Titel: | Untersuchung über den Indigo; von J. J. Berzelius. |
Fundstelle: | Band 25, Jahrgang 1827, Nr. CXL., S. 482 |
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CXL.
Untersuchung uͤber den Indigo; von
J. J.
Berzelius.Aus dessen Lehrbuche der Chemie Thl. III. S. 638, uͤbersezt von Friedr. Engelhart im
Archiv f. d.
ges. Naturl. Bd. XI. S. 1. Vergl. auch Poggendorff's
Annalen der Chemie und Physik Jahrg. 1827, St. 5, S. 105.
Da diese neue Untersuchung uͤber den Indigo in chemischer wie in
technischer Hinsicht so viele neue Thatsachen und Berichtigungen
enthaͤlt, glauben wir sie unsern Lesern in diesem polyt. Journale
vollstaͤndig mittheilen zu muͤssen. A. d. R.
Berzelius's, Untersuchung uͤber den Indigo.
Als ich einige Versuche anstellte, um die naͤhern
Bestandtheile des Indigo's, wie er im Handel vorkommt, kennen zu lernen, fand ich
darin vier besondere Stoffe, die sich durch eigenthuͤmliche charakteristische
Eigenschaften auszeichnen. Wahrscheinlich enthaͤlt der Indigo noch einige
andere Substanzen, jedoch in geringerer Quantitaͤt als diese. Die
aufgefundenen sind: 1) ein eigenthuͤmlicher Stoff, der seinem Verhalten nach
Pflanzenleim (Kleber) am naͤchsten steht; 2) ein brauner Stoff, den ich Indigobraun nennen will; 3) ein rother Stoff, den ich Indigoroth nenne (Bergmanns
und Chevreul's rothes Harz) und 4) die eigentliche blaue
Farbe, Indigoblau. Die drei ersten dieser Substanzen sind
nicht ganz unloͤslich im Wasser, und digerirt man den Indigo mit Wasser von +
60° C., so erhaͤlt man eine gelblichgruͤne Fluͤßigkeit,
welche einen sehr unbedeutenden Ruͤkstand hinterlaͤßt; allein man kann
den Indigo mit einem großen Quantum Wassers so auswaschen, daß dieß nicht
aufhoͤrt gefaͤrbt zu werden, und der gruͤne Stoff, den Chevreul bloß in einer Indigosorte gefunden, scheint sich
nur im Wasser mittelst der Gegenwart von Ammoniak aufgeloͤst zu haben, das
sich wahrscheinlich durch eine waͤhrend des Troknens beginnende
Faͤulniß des Indigo's gebildet haben duͤrfte. In dem
gewoͤhnlich im Handel vorkommenden Indigo habe ich keine Spur von Ammoniak
gefunden.
a) Indigo-Pflanzenleim.
Den Indigo-Pflanzenleim erhaͤlt man, wenn feingeriebener Indigo mit einer
stark mit Wasser verduͤnnten Saͤure digerirt wird, z.B. mit
Schwefelsaͤure, Salzsaͤure oder Eisigsaͤure, wodurch zugleich einige Salze,
die Kalk- oder Talkerde zur Basis haben, extrahirt werden. Der unloͤsliche
Theil wird hierauf noch einigemal mit Wasser ausgekocht. Man erhaͤlt eine
brandgelbe Aufloͤsung, und gewoͤhnlich wird der meiste Pflanzenleim
vom Aussuͤßewasser ausgezogen, weil derselbe minder loͤslich, wenn die
Fluͤßigkeit stark sauer ist. Hat man Schwefelsaͤure angewandt, so
erhaͤlt man den Pflanzenleim am besten rein, wenn die Saͤure mit
pulverisirtem Marmor gesaͤttigt, und die Aufloͤsung nach dem Filtriren
zur Trokne abgedunstet wird. Alkohol extrahirt hieraus den Pflanzenleim, der nach
dem Verdunsten des erstem in Form eines gelben oder gelbbraunen, durchscheinenden,
glaͤnzenden Firnisses zuruͤkbleibt. Er ist im Wasser leicht
loͤslich, und schmekt dem Fleischertrakte nicht unaͤhnlich. Auf einem
Platinnableche erhizt schmilzt derselbe und brennt mit Flamme, indem zulezt eine
weiße Asche zuruͤkbleibt. Der Destillation unterworfen gibt er ein braunes,
dem Hirschhornoͤhle aͤhnliches Oehl und ein stark ammoniakalisches
Wasser. Im Wasser aufgeloͤst wird er von denselben Reagentien
gefaͤllt, welche den gewoͤhnlichen Pflanzenleim faͤllen;
naͤmlich von Gerbestoff, von Queksilberchlorid (Queksilbersublimat), von
Cyaneisenkalium (eisenblausaurem Kali), essigsaurem Bleioxyde, und von
schwefelsaurem Eisenoxyde. Diese Niederschlaͤge sind weiß oder hellgelb.
Queksilberchlorid bewirkt keine Faͤllung, wenn die Aufloͤsung sauer
ist; ein Saͤureuͤberschuß hindert auch die Faͤllung durch
Gerbestoff, dagegen faͤllt Cyaneisenkalium nichts, wenn nicht freie
Saͤure vorhanden ist.
Dieser Pflanzenleim vereinigt sich sowohl mit Saͤuren als mit Alkalien und
concentrirte Schwefelsaͤure loͤst ihn auf, ohne sich davon schwarz zu
faͤrben. Salpetersaͤure faͤrbt ihn gelb, und bei
verstaͤrkter Einwirkung erzeugt sie ein gelbes talgartiges Fett, nebst
Oxalsaͤure und vielleicht auch Aepfelsaͤure. Dieser Stoff gleicht
sonach in seinem Verhalten am meisten dem Pflanzenleime, von dem er sich nur durch
seine Loͤslichkeit im Wasser und die ihm mangelnde klebrige Eigenschaft
unterscheidet. Vom Pflanzen-Eiweiß unterscheidet er sich durch seine
Loͤslichkeit im Alkohole und dadurch, daß er beim Kochen nicht coagulirt.
