Titel: | Schreiben des Hrn. Daubuisson, Ingenieur en Chef am Corps royal des Mines, an Hrn. Arago, über den Widerstand, den die Luft in Leitungs-Röhren erleidet. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. LI., S. 189 |
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LI.
Schreiben des Hrn. Daubuisson, Ingenieur en Chef am Corps royal
des Mines, an Hrn. Arago,
uͤber den Widerstand, den die Luft in Leitungs-Roͤhren
erleidet.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. April 1827.
S. 380. (Im Auszuge.Hr. Daubuisson hat bereits einige Untersuchungen
uͤber diesen Gegenstand bekannt gemacht, welche wir in diesem Journale
Bd. XXIII. S. 129. lieferten. A. d.
Ueb.)
Daubuisson, uͤber den Widerstand, den die Luft in
Leitungs-Roͤhren erleidet.
Vielleicht ist eine gedraͤngte Darstellung der
Resultate einer zahlreichen Reihe von Versuchen uͤber den Widerstand, welchen
die Luft in den Leitungs-Roͤhren erleidet, die ich in einer eigenen
Abhandlung im Detail bekannt machen werde, nicht ohne alles Interesse.
Man hat bei den Eisengruben des Departement de l'Ariége zu Rancié im J.
1820 einen Erdstollen zu treiben angefangen, der 372 Meter lang werden sollte. Man
war kaum bis zur Haͤlfte vorgeruͤkt, als es an Luft zu fehlen anfing;
die Lichter brannten schlecht; man sezte die Arbeit einige Zeit fort, mußte sie aber
spaͤter aus Mangel eines Ventilators aufgeben.
Dieser Ventilator sollte die Luft 420 Meter weit fuͤhren, und diese
Gelegenheit wurde zu Versuchen uͤber die Verminderung der Kraft, die die Luft
erleidet, je weiter sie von der Maschine kommt, die sie liefert, benuͤzt. Der
General-Director der Bergwerke und des Bruͤken- und Straßen-Baues befahl
diese Versuche.
Ihre Wichtigkeit fuͤr den Bergbau und die Huͤttenwerke ist
einleuchtend. Man muß bei dem Graben unter der Erde doch endlich wissen, wie weit
die Luft zugeleitet werden kann. Der Eisenhuͤttenmann muß wissen, wie weit er
seine Esse von dem Geblaͤse entfernen darf, und welchen Durchmesser er den
Roͤhren geben darf, um nicht zuviel von der Wirkung desselben zu verlieren.
Bisher haͤtte man keine bestimmten Thatsachen hieruͤber, und verlor
sich in Meinungen und Widerspruͤchen. Man spricht in unseren
Bergbuͤchern von sogenannten Wetterlutten, die die Luft auf eine Weite von
1000 und 2000 Meter geleitet haben sollen. Die HHrn. Lehot, Clément und Desormes sahen einen bloßen
Stuben-Blasebalg am Ende einer 448 Meter langen Roͤhre noch eine merkliche
Wirkung hervorbringen. Auf der anderen Seite sagt Hr. Baader in einem Werke uͤber Geblaͤse, daß eine seiner
staͤrksten Maschinen in einer Entfernung von 1524 Meter nicht mehr die
geringste Wirkung hervorgebracht hat. Auf unseren Huͤtten haͤlt man
jede bedeutende Entfernung zwischen dem Geblaͤse und der Esse fuͤr
nachteilig.
Ich versuchte diese wichtige Frage zu loͤsen, und mußte zuerst die Geseze und
die Groͤße des Widerstandes bestimmen. Man nimmt an, daß der Widerstand desto
groͤßer ist, je laͤnger die Roͤhre, je kleiner der Durchmesser
derselben ist, und je schneller die Luft sich in derselben bewegt. Hr. Girard hat bei den Gasroͤhren zur Beleuchtung von
Paris, so wie bei den Wasserleitungs-Roͤhren bemerkt, daß der Widerstand sich
wie die Laͤnge und wie das Quadrat der Geschwindigkeit verhaͤlt. Ich
mußte nun sehen, ob eben dieß auch bei der großen Geschwindigkeit, mit welcher die
Luft aus den Geblasen zu den Essen getrieben wird. Statt hat, und haͤtte die
Wirkung der Durchmesser zu bestimmen. Ich mußte meine Versuche
vervielfaͤltigen und abaͤndern, so daß von den drei Bedingungen:
Laͤnge, Durchmesser und Geschwindigkeit, zwei immer dieselben blieben, und
die dritte nur immer abgeaͤndert wurde. Indem ich eine Leitung legte, die 400
Meter lang werden mußte, und sie bloß theilweise legte, konnte ich mich von der
Wirkung der Laͤnge hinlaͤnglich uͤberzeugen. Die Wirkung der
Geschwindigkeit machte ich mir bei jedem Laͤngen-Theile durch die
verschiedene Menge Wassers anschaulich, die ich auf das Geblaͤse spielen
ließ, oder durch staͤrkere oder schwaͤchere Verengerung der
Muͤndung der Roͤhre, mit welcher ich Versuche anstellte, mittelst
verschiedener Ansaͤze. Um endlich die Unterschiede, die durch verschiedene
Durchmesser entstehen, zu bemessen, ließ ich zwei Roͤhren, nur von 55 Meter
Laͤnge, verfertigen, wovon die eine den halben, die andere nur den Viertel
Durchmesser der ersten Leitungs-Roͤhre haͤtte.
