Titel: | Bericht des Hrn. Francoeur, im Namen des Ausschusses der mechanischen Künste, über einen neuen Mechanismus bei den Aequations- oder Gleichungs-Pendeluhren; von Hrn. Laresche, Uhrmacher, Palais-Royal, galerie de Valois, zu Paris. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XXVIII., S. 89 |
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XXVIII.
Bericht des Hrn. Francoeur, im Namen des Ausschusses der
mechanischen Kuͤnste, uͤber einen neuen Mechanismus bei den Aequations-
oder Gleichungs-Pendeluhren; von Hrn. Laresche, Uhrmacher, Palais-Royal, galerie de
Valois, zu Paris.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement. N. 271. S. 8.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Laresche, uͤber einen neuen Mechanismus bei den Aequations-
oder Gleichungs-Pendeluhren.
Die gewoͤhnlichen Schaltjahre von 366 Tagen, welche
alle vier Jahre fallen, bringen an den Uhren, welche das Datum weisen, eben so wenig
Unordnung hervor, als die Aufeinanderfolge der Monate von 30 und 31 Tagen. Man
laͤßt den Datum-Zeiger, so oft es noͤthig ist, mit dem Finger um Eine
Zahl weiter springen; denn dieser Zeiger ist unabhaͤngig von dem Gehwerke,
und bewegt sich taͤglich nur durch einen zufaͤlligen Stoß, den das
Stunden-Rad gibt, und wodurch er springt. Bei den Aequations- oder
Gleichungs-Pendeluhren erlaubt aber das Jahr-Rad diese Verbesserung nicht, indem die
Bewegung hier mit jenen Theilen der Uhr verbunden seyn muß, die das
Verhaͤltniß zwischen der mittleren und wahren Zeit herstellen. Man muß daher
hier dafuͤr sorgen, daß alle vier Jahre ein Schaltjahr eintritt, und an dem
Jahr-Rade eine Vorrichtung anbringen, die fuͤr sich selbst so wirkt, daß sie
zur Dauer des Jahres paßt. Man hat hierzu verschiedene Vorrichtungen ausgedacht: die
des Hrn. Laresche ist folgende.
Das Jahr-Rad hat 366 Zaͤhne, und bewegt sich taͤglich durch Einwirkung
eines Hebels, den man Geißfuß nennt, (pied-de-biche),
der durch die Triebkraft in Thaͤtigkeit gesezt wird. Dieses große Jahr-Rad
fuͤhrt auf seinem Rade die Achse eines kleinen platten staͤhlernen
Rades, dessen Umfang vier Zaͤhne fuͤhrt, wovon aber einer wegbleibt.
Dieses Rad, dessen Achse von einer Ruhe-Schraube getragen wird, die auf der Scheibe
des Jahr-Rades am
Rande desselben eingelassen ist, wird von einem Springkreuze in Zapfen eingehalten,
welches die Umdrehung desselben beschraͤnkt und regelt, so daß dieses kleine
Rad bei jeder Umdrehung des Jahr-Rades um eine Kerbe springt; d.h., Ein Mahl im
Jahre; wo es sich dann an einer Stelle befindet, an welcher ein befestigtes
Stuͤk seinen weiteren Umlauf hemmt, so daß es nur um den vierten Theil seines
Umfanges weiter konnte.
Wenn dieses kleine Rad, als Satellite des großen, sich so gestellt befindet, daß es
einen seiner drei Zaͤhne dem Geiß-Fuße darbiethet, der das große Jahr-Rad
bewegt, dann, und dieß geschieht am 28. Februar, ergreift dieser Geißfuß, statt
eines Zahnes des großen Rades, den seines Satelliten, der vor dem Zahne des anderen
voran steht, und da er hier, viel fruͤher als sonst, zu wirken
anfaͤngt, springt das Datum mit Gewalt vom 28. Hornung auf den 1.
Maͤrz.
Wenn das kleine Rad jenen Theil seines Umfanges darbiethet, wo kein Zahn ist,
geschieht nichts, als was taͤglich Statt hat. Es springt nur Ein Zahn am
Jahr-Rade, und man kommt vom 28. Februar auf den 29sten. Bei jeder ganzen Umdrehung
dieses Satelliten-Rades haben drei Zaͤhne einen Sprung um Einen Tag
veranlaßt; d.h., es sind drei Jahre von 365 Tagen verfloßen: der leere, zahnlose,
Raum dient fuͤr ein viertes Jahr von 366 Tagen.
Was diesen sinnreichen Mechanismus merkwuͤrdig macht, ist nicht bloß die
Sicherheit der Wirkung desselben; denn, man kann sagen, daß sie unfehlbar ist;
sondern die außerordentliche Einfachheit in der Art der Wirkung desselben, die man
in vielen Faͤllen, wo es sich um mehrere Umdrehungen handelt, anwenden kann.