Wird Indigo mit Salzsaͤure ausgezogen, und die Aufloͤsung mit
kohlensaurem Kalke gesaͤttigt und abgedampft, so bleibt bei der
Aufloͤsung in Alkohol nur eine Spur unaufgeloͤster Salze
zuruͤk. Saͤttigt man die salzsaure Aufloͤsung mit kohlensaurem
Bleioxyde, dunstet
sie nachher zur Trokne ab, und behandelt sie hierauf mit Alkohol, so loͤst
sich in demselben ein Gemenge von Pflanzenleim und salzsaurer Talkerde, welche vom
Indigo herruͤhren, auf. Nicht selten enthaͤlt derselbe auch so viel
Eisenoxyd, daß man mit Ammoniak einen gelben Niederschlag bekoͤmmt. Die
Saͤuren scheiden nicht den ganzen Pflanzenleimgehalt ab, sondern es bleibt
ein Antheil zuruͤk, der erst gaͤnzlich durch Behandlung mit
kaustischem Kali aufgeloͤst wird.
b) Indigobraun.
Das Indigobraun befindet sich in groͤßerer Menge im Indigo als der
Pflanzenleim. Zuweilen ist es in demselben mit Kalkerde verbunden, von der es durch
Behandlung mit Saͤuren geschieden wird; bisweilen bildet es auch eine
Vereinigung mit einer Pflanzensaͤure.
Das Indigobraun wird aufgeloͤst, wenn der mit einer Saͤure behandelte
Indigo in Aezkali gebracht und gelinde damit erhizt wird. Die Masse wird sogleich
schwarz, und der Indigo bildet ein loses Magma in dem Maase, als das Alkali das
Indigobraun aufloͤst. Die Fluͤßigkeit geht langsam durch das Filtrum,
und ist so dunkel gefaͤrbt, daß nur sehr duͤnne Schichten davon gegen
eine Lichtflamme gesehen durchscheinend sind. Wird der auf dem Filtrum
zuruͤkgebliebene Indigo mit Wasser ausgewaschen, so faͤrbt sich die
durchlaufende Fluͤßigkeit gruͤn oder blaugruͤn und geht
aͤußerst langsam durch. Die Ursache dieser Faͤrbung ist, daß ein Theil
Indigo in einer verduͤnnten alkalischen Loͤsung des Indigobrauns sich
aufloͤst, und wenn man vor dem Filtriren die Fluͤßigkeit mit Wasser
verduͤnnt, so geht sie sogleich gruͤn durch, und enthaͤlt dann
die blaue Indigofarbe so fein zertheilt, daß sie sich selbst nach Verlauf von
mehreren Monaten nicht klaͤrt. Aus der schwarzbraunen alkalischen
Loͤsung faͤllen Saͤuren einen schwarzbraunen, oder beinahe
schwarzen Stoff, im voluminoͤsen halb gelatinirten Zustande. Versezt man die
alkalische Fluͤßigkeit mit Schwefelsaͤure bis sie sauer schmekt, und
filtrirt sie hierauf, so erhaͤlt man das Indigobraun auf dem Filtrum. (Die
durchgelaufene gelblichbraune Fluͤßigkeit mit kohlensaurem Kalke
neutralisirt, hierauf zur Trokne abgedunstet und mit Alkohol uͤbergossen,
theilt diesem noch einen Antheil Pflanzenleim mit.) Die schwarze Farbe ruͤhrt
von Indigoblau her, welches damit vereinigt ist. Man scheidet dieß dadurch ab, daß
der ausgewaschene Niederschlag in kohlensaurem Ammoniak aufgeloͤst und hierauf zur Trokne
abgedunstet wird, der Ruͤkstand wird sodann in sehr wenigem Wasser
aufgenommen und filtrirt. Auf diese Weise bleibt Indigoblau mit etwas Braun auf dem
Filtrum zuruͤk, wird aber mit blaugruͤner Farbe aufgeloͤst,
wenn man dieses zu waschen hersucht, bis endlich nur eine kleine Portion reines
Indigoblau unloͤslich als Ruͤkstand auf dem Filter verbleibt. Daß die
gruͤne Farbe von aufgeloͤstem Indigoblau herruͤhrt, und nicht
etwa von einem besondern gruͤnen Stoffe, findet man auch dadurch, daß sie
verschwindet, durch Behandlung mit Alkali und schwefelsaurem Eisenoxydule, welche
die blaue Indigofarbe auf eine Weise veraͤndert, deren ich weiter unten
erwaͤhnen will.
Dieser Stoff duͤrfte wohl schwerlich ganz rein und befreit von andern
Substanzen dargestellt werden, weshalb er auch im isolirten Zustande nicht gekannt
ist. Der durch Schwefelsaͤure erhaltene Niederschlag wird (noch feucht) mit
frisch gefaͤlltem kohlensaurem Baryte digerirt, wobei er sich großentheils
mit Baryterde verbindet und unloͤslich wird, eine andere Portion aber bleibt
in der Fluͤßigkeit aufgeloͤst. Nach dem Troknen stellt derselbe einen
durchscheinenden, glaͤnzenden, braunen Firniß dar, der sich nicht
voͤllig im Wasser aufloͤst; der unloͤsliche Theil
enthaͤlt etwas Baryterde. In diesem Zustande ist er beinahe geschmaklos, und
reagirt weder sauer noch alkalisch. Erhizt wird er weich, blaͤht sich auf,
raucht und riecht animalisch, entzuͤndet sich und brennt mit Flamme, indem er
zulezt eine poroͤse Kohle zuruͤklaͤßt, die sich schwer in Asche
verwandeln laͤßt, welche dann aus kohlensaurem Baryte besteht. Bei der
Destillation gibt er ein schwarzes, dikes und schwerfluͤßiges, brenzliches
Oehl, nebst einem farblosen stark ammoniakhaltigen Wasser.