Mein Geblaͤse war eine Trommel, wie man sie gewoͤhnlich auf den
Eisenhuͤtten in den Pyrenaͤen hat. Es bestand aus einem
ausgehoͤhlten Fichtenstumme von 8,4 Meter Laͤnge, der an ein gewoͤhnliches Faß von
1,15 Meter im groͤßten Durchmesser, und 1,32 Meter Hoͤhe stieß. Es war
unten ganz offen, und senkte sich in einen kleinen Wasserbehaͤlter von 0,85
(Meter) Tiefe. Das Geblaͤse erhielt sein Wasser aus einem kleinen
benachbarten Bache, der in Einer Secunde 0,025 bis 0,030 Kubik Meter Wasser
fuͤhrte. Es wurde ein mit einem Schuzbrette versehener Behaͤlter
sorgfaͤltig vorgerichtet, um genau die Menge Wassers bestimmen zu
koͤnnen, die man spielen ließ; man haͤtte bis auf 0,040 Meter zum
Gebrauche.
Da das Geblaͤse 0,85 Meter tief in das Wasser tauchte, so konnte es die aus
demselben ausfahrende Luft so verdichten, daß das Uebermaß der Elasticitaͤt
derselben uͤber die atmospaͤrische Luft mit einer Wassersaͤule
von 0,85 Meter Hoͤhe, oder einer Queksilbersaͤule von 0,0624 Meter
Hoͤhe im Gleichgewichte war. Die, einem solchen Druke der Luft
correspondirende, Geschwindigkeit ist zu Ranciè 109 Meter in einer
Secunde.
Die Roͤhre, die die Luft aus dem Geblaͤse in den Stollen leitete, war
aus Weißblech, und haͤtte 0,1 Meter im Durchmesser. Bei ihrem Anfange
haͤtte sie zwei Biegungen von 90°, die gehoͤrig zugerundet
waren. In einer Entfernung von 80 Meter trat sie in den Stollen, und lief 387 Meter
lang in gerader Richtung fort. Man hat sich uͤberzeugt, daß sie
uͤberall vollkommen luftdicht war.
Die Ansaͤze (Buses), die man nach Belieben an
ihrem Ende ansteken konnte, waren von 0,05, 0,04, 0,03, 0,02 Meter im Durchmesser an
ihrer Muͤndung.
Die Roͤhre von 0,05 im Durchmesser haͤtte Ansaͤze von 0,03,
0,02, 0,01 im Durchmesser.
Die Roͤhre von 0,025 oder vielmehr 0,0235 im Durchmesser haͤtte
Ansaͤze von 0,02 und 0,01 im Durchmesser.
Diese Ansaͤze hatten an ihrem Anfange Zwingen zur Aufnahme des Endes eines
Manometers, den man an denselben anbrachte.
Unsere Manometer waren gewoͤhnlich mit Queksilber versehen; wenn jedoch der
Druk nicht mehr als 0,01 Meter Queksilber betrug, bediente man sich des viel
einfacheren Wasser-Manometers.
Die Versuche wurden im August, September und December 1825 mit Beihuͤlfe der
HHrn. Marrot und Barbe
angestellt, und bei jedem Versuche die Hoͤhe des Manometers am Anfange und am Ende der
Roͤhre auf das Genaueste beobachtet. Hr. Marrot
beobachtete dieselbe am Geblaͤse, und Hr. Barbe
und ich am Ende der Roͤhre: die lezteren Beobachtungen mußten bis auf 2 oder
3 Zehntel eines Millimeters genau stimmen, ehe sie aufgezeichnet wurden. Vor der
Beobachtung wurde die Hoͤhe, bis zu welcher das Schuzbrett aufgezogen war,
und die Wasserhoͤhe genau bestimmt.
