjenigen verschieden, was man erhalten
haben wuͤrde, wenn man auf aͤhnliche Weise ein bloßes Gemenge aus Mehl
und Wasser behandelt haͤtte.
Um den Gaͤhrungs-Proceß zu befoͤrdern, wurden die Ueberreste
dieser Teige nach der gewoͤhnlichen Weise 6 Stunden lang bei Seite gestellt.
Schon in der ersten Haͤlfte dieses Zeitraumes war der mit Hefen bereitete
Teig in einem Zustande von starker Gaͤhrung, und hatte am Umfange gut drei
Mahl zugenommen: die drei uͤbrigen Stuͤke Teiges blieben aber durch
die ganzen 6 Stunden uͤber ohne alle Spur von Gaͤhrung und ohne sich
im Mindesten auszudehnen. Man nahm nun wieder Stuͤke davon, knetete sie, und
stellte sie an einem warmen Orte eine halbe Stunde lang bei Seite, um neuerdings
kohlensaures Gas sich anhaͤufen zu lassen, und brachte sie, wie die vorigen,
in den Ofen. Das Brod aus dem Teige, welcher regelmaͤßig mittelst Hefen
gegohren hatte, war leicht und schwammig, und besaß alle Eigenschaften eines
gewoͤhnlichen Brodes, waͤhrend dasjenige aus dem Teige, der mit einem
mit Kohlensaͤure gesaͤttigten Wasser angemacht war, immer eine dichte,
zaͤhe, blasenlose Masse, wie bei dem vorigen Versuche, blieb. Man bewahrte
die noch uͤbrigen Reste dieser Teige noch zwoͤlf Stunden lang an einem
warmen Orte; allein bei genauer Untersuchung zeigte sich auch nach Verlauf dieser
Zeit an demjenigen Teige, der mit einer Aufloͤsung von kohlensaurem Gase in
Wasser angemacht wurde, keine Spur von Gaͤhrung oder Ausdehnung. Dieselbe
Reihe von Versuchen wurde noch ein Mahl wiederholt, nur mit dem Unterschiede, daß
man perlendes Sodawasser statt der vorigen Aufloͤsung des kohlensauren Gases
in Wasser nahm. Die Resultate waren durchaus dieselben, wie die so eben
erwaͤhnten.
Aus allen diesen Versuchen folgt demnach, daß die Resultate derselben den Meinungen
des Hrn. Edlin, und der angeblichen Ansicht des Hrn. Henry nicht entsprechen, und beweisen, daß das
kohlensaure Gas nicht nur nicht im Stande ist, Brod-Gaͤhrung zu erregen, sondern daß
es auch nicht moͤglich, durch bloße Anwendung eines mit Kohlensaͤure
gesaͤttigten Wassers den Teig so aufzutreiben, daß er bei dem Baken ein
leichtes und schwammiges Brod gibt.
Die Versuche mit Zersezung einer kohlensauren alkalischen Verbindung innerhalb der
Substanz des Teiges lieferten jedoch Resultate, die den Ansichten der HHrn. Edlin und Henry mehr
entsprachen, obschon sie zugleich auf eine entscheidende Art erwiesen, daß sie
durchaus nicht jene Kraft besizen, welche diese Chemiker ihnen zugeschrieben haben.
Die zu diesen Versuchen gewaͤhlten kohlensauren Verbindungen waren basisch
kohlensaure Soda (Sesqui-Carbonate of Soda) und
die gemeine kohlensaure Bittererde. Man sorgte stets dafuͤr, die
Saͤure und das Alkali in solchen Verhaͤltnissen anzuwenden, daß sie
sich wechselseitig ziemlich genau saͤttigen konnten. Man mengte zuerst das
Mehl mit dem kohlensauren Alkali in troknem gepuͤlverten Zustande, und machte
den Teig mit der gehoͤrigen Menge Wassers an, welchem die Saͤure
zugesezt war. Man sah ferner bei dem Kneten besonders darauf, soviel Gas als
moͤglich in den Teig einzuschließen, um den Versuch so genau als
moͤglich anzustellen. Die Mischungen, deren man sich bei diesen vier
Versuchen bediente, waren folgende:
I.
8 Loth Mehl.
42 Gran kohlensaure Soda
(Sesqui-Carbonat).
90 Gran verduͤnnte Schwefelsaͤure.
Man hatte sich durch vorlaͤufige Versuche uͤberzeugt, daß, um 42 Gran
kohlensaure Soda zu saͤttigen, soviel von dieser verduͤnnten
Saͤure nothwendig war.
II.
8 Loth Mehl.
20 Gran kohlensaure Soda
(Sesqui-Carbonat).
19 Gran Weinsteinsaͤure.
III.
8 Loth Mehl.
30 Gran kohlensaure Bittererde.
15 Gran Weinsteinsaͤure.
IV.
8 Loth Mehl.
60 Gran kohlensaure Bittererde.
30 Gran Weinsteinsaͤure.
Diese vier Teigmassen wurden, nachdem sie gehoͤrig abgeknetet waren, 20
Minuten lang bei Seite gestellt, so daß sie Zeit genug hatten, die Saͤure und
das kohlensaure Alkali wechselseitig auf einander wirken zu lassen. Hierauf wurden sie auf die
gewoͤhnliche Weise in dem Ofen gebaken.
Waͤhrend diese Teige zu kleinen Leibchen geknetet wurden, fuͤhlten sie
sich alle ungewoͤhnlich loker, leicht und schwammig an, und waren auch blasig
und aufgetrieben, als sie in den Ofen eingeschossen wurden, woraus deutlich
erhellte, daß eine Menge elastischer Fluͤßigkeit sich in dem Teige
entwikelte. Allein, aus allen diesen vier Teigen ward das Brod teigig und derb,
hatte nur einige kleine Blaͤschen oder Loͤcher, und war nie
aufgegangen. Von allen diesen vier Teig-Arten war N. II. (kohlensaure Soda und Weinsteinsaͤure) diejenige, die einem
guten Brode noch am naͤchsten kam, und die man, im Vergleiche mit einem Brode
aus ungegohrenem Teige leicht oder poroͤs haͤtte nennen
koͤnnen: aber selbst diese stand in Hinsicht auf wahre Leichtigkeit und
elastische Blasigkeit unserem gewoͤhnlichen Brode noch weit nach.