Das Indigobraun vereinigt sich gerne und leicht mit Saͤuren. Diese Verbindungen sind im Wasser sehr
schwerloͤslich. Faͤllt man eine Aufloͤsung des Indigobrauns im
Alkali mit einer Saͤure, so erhaͤlt man einen voluminoͤsen
braunen in duͤnnen Schichten durchscheinenden Niederschlag, welcher, nachdem
die freie Saͤure ausgewaschen, noch sauer auf Lakmus reagirt, und das
Aussuͤßewasser gelb faͤrbt, indem eine geringe Quantitaͤt sich
in demselben aufloͤst. Wird die Verbindung mit Schwefelsaͤure oder
Salzsaͤure lange mit Wasser gekocht, so faͤrbt sich dieß gelb,
waͤhrend die unaufgeloͤste Masse zusammenschrumpft, so hart wird, daß sie in der
Fluͤßigkeit pulverisirt werden kann. Leitet man Chlor in eine
Aufloͤsung von Indigobraun, so verschwindet nach und nach die dunkle Farbe,
und es bildet sich ein bleicher brandgelber Niederschlag, bestehend aus
Salzsaͤure und Indigobraun, auf welchen Chlorwasser nicht einwirkt, selbst
wenn man beide zusammen erhizt. Waͤhrend des Troknens faͤrbt sich
dieser wieder dunkel, und im trokenen Zustande ist er beinahe ganz schwarz. Mit
Essigsaͤure bildet das Indigobraun zwei Verbindungen, von denen die eine mit
einem geringern Saͤuregehalt im Wasser loͤslich ist, waͤhrend
die andere, welche mehr Saͤure enthaͤlt, unloͤslich ist. Die
loͤsliche Verbindung erhaͤlt man, wenn die Aufloͤsung des
Indigobrauns in kaustischem Kali mit Essigsaͤure so lange versezt wird, bis
die Fluͤßigkeit deutlich sauer reagirt, worauf sie zur Trokne abgedunstet
wird. Sie bildet dann eine schwarzbraune, zersprungene Masse, aus der das essigsaure
Kali mit Alkohol ausgezogen werden kann, der jedoch zugleich eine kleine
Quantitaͤt von dem essigsaueren Indigobraun aufloͤst. Dieß ist nachher
leicht im Wasser aufloͤslich, vertraͤgt das Kochen und roͤthet
Lakmuspapier; auch in Alkohol loͤst es sich in geringer Menge auf, allein
damit gekocht verliert es groͤßtentheils seine Loͤslichkeit im Wasser.
Das unloͤsliche essigsaure Indigobraun wird gefaͤllt: durch Zusaz
eines großen Ueberschußes an Essigsaͤure. Waͤhrend des
Aussuͤssens verwandelt sich aber ein geringer Theil davon wieder in
loͤsliches, indem das Aussuͤßwasser immer mehr und mehr
aufzuloͤsen anfaͤngt; endlich aber truͤbt dieses sich wieder,
indem es in der vorher durchgegangenen saueren Fluͤßigkeit gefaͤllt
wird.
Mit den Alkalien geht es sehr leicht Verbindungen ein, die im Wasser loͤslich
und sehr dunkel braun gefaͤrbt sind. Es saͤttigt eine Portion Alkali
so vollkommen, daß die Vereinigung nicht im mindesten auf geroͤthetes
Lakmuspapier reagirt. Saͤttigt man eine Aufloͤsung des Indigobrauns in
Kali genau mit Essigsaͤure, so daß alle saure Reaktion verschwindet, dunstet
sie hierauf zur Trokne ab, und behandelt die Masse mit Alkohol, so wird das
essigsaure Kalisalz nebst etwas wenigem Indigobraun ausgezogen, und der
unloͤsliche Ruͤkstand ist nun eine genau gesaͤttigte Verbindung
des lezteren mit Kali. In Wasser aufgeloͤst und abgedunstet, erscheint sie
als eine glaͤnzend schwarze, zersprungene Masse, welche in langen
nadelfoͤrmigen Stuͤken, aͤhnlich prismatischen Krystallen, auseinanderborstet. Die
Aufloͤsung derselben in kohlensaurem Ammoniake abgedunstet und bei +
70° getroknet, sieht dieser ganz gleich, loͤst sich im Wasser und
ziemlich leicht in Alkohol auf. Sie enthaͤlt die Basis nicht mehr in
kohlengesaͤuertem Zustande, braust nicht auf, wenn sie mit einer
Saͤure in Beruͤhrung kommt, entwikelt aber mit Kali oder Kalk
zusammengebracht, viel Ammoniak. Diese beiden Verbindungen besizen einen schwachen,
aber sehr unbehaglichen Geschmak. Mit Baryterde bildet das Indigobraun eine sehr
schwerloͤsliche, mit Kalkerde eine ganz unloͤsliche Verbindung.
Kalkwasser faͤllt es aus seinen Verbindungen mit Kali oder Ammoniak, und
durch Kochen mit Kalkhydrate kann man es gaͤnzlich aus seiner
Aufloͤsung in Aezkali abscheiden, so daß dieß im freien Zustande in einer
wasserhellen Aufloͤsung zuruͤckbleibt.
Die Loͤsungen eines Indigobrauns, das entweder mit essigsaurem Kali oder
Ammoniake vereinigt ist, werden nicht gefaͤllt:
durch Cyaneisenkalium (eisenblausaures Kali), durch Queksilberchlorid (Queksilbersublimat) und Gallaͤpfelinfusion; die Verbindung mit Baryterde
aber wird von der leztern niedergeschlagen. Dunkelgefaͤrbte
Niederschlaͤge erhaͤlt man dagegen sowohl durch neutrales, als durch
basisches essigsaures Bleioxyd und durch schwefelsaures Eisenoxyd. Durch die
Eigenschaft, nicht durch Gerbestoff, Queksilberchlorid und Cyaneisenkalium aus der
Aufloͤsung in Essigsaͤure gefaͤllt zu werden, unterscheidet es
sich bestimmt vom Pflanzeneiweiß und Pflanzenleim, und wird als ein
eigenthuͤmlicher Pflanzenstoff charakterisirt.
