Titel: | Versuche mit dem Färbestoffe des Lakes, und Anwendung desselben zur Scharlach-Färberei. Von E. S. George, F. L. S. |
Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. XCIV., S. 438 |
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XCIV.
Versuche mit dem Faͤrbestoffe des Lakes,
und Anwendung desselben zur Scharlach-Faͤrberei. Von E. S. George, F. L.
S.
Aus den Annals of Philosophy. N. 66. S.
401.
George, Versuche mit dem Faͤrbestoffe des Lakes.
Dr. Bancroft war der Erste, der die Aufmerksamkeit der
Faͤrber in unserem Lande auf Benuͤzung des Lakes, als
Faͤrbemittel, hinlenkte; seine Versuche uͤber die Bereitung des
sogenannten Lak-Lak (Lac Lake) scheinen in
praktischer Hinsicht mißlungen: sie veranlaßten aber gelungenere Versuche, und
Lak-Lak ward zeither haͤufig zum Scharlach-Faͤrben
groͤberer Wollen-Tuͤcher verwendet.Vergl. Bancroft's Faͤrbebuch, deutsche
Ausgabe Bd. II. S. 1–64, wo man alles, was bis dahin in
naturhistorischer Hinsicht uͤber dieses Faͤrbematerial bekannt
wurde, als auch dessen Anwendung in der Faͤrberei vollstaͤndig
zusammengestellt findet. A. d. R.
Eine spaͤtere Verbesserung in Bereitung des sogenannten
Faͤrbe-Lakes (lac dye) in Indien hat uns
mit einem Faͤrbestoffe versehen, der in Bezug auf Glanz der Farbe mit
Cochenille wetteifert, und in Haltbarkeit dieselbe uͤbertrifft. Wir haben
unsere Aufmerksamkeit vorzuͤglich auf diesen lezteren gerichtet.
Die besten Sorten von Faͤrbe-Lak bestehen aus dem Faͤrbestoffe
des Lakes, verbunden mit Thonerde, und enthalten etwas Harz und
Ertractiv-Stoff.
Hundert Gran Faͤrbe-Lak, von der Sorte D,
verloren, 2 1/2 Stunde lang in drei Maß-Unzen Wasser gekocht, 10 Gran. Die
Aufloͤsung war lichtgelb, und gab mit kochsalzsaurem Zinn einen reichlichen
falben Niederschlag. Concentrirt ward die Aufloͤsung tief gelb und schmekte
sehr stark bitter.
Der im Wasser unaufloͤsliche Theil loͤste sich beinahe gaͤnzlich
in einer Aufloͤsung von basisch boraxsaurer Soda oder basisch kohlensaurer
Soda auf, und in diesen Aufloͤsungen erzeugte Schwefelsaͤure (nicht im
Ueberschusse) einen dunkel rothen, kochsalzsaures Zinn einen hellrothen, und
schwefelsaure Thonerde und Pottasche (Alaun) einen karmesinrothen Niederschlag. Die
daruͤber schwebende Fluͤßigkeit war, nach dem Niederschlage durch Alaun, wasserhell; nach
dem Niederschlage mit kochsalzsaurem Zinne pfirsichbluͤthenroth, und nach
jenem mit Schwefelsaͤure hell pomeranzenfarben.
95 Gran Faͤrbe-Lak wurden drei Stunden lang in vier Maß-Unzen
Wasser gekocht. Es loͤsten sich 10 Gran Extractiv-Stoff auf;Der Extractivstoff und das Harz koͤnnen aus dem
Faͤrbe-Lak leichter und vollstaͤndiger auch durch
Digestion desselben mit Weingeist ausgeschieden werden, welcher nur eine
unbedeutende Quantitaͤt Farbstoff aufloͤst. A. d. R. die uͤbrigen 85 Gran wurden in einer Aufloͤsung von basisch
kohlensaurer Soda digerirt, und die Aufloͤsung filtrirt. Auf zugesezte
Schwefelsaͤure bildete sich ein Niederschlag, der, getroknet, 38 Gran wog. Er
loͤste sich nur sparsam in siedendem Wasser auf, und fiel, so wie das Wasser
kalt war, zu Boden.