Wenn man den Nuzen und die Nothwendigkeit des gegenwaͤrtigen
muͤhevollen Knetens bedenkt, so wird es klar, daß kein Leib-Brod durch
irgend eine der obigen Stegreif-Methoden verfertigt werden kann, indem bei
allen das gehoͤrige Durchkneten des Teiges wegfaͤllt. Es ist aber
gerade dieses Kneten, wodurch der Teig so elastisch wird, daß er nachgibt, wenn
kohlensaures Gas sich in demselben entwikelt, und zugleich zaͤhe genug, um
dasselbe einzuschließen, nachdem es sich darin entwikelt hat. Bei dem
gegenwaͤrtigen Verfahren in der Baͤkerei wird beinahe alles Gas, was
man zu einem Leibe Brod braucht, innerhalb desselben erzeugt, naͤmlich durch
fortgesezte Brod-Gaͤhrung, nachdem alles Kneten voruͤber ist:
denn der Leib wird, nachdem er abgewogen, geknetet und geformt wurde, bei Seite
gestellt, bis er nach und nach, ehe er in den Ofen kommt, doppelt an Umfang
zugenommen hat. Wenn aber der Teig kuͤnstlich mit Kohlensaͤure auf
irgend eine der oben angegebenen Arten geschwaͤngert wird, so ist es, da
dieses Gas keine Verwandtschaft zu irgend einem Bestandtheile des Mehles besizt,
unmoͤglich den Teig durchzukneten, ohne buchstaͤblich jedes Theilchen
Luft oder Gas aus demselben auszupressen oder auszutreiben, und wenn dieß einmahl
geschehen ist, wie es bei dem Kneten unvermeidlich geschehen muß, kann die weitere
innere Entwikelung dieser elastischen Fluͤßigkeit nicht mehr erneut werden,
indem die Ursache, die dieselbe erzeugte, nicht mehr vorhanden ist. Der Baͤker, der sich
dieser Methode bedienen wollte, wuͤrde also die harte Wahl haben, entweder
das Kneten gaͤnzlich aufzugeben, und in diesem Falle wuͤrde er nie
auch nur einen einzigen Leib gut aufgegangenen Brodes erhalten, oder er muß bei dem
Kneten bleiben, und in diesem Falle wird er selbst den kleinen Vortheil noch
verlieren, den das kohlensaure Gas ihm sonst verschafft haben wuͤrde, und so
fuͤr jeden Fall ein teigiges, schweres, derbes Brod erhalten.
Allein, obschon das Wasser Kohlensaͤure haltiger Mineralquellen nie mit
Vortheil von dem Baͤker angewendet werden kann, um gewoͤhnliches gutes
Brod zu erzeugen, so gibt es doch eine andere Art, nach welcher derselbe sich des
einfachen Wassers bedient, um mit bedeutendem Erfolge Gas in sein Brod zu bringen:
denn Wasser-Dampf, in dem Ofen ausgedehnt, ist oft ein kraͤftiges
Mittel, verschiedene Arten von Brod aufgehen zu machen. Wenn Wasser-Dampf auf
diese Weise als Mittel, das Brod in die Hoͤhe zu treiben, angewendet wird,
pflegt man gewoͤhnlich den Theilchen des Teiges dadurch etwas mehr
Zusammenhang zu geben, daß man den Teig duͤnner als gewoͤhnlich
anmacht, und ihm irgend einen klebrigen oder gallertartigen Koͤrper zusezt,
wie z.B. Eier, oder eine waͤsserige Aufloͤsung von Hausenblase oder
Gummi, oder irgend einen staͤrkeartigen Koͤrper im gallertartigen
Zustande. Nicht selten gibt man jedoch auch etwas kohlensaures Ammonium hinzu um den
Dampf als Ausdehnungs-Mittel in seiner Wirkung zu unterstuͤzen.
Es ist nichts Besonderes oder Merkwuͤrdiges bei der Anwendung dieser Mittel
das Brod aufzutreiben. Es gibt aber einen Fall, wo man dieselbe zur Erzeugung eines
Productes benuͤzt, das allgemein bekannt ist, und woran sich die
Geschiklichkeit des Arbeiters so deutlich zeigt, daß es der Muͤhe werth
scheint, denselben besonders zu betrachten. Ich meine den Butter-Teig (puff-paste), woran der Arbeiter seine ganze
Geschiklichkeit zeigen kann, und wo wahrscheinlich nicht bloß der Dampf des Wassers,
sondern auch der der erhizten Butter, thaͤtig ist.
Zuerst wird zu diesem Butter-Teige die erforderliche Menge Teiges, aus Mehl
und Wasser auf die gewoͤhnliche Weise und mit etwas Butter, bereitet. Nachdem
dieser Teig gehoͤrig durchgeknetet wurde, wird er flach ausgewalkt, die ganze
eine Flaͤche mit einer duͤnnen Lage Butter uͤberzogen, hierauf
wieder zusammengelegt, so daß die eine Lage genau auf die andere paßt, und so diese Lage Butter
zwischen den Teig kommt. Nun wird er wieder ausgewalkt, so daß er eine eben so große
Flaͤche bildet, wie vorher, und die neuerdings erhaltene obere Flaͤche
wird wieder mit Butter uͤberzogen, und neuerdings auf die vorige Weise
zusammengelegt, so daß jezt vier Lagen Teig uͤber einander liegen, und
zwischen zwei und zwei Lagen Teiges etwas Butter kommt, die sie von einander trennt.
Dieses Walken und Zusammenlegen des Teiges, zuerst in zwei, dann in vier, dann in
acht Lagen u.s.f. wird ungefaͤhr zehn Mahl wiederhohlt, so daß bei dem lezten
Mahle ungefaͤhr tausend duͤnne Blaͤttchen Teiges parallel
uͤbereinander liegen, und immer eine Lage Butter zwischen sich haben. Wenn
nun dieser Teig in den Ofen kommt, dringt der elastische Dampf des Wassers und der
Butter zwischen diese vielen Lagen des Teiges, und, da er in Folge der
Zaͤhigkeit derselben nicht entweichen kann, so macht er, daß dieser Teig sich
blaͤttert, und zulezt so aufschwillt, wie man an den Butter-Pastetchen
(Butterkrapfeln-Puffs) steht. Dieser Teig ist nach dem Baken ausserordentlich
leicht, und scheint aus einer Menge duͤnnen Haͤutchen zu bestehen, von
denen nicht zwei an einander haͤngen, sondern alle ziemlich weit von einander
abstehen, und eine nicht unbedeutende Menge Luft zwischen sich haben. Aus der Art,
wie dieser Butter-Teig bereitet wurde, steht man, daß jedes Blaͤttchen
Teig, das nie gegohren hat, nur wenig Leichtigkeit oder Elasticitaͤt haben
kann, indem die gasartige Fluͤßigkeit, welche diese Blaͤttchen,
zwischen denen sie eingeschlossen ist, ausdehnt und von einander haͤlt, in
keines derselben eindringt. Man wird auch finden, daß jedes solche
Blaͤttchen, wenn man es genau untersucht, teigig und zaͤhe ist.