Durch Salpetersaͤure wird es zersezt; Stikstoffoxydgas entbindet sich
sogleich, und die Masse loͤst sich, eine truͤbe Fluͤßigkeit
bildend, mir gelber Farbe auf; Wasser faͤllt daraus einen flokigen
brandgelben Stoff, der in Aezammoniak mit dunkelbrandgelber Farbe loͤslich,
nach dem Troknen eine gelbe, im Wasser wieder unvollkommen loͤsliche Masse
von bitterlichem Geschmake bildet. Die Fluͤßigkeit, aus welcher Wasser den
genannten gelben Stoff gefaͤllt hat, gibt nach dem Verdunsten zuerst
Krystalle von Oralsaͤure, und nachher bis zur Syrupdike gebracht, eine
blaͤttrige krystallinische Masse von anfangs saurem und zulezt stark bitterem
Geschmake. Mit Kali gesaͤttigt und abgedunstet, liefert sie Salpeterkrystalle
und einen krystallinischen, brandgelben, bittern und in Alkohol loͤslichen,
zerfließbaren Stoff, der aus Kali und einem eigenthuͤmlichen bittern Stoffe
besteht. Erhizt blaͤht sich derselbe auf, aber detonirt nicht, wenn er ganz
frei von beigemengtem Salpeter ist; hierdurch unterscheidet er sich von den durch
Zerstoͤrung des Indigoblaus mittelst Salpetersaͤure erzeugten
Produkten. – Es scheint dieß derjenige Stoff zu seyn, welchen Chevreul in Verbindung mit Ammoniak erhielt, und den er
als ein Gruͤn beschrieb, welches davon herruͤhre, daß
verduͤnnte Aufloͤsungen dieser Substanz in Alkali Indigo
aufloͤsen und sich gruͤn davon faͤrben.
Chevreul fuͤhrt an, daß er diesen gruͤnen
Stoff bloß in einer einzigen Indigosorte fand. Ich fand dagegen das Indigobraun in
allen bessern und schlechtern Sorten, welche ich untersucht habe; daß dieß aber
bisher der Aufmerksamkeit der Chemiker entgangen, ruͤhrt davon her, daß sie
den Indigo nicht mit kaustischem Alkali extrahirt haben. Es ist damit nicht gesagt,
daß dieser Stoff sich auch in dem Indigo anderer Gewaͤchse als Indigofera
finden muͤsse, und die Zukunft wird zeigen, ob er auch in Nerium, Spilanthus,
Galega und andern mehr vorkommt; aus Chevreul's Analyse
des Waids darf man vermuthen, daß diese Substanz, oder eine ihr sehr verwandte, auch
in der Isatis sich finde, aus deren Infusion Chevreul mit
essigsaurem Bleioxyde einen braunen Stoff faͤllte.
c) Indigoroth.
Das Indigoroth erhaͤlt man, wenn der mit Saͤure und Alkali behandelte
Indigo mit Alkohol von 0,83 Eigengewicht gekocht wird. Es loͤst sich in
Alkohol sehr langsam auf, wird beinahe nicht von demselben in der Kaͤlte
aufgenommen, und um den Indigo gaͤnzlich davon zu befreien, ist wiederholtes
starkes Kochen mit neuen Portionen Alkohol erforderlich. Am Ende wird der Alkohol,
statt dunkelroth (wie anfangs) hellblau und enthaͤlt nun Indigo
aufgeloͤst. Die erhaltene Aufloͤsung des Indigorothes in Alkohol ist
so stark dunkelroth, daß sie kaum das Licht durchlaͤßt. Wasserzusaz bewirkt
keine Faͤllung, weil die Loͤsung, obgleich sehr stark gefaͤrbt,
doch sehr schwach ist. Destillirt man den Alkohol ab, so erhaͤlt man zulezt
in der Retorte ein Gemenge einer dunkelrothen Fluͤßigkeit mit einem beinahe
schwarzbraunen pulverfoͤrmigen Stoffe, der sich ausgesondert hat. Wird die
Fluͤßigkeit durch Filtriren davon getrennt und abgedunstet, so hinterbleibt
ein salzartiges Extract, das in Wasser sich wieder aufloͤst; es ist dieß eine
Vereinigung von Indigoroth und Indigobraun mit Alkali, die durch Saͤuren
gefaͤllt werden kann. Geschieht die Faͤllung durch Essigsaͤure,
die man etwas uͤberschuͤßig zusezt, so kann das meiste Indigobraun
theils in der Aufloͤsung zuruͤkgehalten, theils ausgewaschen werden.
Wird das nun ruͤckstaͤndige Indigoroth in Alkohol aufgeloͤst,
so erhaͤlt man eine schoͤne rothe Aufloͤsung, die abgedunstet
Indigoroth in Form eines schwarzbraunen glaͤnzenden Firnisses, zuruͤk
laͤßt.
Das waͤhrend der Destillation gefaͤllte Indigoroth ist ein
schwarzbraunes Pulver, das in Wasser, sowie in verduͤnnten Saͤuren und
Aezlauge unloͤslich ist. Kali nimmt nicht das Mindeste davon auf, und wenn
man die Aufloͤsung desselben im Alkohole mit Aezkali mengt und abdunstet, so
kann durch Wasser das Alkali aus dem Ruͤkstande gaͤnzlich entfernt
werden, indem das Indigoroth zuruͤkbleibt. Von Alkohol und Aether wird es,
obgleich in geringer Menge, aufgeloͤst; der leztere nimmt jedoch mehr davon
auf als der erstere. Verduͤnnte Loͤsungen sind schoͤn roth, die
concentrirteren intensiv dunkelroth. Sowohl die Alkohol- wie die
Aetheraufloͤsung hinterlaͤßt, nach spontaner Verdunstung, das
Indigoroth in Form eines dunkelbraunen Pulvers.