Die Aufloͤsung in kochendem Wasser war hoch pfirsischbluͤthenfarben;
Schwefelsaͤure roͤthete sie anfangs, und machte sie dann
pomeranzenfarben; Kochsalzsaͤure roͤthete sie sehr stark;
Salpetersaͤure nicht so stark, wie diese; uͤbersaure weinsteinsaure
Pottasche roͤthete sie, aber nicht in einem so hohen Grade; die
Saͤuren erzeugten keinen Niederschlag; basisch kohlensaure und basisch
boraxsaure Soda veraͤnderten die Farbe der Aufloͤsung in Karmesin,
Alaun (schwefelsaure Thonerde und Pottasche) bildeten einen sehr schoͤnen
dunkel karmesinrothen Niederschlag; kochsalzsaures Zinn einen hellrothen,
schwefelsaures Kupfer einen dunkel karmesinrothen, schwefelsaures Eisen einen
schmuzigrothen Niederschlag.Wir haben diese Versuche wiederhohlt und bestaͤtigt gefunden, und
glaubten davon eine Anwendung auf Baumwolle und Seide machen zu
koͤnnen, was uns aber durchaus nicht gelang. A. d. R.
Der Faͤrbestoff des Lakes scheint von jenem der Cochenille durch seine
spaͤrliche Aufloͤsbarkeit im Wasser verschieden; in den Verbindungen,
welche beide mit den Metall-Oxyden und mit der Thonerde bilden, scheinen sie
einander beinahe vollkommen gleich. Seine Verbindungen mit den Metall-Oxyden,
und die Haltbarkeit der dadurch entstehenden Farben, kommen jenen des
Extractiv-Stoffes sehr nahe; er unterscheidet sich aber von demselben
dadurch, daß er nicht niedergeschlagen, sondern durch Saͤuren
aufloͤslicher wird, und durch die verhaͤltnißmaͤßig
groͤssere Unaufloͤsbarkeit im Wasser.
Ehe wir uns in das Verfahren, mit Lak scharlachroth zu faͤrben, einlassen,
muͤssen wir die anderen dabei angewendeten Koͤrper untersuchen. Als
man den Lak-Lak anzuwenden anfing, zeigte es sich, daß das Harz, mit welchem
der Faͤrbestoff verbunden ist, die Einwirkung einer starken Saͤure zu
seiner Aufloͤsung erfordert; in dieser Hinsicht wandte man
Schwefelsaͤure, oder eine Mischung von Schwefel- und
Kochsalzsaͤure an. Die Anwendung eines solchen Ueberschusses von
Schwefelsaͤure ist nachtheilig; es leidet dadurch nicht bloß die Helle der
Farbe, die dadurch zu sehr in das Pomeranzenfarbige uͤbergeht, sondern selbst
die damit gefaͤrbten Tuͤcher werden zu scharf beim Anfuͤhlen:
aus diesem Grunde wendete man auch diesen Faͤrbestoff nur bei den
groͤberen Tuͤchern an. Seit der Einfuͤhrung des
Faͤrbe-Lakes hat man aber Kochsalzsaͤure allein allgewendet,
und man fand sie hinreichend zur Verbindung mit der Thonerde und zur
Aufloͤsung einer geringen Menge Harzes.
Die angewendete Saͤure ist bei den Faͤrbern unter dem Namen
Lak-Geist, (lac spirit) bekannt. Dieser
Lak-Geist besteht aus 3 Pf. Zinn in 60 Pf. Kochsalzsaͤure von 1,190
specif. Schwere aufgeloͤst: er ist farbenlos und raucht. Die hier gebrauchte
Zinn-Aufloͤsung ist kaum verschieden von jener, die man in der
Scharlach-Faͤrberei mit Cochenille braucht, ausser daß sie mehr
Zinn-Oxyd enthaͤlt.
Die Salpetersaͤure (das Scheidewasser, Aqua
fortis) muß in glaͤsernen Gefaͤßen destillirt und vollkommen von
salpetrigem Gase gereinigt werden. Die Faͤrber lieben ein Aqua fortis aus Salpetersaͤure von 1,170 spec.
Schwere, welchem 1/20 Kochsalzsaͤure von 1,190 spec. Schwere beigemengt wird.
Die Praktiker behaupteten ehemahls, daß ihr Aqua fortis
ein Jahr lang in den Flaschen (Carboys) stehen
muͤsse, ehe man es brauchen kann. Wenn aber alles salpeterige Gas
sorgfaͤltig ausgeschieden ist, so braucht es nicht so lang.