Dieß sind einige gewoͤhnliche Methoden, um Luft in das Brod zu bringen, ohne
den Teig gaͤhren zu lassen. Einige derselben sind sinnreich; sie lassen sich
aber leicht erklaͤren, und ihre Producte sind nicht von besonderer
Wichtigkeit. Es ist aber noch ein weites Feld in der Baͤkerkunst, das wir
bisher nicht betrachtet haben, und das in mancher Hinsicht sorgfaͤltig
durchschaut werden muß, ehe wir diesen Versuch schließen koͤnnen. Es ist, was
die Erklaͤrung betrifft, eine der merkwuͤrdigsten und sicher auch der
schwierigsten Verfahrungs-Arten unter allen, die sich in der
Baͤkerstube zeigen, und das Resultat der Untersuchung derselben verbreitet bedeutendes
Licht uͤber manche Theile der Baͤker-Kunst.
Es ist die Art, jenes Gemenge aus Mehl und Syrup zu bereiten, das man
Pfefferkuchen (ginger-bread) nennt: die
Bereitung dieses Gebaͤkes wollen wir jezt untersuchen. Der Teig bei
dieser Art von Gebaͤk kann keiner Gaͤhrung mit Hefen unterzogen
werden; jeder Versuch dieser Art zeigte sich fruchtlos, und obschon zuweilen die
Gegenwart der Hefen einige Erscheinungen von Gaͤhrung in dem Teige
hervorzubringen scheint, so kommt ein aus solchem Teige gebakener Pfefferkuchen
doch immer als eine feste, harte und holzaͤhnliche Masse aus dem
Ofen.
Man hat, soviel wir wissen, noch keine Erklaͤrung der verschiedenen und
auffallenden Eigenheiten, die diese Art von Baͤkerei auszeichnen,
gegeben. Wenn es auch bei dem ersten Versuche einer Erlaͤuterung
derselben zu viel gewagt waͤre, zu vermuthen, daß sie vollstaͤndig
und genuͤgend seyn sollte, so laͤßt sich vielleicht doch hoffen,
daß durch sie ein Schritt naͤher zum Ziele gethan wurde.
Die Art, wie man heute zu Tage Pfefferkuchen (in England) im Allgemeinen
bereitet, ist folgende: Die Materialien hierzu sind: Mehl, Syrup, Butter,
gemeine Pottasche und Alaun. Nachdem die Butter geschmolzen, und die Pottasche
und der Alaun in etwas warmem Wasser aufgeloͤst wurden, werden diese drei
Dinge, zugleich mit dem Syrup, in das Mehl gegossen, das die Basis dieses
Gebaͤkes bildet, und alles durch Mischen und Kneten zur Consistenz eines
festen Teiges gehoͤrig unter einander verkoͤrpert. Unter allen
diesen Bestandtheilen ist, wie der Baͤker fand, der Alaun derjenige, der
am wenigsten wesentlich ist, obschon er dadurch nuͤzt, daß er dem
Gebaͤke eine entschiedene Neigung gibt, leichter und rescher zu werden,
und den langweiligen Gang beschleunigt, durch welchen der Teig endlich dahin
gelangt, mit Vortheil in den Ofen gebracht werden zu koͤnnen. Denn es ist
eine der merkwuͤrdigsten Erscheinungen bei der
Pfefferkuchen-Baͤkerei, daß der hierzu bestimmte Teig, wenn er
auch noch so sorgfaͤltig durchgeknetet ist, beinahe immer von drei und
vier bis zu acht und zehn Tagen stehen muß, ehe er in jenen Zustand gelangt, in
welchem er im Ofen am besten aufgeht, und daselbst mit der gehoͤrigen
Menge Gases gefuͤllt wird. Die Erfahrung hat gezeigt, daß er in dieser
Hinsicht selbst mehrere Wochen lang, und zwar ehe zum Vortheile als zum Nachtheile, stehen
bleiben kann. Es ist ferner richtig, daß, aus Ursachen, die der Baͤker
nicht gehoͤrig einsieht, der Teig zum Pfefferkuchen waͤhrend
seines Stehens zuweilen viel fruͤher reif wird, als sonst: wenn aber, im
Allgemeinen, dieser Teig fruͤher, als vor der angegebenen Zeit, in den
Ofen kommt, wird er, nachdem er gebaken ist, mehr oder weniger einem
Stuͤke Holz gleichen, und zwar in dem Verhaͤltnisse mehr gleichen,
als er zu fruͤhe eingeschossen wurde.
Da der Baͤker den Alaun ohne allen Nachtheil weglassen kann, ohne daß der
Kuchen dadurch im Ofen weniger aufginge, so ist es offenbar, daß man denselben
auch bei der Untersuchung der Eigenheiten dieser Art von Baͤkerei
weglassen kann. Daß der Alaun uͤbrigens auf die
Hefen-Gaͤhrung nicht laͤhmend wirkt, ist allgemein aus dem
Umstande bekannt, daß er nicht selten bei dem Baken des gemeinen
Weizen-Brodes angewendet wird, um schlechteres Mehl weißer scheinen zu
machen. Man mußte daher bei dieser Untersuchung sein Augenmerk auf die Wirkung
der Butter, der Pottasche, des Syrups, oder auf die vereinte Wirkung aller
dieser drei Koͤrper auf einander, oder auf irgend einen anderen
Bestandtheil des Mehles richten, um die Quelle dieser so ungewoͤhnlichen
Erscheinungen bei der Pfefferkuchen-Baͤkerei zu entdeken. Nach den
angestellten Versuchen scheint es klar erwiesen, daß die wechselseitige
Einwirkung der Pottasche und des Syrupes auf einander die Quelle der
Gas-Entwikelung bei der gegenwaͤrtigen
Pfefferkuchen-Baͤkerei ist.