Von concentrirter Schwefelsaͤure wird es mit dunkelgelber Farbe
aufgeloͤst, die Aufloͤsung mit Wasser verduͤnnt erscheint roth
– in's Gelbe spielend, wird aber nicht durch diesen Zusaz gefaͤllt.
Digerirt man die verduͤnnte Aufloͤsung mit Wolle oder Wollenzeug
einige Stunden lang, so wird sie farblos, und die Wolle faͤrbt sich
gelblichbraun in's Roͤthliche spielend. Von rauchender Salpetersaͤure
wird es mit schoͤner Purpurfarbe aufgeloͤst, die aber bald durch eine
stattfindende Zersezung in Gelb uͤbergeht. Aus der purpurrothen
Aufloͤsung wird das Indigoroth scheinbar unveraͤndert gefaͤllt,
wenn sie mit Wasser verduͤnnt wird. Ist die Fluͤßigkeit schon gelb
geworden, so faͤllt Wasser einen gelben flokigen Stoff, aͤhnlich
jenem, welcher unter gleichen Umstaͤnden aus der Loͤsung des
Indigobrauns gefaͤllt wird. – In Chlorwasser erweicht das Indigoroth,
wird gelb und kann wie Wachs geknetet werden; sezt man es hierauf der Luft wieder aus, so
erhaͤrtet es und erhaͤlt seine Farbe beinahe ganz wieder.
Besonders merkwuͤrdig ist dessen Verhalten bei erhoͤheter Temperatur.
Schnell an der Luft erhizt schmilzt es, raucht, entzuͤndet sich und brennt
mit heller rußender Flamme. In einem Destillationsapparate, im luftleeren Raume,
gibt es anfangs eine geringe Quantitaͤt farblosen Sublimat, nachher schmilzt
es und verkohlt. Man erhaͤlt einen krystallinischen Sublimat, dessen am
meisten entfernt liegende Theile geschmolzenen farblosen Tropfen gleichen, hierauf
kommt eine braune krystallinische Masse, und endlich – zunaͤchst der
erhizten Stelle – ein geschmolzener durchscheinend roͤthlichgelber
Ueberzug. Es entbindet sich kein Gas, und das Barometer der Luftpumpe bleibt
unveraͤndert. Die sublimirte Substanz gibt einen weißen Strich und ein
hellgraues Pulver; sie besteht aus farblosen Krystallen, vermengt mit sublimirtem
unveraͤndertem Indigorothe. Wird der Sublimat mit Alkohol digerirt, so
loͤst sich verhaͤltnißmaͤßig mehr Indigoroth als Krystalle auf,
welche leztere endlich ungefaͤrbt zuruͤkbleiben, und durch wiederholte
Sublimation im luftleeren Raume gereinigt werden koͤnnen. Man erhaͤlt
so den Sublimat schneeweiß, aus glaͤnzenden, durchscheinenden,
mikroskopischen Nadeln bestehend. Dieser sublimirte Koͤrper hat folgende
Eigenschaften: im Wasser ist er unloͤslich, geschmak- und geruchlos: reagirt
weder sauer noch alkalisch, loͤst sich nur schwer in Alkohol und Aether auf,
welche Loͤsungen in's Braͤunlichgelbe spielen (wahrscheinlich von
adhaͤrirendem Indigorothe) und gibt bei freiwilliger Verdunstung kleine
durchsichtige farblose Krystallkoͤrner. In concentrirter
Schwefelsaͤure loͤst er sich sehr schwer auf, die Aufloͤsung
ist schoͤn citrongelb, und der unaufgeloͤste Ruͤkstand
brandgelb; ans dieser Solution wird durch Wasser gleichfalls ein brandgelber
Niederschlag gefaͤllt. Beide sind eine Verbindung der Schwefelsaͤure
mit dem Sublimate. Die concentrirte Salzsaͤure vereinigt sich damit,
faͤrbt ihn brandgelb, und wird selbst gelb durch eine Spur, die sie davon
aufloͤst, und die durch Wasser nicht wieder gefaͤllt werden kann.
Essigsaͤure loͤst auch eine sehr geringe Menge desselben auf, ohne
jedoch davon gefaͤrbt zu werden. Verduͤnnte Salpetersaͤure
faͤrbt diesen Stoff augenbliklich roth, und wenn die Saͤure davon
abgegossen und die rothe Masse mit Alkohol oder Aether behandelt wird, so
verhaͤlt sie sich
ganz wie wiederhergestelltes Indigoroth. Concentrirte rauchende
Salpetersaͤure loͤst denselben mit schoͤner purpurrother Farbe
auf, zersezt ihn bei Erwaͤrmung, und bildet damit eine gelbe Solution. Die
purpurrothe Aufloͤsung und die Zersezungsprodukte sind denjenigen ganz
aͤhnlich, welche man aus nicht sublimirtem Indigorothe erhaͤlt. Die
Salpetersaͤure ist ein so empfindliches Reagens fuͤr diesen Stoff, daß
die geringste Spur davon, in einer Fluͤßigkeit aufgeloͤst, eine
merkbar rothe Farbe einige Augenblike darauf, nachdem die Salpetersaͤure
zugefuͤgt worden, erzeugt. Von Aezkalien wird er nicht aufgeloͤst,
selbst wenn er mit sehr concentrirten Loͤsungen derselben gekocht wird. Wird
der Sublimat in einem Gefaͤße unter Zutritt der Luft erhizt, so schmilzt er
und faͤrbt sich gelb, wird aber beim Erkalten wieder krystallinisch im
Bruche. Staͤrker erhizt geraͤth er in's Kochen, und nimmt eine
fluͤßige Form an, wobei jedoch eine partielle Zersezung statt findet, allein
weder eine Saͤure noch Ammoniak entbindet sich hiebei. An freier Luft raucht
er, entzuͤndet sich und brennt mit Heller rußender Flamme, indem er eine Spur
von Kohle hinterlaͤßt, die langsam verbrennt. Aus dem Angefuͤhrten
geht hervor, daß der erhaltene Sublimat dem Indigorothe sehr nahe steht, in welches
er durch die Einwirkung der Salpetersaͤure verwandelt wird. Ob derselbe sich
waͤhrend der Destillation bildet oder vorher schon im Indigo selbst vorhanden
seyn duͤrfte, ist sehr schwer mit Gewißheit zu bestimmen. Ich glaubte wohl zu
finden, daß ein koͤrniges Pulver sich nebst pulverfoͤrmigem
Indigorothe absezt, wenn die Aufloͤsung in Alkohol abdestillirt wird, aber
ich konnte nie mit voͤlliger Sicherheit dergleichen vor der Sublimation
abscheiden. Das Indigoroth loͤst sich auch vollstaͤndig in
Schwefelsaͤure auf, ohne vom Wasser gefaͤllt zu werden, was jedoch
nicht der Fall mit dem erwaͤhnten Sublimate ist. Das Indigoroth, welches noch
mit fremdartigen Substanzen (z.B. mit Pflanzenleim oder Indigobraun) verunreinigt
ist, kann zwar auch im luftleeren Raume sublimirt werden –, zeigt aber keine
Spur von Krystallen, und hat zugleich eine sichtbare Veraͤnderung erlitten,
obgleich es noch einige seiner Eigenschaften beibehaͤlt.