Die Bestimmung der Manometer-Hoͤhen haͤtte immer große Schwierigkeiten;
bald schwankte das Queksilber zu sehr, bald blieb es zu unbeweglich, so daß wir
Einwirkung der Capillar-Attraction der Roͤhren besorgten. Wir koͤnnen
die Genauigkeit derselben auf Ein halbes Millimeter nicht verbuͤrgen, was Ein
Millimeter Unterschied im Niveau beider Arme gibt.
Gluͤklicher Weise haben wir beinahe tausend Beobachtungen, und die Fehler
werden sich großen Theiles dadurch aufheben. Die vier Tabellen in unserer großen
Abhandlung stellen 510 solche Versuche dar. Wir wollen hier nur bei den Resultaten
stehen bleiben.
Von dem Widerstande, von seinen Gesezen und von dem Ausdruke
desselben.
Wenn man an einer Roͤhre mit einem Ansaze an einem Ende zwei Manometer
anbringt, den einen am Anfange derselben, und den anderen unmittelbar vor dem
Ansaze, so ist der von denselben angezeigte Unterschied eine Wirkung des
Widerstandes oder der Hindernisse, welche die Roͤhrung der Bewegung
entgegenstellte; denn es ist offenbar, daß, wenn die Luft kein Hinderniß
faͤnde, sie in dem ganzen Verlaufe der Roͤhre dieselbe
Elasticitaͤt aͤußern, und die beiden Manometer am Anfange und am Ende
gleich hoch stehen wuͤrden. Der Unterschied in der Hoͤhe zwischen
beiden zeigt demnach an, wieviel von der bewegenden Kraft durch den Widerstand
verloren ging, und wenn H die Hoͤhe des
Manometers am Anfange der Roͤhre, und h die
Hoͤhe des Manometers am Ende der Roͤhre ist, so ist H – h der Theil der Kraft, der verloren ging,
oder das Maß derselben.
Wir wollen sehen, wie dieser Verlust, oder H – H,
sich zur Laͤnge verhaͤlt, nach dem
Durchschnitte der Versuche, die man an der großen Roͤhre anstellte.
Von 40 Metern zu 40 Metern hat man kleine mit einer Zwinge versehene Oeffnungen
angebracht, die man nach Belieben oͤffnen und schließen konnte. Das Manometer
wurde nach und nach an diesen Oeffnungen angebracht, und man erhielt so das Maß des
Widerstandes nach den verschiedenen Laͤngen. Angefangen von der Einheit bei
Laͤnge und Widerstand ergaben sich folgende Resultate:
Laͤnge: 1,00; 1,33; 1,67; 2,00; 2,33; 2,70; 3,05; 3,22. Widerstand: 1,00;
1,29; 1,57; 1,82; 2,16; 2,46; 2,84; 3,09.
Der Widerstand nimmt also nicht so schnell zu, wie die lange. Diese geringere
Schnelligkeit hat vorzuͤglich in der Mitte der Roͤhre Statt; so daß,
wenn man die Langen als Abscissen und die Widerstaͤnde als Ordinaten
betrachtet, die durch das Ende der lezteren gezogene Linie sich gegen die Mitte der
Achse der Abscissen biegen wird.
Diese Biegung haͤtte bei allen unseren Versuchen Statt, ohne daß wir einen
Grund hiervon einsehen. Sie kann nicht von einem geringen Unterschiede in der
Dichtigkeit, und folglich in der Geschwindigkeit der Luft in verschiedenen Theilen
der Roͤhre herruͤhren; denn die Geschwindigkeit nimmt nach und nach
bis an das Ende hin zu, und die Anomalie ist in der Mitte. Ruͤhrt diese
Anomalie vielleicht von einem Fehler in dem Baue unserer Roͤhre her, und ist
sie vielleicht in der Mitte weiter? Sollte dieser Fehler unseren vielen
Pruͤfungen entgangen seyn? Es waͤre moͤglich. Da indessen diese
Biegung unbedeutend ist, so kann man von derselben Umgang nehmen, und die durch die
Enden der Ordinaten gezogene Linie als eine gerade betrachten, so daß dann die
Ordinaten oder Widerstaͤnde mit den Abscissen oder Laͤngen im
Verhaͤltnisse stehen.
Wir wollen nun die Geschwindigkeiten der Luft in den Roͤhren und die Art ihrer
Bestimmung betrachten.
