Titel: | Sir Congreve's, Baronet, Perpetuum Mobile. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XLIX., S. 177 |
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XLIX.
Sir Congreve's, Baronet, Perpetuum Mobile.Mit diesem Perpetuum Mobile des Erfinders der
Congreve'schen Raketen war das Mechanics' Magazine
schon seit einigen Monaten gefuͤllt. Da wir nicht gern unsere
Blaͤtter zu bloßen Speculationen herleihen, so uͤbergingen wir
dieses neue Capillar-System in Erwartung, daß, wenn etwas daran ist, wir
fruͤhe genug damit kommen werden. Da man nun dem London Journal den Vorwurf macht, daß es dieser neuen Erfindung nicht
fruͤher erwaͤhnte, duͤrfen auch wir dieselbe nicht
laͤnger auf sich beruhen lassen, und theilen sie unseren Lesern mit. A.
d. R.
Aus dem London Journal of Arts. Mai. 1827. S.
153.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Congreve's Perpetuum Mobile.
Sir William Congreve hat neuerlich
ein Perpetuum Mobile ausgedacht, das auf der
Anziehungs-Kraft der Haarroͤhrchen beruht, und uͤber die
gewoͤhnlichen Einwuͤrfe gegen die durch Schwere begruͤndeten
Perpetuum mobile erhaben seyn soll.
Es seyen, A, B, C, Fig. 8. drei horizontale,
in einem Gestelle angebrachte Walzen. a, a, a, ist ein
Laufband ohne Ende aus Schwamm, das um diese Walzen laͤuft, und, b, b, b, eine Kette von Gewichten, gleichfalls als
Laufband, die das Laufband aus Schwamm umgibt, und auf demselben befestigt ist, so
daß beide sich mit einander bewegen muͤssen. Jeder Theil des Schwammes und
der Kette sey, dem Gewichte nach, so genau gleichfoͤrmig, daß die senkrechte
Seite, A, B, des Dreiekes, A, B,
C, in allen Lagen des Schwammes und der Kette, nach dem Grundsaze der
schiefen Flaͤche, mit der Hypothenuse, A, C, im
vollkommenen Gleichgewichte ist. Wenn nun das Gestell, in welchem die Walzen
befestigt sind, in einen Behaͤlter mit Wasser so getaucht wird, daß nur der
untere Theil in dasselbe eingesenkt ist, und die Wasserflaͤche den oberen
Theil der Walzen, B, C, schneidet, so wird, wenn das Gewicht und
die Groͤße der Kette im gehoͤrigen Verhaͤltnisse zu der Dike
und Breite des Schwammes steht, Band und Kette, wenn das Wasser in dem
Behaͤlter auf die gehoͤrige Hoͤhe gebracht ist, um die Walzen
in den Richtung, A, B, zu laufen anfangen, und diese
Bewegung immer unterhalten, lediglich durch die Anziehungskraft der
Haarroͤhrchen sich bewegen. Der Grund hiervon ist folgender:
Auf der Seite, A, B, des Dreiekes haͤngen die
Gewichte, b, b, b, senkrecht uͤber das Laufband
des Schwammes, welches also davon nicht gedruͤkt wird. Die Loͤcher des
Schwammes bleiben demnach offen, und das Wasser wird von dem Puncte x, aus, wo es mit dem Schwamme in Beruͤhrung
kommt bis auf eine gewisse Hoͤhe uͤber sein Niveau, z.B. bis y, emporsteigen, dadurch eine Last bilden, die auf der
aufsteigenden Seite, C, A, nicht Statt hat, weil dort
die Kette der Gewichte das Laufband des Schwammes an der Oberflaͤche des
Wassers zusammendruͤkt, und das Wasser auspreßt, das sich daselbst
angehaͤuft haben mag, so daß der Schwamm beinahe troken aufsteigt,
vorausgesezt, daß die Breite und Schwere der Kette im gehoͤrigen
Verhaͤltnisse zu der Dike und Breite des Schwammes steht, um diese Wirkung zu
erzeugen. Da also die Last auf der niedersteigenden Seite, A,
B, keinen Widerstand durch eine Last auf der aufsteigenden Seite findet,
und das Gleichgewicht an den uͤbrigen Theilen durch die abwechselnde
Ausdehnung und Zusammendruͤkung des Schwammes nicht gestoͤrt ist, wird
das Laufband fortfahren sich in der Richtung, A, B, zu
bewegen, und so wie es sich nach abwaͤrts bewegt, wird das Wasser immer
fortfahren in entgegengesezter Richtung aufzusteigen, und so eine ununterbrochene
Bewegung herbeifuͤhren, vorausgesezt, daß die Last bei, x, y, groß genug ist, um die Reibung der Walzen, A, B, C, zu uͤberwinden.