Um die Quelle dieser Gas-Entwikelung zu entdeken, wurde bei dem
gewoͤhnlichen Pfefferkuchen-Teige die Butter gaͤnzlich weggelassen. Nachdem man den Teig die
gewoͤhnliche Zeit uͤber stehen ließ, und dann im Ofen buk, zeigte
sich das Gebaͤk als gut aufgegangener Pfefferkuchen. Man bereitete
hierauf mehrere Stuͤke Pfefferkuchen-Teiges mit allen
gewoͤhnlichen Ingredienzen; nur ließ man bei denselben die kohlensaure Pottasche weg: die daraus erhaltenen
Pfefferkuchen waren alle, sie mochten entweder alsogleich, nach Verfertigung des
Teiges, oder nachdem sie eine verschiedene Zeit uͤber, selbst mehrere
Wochen lang, gestanden waren, in den Ofen gebracht worden seyn, eine bloße harte
feste Masse, wie sie gewoͤhnlicher Brod-Teig, wenn er nicht
gegohren hat, zu geben pflegt. Man bereitete hierauf zwei Portionen
Pfefferkuchen-Teig, und ließ den Syrup in
denselben weg: einer Portion sezte man jedoch ebensoviel raffinirten Zuker in der moͤglich
kleinsten Menge Wassers aufgeloͤst zu, als man sonst, dem Gewichte nach,
Syrup zu nehmen pflegt. Keiner der auf diese Weise bereiteten Pfefferkuchen kam
aber auch nur im Mindesten poroͤs oder blasig nach dem Baken aus dem
Ofen, der Teig mochte nun alsogleich nach seiner Bereitung, oder nachdem er
verschiedene Zeit uͤber, selbst mehrere Wochen lang, gestanden ist,
gebaken worden seyn. Aus diesen Versuchen schien also klar zu erhellen, daß die
gleichzeitige Gegenwart der kohlensauren Pottasche und des Syrupes, und ihre
wechselseitige Einwirkung auf einander bei Erzeugung eines guten elastischen
Pfefferkuchens wesentlich ist.
Es war kaum zu zweifeln, daß die Einwirkung des Syrupes auf die kohlensaure
Pottasche darin bestand, daß ersterer eine gewisse Menge kohlensauren Gases aus
lezterer entwikelt. Um jedoch diesen Punct in ein noch helleres Licht zu sezen,
wurde statt der kohlensauren Pottasche kohlensaure Bittererde und kohlensaure
Soda genommen, und der Erfolg war, daß die Pfefferkuchen mit diesen lezteren
Ingredienzen eben so gut in dem Ofen aufgingen, als wenn eine
aͤquivalente Menge Pottasche dafuͤr genommen wurde. Wenn aber,
statt aller dieser Materialien, dem Teige entweder kaustische Pottasche oder
kaustische Bittererde zugesezt wurde, ging der Pfefferkuͤchen im Ofen
nicht im Mindesten auf, der Teig mochte frisch nach seiner Bereitung, oder
nachdem er laͤngere Zeit uͤber gestanden ist, gebaken worden seyn.
Hieraus erhellte, daß die Gegenwart eines kohlensauren Alkali im
Pfefferkuchen-Teige wesentlich zur Gasentwikelung nothwendig ist, und der
Schluß schien beinahe nothwendig, daß das Aufgehen des Pfefferkuchens im Ofen
durch kohlensaures Gas erzeugt, und daß dieses Gas in Folge der wechselseitigen
Einwirkung des kohlensauren Alkali und des Syrupes entwikelt wird.Folgendes Detail zeigt die verschiedenen Mischungen der bei diesen
Versuchen angewendeten Teige nebst ihren Resultaten im Allgemeinen.1)Mehl8 Loth.Syrup6 Loth.Pottasche1 Quentchen.Der Pfefferkuchen ging gehoͤrig auf, und war, dem Ansehen nach,
nicht verschieden von demjenigen, den man aus gewoͤhnlichem
Pfefferkuchen-Teige erhaͤlt.2)MehlSyrup 8 Loth. 6
Loth.MehlSyrupButter 8 Loth. 6
Loth.1/2 Loth.Der Kuchen war ganz fest, hart, und konnte selbst steinhart genannt
werden.3)MehlPottasche 8 Loth. 1
Quentchen.MehlButterPottasche 8 Loth.1/2
Loth. 1 Quentchen.4)MehlRaffinirter ZukerPottasche 8 Loth. 6
Loth. 1 Quentchen.MehlRaffinirter ZukerButterPottasche 8 Loth. 6
Loth.1/2 Loth. 1
Quentchen.Diese vier Mischungen wurden mit der erforderlichen Menge heißen Wassers
zu Teig gemacht, und einzelne Portionen jeder dieser Teig-Massen
wurden im Ofen gebaken, theils unmittelbar nach ihrer Bereitung, theils
in Zwischenraͤumen von fuͤnf Tagen nach einander. In
beiden Faͤllen waren die Resultate an allen vier Massen
gleichfoͤrmig dieselben, und alle gleich unguͤnstig: der
Kuchen zeigte nie die mindeste Spur von einem Aufgehen, und war ganz
fest und derb. Er war tief gelb, und hatte einen unangenehmen Geruch und
ekelhaften Geschmak, was wahrscheinlich von einiger chemischen
Einwirkung der Pottasche auf das Mehl herruͤhren mochte.5)MehlSyrupButterGemeine krystalisirte kohlens.
Soda 8
Loth. 6
Loth. 1/2 Loth.124 Gran.MehlSyrupButterGemeine kohlensaure
Bittererde 8 Loth. 6
Loth.1/2 Loth. 1
Quentchen.Dieser Pfefferkuchen hatte, in beiden Versuchen, Ansehen und Geschmak der
gewoͤhnlichen mit Pottasche bereiteten Pfefferkuchen. Auch diese
Teige gingen durch laͤngeres Stehenbleiben besser auf, so daß
diese beiden kohlensauren Alkalien vollkommen so gut in jeder Hinsicht,
wie die gewoͤhnliche Pottasche, waren.6)MehlSyrupButterKaustische Pottasche 8
Loth. 6 Loth.1/2
Loth. 40 Gran.MehlSyrupButterKaustische Bittererde 8 Loth. 6
Loth.1/4 Loth. 25 Gran.Beide diese Teige wurden unmittelbar nach ihrer Bereitung, und in drei
verschiedenen Zwischenraͤumen, jeden von 7 Tagen, versucht. In
keinem Falle gab einer dieser Teige einen auch nur etwas blasigen Teig,
dieser war so fest, als ob er ohne irgend ein Alkali bereitet worden
waͤre. A. d. O.
Es ist nicht leicht, die Art einzusehen, in welcher der Syrup auf das kohlensaure
Alkali wirkt. Am wahrscheinlichsten ist es, daß vielleicht irgend eine freie
Saͤure in dem Syrup vorhanden ist, die sich mit dem kohlensauren Alkali
verbindet, und einen Theil des kohlensauren Gases aus demselben entwikelt. Daß
eine solche Saͤure, in geringerer oder groͤßerer Menge, in dem
Syrup immer vorhanden ist, scheint durch die Thatsache erwiesen, daß eine Menge
Proben von Syrup, die im Verlaufe der eben angefuͤhrten Versuche
untersucht wurden, deutliche Spuren von Saͤure zeigten, und zwar so sehr,
daß sie blaue Pflanzensaͤfte roͤtheten: indessen schien doch der
ganze Betrag dieser freien Saͤure unbedeutend, und es war schwierig,
derselben die einzige Ursache so auffallender Erscheinungen zuzuschreiben.
