Titel: | Hrn. Perkins's Abhandlung über das Springen der Dampfkessel, |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. XCVIII., S. 353 |
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XCVIII.
Hrn. Perkins's Abhandlung uͤber das Springen
der Dampfkessel,
Perkins's, uͤber das Springen der Dampfkessel.
die wir bereits im 2. Junius-Hefte l. J. Bd. XXIV. S. 484 mittheilten, befindet sich
nun auch im Bulletin de la Société d'Encouragement, N. 274. S. 114 von
Hrn. Payen im Auszuge uͤbersezt, und mit folgenden
Beobachtungen von demselben begleitet.
„Die von Hrn. Perkin's angefuͤhrten
Thatsachen beruhen auf allgemein anerkannten physischen Gesezen. Sie verdienen
aber ihrer großen Nuͤzlichkeit wegen noch eine besondere
Eroͤrterung. Wir wollen zu diesem Behufe nur die einfachste Erscheinung
an einem Dampfkessel studieren. Wir wollen annehmen, daß ein gegebener Raum mit
einem Dampfe von 100 Graden erfuͤllt sey, und daß dieser Dampf,
abgeschnitten von aller Verbindung mit Wasser, eine hoͤhere Temperatur
erreichen koͤnne. Dieß koͤnnte der Fall bei dem Kessel einer
Dampfmaschine von niedrigem Druke seyn, wenn er troken geht, und die Klappe
etwas zu sehr beladen ist. Wir wollen sehen, wie die Sache steht, wenn die
Temperatur des Dampfes bis auf 182° erhoͤht wird. Offenbar wird
die Wirkung des Waͤrmestoffes auf den Dampf dieselbe gewesen seyn, oder
beinahe dieselbe, als ob dieser Warmestoff auf die atmosphaͤrische Luft,
oder auf irgend eine andere Gasart gewirkt haͤtte, d.h., jeder Grad
Erhoͤhung der Temperatur wird das Volumen des Dampfes unter gleichem
Druke, den derselbe bei 0 Grad erlitt, um 76 Centimeter vermehrt haben; d.h.,
die elastische Kraft des Dampfes wird in einem beschrankten, nicht nachgebenden,
Raume fuͤr jeden Grad der Temperatur-Erhoͤhung um 1/266⅓,
oder um 0,00375 vermehrt worden seyn. Hiernach wird die Ausdehnung des Dampfes,
oder die Vermehrung der Elasticitaͤts-Kraft desselben bei einer
Erhoͤhung der Temperatur von 100° auf 182°, wenn man
das Volumen des Dampfes bei 100° = 1000 sezt, = 1000 + (100/366,67
× 82) = 1268,30. Die elastische Kraft des Dampfes wird also nur um
266,30/1000, oder um weniger als ein Drittel der Kraft, die der Dampf bei
100° hatte, zugenommen haben. Die Waͤnde des Kessels haben also
nur einem Druke, der um ein Drittel des Drukes der Atmosphaͤre
groͤßer geworden ist, zu widerstehen. Wenn man nun sezt, daß, aus was
immer, fuͤr einer Ursache, Dampf oder Wasser in dem Maße in den Kessel
kommt, daß der Raum desselben bei derselben Temperatur damit gesaͤttigt
wird, (was bei einem sehr massiven Kessel leicht moͤglich ist): so wird
die elastische Kraft augenbliklich auf 10 Atmosphaͤren steigen, und man
wird sehr leicht begreifen, wie die Waͤnde, die einem Druke, der nur um
268 staͤrker war, widerstehen konnten, bersten muͤssen, wenn
dieser Druk ploͤzlich auf 10,000 gestiegen ist, also um 9,000 zugenommen
hat, d.h., 33 Mahl staͤrker geworden ist, als er anfangs war.
Man wird in der Praxis eine Menge Faͤlle finden, die einen groͤßeren
oder geringeren Grad von Wechsel in den Graden der Temperatur und des
correspondirenden Drukes des Dampfes ausdruͤken, und man wuͤrde diesen
Wechsel genau beobachten koͤnnen, wenn man ein nach Atmosphaͤren
graduirtes Thermometer, und ein Manometer so anbringt, daß beide zugleich bequem
beobachtet werden koͤnnen. Meistens finden sich zwar nicht alle Ursachen, die
ein Springen des Kessels veranlassen koͤnnen, zugleich verewigt; indessen ist
es doch immer hoͤchst gefaͤhrlich, eine Maschine von niedrigem, wie
von hohem Druke, oder selbst einen kleinen Dampfkessel zum Hausgebrauche
fortarbeiten zu lassen, sobald die Temperatur des Dampfes die gewoͤhnliche
Temperatur desselben uͤbersteigt.
Man wird durch Anbringung des oben empfohlenen Thermometers und Manometers an dem
Dampfkessel zugleich die allenfalls vorhandenen Fehler im Baue des Ofens leicht
entdeken koͤnnen.
Die Explosionen, von welchen Hr. Perkin's spricht,
wuͤrden wahrscheinlich unterblieben seyn, wenn die Kessel mit eingesezten
Platten von leicht fluͤßigem Metalle versehen gewesen waͤren, durch welche der
Dampf reichlichen Ausgang gefunden haͤtte.
Hr. Payen erinnert noch ein Mahl an die Nachtheile des
erdigen Bodensazes und der Rinden, die sich von demselben an den Wanden des Kessels
anlegen, vorzuͤglich dort, wo das Feuer an denselben anschlaͤgt, und
empfiehlt fleißiges Reinigen des Kessels, und Zusaz von Einem Procent des Gewichtes
des Wassers an Erdaͤpfeln, so oft man das Wasser erneuert. Er erklaͤrt
die nachtheilige Wirkung dieser Rinden-Ueberzuͤge des Kessels, als Ursache
des Springens derselben, auf folgende Weise. Sobald der Rinden-Ueberzug einmahl eine
gewisse Dike erlangt hat, hindert er die Mittheilung der Hize an das Wasser. Das
Metall wird also dadurch heißer, als es nicht werden sollte, dehnt sich aus, und
veranlaͤßt Spruͤnge an dem Rinden-Ueberzuͤge, der es dekt. Wenn
nun das Wasser auf das uͤberhizte Metall kommt, wird es schnell in Dampf
verwandelt, hebt mehr oder minder große Stuͤke dieses Rinden-Ueberzuges weg,
so daß noch mehr Wasser mit dem uͤberhizten Metalle in Beruͤhrung
kommt, und noch mehr Dampf erzeugt wird, wodurch das Eisen endlich der ungeheueren
Spannung dieser Dampfmenge nicht laͤnger zu widerstehen vermag, zumahl wenn
der Kessel Gußeisen ist.
Hr. Payen schließt mit der Bemerkung, daß man nicht
aufmerksam genug auf alles dasjenige seyn kann, was zu dem Bersten der Kessel
beizutragen vermag, wenn man die vielen Unfaͤlle, die sich mit denselben
ereignen, vermindern helfen will.