Um nun die Groͤße dieser Last fuͤr jede Maschine zu bestimmen, muß
hier bemerkt werden, daß, nach angestellten Versuchen, das Wasser in einem
feinen Schwamme ungefaͤhr Einen Zoll uͤber sein Niveau steigt;
wenn also das Laufband und der Schwamm Einen Fuß dik und sechs Fuß breit ist, so
wird seine horizontale, mit dem Wasser in Beruͤhrung stehende
Flaͤche 864 Quadrat-Zoll, und das Gewicht des durch Anziehung der
Haarroͤhrchen angehaͤuften Wassers wird, bei dem Aufsteigen
desselben bis zu Einem Zoll uͤber das Niveau, an 30 Pfd. betragen, was, wie man
denkt, mehr als hinreichend seyn wird, um die Reibung der Walzen zu
uͤberwinden.“
Ist dieser lezte Saz durch Versuche erwiesen?
Der gelehrte Baronet hat in der Folge obiger Notiz eine Broschuͤre
nachgeschikt, in welcher er seiner Idee folgende Anwendung gibt.
„Die Kraft eines Rades, das auf diese Weise in Bewegung gesezt wird, kann
entweder auf die gewoͤhnliche Weise, oder durch Maschinen-Vorrichtung am
Ende einer Achse angewendet werden, oder das Rad kann selbst, wie in Fig. 9. in
einem kreisfoͤrmigen Wasserbehaͤlter von irgend einem Durchmesser
umlaufen, und mittelst eines Armes aus dem Mittelpuncte des Rades mit einer
aufrechten sich drehenden Achse verbunden seyn, die in der Mitte des
Wasserbehaͤlters umlaͤuft, und mit einer Maschine verbunden ist,
die dann durch dieses Rad, wie durch eine Roßmuͤhle, getrieben wird.
Es ist offenbar, daß eine bestaͤndige Anhaͤufung von Schwere auf
einer Seite des hier beschriebenen Rades, waͤhrend die andere Seite davon
befreit bleibt, das Rad von selbst in seiner hier angezeigten
kreisfoͤrmigen Bahn fortlaufen machen muß, und da durch diese
fortschreitende Bewegung eine bedeutende Wogung in dem im Behaͤlter
enthaltenen Wasser entstehen muß, so wird das Wasser dadurch an der Vorderseite
des Rades noch einige Zoll uͤber die Hoͤhe der Anhaͤufung
derselben durch die bloße anziehende Kraft der Haarroͤhrchen
emporsteigen. Wenn also die Hoͤhe, zu welcher das Wasser durch die Wogung
emporsteigt, vier Zoll uͤber die Wasserflaͤche betraͤgt, so
wird die Anhaͤufung des Wassers in dem Schwamme an der niedersinkenden
Seite, mit Einschlusse des Zolles, der auf die Anziehungskraft der
Haarroͤhrchen zu rechnen ist, fuͤnf Zoll in der Hoͤhe
betragen, und die oben auf 30 Pfund berechnete Kraft wird so auf 150 Pfund
gebracht, und kann durch irgend ein mechanisches Huͤlfsmittel vorne am
Rade, wodurch das Wasser noch mehr aufgeruͤhrt wird, noch hoͤher
gebracht werden.
Wenn durch eine auf diese Art erzeugte Wogung das Wasser mit Einschluß der
Hoͤhe, die durch die Anziehungs-Kraft der Haarroͤhrchen
hervorgebracht wird, bis auf 9 Zoll steigt, und dieß sich jede Secunde
wiederholt, so durchlaͤuft der Umfang des Rades einen Raum von 9 Zoll in
dieser Periode, und das Rad dreht sich mit einer Geschwindigkeit von 45 Fuß in einer Minute bei
einem ununterbrochen niedersinkenden Gewichte von mehr dann 180 Pfund. Dadurch
erhaͤlt das Rad nun mehr als Mannes-Staͤrke, und wenn fuͤnf
solche Raͤder mit einander verbunden werden, und um einen Mittelpunct
umher arbeiten, so wirken sie in vereinter Kraft eben so viel als eine
Dampfmaschine von der Kraft eines Pferdes.