Indessen kann man nicht zweifeln, daß diese unverbundene Saͤure in einem
gewissen Grade zur Zersezung des kohlensauren Alkali mit beitragen muß; und man
konnte vielleicht vermuthen, daß die Ursache, warum alter Pfefferkuchen-Teig mehr aufgeht, darin gelegen ist, daß
der Syrup waͤhrend der laͤngeren Aufbewahrung des Teiges, mit dem Mehle
innig vermengt, in demselben mehr sauer wird, oder, daß das durch die freie
Saͤure des Syrupes entwikelte kohlensaure Gas waͤhrend des
laͤngeren Stehens mehr Zeit gewann, in alle Theile des Teiges
einzudringen, und eine vollstaͤndigere Trennung seiner Theilchen zu
erzeugen. Man kann zur Vertheidigung dieser Meinung den Umstand
anfuͤhren, daß, obschon der Pfefferkuchen-Teig gewoͤhnlich
fuͤnf bis zehn Tage lang stehen muß, sich doch viele Faͤlle
ergeben, wo er weit weniger lang stehen darf, ohne daß der Arbeiter im Stande
waͤre, den Grund hiervon anzugeben. Dieser Umstand ließe sich aber leicht
dadurch erklaͤren, daß der Syrup bald mehr bald weniger freie
Saͤure enthaͤlt, und daß diese Saͤure die wahre Ursache
ist, die das kohlensaure Gas in dem Teige durch seine Einwirkung auf das
kohlensaure Alkali entwikelt. Es ist demnach im Ganzen nicht unwahrscheinlich,
daß die wechselseitige Einwirkung der Pottasche und des Syrupes, wodurch der
Pfefferkuchen sein Gas enthaͤlt, darin besteht, daß in dem Syrupe freie
Saͤure vorkommt, die sich mit der Pottasche verbindet, das kohlensaure
Gas aus derselben entwikelt, und dadurch den Pfefferkuchen leicht und elastisch
macht.
Im Verlaufe der weiter unten im Detail anzugebenden Versuche, aus welchen obiger
Schluß hervorgeht, war es unmoͤglich, die Nachtheile nicht zu
fuͤhlen, die durch die Langsamkeit dieses Verfahrens fuͤr den
Baͤker entstehen, und die schaͤdlichen Folgen, die fuͤr den
Consumenten aus einem der heute zu Tage fuͤr wesentlich erachteten
Bestandtheile der Pfefferkuchen hervorgehen muͤssen. Dieser Bestandtheil
ist die kohlensaure Pottasche, die immer in einer solchen Menge angewendet
werden muß, daß sie dem Gebaͤke einen unangenehmen alkalischen Geschmak
ertheilt, wenn derselbe anders nicht durch irgend ein Gewuͤrz verstekt
wird. Es ist auch kein Zweifel, daß, wenn Pfefferkuchen, so wie man denselben
heute zu Tage verfertigt, haͤufig genossen wird, er jeder
zaͤrtlicheren Constitution wegen der groͤßeren Menge Alkali, die
er enthaͤlt, nachtheilig werden muͤßte. Wenn dieß aber selbst bei
dem besten Pfefferkuchen der Fall ist, so ist es offenbar, daß in den
Haͤnden eines sorglosen und ungeschikten Arbeiters die Anwendung eines
solchen Ingrediens ausserordentlich ungelegen kommen muß. Es schien daher
hoͤchst wuͤnschenswerth, ein Surrogat zu erhalten, welches,
waͤhrend es den Pfefferkuchen eben so gut aufgehen macht, dem
Baͤker die Zeit erspart, weniger unangenehm schmekt, und der Gesundheit
durchaus nicht nachtheilig ist, und nicht ohne Vergnuͤgen hat man nach
mehreren Versuchen eine Bereitung des Teiges zu Pfefferkuchen gefunden, die alle
diese Vortheile in sich vereinigt. Das Surrogat, welches den schoͤnsten
Erfolg gab, war eine Mischung aus gemeiner kohlensaurer Bittererde und aus
Weinsteinsaͤure. Wenn der Teig damit angemacht wird, wird es in
praktischer Hinsicht gut seyn, etwas mehr Alkali zu nehmen, als gerade zur
Saͤttigung der Saͤure nothwendig waͤre. Doch am
kuͤrzesten und einfachsten zeigt sich die Weise, wie man hier zu
verfahren hat, in einem Beispiele: folgendes Verfahren, welches einen sehr guten
Pfefferkuchen-Teig gibt, vorzuͤglich zu jenen duͤnnen
Pfefferkuchen, die man Parliament-Cakes
nennt, mag hierzu dienen.
Man nimmt Ein Pfund Mehl, ein halbes Loth kohlensaure Bittererde, und Ein
Quentchen Weinsteinsaͤure, und sezt Butter, Syrup und Gewuͤrze auf
die jezt gebraͤuchliche Weise zu. Alaun nuͤzt nichts, und es ist besser, man
laͤßt ihn weg, als er an und fuͤr sich ungesund ist, und
wahrscheinlich alle guten Dienste, die er leisten kann, durch die
Weinsteinsaͤure ersezt werden. Das Alkali, hier die Bittererde, muß durch
den ganzen Teig gleichfoͤrmig verbreitet werden, was am besten dadurch
geschieht, daß man sie, fein gepulvert, mit dem Mehle ehevor mischt, ehe man
irgend einen anderen Bestandtheil der Mischung zusezt. Nachdem die Bittererde
dem Mehle beigemengt wurde, loͤst man die Weinsteinsaͤure in einer
geringen Menge Wassers auf, und gießt die zerlassene Butter, den Syrup und die
Weinsteinsaͤure-Aufloͤsung in das mit Bittererde gemengte
Mehl, knetet alles gehoͤrig zu einem Teige, und stellt diesen eine halbe
oder eine ganze Stunde lang bei Seite. Hierauf kann der Teig gebaken. werden.
Die Ruhe von einer halben Stunde, die man dem Teige gibt, gewaͤhrt den
Vortheil, daß die Saͤure auf das kohlensaure Alkali gehoͤrig
einwirken kann, und den Teig loker und kurz macht, oder, wie der Baͤker
sagt, in starke Gaͤhrung bringt. Der auf diese Weise bereitete Teig darf
nie laͤnger, als hoͤchstens zwei oder drei Stunden stehen, ehe er
in den Ofen kommt, aus welchem er, zu gehoͤriger Zeit eingeschossen,
immer wieder als leichter, lokerer, wohlschmekender Kuchen herauskommen
wird.