Das Manometer am Ende der Roͤhre unmittelbar vor dem Ansaze, der die
Muͤndung derselben verengt, zeigt die elastische Kraft der Luft vor dieser
Oeffnung, die Kraft des Drukes, welche die Geschwindigkeit, mit welcher die Luft
austritt, erzeugt. Diese Geschwindigkeit hinge demnach von der Hohe einer
Saͤule von ausstroͤmender Fluͤßigkeit ab, die diesen Druk
hervorbraͤchte, und die folglich dem Gewichte nach der
Queksilber-Saͤule gleich waͤre. Diese Hoͤhe waͤre
folglich die leztere Hoͤhe multiplicirt mit dem Verhaͤltnisse der
specifischen Schwere des Queksilbers gegen die aͤußere Luft.
Es sey
H, die Hoͤhe des Manometers am Anfange der
Roͤhre;
h, die Hoͤhe desselben am Ende der
Roͤhre;
b, die Hoͤhe des Barometers;
t, die Angabe des Thermometers; wir wollen 1 + 0,004t =
T sezen;
D, der Durchmesser der Roͤhre;
d, der Durchmesser des Ansazes;
V, Geschwindigkeit des Austrittes.
Das Verhaͤltniß der Dichtigkeit des Queksilbers zu jener der austretenden Luft
wird seyn:
10467 × 0,76 T/(b + h);
also, da nach den manometrischen Beobachtungen die
Zusammenziehung des Stromes oder die Verengerung der Ader die Geschwindigkeit in dem
Verhaͤltnisse wie 1 zu 0,93 vermindert, wird
Textabbildung Bd. 25, S. 194
Bei der Muͤndung wird in der Roͤhre die Geschwindigkeit in dem
Verhaͤltnisse von d² zu D² geringer seyn; in dem die Geschwindigkeiten
sich umgekehrt, wie die Durchschnitte oder die Quadrate der Durchmesser
verhalten.
Ferner nehmen in der Roͤhre, vom Anfange bis zum Ende, die Geschwindigkeiten
in umgekehrtem Verhaͤltnisse der Dichtigkeiten oder Druke zu; ein
Verhaͤltniß, das hier b + h zu b + H ist. Um
also die mittlere Geschwindigkeit in der Roͤhre zu erhalten, wird man obigen
Ausdruk noch durch das Verhaͤltniß von
b + h zu b + (H + h)/2
multipliciren muͤssen.
Nach dieser Methode haben wir die Geschwindigkeiten berechnet, deren wir uns bei
unseren Vergleichungen bedienten. Ich beschraͤnke mich hier bloß auf die
Angabe derjenigen, die aus 21 am Ende der Roͤhre angestellten Versuchen
hervorging.
Widerstaͤnde: 1,00; 1,82; 2,71; 3,42; 4,27; 4,64.
Quadrate der Geschwindigkeiten: 1,00; 1,64; 2,40; 3,25; 4,32; 4,55.
Andere Vergleichungen gaben uns genauer uͤbereinstimmende Reihen, und ließen
uns schließen, daß uͤberhaupt die Widerstaͤnde sich wie die Quadrate
der Geschwindigkeiten verhielten.
Bei Untersuchung des Verhaͤltnisses der Widerstaͤnde in Hinsicht auf
die Durchmesser der Roͤhren waren wir nicht so gluͤklich, als bei
beiden vorhergehenden Untersuchungen. Wir hatten nicht an verschiedenen
Roͤhren solche Versuche anstellen koͤnnen, nach welchen die Elemente,
die wir vergleichen wollten, allem wandelbar waren, d.h., wo die Langen und die
Geschwindigkeiten genau dieselben gewesen waͤren. Wir mußten diejenigen
nehmen, wo diese beiden Groͤßen nur wenig von einander abwichen: wir haben
sie dann nach den oben angefuͤhrten Grundsaͤzen, auf gleiche
Laͤnge und Geschwindigkeit zuruͤkgefuͤhrt, und auf diese Weise
erhielten wir 10 Vergleichungen, die uns als Exponenten des angenommenen
Durchmessers zum Nenner des Ausdrukes des Widerstandes gesezt, folgende zehn Zahlen
gaben: 0,91; 1,13; 0,77; 1,15; 1,09; 0,87; 1,02; 1,12; 1,33; 1,08; 0,84; 1,00. Der
mittlere Ausdruk ist 1,03; und da die Abweichungen leicht von einem Fehler in der
Beobachtung herruͤhren konnten, so kann man annehmen, daß der Widerstand sich
umgekehrt wie die erste Potenz des Durchmessers verhaͤlt, was
uͤberdieß auch schon durch ein ganz einfaches Raͤsonnement erwiesen zu
seyn scheint.