Um die Aufloͤsung zu machen, werden 28 Pfund solches Aqua fortis in ein steinernes, etwas kegelfoͤrmiges, Gefaͤß
gegossen, durch welche Form man eine groͤßere Oberflaͤche
erhaͤlt, damit die Gase, die sich entwikeln, leichter entweichen
koͤnnen. Eine einzige Handvoll gekoͤrnten Zinnes wird hineingeworfen,
und, nachdem dasselbe aufgeloͤst ist, wird neuerdings Zinn zugesezt (wo man
aber bei jedem neuen Zusaze fleißig ruͤhren muß) bis endlich 4 Pf.
aufgeloͤset sind. Nachdem die Aufloͤsung 12 Stunden lang zum
Abkuͤhlen und Sezen gestanden ist, kann sie gebraucht werden.
Es ist rathsam, die uͤbersaure weinsteinsaure Pottasche (den Weinstein) in
Pulverform anzuwenden.
Um den zur Scharlach-Bildung noͤthigen Stich in's Gelbe zu erhalten,
muß junges gespaͤneltes Gelbholz (Fustel, Fustik)
in einen Sak gebunden, angewendet werden.
Die Gefaͤße zum Scharlachfaͤrben sind aus Blok-Zinn mit
kupfernem Boden. Einige Faͤrber brauchen ganz zinnerne Gefaͤße; allein
sie sind Zufaͤlligkeiten unterworfen, indem sie bei starkem Feuer leicht
schmelzen, und nicht so lang dauern, als die aus Zinn und Kupfer. Wenn das Kupfer
gehoͤrig rein gehalten wird, entsteht kein Nachtheil durch dasselbe.Man kann auch ohne Nachtheil fuͤr die Farbe ganz kupferne Kessel
anwenden, in die man aber geflochtene Koͤrbe von geschaͤlten
Weiden befestigen muß, damit das Anlegen des Tuchs an dem Kessel, und
dadurch das Flekigwerden verhindert wird. A. d. R.
Die erste Arbeit bei dem Farben ist das Mischen des Faͤrbe-Lakes.
Dieses geschieht in einem irdenen Gefaͤße von derselben Form, wie bei der
Zinn-Aufloͤsung. Auf jedes Pfund Faͤrbe-Lak, Sorte D. T., welcher zu dem feinsten Pulver gemahlen seyn muß,
werden drei Viertel PintEine Pinte wiegt 40 Loth oder 1 1/4 Pf. zu 16 Unzen das Pfund. Vergl. polyt.
Journal Bd. XXII. S. 263. A. d.
R. Lak-Geist zugesezt, und das Ganze mit einem hoͤlzernen Spathel
fleißig umgeruͤhrt. Dieses Verhaͤltniß gibt einen sehr diken Teig.
Dann werden vier Maß-Unzen Zinn-Aufloͤsung auf jedes Pfund
Faͤrbe-Lak zugegossen, und nachdem alles wieder gehoͤrig
gemengt wurde, wird der Faͤrbe-Lak 6 Stunden lang der Wirkung dieser
zinnhaltigen Saͤuren uͤberlassen.
Wollen-Tuch und Garn muß vor dem Faͤrben mit Walker-Erde und
Wasser gehoͤrig gereinigt werden, wodurch, indem aller anklebende fette Stoff
beseitigt und das Tuch gleichfoͤrmig naß geworden ist, die Ablagerung des
Faͤrbestoffes erleichtert wird.
Um 100 Pfund rauhes Tuch (pelisse cloch, ein breites Tuch
von duͤnnem und offenen Gewebe) zu faͤrben, wird ein zinnernes
Gefaͤß, das 300 Gallons haͤlt, mit reinem Wasser beinahe voll
gefuͤllt, und ein Feuer in dem Ofen angezuͤndet.
Wenn es auf 150° (F. + 52,44° R.) gekommen ist, wird ein Teller voll
Kleie und Ein halbes Pint Zinn-Aufloͤsung hineingethan: diese
verbinden sich mit allen im Wasser vorkommenden Unreinigkeiten, und bilden einen
Schaum auf der Oberflaͤche desselben, der abgenommen wird, wenn das Wasser
anfaͤngt zu sieden.