Auf diese Weise ist also nicht bloß der Zeitverlust, der durch das lange Warten
entsteht, erspart, sondern man hat auch dann keinen unangenehmen Geschmak zu
besorgen, wann das Brod ohne Zuker und Gewuͤrze gebaken wird, und es
enthaͤlt nichts, was selbst der schwaͤchlichsten Gesundheit
nachtheilig werden koͤnnte. Die Auslagen bei dieser Art die Pfefferkuchen
zu bereiten, sind nur um eine Kleinigkeit hoͤher, als wenn man Pottasche
nimmt, so daß der Preis selbst der gemeinsten Pfefferkuchen dadurch nicht
erhoͤht werden kannWeinsteinsaͤure kostet das Pfund (in England) 4 Shilling 6 Pence
(2 fl. 42 kr. – in Deutschland eben so viel); kohlensaure
Bittererde kostet, das Pfund (in England) 1 Shilling 4 Pence (48 kr.; in
Deutschland eben so viel). Zu sieben Pfund Mehl zu Pfefferkuchen wird
man also nur fuͤr 15 kr. von obigen Materialien brauchen.Folgender Teig gibt einen sehr guten, sehr angenehm schmekenden,
Pfefferkuchen, der in Form der duͤnnen Parliaments-Kuchen (Parliament-Cakes) verbaken werden kann.Mehl1 Pfund.Syrup1/2 –Rohzuker1/4 –Butter4 Loth.Kohlensaure Bittererde1/2 –Weinsteinsaͤure1 Quentchen.Ingwer1 – –Zimmt1 – –Muscat-Nuß2 LothDiese Mischung unterscheidet sich von derjenigen, die gewoͤhnlich
zu den Parliament-Kuchen genommen wird, nicht bloß durch das
Surrogat fuͤr Pottasche, sondern auch durch die groͤßere
Menge Butter, und die um ein Drittel geringere Menge Syrup, an dessen
Stelle man ebensoviel Rohzuker genommen hat. Diese Abaͤnderungen
verbessern den Geschmak dieses Gebaͤkes um vieles, sind aber ehe
dem Aufgehen desselben im Baken etwas unguͤnstig. A. d. O.
Bloß aus Neugierde versuchte man die so eben angefuͤhrte Methode,
Pfefferkuchen schnell mit Gas zu versehen, auch bei dem Teige des gemeinen
Weizen-Brodes, um zu sehen, ob sie hier als vollkommenes Surrogat der
gewoͤhnlichen Hefen-Gaͤhrung dienen koͤnnte. Das
Resultat fiel im hoͤchsten Grade guͤnstig aus: Zwiebak, womit man
den Versuch anstellte, war so leicht und wohlschmekend, als ob es durch
Hefen-Gaͤhrung bereitet worden waͤre. Dieser Versuch war
jedoch bloß der Sonderbarkeit wegen angestellt, nicht in Hinsicht auf praktische
Anwendbarkeit; denn, obschon das Verfahren des Baͤkers langsam und
langweilig ist, so ist es doch wohlfeil und einfach und sicher. Obige Methode
waͤre nur in den seltenen Faͤllen anzuwenden, wo es entweder an
Hefen, oder an Zeit fehlt, und man daher der Gaͤhrung sich nicht bedienen
kann. Man darf nicht vergessen zu bemerken, daß das Neutral-Salz, welches
die weinsteinsaure Pottasche bildet, und die Kohlensaͤure hier entwikelt
hat, dem gemeinen Brode einen etwas faden Geschmak gibt; man darf aber nur etwas
Zuker zusezen, um diesen Geschmak unmerklich zu machen. In der Anmerkung haben
wir das Verfahren angegeben, welches wir bei Bereitung des Zwiebakes befolgten.
Es ist so einfach, daß es keiner weiteren Erklaͤrung bedarfDer Teig wurde aus folgenden Ingredienzen verfertigt:Mehl1 Pfund.Butter6 Loth.Zuker4 –Kohlensaure Bittererde1/2 –Weinsteinsaͤure1 Quentchen.Das Mehl wurde vorher mit der kohlensauren Bittererde gemengt, und mit
Zuker und Butter zu einem Teige mit kaltem
Wasser angemacht, in welchem die Weinsteinsaͤure
aufgeloͤst war. Der Teig wurde nach dem Kneten eine halbe Stunde
lang bei Seite gesezt, damit die Saͤure gehoͤrig auf die
Bittererde wirken konnte. Hierauf wurde er zu Zwiebak ausgerollt, und
auf die gewoͤhnliche Weise in dem Ofen gebaken. A. d. O..
Dieß ist die einfachste und vortheilhafteste Methode sowohl fuͤr den
Baͤker, als fuͤr den Consumenten, gut aufgegangene Pfefferkuchen
zu bereiten. Es gibt aber noch andere Materialien, die zu demselben Zweke dienen
koͤnnen, und von welchen einige angefuͤhrt zu werden verdienen,
indem sie mehr Licht uͤber das Ursaͤchliche dieses Verfahrens
verbreiten.
So kann man z.B. die doppelsaure weinsteinsaure Pott-Asche (bitartrate of potash) statt der
Weinsteinsaͤure zugleich mit der kohlensauren Bittererde anwenden, wo
sich dann ein sehr schwach saͤuerlicher Geschmak dem Gebaͤke
mittheilt, den einige Gaumen vielleicht angenehm finden koͤnnten. Eben so
gut ist es, wenn man kohlensaure Bittererde allein, ohne Zusaz von einer
Saͤure, nimmt, aber zwei oder drei Mahl mehr, als wenn man Weinstein
zugleich dazu genommen hat: der Teig wird dann eben so schnell zum Baken fertig,
und gibt ein eben so leichtes und schwammiges Brod. Eben so gibt auch
kohlensaure Pottasche mit einer aͤquivalenten Menge
Schwefelsaͤure, wenn sie dem Teige beigemischt wird, eben so gut einen
alsogleich fuͤr den Ofen brauchbaren Teig; allein das Gebaͤk
erhaͤlt dadurch einen entschieden bitteren GeschmakFolgende Uebersicht enthaͤlt die Verhaͤltnisse der
Bestandtheile der bei diesen Versuchen angewendeten Teigarten nebst den
interessantesten Ergebnissen bei einem jeden dieser Versuche.1.Mehl8 Loth.Syrup6 –Butter1/2 –Kohlensaures Ammonium1 Quentchen.Ging beinahe, aber nicht gar, so gut auf, als der gewoͤhnliche
Pfefferkuchen. Der Geschmak war entschieden besser, als an dem mit
Pottasche bereiteten Pfefferkuchen. Der Kuchen war auch an der
aͤußeren Oberflaͤche dunkler, als an dem gemeinen
Pfefferkuchen.2.Mehl 8 Loth.Syrup 6
–Butter 1/2 –Weinstein-Rahm160 Gran.Kohlensaures Ammonium 53 –Ausdehnung, wie bei dem vorigen Versuche. Allein der Kuchen hatte,
wahrscheinlich, weil das weinsteinsaure Ammonium waͤhrend des