Der Widerstand verhaͤlt sich demnach gerade wie die Laͤnge der
Roͤhre, und das Quadrat der Geschwindigkeit, und umgekehrt wie der
Durchmesser.
Folglich, wenn L, die Laͤnge der Roͤhre
ist, und die obigen Benennungen dieselben bleiben, da ohne allen bedeutenden Fehler
und ohne die mindeste Unbequemlichkeit in der Anwendung b + h fuͤr
b + (H + h)/2
substituirt werden kann, wird
Textabbildung Bd. 25, S. 195
N ist ein bestaͤndiger Coeficient, der durch
Erfahrung bestimmt werden muß.
Ich habe obige Formel auf mehr als 400 Versuche angewendet (die in den Tabellen
vorkommen werden), und, als Mittel, N = 0,01603
gefunden.
Um diesen mittleren Ausdruk fuͤr N, gab es
bedeutend große Abweichungen, die aber weit kleiner ausgefallen sind, als jene, die
man, die Versuche unserer ersten Hydrauliker, Dubuat,
Bossut etc. zur Basis genommen, als Coeficienten des Widerstandes, welchen
das Wasser in Roͤhren erleidet, erhalten haben wuͤrde, wenn man auf
aͤhnliche Weise geschlossen haͤtte. Der Coeficient fuͤr die
Bewegung der Luft scheint mir demnach beinahe eben so sicher bestimmt, als
derjenige, den man fuͤr die Bewegung des Wassers in Leitungs-Roͤhren
angenommen hat.
Er scheint mir ferner fuͤr jede Art von Leitung zu taugen, dieselbe mag aus
was immer fuͤr einer Materie verfertigt seyn. Die Erfahrung hat gezeigt, daß
die Umstaͤnde, welche die Bewegung des Wassers begleiten, in bleiernen
Roͤhren, wie in Roͤhren aus Gußeisen, in thoͤnernen
Roͤhren wie in hoͤlzernen, dieselben sind. Und warum sollte es bei der
Luft anders seyn?
Wir haben also endlich
Textabbildung Bd. 25, S. 196
Aus dieser Gleichung wird
Textabbildung Bd. 25, S. 196
In dem zweiten Gliede wird, h, durch Approximation
gesezt. Wenn man uͤbrigens groͤßere Genauigkeit verlangte,
koͤnnte man die Gleichung ganz aufloͤsen.
An allen Vettern ist ferner der Werth von
T/(b + H)
wenig veraͤnderlich, so daß man ihn als
bestaͤndig annehmen kann. Wenn wir ihn n nennen,
so wird
Textabbildung Bd. 25, S. 196
der Factor des Widerstandes; er
druͤkt die Wirkung desselben aus. Er ist das Verhaͤltniß zwischen den
beiden Druken oder Kraͤften an den beiden Enden einer Roͤhre; wenn der
eine gegeben ist, ist dadurch auch der andere bekannt.
Am Bergwerke zu Rancié hatten wir, waͤhrend unserer Versuche, im Mittel
b = 0,6802; T = 1,045
und h = 0,0223. Man hat also dort
Textabbildung Bd. 25, S. 197
Mit Huͤlfe dieser Formel habe ich den Werth von h
fuͤr jeden der 500 Versuche berechnet, welche in den Tabellen vorkommen, und
neben dem Werthe, den die Beobachtungen gaben, hingestellt. Wenn man beide
vergleicht, wird man uͤber die geringe Abweichung derselben von einander
erstaunen: Roͤhren, Langen, Muͤndungen derselben, und Wasser mochten
noch so verschieden seyn. Folgender Auszug aus der III. großen Tabelle mag den
Beweis hiervon liefern. Man sieht hier die Reihe von Versuchen am Ende der
Roͤhre von 0,10 Meter im Durchmesser, und 387 Meter Laͤnge; der
groͤßten Laͤnge, die uns zu Gebothe stand. Wir muͤssen noch
bemerken, daß diese Reihe die groͤßten Anomalien darbiethet.