Wenn es siedet, werden 10 1/2 Pf. Faͤrbe-Lak von D. T., der vorlaͤufig mit 7 Pints Lak-Geist gemischt ist,
und 3 1/2 Pints Zinn-Aufloͤsung hineingegossen; einen Augenblik
spaͤter 10 1/2 Pf. Weinstein, und 4 Pf. junge Gelbholz-Spaͤne
in einen Sak gebunden: alles wird fuͤnf Minuten lang gesotten. Dann wird das
Feuer aus dem Ofen genommen oder geloͤscht, und 20 Gallons kaltes Wasser in
das Farbegefaͤß geschuͤttet, unmittelbar darauf 10 1/2 Pints
Zinn-Aufloͤsung zugesezt, und das Tuch hinein gethan, welches man 10
Minuten lang schnell uͤber die Winde laufen laͤßt. Hierauf wird das
Feuer wieder angeschuͤrt, und das Tuch langsamer gewunden. Man bringt die
Fluͤßigkeit in dem Kessel so schnell als moͤglich zum Sieden, und das
Tuch wird eine Stunde lang gesotten, worauf es am Bache gehoͤrig ausgewaschen
und spaͤter im Walkstoke bloß mit Wasser gewalkt wird.Wir koͤnnen nicht umhin zu bemerken, daß unser Verfahren Scharlach mit
Faͤrbelak zu faͤrben, einfacher, also sicherer und mit stets
gleichfoͤrmigem Erfolge begleitet ist, und daß man sich bereits seit
mehreren Jahren in den deutschen, franzoͤsischen und
niederlaͤndischen Faͤrbereien ausschließlich desselben
bedient. Eine sehr deutliche Beschreibung desselben findet man in Vitalis Faͤrbebuch, deutsche Ausgabe von
Dingler und v. Kurrer, Stuttgart bei Cotta 1824.
S. 301. A. d. R.
Diese Verhaͤltnisse geben einen sehr schoͤnen Scharlach, der einen
Stich in's Blaͤuliche erhaͤlt; wenn man will, daß er in das
Pomeranzenfarbige ziehen soll, darf man nur statt des Weinsteines weißen Florentiner
Weinstein und mehr Fustel nehmen.
Die beschriebenen Tuͤcher wogen 12 Unzen der Yard (3 engl. Fuß); schwerere
Waaren brauchen von keinem der obigen Faͤrbestoffe so viel: da sie nicht so
leicht von demselben durchdrungen werden, so reichen 10 1/2 Pf.
Faͤrbe-Lak auf 140 Pf. Tuch hin, wenn der Yard desselben 24 Unzen
wiegt.
Ein eben so schoͤnes Scharlachroth kann auch im Kleinen, wie im Großen, nur unter anderen
Verhaͤltnissen, hervorgebracht werden. Ich fand, daß, um 180 Gran Garn in
einem zinnernen Gefaͤße, das 6 Pints haͤlt, zu faͤrben, 60 Gran
Faͤrbe-Lak mit 40 Gran Lak-Geist gemengt, und 70 Gran Weinstein
in dem Faͤrbe-Gefaͤße, 1 Maß-Quentchen
Zinn-Aufloͤsung und 12 Gran junger Fustel einen schoͤnen
Scharlach gaben.
Faͤrbe-Lak kann in den meisten Schattirungen des Pomeranzenfarbenen
statt Cochenille gebraucht werden: in den zaͤrteren Schattirungen des
Rosen- und Fleischroth zerstoͤrt eine groͤßere Menge von
Saͤure bei Aufloͤsung des Faͤrbe-Lakes die
Schoͤnheit der Farbe. Ich fand in einigen Versuchen, daß man mit dem
Faͤrbe-Lak in reinem Zustande alle Farben faͤrben kann, zu
welchen man gewoͤhnlich Cochenille braucht. Da im Faͤrbe-Lak
der Faͤrbestoff mit Thonerde verbunden ist, so hindert die
Unaufloͤsbarkeit dieser Verbindung jede andere Verbindung zwischen dem
Faͤrbestoffe und den Wollenfasern. Garn Eine Stunde lang mit einer
bedeutenden Menge Lakes, den man durch Niederschlag des Faͤrbestoffes aus
seiner Aufloͤsung mittelst Thonerde erhielt, gesotten, ward kaum davon
gefaͤrbt.
Man bedient sich der Schwefel- und Kochsalzsaͤure zur Aufloͤsung
der Thonerde; der auf diese Weise aufloͤsbar gewordene Faͤrbestoff
verbindet sich mit dem Zinn-Oxyde in Folge hoͤherer Verwandtschaft,
und diese neue Verbindung vereinigt sich mit der Wollenfaser. Wahrscheinlich ist die
Scharlachfarbe eine Verbindung des weinsteinsauren Zinnes oder der weinsteinsauren
Pottasche und des weinsteinsauren Zinnes, indem es nur unter dieser Voraussezung
moͤglich ist, die Wirkung, welche die Menge und die Guͤte des
Weinsteines auf die Farbe aͤußert, zu erklaͤren.