Titel: | Ueber die Bereitung der Chlor-Alkalien. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. LXXIV., S. 251 |
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LXXIV.
Ueber die Bereitung der
Chlor-Alkalien.
Aus dem Journal de Pharmacie. Juli. 1827. S.
332.
Ueber die Bereitung der Chlor-Alkalien.
Da mehrere unserer Leser den Wunsch aͤußerten, daß wir
in unserem Journale die Verhaͤltnisse zur Bereitung der verschiedenen
Chlor-Alkalien angeben moͤchten, welche seit der gluͤklichen
Anwendung, die Hr. Labarraque von einigen als
desinficirende Mittel gemacht hat, in der medicinischen Praxis sehr oft und mit
Nuzen angewendet werden, so glaubten wir ihnen die Bereitungsart dieser
verschiedenen Chloruͤre zusammenstellen zu muͤssen.
Die meisten findet man in den Lehrbuͤchern der Chemie angegeben, und schon im
Jahre 1825 haben die HHrn. Henry Vater, Chevallier, Payen und Labarraque
Hr. Labarraque hat uͤber die Anwendung des
Chlor-Kalkes und Chlor-Natrums eine den Aerzten, Apothekern und den Beamten,
denen die Sorge fuͤr die Gesundheit obliegt, sehr empfehlenswerthe
kleine Schrift herausgegeben, welche den Titel fuͤhrt: De l'emploi des chlorures d'oxide de Sodium et de
Chaux. Par A. G. Labarraque. Paris 1826. Preis 1 Frank. A. d.
R. in verschiedenen Abhandlungen die Mittel sie anzuwenden angegeben. Seit
dieser Zeit lernte man noch mehrere andere bereiten; wir haben nun diese
verschiedenen Abhandlungen, so wie auch den Art. Blanchiment im Dictionnaire technologique,
u.s.w. benuͤzt, um den Wuͤnschen unserer Leser zu entsprechen.
Chlor-Kalk.
Diese Verbindung, die man schon lange kennt, und mit vielem Vortheile zum Bleichen
anwendet, bereitet man in den Fabriken im Großen in eigens dazu bestimmten
Apparaten; zum pharmaceutischen Gebrauche kann man sie aber leicht auf folgende Art
erhalten.
Kilog.
Gr.
Man nimmt: geloͤschten Kalk
1
–
Manganperoxyd (Braunstein)
–
700
Salzsaͤure von 22°
(Beaumé)
2
700
oder
auch:
Schwefelsaͤure von 66°
(Beaumé)
–
700
Kochsalz
–
950
Braunstein
–
500
Wasser
eine hinreichende Menge.Sezt man statt jedes Kilogrammes 1000 Grammen, so kann man sich unter
den Grammen, Theile uͤberhaupt vorstellen, und somit die
angegebenen Verhaͤltnisse leicht auf jedes Gewicht reduciren.
A. d. R.
Der Kalk wird, nachdem er durchgesiebt worden ist, in ein Gefaͤß gebracht, auf
dessen Boden ein umgekehrter Glastrichter auf 3 oder 4 kleinen Stuͤken von
Stein aufgestellt ist. Der Kalk wird sehr schwach befeuchtet, und der untere Theil
des Gefaͤßes mit einer kleinen Schichte feuchten Salzes bedekt. Aus dem
Glasballon, welcher das Gemenge von Braunstein und Salzsaͤure
enthaͤlt, wird sodann eine gekruͤmmte Roͤhre in die
Roͤhre des Trichters geleitet.
Anmerkung.
Die Roͤhre des Glastrichters muß man mit Papier, oder etwas anderem
verstopfen, damit kein Kalk als Staub in das Innere desselben kommt, welches
gleichsam einen Recipienten fuͤr das Gas bildet.