Bakens zersezt wurde, einen außerordentlich sauren und bitteren
Geschmak.3.MehlSyrupButterWeinstein-RahmKohlensaure
Bittererde 8
Loth. 6
– 1/2
–160 Gran. 60
–MehlSyrupButterWeinstein-RahmGemeine
krystallisirte kohlensaure Soda 8
Loth. 6
– 1/2
–160 Gran.120
–Die durch diese beiden Versuche erhaltenen Pfefferkuchen waren
außerordentlich leicht und poroͤs, und kamen in dieser Hinsicht
dem besten gemeinen Pfefferkuchen gleich. Ihr Geschmak war etwas, aber
nicht unangenehm, sauer.4.Mehl 8 Loth.Syrup 6 –Butter1/2 –Schwefel-Saͤure 24 Gran.Gemeine kohlensaure Pottasche 40 –Dieser Teig ward auf die gewoͤhnliche Weise mit Syrup und Butter
zubereitet, und die Schwefelsaͤure ward hinlaͤnglich mit
Wasser verduͤnnt; hierauf schnell mit kohlensaurer Pottasche
geknetet, die man vorher sehr fein gepuͤlvert hatte, und dann
gebaken. Die Ausdehnung fiel ziemlich guͤnstig aus, obschon sie
etwas geringer war, als an den gemeinen Pfefferkuchen; allein, das Brod
hatte einen bitteren Geschmak, und war durchaus unangenehm.5.Mehl 8 Loth.Syrup 6 –Butter1/2 –Kohlensaure Bittererde 1 Quentchen.Der Zwek dieses Versuches war, die Wirksamkeit der kohlensauren
Bittererde mit jener der kohlensauren Pottasche zu vergleichen, insofern
beide den Teig in die Hoͤhe treiben sollen. Der Teig wurde sowohl
gleich nach seiner Bereitung, als nach einem Zwischenraume von mehreren
Tagen, gebaken. Die Ausdehnung des Teiges war in beiden Faͤllen
bedeutend, vorzuͤglich in lezterem, aber immer etwas weniger, als
im gemeinen Pfefferkuchen.6.MehlSyrupButterKohlensaure Bittererde 8 Loth. 8
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–1/2 –MehlSyrupButterKohlensaure Bittererde 8 Loth. 10
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–Diese Mischungen wurden in der Absicht gemacht, um zu sehen, wie weit man
mir der kohlensauren Bittererde gehen duͤrfe, ohne Ansehen und
Geschmak der Pfefferkuchen zu veraͤndern. Der Teig hob sich bei
beiden Mischungen waͤhrend des Bakens sehr gut, durchaus eben so
gut, als bei dem gemeinen Pfefferkuchen. Der Geschmak war angenehm, und
selbst bei der zweiten Mischung war die Bittererde kaum merkbar.Es waͤre daher der Aufmerksamkeit eines Arztes vielleicht nicht
unwerth zu versuchen, ob man die Bittererde (Magnesia) nicht mit den Parliaments-Kuchen gebaken den Kranken geben
koͤnnte.*) Die Menge derselben betrug, bei der lezten Mischung,
etwas mehr als den zwanzigsten Theil derselben, und doch merkte man sie
kaum in derselben, und es scheint, daß sie selbst in groͤßerer
Menge zugesezt, kaum merklich gewesen seyn wuͤrde. Man
koͤnnte auf diese Weise leicht eine bedeutende Dosis dieses
Mittels, vorzuͤglich bei Kindern, die sich oft so sehr gegen Magnesia straͤuben auf eine angenehme
Art in den Magen bringen, und das unangenehme Sandige, das sich im Munde
aͤußert, wenn man Bittererde allein nimmt, derselben hierdurch
benehmen. A. d. O.*) Magnesia oder Bittererde wird nur als Saͤure
verschlingendes Mittel gegeben. Wenn nun Bittererde mit Syrup verbunden
wird, in welchem immer mehr oder minder freie Saͤure ist, und mit
der Fett- und Milchsaͤure der Butter, so wird sie nicht
mehr als Arznei-Mittel dienen koͤnnen. Sie muß rein, und
in vollkommen kaustischem Zustande gegeben werden, wo sie nuͤzen
soll. Die Pfefferkuchler haben ohnehin schon genug gequaksalbert, und
viele Hundert Kinder mit ihrem Wurm-Lebzelten in's Grab gebracht;
es ist hoͤchst uͤberfluͤßig, daß man sie neuen
Quark lehren sollte. A. d. Ueb..
Es muß hier noch eine andere Art des Verfahrens angegeben werden, da man zuweilen
in der Pfefferkuchen-Baͤkerei zu derselben seine Zuflucht nimmt,
und so wie auch bei anderen Bakwerken, und immer mit gutem Erfolge:
naͤmlich die Anwendung des kohlensauren Ammoniums (sesqui carbonate of Ammonium), von dessen Eigenschaft, alle Arten
Teiges waͤhrend des Bakens zu heben, so wie von der Art, wie dieses
geschieht, wir schon oben Erwaͤhnung thaten. Wenn dieses Salz in der
Menge von Einem Lothe auf Ein Pfund Mehl angewendet wird, so wird der damit
angemachte Teig, wenn er auch noch so frisch in den Ofen kommt, immer einen
guten leichten
Kuchen geben. Es ist daher auch ein sehr gewoͤhnliches Verfahren der
Pfefferkuchen-Baͤker, ihrem Pfefferkuchen-Teige etwas von
diesem Salze zuzusezen, wenn sie den Teig frisch verbaken muͤssen, und
denselben nicht durch Liegen zum Baken koͤnnen reif werden lassen. Solche
Pfefferkuchen haben einen sehr angenehmen Geschmak, und ihre aͤußere
Oberflaͤche ist ungemein dunkel und glaͤnzend: es bleibt aber auch
in ihnen eine Spur von Ammonium zuruͤk, wie in jedem Gebaͤke, in
welchem man dasselbe anwendet, nur daß man hier dasselbe wegen der
Zusaͤze nicht bemerkt.
Wenn dieser Versuch irgend einen wissenschaftlich gebildeten Mann veranlassen
koͤnnte, seine Kenntniß noch mehr auf Verbesserung einer so wichtigen
Kunst, wie die des Brodbakens, zu verwenden, oder wenn sie dem praktischen
Baͤker einige Winke gewaͤhren koͤnnte, die er bei seiner
Kunst wirklich brauchbar findet, oder die ihn bei seinen Untersuchungen leiten
koͤnnen, so hat der Verfasser alles erreicht, was er zu erwarten wagen
konnte.
Zusaz der Redaction.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir die Leser des polytechnischen Journales noch auf
einige Verfaͤlschungen in historischer Hinsicht aufmerksam machen, denen das
taͤgliche Brod in der Hauptstadt Englands ausgesezt ist.