d) Indigoblau.
Das Indigoblau, oder der eigentliche Farbstoff des Indigo
bleibt nach der eigentlichen Behandlung mit Alkohol zuruͤk, obgleich nicht im
voͤllig reinen Zustande, sondern theils noch Ruͤkstaͤnde der
bereits genannten Stoffe (die durch die angewandten Reagentien nicht
gaͤnzlich entfernt werden konnten), theils Sand und Grus enthaltend. Um
hieraus das Indigoblau rein zu erhalten, wird es noch feucht (oder in sehr fein
gepulvertem Zustande) mit dem zweifachen Gewichte – des anfaͤnglich zu
diesen Versuchen angewandten rohen Indigo – ungeloͤschten Kalkes
gemengt, der nachher mit Wasser in Hydrat verwandelt wird. Diese Masse wird nachher
in eine Flasche gebracht, die ungefaͤhr das 150 fache Gewicht des angewandten
Indigo's-Wasser faßt, und die man dann mit kochend heißem Wasser fuͤllt und
umschuͤttelt. Man sezt hierauf zwei Drittheile des Kalkgewichts
schwefelsaures Eisenoxydul, fein zerrieben oder vorher in etwas kochendem Wasser
aufgeloͤst, zu und verkorkt nun die Flasche, indem sie wiederholt
tuͤchtig geschuͤttelt wird. Sezt man die Flasche nun ein Paar Stunden
lang an eine warme Stelle, so wird die Masse allmaͤhlig gruͤn, das
Eisenoxydul, das durch die Kalkerde aus seiner Verbindung gefaͤllt wird,
verwandelt sich auf Kosten des Indigoblau's in Oxyd, und dieses, eines Antheils
Sauerstoff beraubt, bildet mit der Kalkerde eine im Wasser loͤsliche
Verbindung, waͤhrend die Fluͤssigkeit, nach Maßgabe ihrer
Concentration, eine reine citrongelbe, oder selbst brandgelbe Farbe annimmt. Statt
Kalkhydrat kann man zu diesem Versuche auch Aezkali oder Natron anwenden. Hat sich
die Fluͤßigkeit nach einiger Zeit geklaͤrt, so entfernt man den klaren
Theil mittelst eines Hebers, worauf man den Ruͤkstand aufs Neue mit warmen
Wasser uͤbergießt und sich abhellen laͤßt; der klare Theil wird nun
wie vorher durch den Heber abgezogen, und der Ruͤkstand filtrirt. So bald
diese Aufloͤsungen mit der Luft in Beruͤhrung kommen, scheidet sich
sogleich Indigoblau aus, was sich durch Wiederaufnahme von Sauerstoff aus der Luft
regenerirt, wobei es die Salzbasis, mittelst welcher es aufgeloͤst war,
fahren laͤßt, und in Pulverform gefaͤllt wird. Aber hierbei nimmt es
zugleich wenigstens einen Theil der fremden Stoffe, die gleichzeitig
aufgeloͤst seyn koͤnnen, mit sich; man kann dieß jedoch
verhuͤten, wenn man die gelbe Loͤsung in salzsaͤurehaltiges
Wasser gießt, wodurch dann jene Stoffe aufgeloͤst bleiben, und die
verduͤnnte Salzsaͤure gelb faͤrben; wird diese nachher
abgedunstet, so hinterbleibt ein extractaͤhnlicher Stoff, der nicht von
Queksilberchlorid (Queksilbersublimat) und Gerbestoff gefaͤllt wird. Sezt man nicht Saͤuren
im Ueberschusse zu, so ist die Fluͤßigkeit, woraus das Indigblau
gefaͤllt worden, farblos, und die Saͤure wird nicht von dem
gefaͤllten Indigoblau gefaͤrbt. Den neu gebildeten blauen
Faͤrbestoff schuͤttelt man mit der Fluͤßigkeit so lange um, bis
er vollkommen blau geworden, worauf er auf ein Filtrum gebracht, und die noch
adhaͤrirende Saͤure nebst dem salzsauren Kalke durch Auswaschen
fortgeschafft wird. Die Farbe desselben ist nun kein reines Blau mehr, sondern
spielt in's Purpurne, was besonders nach dem Troknen sehr stark hervortritt, und
zugleich von einer Art metallischen Glanzes begleitet ist, der durch Druͤken
oder Reiben vollkommen metallisch, fast kupferaͤhnlich wird. Reibt man es zu
Pulver, vorzuͤglich mit irgend einem ungefaͤrbten Stoffe, so wird es
wieder blau. Aus diesem Grunde laͤßt sich auch aus der staͤrkern oder
schwaͤchern Purpurfaͤrbung des Indigo auf dessen verschiedenen Gehalt
an blauen Faͤrbestoff schließen.