Textabbildung Bd. 25, S. 197
Aufgewendetes Triebwasser in einer
Secunde; Durchmesser des Ansazes; Manometer auf der Roͤhre am Anfange
derselben; am Ende derselben nach Beobachtung; am Ende derselben nach
Berechnung
Man wird sich erinnern, daß wir die Manometer-Hoͤhen uͤber 10
Millimeter bis auf 1 Millimeter nicht verbuͤrgen koͤnnen. Bei einer
solchen Nachsicht hatten wir alle Unterschiede zwischen den Resultaten der Beobachtung und der Berechnung
koͤnnen verschwinden lassen. Wenn, in dieser Reihe, diese lezteren Resultate
groͤßer sind, als die ersteren bei geringer Wassermenge, und kleiner bei
groͤßerer in anderen Reihen, ging dieß aber nicht mehr an.
Betrag des Ausflußes aus der Roͤhre. Der oben
angegebene Ausdruk der Geschwindigkeit multiplicirt mit dem Durchschnitte der
Oeffnung, π/4 d,
gibt, als Beitrag des Ausflußes, Q, in Kubik-Metern
fuͤr Eine Secunde
Textabbildung Bd. 25, S. 198
Die Luft ist in dem durch diese Formel gegebenen Volumen von derselben Dichtigkeit,
wie bei dem Austritte aus der Roͤhre, d.h., unter dem Druke b + h. Man kann sie auf das
einem gegebenen Druke, b', correspondirende Volumen
zuruͤkfuͤhren, wenn man mit
(b + h)/b'
multiplicirt.
Wollte man den Betrag des Ausflußes in Kilogrammen haben, d.h., im Gewichte
fuͤr eine Zeit Einheit, so duͤrfte man nur den obigen Ausdruk mit
1 Kil. 709 (b + h)/T
multipliciren.
In der Praxis kann man fuͤr den veraͤnderlichen Factor
T/(b + h)
einen bestaͤndigen Factor substituiren. In unseren
Werkstaͤtten wechselt er nur zwischen 1,28 und 1,40. Seine Quadratwurzel
wuͤrde demnach nur zwischen 1,13 und 1,18 spielen. Man kann also das Mittel
nehmen, und folglich fuͤr den Coeficienten 289 die Zahl 334 substituiren,
ohne selbst im aͤußersten Falle einen groͤßeren Fehler, als von 3 p.
C. in der Schaͤzung des Betrages des Ausflußes zu begehen.
Diese Betrachtungen und Reductionen lassen sich auf die folgenden Werthe von Q anwenden.
Der, den wir so eben gegeben haben, druͤkt den Betrag des Ausflußes als Function von
h aus. Wollte man denselben als Function von H, so erhielte man denselben nach dem, was oben gesagt
wurde, als
Textabbildung Bd. 25, S. 199
An einer Roͤhre, die an ihrem Ende ganz offen ist, haͤtte man d = D; und, insofern bei dem
Ausfluße leine Zusammenziehung Statt hat, wuͤrde der Coeficient in dem
Verhaͤltnisse von 1 zu 0,93 zunehmen, und dann
Textabbildung Bd. 25, S. 199
Wenn man das Wasser-Manometer angewendet haͤtte, wuͤrde man
Textabbildung Bd. 25, S. 199
Eytelwein gibt fuͤr den Ausfluß aus
Wasseroͤhren:
Textabbildung Bd. 25, S. 199
eine Formel, die von der unsrigen fuͤr die Bewegung der
Luft nur in den numerischen Coeficienten verschieden ist.
Unter derselben Ladung, oder unter derselben Drukkraft,
verhalten sich die Betraͤge der beiden Maͤßigkeiten unter einander
beinahe wie die Coeficienten dieser Formeln, und folglich wie 31,9 zu 1,00. Er
wuͤrde wie 29,7 zu 1 gestanden seyn, wenn der Coeficient, Q, nicht in Folge des Mangels einer Zusammenziehung an
dem Strome bei der Oeffnung vergroͤßert worden waͤre. Das angezeigte
Verhaͤltniß der Quadrat-Wurzel der specifischen Schweren zweier
Fluͤßigkeiten, welches haͤtte befolgt werden muͤssen, wenn
diese beiden Fluͤßigkeiten denselben Gesezen des Widerstandes
unterlaͤgen, waͤre wie 29:1.
Ich wollte die Resultate der Formel (M) mit den
Versuchen, die Hr. Girard uͤber den Betrag des
Ausflußes aus den Roͤhren bei der Beleuchtungs-Anstalt im Hôpital St. Louis anstellte, und im XVI. Bd. der
Annales de Chimie beschrieb, vergleichen. Die
Resultate, die ich durch Rechnung erhielt, waren um Ein Viertel groͤßer, als
die durch Beobachtung, bei den drei Versuchen mit einer Roͤhre von 0,0812
Durchmesser, aber nur um 1/27 bei den zehn Versuchen mit einer Roͤhre von 0,0158. Ist vielleicht
der Coeficient des Welches von Q, etwas zu stark, und
folglich unser Coeficient des Widerstandes etwas zu schwach? Ich muͤßte neue
Versuche anstellen, um mich hiervon zu uͤberzeugen.
