Titel: | Neue Bereitungsart der Citronensäure. Von Herrn Tilloy, Apotheker zu Dijon u.s.w. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XXVI., S. 76 |
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XXVI.
Neue Bereitungsart der Citronensaͤure. Von
Herrn Tilloy,
Apotheker zu Dijon u.s.w.
Aus dem Journal de Pharmacie. Juni 1827. S.
305–308.
Tilloy's, neue Bereitungsart der Citronensaͤure.
Die Société de
Pharmacie hatte in der Ueberzeugung, daß es moͤglich seyn
wuͤrde, durch die Fabrikation der Citronensaͤure Frankreich von einem
Tribute an das Ausland zu befreien, in einer ihrer Sizungen im Monate December 1824
einen Preis auf ein vortheilhaftes Verfahren ausgeschrieben, sie aus den
vaterlaͤndischen Fruͤchten darzustellen; der Preis sollte im December
1825 zuerkannt werden, aber es hatte sich niemand darum beworben.
Hr. Tilloy, welcher im Juli 1825 diesen Gegenstand zu
bearbeiten anfing, schikte nun der Soc. de Pharm. 8
Unzen sehr reine Citronensaͤure, die er aus 50 Kilogrammen
JohannisbeerenHr. Hermbstaͤdt schlug schon im Jahre 1809
in seinem Bulletin des Neuesten und Wissenswuͤrdigsten Bd. 1. S. 218
den Johannisbeersaft, in welchem schon bereits Scheele die Citronensaͤure entdekt hatte, als
Stellvertreter des Citronensaftes vor. In einer neueren diesen Gegenstand
betreffenden Abhandlung in den Verh. des Vereins zur Bef. d. Gewerbfl. in
Preußen 4. Jahrgang, S. 197, bemerkt er, daß die Saͤfte der
Traubenkirsche (Prunus Padus), der Preißelbeeren
(Vaccinium Vitis Idaea) und der Moosbeeren
(Vaccinium Oxycoccos) weit eher
Stellvertreter fuͤr den Citronensaft abgeben koͤnnen, da diese
weit reicher an Citronensaͤure und weit aͤrmer an
Aepfelsaͤure sind, als der Johannisbeersaft. A. d. R. nach folgendem Verfahren dargestellt hatte.
Man nimmt 50 Kilogrammen rothe und reife Johannisbeeren, laͤßt sie
gaͤhren und zieht die gegohrene Fluͤßigkeit vermittelst der Presse
heraus; man entzieht ihr hierauf durch Destillation allen Alkohol; den
Ruͤkstand von der Destillation laͤßt man zur Haͤlfte
abkuͤhlen und versezt ihn dann mit soviel Kreide, als noͤthig ist, die
Saͤuren zu saͤttigen. Wenn die Fluͤßigkeit klar geworden ist,
scheidet man sie von dem Bodensaze ab, wascht diesen aus, und gibt ihn unter die
Presse. Dieser erste Niederschlag ist citronensaurer Kalk, der noch viel
Faͤrbestoff aber nur wenig Aepfelsaͤure enthaͤlt. Man
ruͤhrt ihn nun mit soviel Wasser an, als man braucht, um einen klaren Brei zu
bilden, und versezt ihn dann mit der noͤthigen Menge Schwefelsaͤure,
die mit ihrem gleichen Volumen Wasser verduͤnnt ist. Nun erwaͤrmt man
das Ganze, um die Zersezung des citronensauren Kalkes zu erleichtern; dann sezt man
das noͤthige Wasser zu, und scheidet daraus die Citronensaͤure, wie
man es bei der Weinsteinsaͤure zu thun pflegt. Die erhaltene
Fluͤßigkeit wird zur Haͤlfte abgedampft, und noch einmal mit
kohlensaurem Kalke behandelt, und hierauf mit Schwefelsaͤure, wie dieß bei
der vorhergehenden Operation gesagt wurde. Nun dampft man die Fluͤßigkeit ab,
und wenn sie hinreichend in die Enge gebracht worden ist, versezt man sie mit
thierischer Kohle und filtrirt; man concentrirt die Fluͤßigkeit nun, bis sie
schwache Syrups-Consistenz erlangt hat, und filtrirt sie dann von dem schwefelsauren
Kalke ab, welcher sich waͤhrend des Abdampfens niederschlaͤgt. Man
laͤßt bei ungefaͤhr 25°C. (20° R.) krystallisiren. Die
Citronensaͤure, welche man auf diese Art erhaͤlt, ist noch
gefaͤrbt, aber sie ist frei von anderen Saͤuren; die Mutterlaugen
geben bis zur gaͤnzlichen Erschoͤpfung Citronensaͤure.
Wenn man die Saͤttigung der Citronensaͤure mit kohlensaurem Kalke, und
hierauf die Zersezung mit Schwefelsaͤure, noch einmal wiederholen
wuͤrde, so wuͤrde die Citronensaͤure viel schneller die
verlangte Weiße erhalten.
Anmerk. 1. Reiner Kalk wuͤrde nicht so vortheilhaft angewandt werden, als
kohlensaurer; die Citronensaͤure und Aepfelsaͤure wuͤrden zwar
niedergeschlagen, aber der Kalk wuͤrde auf den Faͤrbestoff wirken und
ihn noch dunkler machen.
2. Tilloy glaubt, daß die Aepfelsaͤure den
kohlensauren Kalk nicht vollstaͤndig zersezt, d.h., daß es eine
Graͤnze gibt, wo diese Saͤure nicht mehr wirkt, daß sich saurer
aͤpfelsaurer Kalk bildet, welcher in der Fluͤßigkeit aufgeloͤst
bleibt, und dann leicht von dem unaufloͤslichen citronensauren Kalke getrennt
werden kann.
3. Die Schwefelsaͤure muß immer in Ueberschuß angewandt werden, weil sonst die
Citronensaͤure etwas Kalk zuruͤkhalten wuͤrde, der die
Krystallisation verhindern wuͤrde.
4. Die thierische Kohle ist noͤthig, um die Citronensaͤure weiß zu
erhalten, und da es viel zu weitlaͤufig waͤre, wenn man diese Kohle
mit Salzsaͤure reinigen wollte, so fand Hr. T. es fuͤr kuͤrzer,
die Fluͤßigkeit mit soviel Schwefelsaͤure zu versezen, als zur Saͤttigung des
Kalkes noͤthig ist, welchen die thierische Kohle als kohlensauren Kalk
enthaͤlt; ohne diese Vorsicht wuͤrde man nicht nur viel
Citronensaͤure verlieren, sondern auch keine Krystalle erhalten, wie dieß in
der 3. Anm. gesagt wurde.
5. Die große Aufloͤslichkeit der Citronensaͤure macht es
vorzuͤglich schwierig, sie durch oͤfteres Umkrystallisiren sehr weiß
zu erhalten; ein einfaches Mittel mir aber ein gutes Resultat gegeben. Hr. Tilloy ließ naͤmlich die Citronensaͤure in
einem Trichter abtropfen, er hat sie dann aufgeschichtet und hierauf mit Thon
gedekt. Der Preiß dieser aus Johannisbeeren dargestellten Citronensaͤure
ließe sich genau berechnen.
Zu Dijon kosten 50 Kilogrammen Johannisbeeren 2 Franken 50 Centimen, bis 5
Franken.
Aus 200 Kilogrammen erhaͤlt man 10 bis 12 Liter Weingeist von 20°, und
der Ruͤkstand wuͤrde ungefaͤhr Ein Kilogramm reine
Citronensaͤure geben.