Das Indigoblau hat in diesem gereinigten Zustande folgende Eigenschaften: es ist ohne
Geschmak und Geruch, zeigt durchaus keine saure oder alkalische Reaction, und
gehoͤrt hinsichtlich seiner chemischen Verwandtschaft zu den indifferentesten
Koͤrpern. Gelinde auf einem Platinbleche an offener Luft erhizt, entsteht ein
schoͤner purpurfarbener Rauch, und wenn die Hize schnell gesteigert wird,
schmilzt es, kocht, entzuͤndet sich, und brennt stark rauchend mit Heller
Flamme, indem zulezt eine Kohle zuruͤkbleibt, welche langsam ohne
Ruͤkstand verbrennt. Der purpurfarbene Rauch ist gasfoͤrmiges
Indigoblau. Bringt man es in einen kleinen Destillationsapparat, der mit der
Luftpumpe in Verbindung gesezt wird, und macht denselben luftleer, so fuͤllt
sich der Retortenbauch, wenn die Retorte selbst erhizt wird, mit diesem Gase und das
Indigoblau schießt in dem Halse der Retorte in glaͤnzenden, dunkeln
purpurfarbenen blaͤttrigen Krystallen an; aber hierbei wird zugleich ein
nicht unbedeutendes Quantum Indigoblau zersezt. Keine permanentgasfoͤrmige
Materie entbindet sich, auch Wasser bildet sich nicht, und das Barometer der
Luftpumpe veraͤndert waͤhrend der Operation seinen Stand durchaus
nicht. Geschieht die Erhizung langsam, so bleibt eine erdartige nicht
glaͤnzende Kohle zuruͤk, findet dieselbe dagegen rasch Statt, so ist
die Kohle nach der Operation halb geschmolzen, poroͤs und glaͤnzend.
Im lezteren Falle erhaͤlt man eine groͤßere Menge Sublimat. Derjenige
Theil des Indigo, der
zersezt wird, bildet zugleich eine geringe Quantitaͤt eines braunen
oͤhlartigen Koͤrpers, der sich vorne an den entferntesten Theilen des
Sublimats condensirt. Das Indigoblau, verfluͤchtigt sich bei einer
Temperatur, bei welcher Papier braun zu werden anfaͤngt. Crum hat dieselbe auf + 290° bestimmt. Man darf
bei der Sublimation nicht suchen aus dem kohligen Ruͤkstande die lezten
Antheile von Indigo auszutreiben, weil sonst sehr leicht hierdurch der schon
sublimirte sich aufs Neue sublimirt, wobei wieder eine Zersezung und Kohlenbildung
Statt findet. Man sprengt nun den Boden der Retorte ab, um die Kohle zu entfernen,
und waͤscht den Sublimat mit warmen Alkohol, um das adhaͤrirende
brenzliche Oehl davon zu trennen, was jedoch so oft wiederholt werden muß, bis der
Alkohol farblos bleibt. Die erhaltenen Krystalle bilden Blaͤtter, welche bei
reflektirtem Lichte dunkelpurpurfarbenen Metallschuppen gleichen, und die, wenn sie
sehr duͤnn sind, blaues Licht durchlassen. Die groͤßern sind
gaͤnzlich undurchscheinend. Nach Le Royer und Dumas Angabe bilden sie vierseitige Prismen mit
rectangulaͤrer Basis, und gewoͤhnlich erhaͤlt man bei der
Sublimation in offenen Gefaͤßen den Sublimat in Form von Nadeln, die
bisweilen mehrere Linien lang sind. Das Eigengewicht derselben ist nach Crum – 1,35.
Die Sublimation des Indigoblau findet auch Statt, wenn der im Handel vorkommende
unreine Indigo angewandt wird. Crum nimmt diese
Sublimation zwischen den Dekeln zweier Platintiegel vor, die in der Mitte
hoͤchstens 3/8 Zoll von einander entfernt sind, und erhizt dann den untern
mittelst einer Spirituslampe so lange, bis noch ein Brausen gehoͤrt wird.
Hierauf wird die Lampe entfernt, und der obere Dekel abgenommen, der nun mit
sublimirten Indigoblau uͤberzogen ist, welches Crum nach seiner Angabe zwischen 18 bis 20 pCt. vom Gewichte des Indigo
erhalten hat. Auch zwischen ein Paar platten Uhrglaͤsern laͤßt sich
diese Sublimation bewerkstelligen. Allein der Sublimat, der aus gewoͤhnlichem
Indigo erhalten wird, enthaͤlt außer brenzlichem Oehle auch sublimirtes
Indigoroth und den erwaͤhnten weißen Sublimat, in welchen jenes sich
verwandelt. Von diesem kann der purpurne Sublimat nur durch Feinreiben und
wiederholtes Kochen mit Alkohole befreit werden.
Das brenzliche Oehl, das sich bei der Destillation des reinen Indigo bildet, hat
folgende Eigenschaften: es ist brandgelb, beinahe starr, riecht schwach, aber
unangenehm tabakaͤhnlich, und wird mit dunkelbrauner Farbe langsam vom
Alkohole aufgeloͤst. Die Aufloͤsung der freiwilligen Verdunstung
uͤberlassen, sezt einen harzaͤhnlichen Stoff ab, aus welchem sich,
wenn das angewandte Indigoblau noch mit Indigoroth verunreinigt war, einige dunklere
Partikeln abscheiden, die vom lezteren herruͤhren. Die Masse erhaͤrtet
an der Luft, wird pechartig, und der Geruch verschwindet groͤßtentheils. Je
minder vollkommen das Indigoblau gereinigt war, desto mehr erhaͤlt man von
diesem brenzlichen Oehle.
Der Umstand, daß das Indigoblau als stikstoffhaltiger Koͤrper in Gasform
existiren kann, ist eine besonders merkwuͤrdige Eigenschaft, die
gewoͤhnlich den stikstoffhaltigen Produkten der organischen Natur nicht
zukoͤmmt.