Es schien mir der Muͤhe werth, alle Manometer-Hoͤhen aus der Bestimmung
des Betrages des Ausflußes verschwinden, und dieselbe einzig und allem von der
Staͤrke und der Groͤße des Geblaͤses abhaͤngig zu
machen, um endlich die allgemeine Aufgabe zu loͤsen: „Aus der Art des gegebenen Geblaͤses und der
demselben gegebenen Staͤrke, so wie aus der Laͤnge und Weite
der Roͤhre, die die Luft auf einen bestimmten Punct zu leiten hat,
die Menge Luft zu Bestimmen, die in einer Zeit-Einheit geliefert
wird.
Aus dem ersten Datum, aus der Art des Geblaͤses, wird man zuerst das
Verhaͤltniß bestimmen, welches an demselben zwischen der angewendeten
Triebkraft und der erzeugten anwendbaren Wirkung Statt hat.
Die Kraft oder die Menge der dynamischen Wirkung, die was immer fuͤr eine
Triebkraft zu erzeugen vermag, wird allgemein und genau durch die Masse eines
gewißen Gewichtes ausgedruͤkt, welche in Einer Secunde auf eine gewiße
Hoͤhe gehoben wird. Wenn M, dieses Gewicht, C, die Hoͤhe der Erhebung (oder des Falles, wenn
es ein Wasserstrom ist), ausdruͤkt, so wird MC, der Ausdruk fuͤr diese Kraft.
Die Wirkung des Geblaͤses, wird auf aͤhnliche Weise durch die Masse,
oder das Gewicht der Luft ausgedruͤkt, welche waͤhrend Einer Secunde
ausgeblasen wird, wobei man sie auf eine mit der Geschwindigkeit ihrer
Ausstroͤmung correspondirende Hoͤhe gehoben annimmt, d.h., durch diese
Masse multiplicirt mit dieser Hoͤhe. Fuͤr den Fall, wo zwischen dem
Geblaͤse und der Muͤndung des Ausflußes eine Roͤhre angebracht
waͤre, wuͤrde die Wirkung gleich seyn dem Producte aus der
ausgestroͤmten Masse und der Hoͤhe, die von dem Druke bei dem Eingange
und nicht bei dem Ausgange herruͤhrt. Diese Hoͤhe waͤre φH, wenn φ die specifische Schwere des Queksilbers in Hinsicht auf die
Schwere der in der Roͤhre enthaltenen Luft ist. Hiernach, und nach den
Ausdruͤken der Masse und der Hoͤhen, die oben gegeben wurden, wird die
Wirkung
Textabbildung Bd. 25, S. 201
Wenn nun Kraft und Wirkung ausgedruͤkt sind, welches Verhaͤltniß hat
zwischen beiden Statt? Dieses Verhaͤltniß ist nicht nur bei jeder Art von
Geblaͤse verschieden, sondern selbst bei jedem Geblaͤse derselben Art,
je nachdem es mehr oder minder zusammengesezt, mehr oder minder gut gebaut und
eingerichtet ist. Es gibt also hier keine allgemeine und genaue Aufloͤsung.
Indessen laͤßt sich, durch die in der Praxis gewoͤhnliche Methode,
durch eine einfache Zahl anzuzeigen, um wie viel Mahl an einer gegebenen Maschine
die hervorgebrachte Wirkung kleiner ist, als die zur Erzeugung derselben angewendete
Kraft, ein Mittel und Annaͤherungsweise fuͤr die
gewoͤhnlichsten Geblaͤse finden. Ich will hier meine Beobachtungen
uͤber diesen Gegenstand zusammenfassen, und als Verhaͤltniß zwischen
Kraft und wirklich benuzbarer Wirkung folgende Zahlen festsezen:
Staͤmpel-Geblaͤse, durch
Dampf-Maschine
2 : 1;
Staͤmpel-Geblaͤse mit
oberschlaͤchtigem Wasserrade(Wasser-Gewicht)
4 : 1;
Staͤmpel-Geblaͤse mit
unterschlaͤchtigem Wasserrade(Wasser-Stoß)
9 : 1;
Hydraulischer Blasebalg durch die Schwere
des Wassersgetrieben
3 : 1;
Hydraulischer Blasebalg durch den Stoß des
Wassers
7 : 1;
Wasser-Trommel (trompe)
10 : 1;
Wenn man dieses Verhaͤltniß, A, neunt, so entsteht
zwischen Kraft und Wirkung folgende Gleichung:
MC = 3922900 Ad²h 3/2 etc.