Diese Art, die Kraft des sich drehenden Rades in Fig. 9. zu vermehren,
naͤmlich durch Erregung von Wogen, fuͤhrt zu einer
aͤhnlichen Vorrichtung, bei welcher die Wogen der See mit
verstaͤrkter Wirkung zum Treiben der Bothe und Schiffe verwendet werden
koͤnnen.
Fig. 10.
zeigt das Vordertheil eines Bothes mit einem Rade von gehoͤrigem
Durchmesser, welches mittelst einer starken Fassung daselbst angebracht ist.
Dieses Rad ist ein hohler, an seinen beiden Enden geschlossener, Cylinder, der
aber uͤberall offen, und innenwendig durch Scheidewaͤnde, wie im
persischen Rade, so getheilt ist, daß, wenn eine Woge bis zu irgend einer
Hoͤhe am Umfange desselben hinanschlaͤgt, der ganze Theil der
Woge, der in das Innere des Cylinders faͤhrt, in dem vorderen Theile
desselben aufbewahrt wird, waͤhrend alles Uebrige von diesem Wasser, das
in den hinteren Theil des Rades gelangte, nicht aufbewahrt wird, sondern wieder
unmittelbar ausfließt; so daß, im Falle daß eine Woge bis zur vollen
Hoͤhe des Rades aufschluͤge, die ganze vordere Haͤlfte des
Cylinders voll mit Wasser gefuͤllt wird, waͤhrend in dem
Hintertheile desselben kein Gegengewicht uͤbrig bleibt. Die Folge hiervon
wuͤrde also seyn, daß durch die nach einander folgenden Wogen eine
staͤte umdrehende Kraft unterhalten wuͤrde, und diese Kraft
wuͤrde im Verhaͤltnisse der Breite und des Durchmessers des
Cylinders stehen. Wenn also das Rad oder der Cylinder 6 Fuß im Durchmesser hat,
und 6 Fuß breit ist, und die Wogen auch 6 Fuß hoch steigen, wird das Maximum der
Ladung oder Triebkraft dieses Rades oder Cylinders anderthalb Tonne
„(3500 Pfund)“ betragen; so viel wiegt naͤmlich
das Wasser in der vorderen Haͤlfte des Cylinders; diese Kraft wird sich,
wenn das Schiff im Laufe ist, durch die nachfolgenden Wogen wahrscheinlich 20
Mahl in Einer Minute wiederholen. Im Durchschnitte kann man aber die senkrechte
Hoͤhe der Wogen zur See, in Seen und auf Fluͤssen nicht
hoͤher, als zwischen 4 bis 5 Fuß annehmen; eine Hoͤhe, die durch das
Stampfen des Schiffes noch vergroͤßert wird. Man kann also die
Drehe-Kraft eines solchen Rades im Durchschnitte auf eine Tonne schaͤzen,
und diese wird in wiederholten Stoͤßen wirken, wie bei einem Ruderrade.
Wenn die kleinste Woge nur zwischen 1 und 2 Fuß angenommen wird, so bleibt die
kleinste Kraft in windstillem Wetter = 5 Ztr.
Die Geschwindigkeit, mit welcher die Wasserlast in diesen verschiedenen
Faͤllen niedersteigt, wird daher auch nothwendig verschieden seyn
muͤssen. So wird, in dem ersten Falle, wo das Rad seine volle Ladung hat,
der Mittelpunct der Schwere dieses Wassers etwas uͤber dem horizontalen
Halbmesser seyn, so daß jede Ladung durch einen Raum von ungefaͤhr
fuͤnf Fuß faͤllt, ehe sie sich entleert. Wenn man nun annimmt, daß
20 Wogen in Einer Minute auf einander folgen; so wird die Triebkraft dieses
Rades = 1 1/2 Tonne + 5 Fuß + 20; d.h., anderthalb Tonne treibt durch einen Raum
von 700 Fuß in Einer Minute; also so schnell, wie eine Dampfmaschine von der
Kraft von 10 Pferden. Im zweiten Falle, wenn die Wogen und die Geschwindigkeit
des Wassers nach und nach abnehmen, kann die Kraft gleich einer Dampfmaschine
von der Kraft von 6 Pferden angenommen werden. Ein aͤhnliches Rad kann
auch an dem Hintertheile eines Schiffes mit gleichem Erfolge angebracht werden;
und zwei oder drei aͤhnliche Raͤder koͤnnen ohne allen
Nachtheil zu jeder Seite laufen, da sie bloße Anhaͤngsel sind, wodurch
man die Macht einer unendlichen Triebkraft gewinnt, ohne alle innere
Vorrichtung, Arbeit, Brennmaterial und dergleichen.