Wenn der Apparat hergerichtet, und die Operation einige Zeit im Gange ist, dann
erhizt man allmaͤhlich das Entwikelungs-Gefaͤß, wo man dann nach
beendigter Operation den Kalk in eine pulverige, etwas gelbliche Masse
umgeaͤndert findet, die sehr stark nach Chlor riecht, und einen sehr
unangenehmen Geschmak hat. Sauren entwikeln daraus unter lebhaften Aufbrausen ein
gruͤnliches Gas. Dieses Pulver ist der Chlor-Kalk. Da die Menge des Chlors, welche der Kalk
verschluken kann, oft sehr verschieden ist, so muß man sich durch gewisse Proben
versichern, daß er hinreichend mit Chlor gesaͤttigt ist; diese Proben sind
von der Art, daß sie seine groͤßere oder geringere entfaͤrbende Kraft,
und dadurch den Chlorgehalt desselben anzeigen. Man wendet naͤmlich eine
Aufloͤsung von Indigo in Schwefelsaͤure, in bestimmtem
Verhaͤltnisse, dazu an. Hr. Gay-Lussac hat in den
Ann. de Chim. et de Phys. Bd. 26. S. 162.
(Polytechn. Journ. Bd. XIV. S. 428.) eine
sehr lehrreiche Abhandlung uͤber das Verfahren, welches man dabei befolgen
muß, bekannt gemacht; wir verweisen unsere Leser auf die Abhandlung dieses gelehrten
Chemikers selbst,
und wollen hier nur in aller Kuͤrze die Haupt-Resultate
anfuͤhren.Die Hrn. Pharmaceuten werden immer besser thun, den Chlorkalk aus solchen
chemischen Fabriken zu beziehen, in denen derselbe im Großen, folglich von
immer gleicher Qualitaͤt gewonnen wird. A. d. R.
Probefluͤßigkeit.
Man erhaͤlt diese Fluͤßigkeit, wenn man Einen Theil
feingepuͤlverten Indigo mit 9 Theilen Schwefelsaͤure von 66°
(Beaumé) bei der Waͤrme des Marienbades bis zur gaͤnzlichen
Aufloͤsung digerirt. Man verduͤnnt sodann eine Portion dieser
Indigo-Aufloͤsung mit so viel destillirtem Wasser, daß Ein Volumen Chlor
genau sein zehnfaches Volum desselben entfaͤrbt. Wenn dieses ermittelt ist,
versezt man die uͤbrige nicht verduͤnnte Indigaufloͤsung mit
der im vorigen Versuche ausgemittelten Menge Wasser, und hat sodann die
Probefluͤßigkeit.
Man erhaͤlt leicht eine Fluͤßigkeit, die ihr gleiches Volumen Chlor
enthaͤlt, wenn man 3,98 Grammen gut krystallisirten Braunstein mir 10 Grammen
Salzsaͤure sorgfaͤltig erhizt, und das Gas in Einen LiterEin Liter ist der Raum, den ein Kilogramm destillirtes Wasser einnimmt. A. d.
R. Wasser leitet, welches man mit so viel Kalk versezt hat, daß eine sehr klare
Milch gebildet wird. 10 Grammen dieses Chlor-Kalkes muͤssen an 100 Grammen
Probefluͤßigkeit entfaͤrben.
Um den Chlor-Kalk zu probiren, loͤst man 10 Grammen desselben in Einem Liter
Wasser auf, filtrirt oder decantirt schnell und vermengt schleunig Einen Theil der
Fluͤßigkeit mit 10 Theilen der Probefluͤßigkeit. Die Anzahl der
Volumina, oder Grade von Indigo, die durch ein Volumen oder Grad der
Aufloͤsung des Chloruͤrs entfaͤrbt worden sind, bezeichnet die
Anzahl der Zehntheile von Litern an Chlor, welche lezteres enthaͤlt. Wenn
daher der Gehalt von 1 Kilog. Chlor-Kalk durchdurch durch dieses Verfahren zu 0,76 Centilitern bestimmt worden waͤre, so
wuͤrde derselbe 76 Liter Chlor enthalten.
Fluͤßiger Chlor-Kalk.
500 Grammen trokener Chlor-Kalk, in 2 Kilogrammen Wasser aufgeloͤst und
schnell filtrirt, geben das fluͤßige Chloruͤr; dasselbe muß aber immer
kurz vor seiner Anwendung bereitet werden, und wird, hierauf zum medicinischen Gebrauch, mit
13,15 oder 20mahl seinem Gewichte Wasser verduͤnnt.
Chlor-Bittererde.
Diese Verbindung, welche zuweilen in den Kuͤnsten, und besonders bei der
Fabrikation gewisser gefaͤrbter Zeuge angewandt wird, erhaͤlt man,
wenn man Chlor in die kaͤufliche Magnesia, welche in Wasser vertheilt ist,
wie bei der Bereitung des Chlor-Kalkes hineinleitet. Man bestimmt ihren Gehalt auf
dieselbe Art.