Man koͤnnte ja auf das Satelliten-Rad wieder ein anderes aͤhnliches
Rad aufsezen, das eben so dienen koͤnnte. Der Umstand, daß die Stadt-Uhren
mittlere Zeit weisen, hindert nichts an dieser Vorrichtung; denn man kann durch
Vergleichung mit dem (scheinbaren) Sonnenlaufe leicht die Regelmaͤßigkeit des
Ganges der Pendel-Uhr bestimmen.
Die Vortheile der Vorrichtung des Hrn. Laresche bestehen
demnach: 1) in der großen Einfachheit derselben; 2) in unfehlbarer Wirkung; 3) daß
in das Jahr-Rad nur einen Augenblik uͤber eingegriffen wird, und da dieses
seine Einwirkung durch die Triebkraft der Pendel-Uhr erhaͤlt, so hat dieß
keinen Einfluß auf die
Gleichfoͤrmigkeit der uͤbrigen Bewegungen. 4) kann man sie auch bei
den Planissphaͤren und anderen Mechanismen so oft anwenden, als lange
Umdrehungen Statt haben, und dabei Arbeit, Unzahl von Triebraͤdern und
Reibung ersparen.Lezteres ist fuͤr viele Maschinen von nicht zu berechnendem Vortheile,
wie Hr. Francoeur oben bemerkte. A. d. Ueb.
Hr. Laresche hat an derselben Pendel-Uhr noch eine
Vorrichtung angebracht, um die Stunden des Auf- und Unterganges der Sonne
anzuzeigen. Er fuͤhrt zu diesem Ende einen Wagen mittelst eines excentrischen
Rades auf dem Jahr-Rade abwechselnd auf und nieder. Diese abwechselnde Bewegung des
Wagens, die im Laufe eines Jahres vollendet wird, reicht hin, um zwei Zeiger zu
treiben, und die Enden desselben auf die Stunden des Auf- und Unterganges zu
stellen. Da diese Stunden demselben Vorschreiten folgen, wie die Monats Tage, so
laͤßt die Umdrehung des Jahr-Rades sich leicht mit diesen Andeutungen in
Einklang bringen. Alles dieß geschieht durch bloßes Hebelwerk, ohne alles
Raͤderwerk.Hr. Laresche, der bloß die Anzeige des
Secular-Datums in Anspruch nimmt, legt uͤbrigens nicht besonderen
Werth auf die Mittel, die er zur Anwendung der Anzeige der Stunden des Auf-
und Niederganges der Sonne vorrichtete; er uͤberlaͤßt das
Verdienst hiervon den Sully's, Leroy's, Thivut's,
denen die Uhrmacherkunst so viel zu verdanken hat. A. d. O.
Erklaͤrung der Figuren.
Fig. 4, 5, 6. Tab. II.
zeigt den Mechanismus des Hrn. Laresche von verschiedenen
Seiten. Fig.
4. ist in doppelt so großem Maßstabe gezeichnet, als die uͤbrigen
Figuren.
A, A, ist das Haupt-Triebrad der Pendel-Uhr,
uͤber dem Gleichungs-Zifferblatte.
B, ist das Zuruͤkfuͤhrungs-Rad, das von
demselben Triebrade getrieben wird.
C, Stahl-Finger, der so zugeschliffen ist, daß er auf
die Achse des Rades, B, paßt. D,
D, Laͤngenstuͤk oder Schneller, der von C, getrieben wird;
D, D, tritt wieder an seine Stelle, wenn C davon ablaͤßt, und zwar mittelst der
Repulsions-Feder, d.
E, ein plattes Stuͤk, welches durch das
gespaltene Ende von, D, D, mittelst des Zapfens, den es
umfaßt, im Kreise herumgefuͤhrt wird.
F, Geiß-Fuß, welcher taͤglich einen der 365
Zaͤhne des Jahr-Rades, H, H, springen
laͤßt. Nachdem ein Zahn durchgelaufen ist wird der Geiß-Fuß durch die Feder,
G, an seine Stelle geschoben.
I, kleines plattes Rad, das an dem Umfange des
Jahr-Rades unter demselben angebracht ist, und auf einer Schulter-Schraube sich
dreht.
K, Feder des Spring-Kreuzes, welche dadurch, daß sie
sich zwischen zwei der 8 Zapfen, die das kleine Rad, I,
fuͤhrt, stuͤzt, welches ein Satellite des großen ist, die Stellung
einer der drei Zaͤhne, 1, 2, 3, an seinem Umfange bestimmt.