Bei großen Fahrzeugen kann offenbar ein Rad von 10 bis 12 Fuß im Durchmesser
statt eines Rades von 6 Fuß angebracht werden, wodurch man
verhaͤltnißmaͤßig mehr Kraft gewinnen wird. So wuͤrde das
Maximum der Kraft eines Rades von 12 Fuß im Durchmesser, und 6 Fuß Breite gleich
seyn einer Dampfmaschine von der Kraft von 80 Pferden, wenn es von aufeinander
folgenden Wogen von 20 Fuß in einer Minute beladen wuͤrde, und der
Mittelpunct der Schwere jeder dieser auf einander folgenden Ladungen durch einen
Raum von 10 Fuß fiele, ehe das Rad leer wird. Zwei solche Raͤder
koͤnnten also auch ein sehr großes Fahrzeug ohne den mindesten Verlust an
Schiffsraum, und ohne alle andere Auslage, als fuͤr die Kosten derselben,
treiben. Wo es sich bloß um mittelmaͤßige Geschwindigkeiten handelt, kann
die Triebkraft dieser Raͤder unmittelbar erhalten werden, wenn man sie
mit Rudern, wie an Dampfbothen, versteht; wenn man jedoch eine groͤßere
Geschwindigkeit will, duͤrfen diese Raͤder nicht selbst mit Rudern
versehen seyn, sondern sollen nur Triebraͤder treiben, die mit denselben
durch Maschinenwerk so in Verbindung stehen, daß sie sich zwei bis drei Mahl
schneller bewegen, als die Raͤder, die sie in Thaͤtigkeit
sezen.
Man wird einwenden, daß die nothwendige Wogung sich auf Fluͤssen und Seen
nicht immer findet. Diesem Einwurfe kann man auf eine hoͤchst
entscheidende Weise dadurch begegnen, daß das System, die Schiffe durch das
Steigen und Fallen der Wogen zu treiben in dieser Hinsicht einer weit
allgemeineren Anwendung faͤhig ist, als das System die Schiffe durch den
Wind zu fuͤhren; denn wo Wind ist, gibt es auch Wogen! es finden sich
aber oͤfters bedeutende Wogen auch dort, wo kein Luͤftchen weht.
Es spricht aber auch noch ein anderer, noch wichtigerer, Umstand zu Gunsten
dieses neuen Systemes; naͤmlich dieser, daß in dem lezteren Falle diese
Kraft nach allen Puncten des Compasses anwendbar ist, waͤhrend die Segel
unter 32 Puncten nur auf hoͤchstens 20 Puncte taugen: ein Vortheil, den
dieses neue System mit den Dampfbothen gemein hat, ohne eben so kostspielig und
unbequem zu seyn. Es unterliegt auch weniger Zufaͤlligkeiten und Gefahren
bei schlechtem Wetter, als das Segel-System.“
Kann ein Skeptiker an der Vortrefflichkeit dieses neuen Systemes zweifeln? Es ist
wahrlich die wichtigste Erfindung unseres erfindungsreichen Zeitalters. Wer
haͤtte geglaubt, daß eine so einfache Vorrichtung den Dampf
uͤberwinden koͤnnte? Baronet Congreve hat
auch eine Uhr von seiner Erfindung in Royal Exchange
Alley errichten lassen, der man keinen anderen Fehler vorwerfen konnte, als
daß sie nicht gehoͤrig ging. Und seine Schleuse hatte keinen anderen Fehler,
als daß man eine Ewigkeit brauchte, um durch dieselbe durchzukommen?Das London Journal faͤhrt nun in Satyren
fort, die von gleichem Wize, mit Congreve's
Erfindung sind, und die wir hier weglassen, nachdem wir unsere Leser mit der
neuesten Tages-Neuigkeit der englischen Erfindungs-Welt bekannt
gemacht haben. Wir sind uͤberzeugt, daß, wenn Baronet Congreve sein Perpetuum
Mobile an Schiffen bereits im Gange gehabt haͤtte, er damit
den Griechen zu Huͤlfe geeilt seyn wuͤrde. A. d. Ueb.