Wenn man den Werth von h, aus dieser Gleichung
abgeleitet, in den Ausdruk fuͤr den Betrag des Ausflußes sezt, und
fuͤr T/(b + h) seinen mittleren Werth, 1,34, so erhaͤlt man
endlich
Textabbildung Bd. 25, S. 201
Diese Formel kann noch zur Loͤsung mehrerer Fragen hinsichtlich der
Geblaͤse dienen; z.B. zur Bestimmung des Durchmessers einer Roͤhre,
die eine gegebene, mit einer bestimmten Geschwindigkeit
V, austretende, Menge Luft in eine gegebene Entfernung
leiten soll, wo Q = π/4 d²V;
dann wird
Textabbildung Bd. 25, S. 202
In Bezug auf den Durchmesser der Roͤhren muß ich bemerken, daß es sehr
vorteilhaft ist, denselben in Hinsicht auf die Ansaze groß verfertigen zu lassen.
Meine Versuche, am Ende der Rohre des Ventilators angestellt, beurkunden die
Vortheile hiervon auf das Deutlichste, wie man aus folgender kleinen Tabelle
ersieht. Die Roͤhre haͤtte, wie gesagt, 387 Meter Laͤnge, und
0,1 Meter im Durchmesser.
Textabbildung Bd. 25, S. 202
Manometer auf der
Leitungs-Roͤhre; Durchmesser des Ansazes; Treibwasser in Einer Secunde
verbraucht; am Anfange derselben; am Ende derselben; Meter; Millimeter
Man sieht hieraus, daß das Manometer nicht um 6 p. C. sank, als der Durchmesser der
Roͤhre fuͤnf Mahl groͤßer war, als die Muͤndung des
Ausganges, und daß er um 8. 6 p. Cent sank, als er nur mehr das Doppelte betrug.
Wenn wir diese Vergleichung unter dem wichtigsten Gesichtspuncte verfolgen,
naͤmlich unter dem des Abganges oder Verlustes an der Menge Luft, der durch
Roͤhren mit verschiedenen Oeffnungen veranlaßt wird, so werden die bereits
gegebenen Formeln den Betrag des Ausflußes am Ende der Roͤhre bekannt machen.
Es handelte sich nun bloß darum, diejenigen zu kennen, die man erhalten haben
wuͤrde, wenn die Oeffnungen oder Ansaze unmittelbar an der Trommel angebracht
gewesen waͤren, und keine Roͤhre dazwischen gelegen waͤre. In
dieser. Hinsicht muͤßte man nothwendig die Hoͤhe des Manometers auf
der Trommel wissen. Es sey diese Hoͤhe, H; so
wird die Wirkung mit (H') 3/2 im Verhaͤltnisse
stehen. Fuͤr den Fall aber, daß eine Roͤhre dazwischen liegt, sieht
sie im Verhaͤltnisse mit Hh 1/2. Bei
gleicher Triebkraft werden die dynamischen Wirkungen gleich seyn, und es wird (H') 3/2 = Hh; woraus
sich die fuͤr H und h, correspondirenden Werthe von (H') ableiten
lassen, die die gesuchten Betraͤge geben.
Wenn man diese beiden Arten von Betraͤgen des Ausflußes vergleicht, so finden
wir, daß der Betrag des Ausflußes ohne Zwischenroͤhre sich zu jenem mit einer
solchen, bei einem Durchmesser der Muͤndung oder des Ansazes von
0,02
Meter
verhaͤlt,
wie
100 : 96
0,03
–
–
–
100 : 83
0,04
–
–
–
100 : 72
0,05
–
–
–
100 : 51
Wenn man also eine Roͤhre von 387 Meter Laͤnge, aber fuͤnf Mahl
groͤßerem Durchmesser, als jener des Ansazes, anwendete, so erlitt man an der
Menge der erhaltenen Luft nur einen Abgang von 4 pr. Cent, waͤhrend man 49 p.
Cent, d.h., beinahe die Haͤlfte Luft verlor, wenn der Durchmesser der
Roͤhre ur mehr die Haͤlfte des Ansazes betrug. – Toulouse 16.
Maͤrz 1827.