Chlor-Natrum.
Die Bereitungsart dieser unter dem Namen von Labarraque's
Fluͤßigkeit (Liqueur de L'abarraque)
bekannten Verbindung ist in vielen chemischen Werken und Journalen angegeben:Polyt. Journal Bd. XXII. S. 359. A.
d. R. die Pharmacie centrale laͤßt es
fuͤr die buͤrgerlichen Spitaͤler auf folgende Art darstellen.
Man nimmt:
Kilogr.
Gr.
Krystallisirtes kohlensaures Natrum
15
–
Wasser
40
–
Dadurch erhaͤlt man eine
Fluͤßigkeit von 12° amSalz-Araͤometer.
Man bringt nun in einen glaͤsernen
Ballon,
Braunstein
2
–
Salzsaͤure von 22°
(Beaumé)
6
–
oder auch:
Kochsalz
–
2800
Schwefelsaͤure von 66°
(Beaumé)
–
2100
Braunstein
–
1500
Wasser
–
9. 5.
Man erhizt allmaͤhlich, und leitet das sich entwikelnde Gas in die
Salzaufloͤsung.
Ein Theil dieses Chlor-Natrums muß 14 Theile von folgender Probefluͤßigkeit
entfaͤrben.
Diese Probefluͤßigkeit ist die von Décroizilles: man erhaͤlt sie, wenn man lange Zeit im
Sandbade Ein Gramm reinen Indigo mit 9 Grammen (englischer) Schwefelsaͤure
erhizt, und diese Aufloͤsung mit 990 Gr. destillirten Wassers
verduͤnnt.
Man muß jedesmahl nur eine geringe Quantitaͤt von dieser Fluͤßigkeit bereiten,
denn He veraͤndert sich sehr schnell, so wie auch die zum Probiren des
Chlor-Kalkes bestimmte.Um sie moͤglichst wirksam zu erhalten, muß man sie gegen die
Einwirkung des Lichtes schuͤzen, und somit in steinernen
Kruͤgen an einem dunklen Orte aufbewahren. A. d. R.
Anmerkung.
Das Chlor-Kali koͤnnte man eben so darstellen, wie das Chlor-Natrum; im Handel
kennt man es schon lange unter dem Namen Javellische
Lauge (Eau de Javelle).
Das Chlor-Natrum darf nicht sehr lange vor seiner Anwendung bereitet worden seyn, und
auch nicht in poroͤsen steinernen Kruͤgen aufbewahrt werden, sondern
in sorgfaͤltig verstopften Bouteillen von schwarzem Glase.
Hr. Payen, hat in einer sehr interessanten Abhandlung uͤber die Darstellung des Chlor-Natrums zum
medicinischen Gebrauche ein treffliches Verfahren angegeben, um diese
Verbindung zu erhalten, welches auf der Zersezung des Chlor-Kalkes mittelst
kohlensauren Natrons durch doppelte Mahlverwandschaft beruht.
Er schreibt folgende Verhaͤltnisse vor:
Chlor-Kalk von 98° (nach dem
Chlorometer)Diese Verbindung kommt von dieser Staͤrke im Handel vor; wenn
man aber einen Chlor-Kalk von geringerem Chlor-Gehalte hat, und
lezteren kennt, so kann man nach Verhaͤltniß desselben die
Dosis vergroͤßern. A. d. O.
500
Gr.
Krystallisirtes kohlensaures Natrum
1000
–
Wasser
9000
–
Der Chlor-Kalk wird in 6 Kilogr. Wasser durch sorgfaͤltiges Schuͤtteln
aufgeloͤst; man laͤßt nun absezen, und gießt die klare
Fluͤßigkeit ab; der Saz wird mit 1 Kilog. frischen Wassers ausgewaschen, und
dann eben so verfahren.
Das kohlensaure Natrum wird mittelst der Waͤrme in 2 Kilogr. Wasser
aufgeloͤst, und nachdem die Fluͤßigkeit erkaltet ist, vermischt man
die Aufloͤsungen, worauf man sie entweder filtrirt oder absezen laͤßt,
und sorgfaͤltig abgießt.