Am 28. Februar eines gemeinen Jahres steht der Zahn 3 des Satelliten-Rades vor, und
uͤber dem Zahne des Jahr-Rades, den der Geiß-Fuß an den uͤbrigen Tagen
bereit findet. Dieser fruͤher ergriffene Zahn macht, daß das Rad vom 28sten
Februar auf den 1sten Maͤrz springt. Die Feder, M, ist also gezwungen, zwei Zaͤhne, statt Eines, durchzulassen. Dieses
geschieht drei Jahre nach einander. Im vierten Jahre kommt der Theil, X, des Satelliten, der keinen Zahn hat. Hier wirkt der
Geiß-Fuß auf den Zahn des Jahr-Rades selbst, und der 29. Februar im Schalt-Jahre
wird gezaͤhlt. Diese unfehlbare Wirkung wird durch einen Haͤlter, L, erzeugt, der auf der Scheibe, a, a, a, befestigt ist, und in einen der 8 Zapfen des Satelliten
eingreift, wodurch derselbe gezwungen ist, eine Viertel-Umdrehung zu machen. Die
vollstaͤndige Umdrehung dieses Satelliten geschieht also in 4 Jahren, und
dieser Satellite macht durch drei Jahre nach einander drei Zaͤhne unter den
365 Zaͤhnen verschwinden, bis im vierten Jahre der 29. Februar
mitgezaͤhlt wird, da hier die Zaͤhne unbedekt bleiben.
Die Schneller, der Geiß-Fuß, das Spring-Kreuz des Jahr-Rades, und die zwei Federn,
S, P, sind auf der Platte, a,
a, a, befestigt, die man in Fig. 6. von der
Ruͤkseite steht. Der Satellite und sein Springer sind es unter dem Rade.
Auf dem Jahr-Rade, H, H, ist die elliptische Krumme, N, N, mittelst zweier Schrauben befestigt; der
Ruͤker, O, O, fuͤhrt an seinem Ende, e, einen staͤhlernen Zapfen, dessen Druk auf die
Schneide der Krummen durch den Druk der Feder, P, auf die Ferse des
Ruͤkers bestimmt wird. An dem anderen Ende, b,
ist eine kleine Reibungs-Spule, die einen Seidenfaden haͤlt, dessen anderes
Ende an der Spule, g, befestigt ist, und sich auf dem
großen Durchmesser dieser Spule aufrollt. Die Roͤhre dieser Spule
fuͤhrt, wie man in Fig. 5. steht, den
Abweichungs-Weiser, R; auf dem kleineren Durchmesser
derselben Spule ist ein anderer Seidenfaden aufgewikelt, der die
Ruͤkruf-Feder (ressort de rappel), S, in Fig. 4. fuͤhrt.
T, T, Fig. 5. ist das
Zifferblatt der Abweichungen (cadran des
Différences), auf welchem der Weiser, R,
die Abweichung der wahren Zeit von der mittleren andeutet. Der Weiser, c, den man unten an der Platte steht, zeigt die Tage des
Monates an, die auf dem Jahr-Rade eingegraben sind. Das halbkreisfoͤrmige
Stuͤk, U, U, dient als zweite Platte, und
haͤlt das Jahr-Rad im Gehaͤuse, dessen Steg, V, einen der Zapfen haͤlt, naͤmlich den vorderen; der
hintere, den man in Fig. 6. steht, fuͤhrt eine Kurbel, f,
aus zwei kupfernen Platten. Die obere fuͤhrt eine staͤhlerne Walze,
g, die man, mittelst der Stellschraube, h, dem Mittelpuncte naͤhern, oder von demselben
entfernen kann. Diese Walze hebt oder senkt, in dem Laufe eines Jahres, den Wagen,
i, i, i, der die vier hohlen Walzen, j, j, j, j, fuͤhrt. Diese machen ihn, durch
sanfte Reibung, (frottement doux) zwischen den beiden
Linealen, k, k, sich drehen, wovon das eine, welches
beweglich ist, gleichfoͤrmig gegen die Kehle der Rollen durch die Bogenfeder,
l, l, angedruͤkt wird, welche durch eine
Schraube auf der Platte, a, a, a, befestigt ist. An den
beiden oberen Enden des Wagens befinden sich zwei Furchen, in welche die
staͤhlernen cylindrischen Stangen, m, m, die auf
den Armen oder Nadeln, n, n, angebracht sind, die ihren
gemeinschaftlichen Mittelpunct in o, haben, sehr genau
passen, und in denselben laufen muͤssen. Diese Nadeln fuͤhren eine
Biegung unter einem doppelten rechten Winkel an ihrem Ende, um vorne auf dem
Zifferblatte, Fig.
5. die beiden kleinen Sonnen zu tragen, die auf den beiden eingetheilten
Scheibenraͤndern, p, p, die Stunde des Auf- und
Unterganges der Sonne in jeder Jahres-Zeit andeuten. Diese beiden Sonnen verbergen
ihre Stuͤze, und bewegen sich, scheinbar, einzeln, auf einem himmelblauen
Grunde, den die eingetheilten Kreisbogen einfassen.