Die Verfaͤlschung des Brodes, sagt Hr. Accum in
seinem Treatise on the Adulterations of Food ist in
London, wo man die Guͤte des Brodes ganz nach seiner Weiße schaͤzt,
sehr gewoͤhnlich. Man sezt deswegen dem Teige eine gewiße Quantitaͤt
Alaun zu; dieser verbessert das Aussehen des Brodes,
macht es weißer und fester. Gutes, weißes und poroͤses Brod, kann wohl auch
allein aus gutem Weizenmehle gemacht werden; aber um den Grad von Weiße, wie ihn die
Laune der Consumenten in London erheischt, hervorzubringen, ist es nothwendig (auch
bei Anwendung des besten Mehles), daß der Teig gebleicht
wird, zu welchem Zweke bis jezt keine Substanz tauglicher befunden wurde, als Alaun.
Das Mehl, welches gewoͤhnlich die Baͤker in London gebrauchen, gibt,
wenn man den Alaun weglaͤßt, ein Brod von einer schwach gelblich grauen
Farbe, wie man es an dem sogenannten Hausbrode sehen kann; dieses Brod unterscheidet
sich auch von dem der Baͤker dadurch, daß es laͤnger feucht bleibt,
als das mit Alaun gemachte; doch ist es leicht und poroͤs, und hat auch einen
anderen Geschmak. Das Mehl der Baͤker ist oft aus den schlechtesten Sorten
verdorbenen auslaͤndischen Weizens und anderer Koͤrnersorten bereitet,
die mit dem zu mahlenden Weizen vermischt werden. In London werden nicht mehr als
sechs verschiedene Sorten Weizenmehl auf den Markt gebracht, und heißen: feines Mehl, zweites Mehl,
Mittelmehl, fein Mittelmehl, grob Mittelmehl und Zwanzigpfennigmehl.
Gewoͤhnliche Gartenbohnen und Erbsen werden auch haͤufig unter das
Londoner Brodmehl gemahlen.
Hr. Accum wurde von mehreren Baͤkern, auf deren
Zeugniß er sich verlassen zu koͤnnen glaubt, versichert, daß der geringe mit
dem Baͤker-Handwerke verbundene Vortheil, und die schlechte
Qualitaͤt des Mehles die Londoner Baͤker im Allgemeinen zur Anwendung
des Alaunes verleiten. Die kleinste Quantitaͤt Alaun, sagt Hr. Accum, die man
mit Erfolg anwenden kann, um aus einer schlechteren Sorte Mehl ein weißes, leichtes
und lokeres Brod zu bekommen, ist nach der Versicherung meines Baͤkers, 3
oder 4 Unzen Alaun, auf einen Sak voll Mehl, der 240 Pfund wiegt.
Die gewoͤhnliche und taͤgliche Einbringung einer Portion Alaun in den
menschlichen Magen, muß indessen, sagt Dr. Ure (in
seinem Dictionary of Chymistry deutsche Uebersezung,
Weimar 1825), wie klein sie auch sey, der Ausuͤbung seiner Functionen,
besonders bei Personen von galligtem und verstopftem Habitus, schaͤdlich
seyn. Da uͤbrigens das beste suͤße Mehl nie Alaun bedarf, so
laͤßt die Anwendung dieses Salzes immer auf ein Nahrungsmittel von schlechter
Qualitaͤt, was im Koͤrper Saͤure verursacht, schließen. Es kann
auch nicht fehlen, daß durch ein solches Nahrungsmittel dyspepsia, und eine Anlage zur Steinkrankheit in den Harnwerkzeugen
herbeigefuͤhrt werde. Jede Vorsicht der Wissenschaft und des Gesezes muß
deßhalb angewendet werden, um solche schaͤndliche Verfaͤlschungen zu
entdeken, und ihnen Einhalt zu thun. Accum's Methode, den
Alaun im Brode zu entdeken, ist im polytechnischen Journale Bd. IV. S. 242. angegeben. Dr. Ure, welcher eine Menge Versuche mit Brod angestellt
hat, fand das Verhaͤltniß des Alaunes sehr verschieden, und die
Quantitaͤt desselben scheint ihm im Verhaͤltnisse zur Schlechtigkeit
des Mehles zu stehen, daher man bei dem besten Mehle keinen Alaun anzuwenden
braucht.
Remer sagt in seinem Lehrbuch der
polizeylich-gerichtlichen Chemie u.s.w., daß der Alaun dem Brode die
Eigenschaft ertheile zusammenzuschrumpfen, daher man haͤufig etwas
Jalapenpulver zuseze, welches der Wirkung des Alaunes das Gleichgewicht
haͤlt.
Eine andere Substanz, welche betruͤgerische Baͤker anwenden, ist nach
Hrn. Accum basisch-kohlensaures Ammoniak, wodurch
es ihnen gelingt, ein leichtes und lokeres Brod aus verdorbenem Mehle
herzustellen.
Kartoffeln, sagt er, werden auch haͤufig und vielleicht immer von
betruͤgerischen Baͤkern angewandt, als ein Hauptmittel, ihren Vortheil
zu erhoͤhen. Sie werden gesotten, zerrieben, durch ein Sieb geschlagen, und
in den Teig eingeknetet. Diese Verfaͤlschung bringt dem Brode keinen
wesentlichen Schaden. Die Baͤker behaupten zwar, daß die schlechte
Qualitaͤt des Mehles den Zusaz der Kartoffeln sowohl fuͤr den
Baͤker, als fuͤr den Kaͤufer vortheilhaft macht, und daß sie
ohne diesen Zusaz bei ihrem Geschaͤfte ihre Rechnung nicht finden
koͤnnten, aber die Sache ist leider die, daß ein Kartoffel-Leib
ebensoviel, als ein aͤchter Brod-Leib kostet, obgleich er den
Baͤker weniger kosten muß. Hr. Accum versichert,
daß 5 Bushels Mehl, 3 Unzen Alaun, 6 Pfund Salz, 1 Bushel zu einer festen Masse
eingesottener Kartoffeln, und 3 Quart Hefen mit der noͤthigen
Quantitaͤt Wasser ein weißes, und sehr leichtes schmakhaftes Brod geben.
Es ist auch actenmaͤßig, daß mehrere Baͤker in London
uͤberfuͤhrt worden sind, das Brod mit Gyps, Kreide und Pfeifenthon
verfaͤlscht zu haben.
Die meisten Verfaͤlschungen des Brodes sind sehr leicht zu entdeken. In Remers Lehrbuch der polizeylich-gerichtlichen
Chemie u.s.w. findet man fuͤr sehr viele derselben
Untersuchungs-Methoden angegeben.