Das Indigoblau ist unloͤslich im Wasser. Siedender Alkohol faͤrbt sich
davon blau, wird aber gewoͤhnlich nach einigen Stunden farblos, nachdem es
eine Spur von Indigoblau abseze; es ist ferner unloͤslich im Aether, und nach
Crum faͤrben sich Terpentinoͤhl und
Baumoͤhl waͤhrend des Kochens blau, allein, nach dem Erkalten
faͤllt das in aͤußerst geringer Menge aufgeloͤste Indigoblau
wieder heraus. Weder verduͤnnte Saͤuren, noch Alkalien loͤsen
dasselbe auf. Man schreibt zuweilen zu technischem Behufe vor, den Indigo in Aezkali
aufzuloͤsen, allein diese Art Aufloͤsung besteht nur darin, daß,
nachdem das Kali das Indigobraun aufgeloͤst hat, der Faͤrbestoff in
der Fluͤßigkeit fein zertheilt schwimmt, woraus er dann lange nicht
niedersinkt.
Durch Chlor wird das Indigoblau augenbliklich zerstoͤrt, und faͤrbt
sich rostgelb. Jod wirkt auf nassem Wege nicht darauf, aber wenn es troken damit
gemischt und erhizt wird, so findet eine Zersezung des Indigo Statt. Mit Schwefel
und Phosphor verbindet sich das Indigoblau nicht. Werden sie zusammen im luftleeren
Raume erhizt, so sublimirt sich zuerst der Schwefel oder Phosphor, und nachher das
Indigoblau, ohne daß sie irgend eine Wirkung auf einander geaͤußert zu haben
scheinen.
Alle Koͤrper, die eine große Verwandtschaft zum Sauerstoffe besizen, und
welche zugleich mit dem Indigoblau in Beruͤhrung kommen, oxydiren sich auf
Kosten des leztern, und versezen dasselbe in einen farblosen Zustand, in welchem es sich mit dem Alkali
oder der alkalischen Erde vereinigt, und im Wasser loͤslich wird. Von
concentrirter Schwefelsaͤure, vorzuͤglich von der rauchenden wird das
Indigoblau augenbliklich aufgeloͤst, unter Waͤrme-Entwikelung, aber
ohne Entbindung von schweflichter Saͤure. Das Indigoblau veraͤndert
sich dabei auf eine eigenthuͤmliche Weise. Es behaͤlt seine Farbe bei,
die Aufloͤsung ist intensiv rein blau, und faͤrbt sehr große Mengen
Wassers noch sehr sichtbar blau; allein es hat sich ganz und gar in eine Saftfarbe
verwandelt, deren Eigenschaften weiter unten naͤher beschrieben werden
sollen.
Von der Salpetersaͤure wird das Indigoblau sehr leicht zersezt, und es
entstehen eigene merkwuͤrdige Producte, von denen hier vorzuͤglich
namentlich die sogenannte Indigosaͤure und das Indigobitter
Man vergleiche hieruͤber die Abhandlung des Hrn. Liebig in diesem Journale Bd.
XXV. S. 124. A. d. R. als bemerkenswerth zu nennen sind.
Die beiden merkwuͤrdigen Zustaͤnde, in welche das Indigoblau theils
durch Reduction, theils durch die Einwirkung der Schwefelsaͤure versezt wird,
verdienen besondere Erwaͤhnung.
Reducirter Indigo.
Der reducirte Indigo wird gebildet durch die Einwirkung
schweflichtsaurer und phosphorichtsaurer Salze, durch Phosphor, Schwefelkalium
(schwefelwasserstoffsaures Kali) Schwefelcalcium, Schwefelantimon, mehrere
Schwefelsalze, besonders arsenikschwefliches Schwefelkalium, (die Aufloͤsung
des gelben Schwefelarsenik's in schwefelwasserstoffsaurem Kali), Zinnoxydulsalze,
Eisenoxydulsalze und Feilspaͤne von Zink, Eisen, Zinn, Kaliumamalgam und
andere mehr. Allein hierzu ist stets die Anwesenheit von freien Alkalien oder
alkalischen Erdarten erforderlich, die sich mit dem reducirten Faͤrbestoffe
vereinigen und ihn aufloͤsen koͤnnen; finden diese Umstaͤnde
nicht Statt, so erfolgt keine Reduction. So versucht man z.B. vergebens mit
Schwefelkalium oder Schwefelcalcium, selbst wenn diese ein Minimum von
Schwefelgehalt besizen, das Indigoblau zu reduciren; das Product der Oxydation
wuͤrde ein neutrales schwefelsaures Salz seyn, jedoch ohne
uͤberschuͤssige Basis, welche erforderlich ist, um den reducirten Faͤrbestoff
aufzunehmen. Diese Reduction wird demnach hauptsaͤchlich bewirkt: durch die
Verwandschaft des reducirten Indigo's zu den anwesenden freien Salzbasen. Ist Alkali
zugegen, so geschieht die Reduction nicht allein durch die aufgezaͤhlten
unorganischen Koͤrper, sondern auch durch organische Substanzen, die in
Gaͤhrung oder selbst in eine Art von Faͤulniß uͤbergehen, wovon
weiter unten Beispiele angefuͤhrt werden sollen. Ich kenne bloß einen
einzigen Fall, wo die Reduction in einer sauren Fluͤßigkeit Statt findet.
Dieß geschieht, wenn man concentrirte Schwefelsaͤure mit dem 3 bis 4fachen
ihres Volumens Alkohol mischt, und mit dem Indigoblau in einem verschlossenen
Gefaͤße digerirt. Man erhaͤlt dadurch eine Aufloͤsung, welche
sich durch die in dem Gefaͤße befindliche Luft blaͤut, und sich dann
weiter nicht veraͤndert; verduͤnnt man sie aber nachher mit Wasser, so
wird sie anfaͤnglich gruͤn, und nachher ganz blau, wobei das
wiederhergestellte Indigoblau niederfaͤllt, und die Fluͤßigkeit
farblos wird. Die Reduction geschieht hier durch Aetherbildung, aber der reducirte
Antheil ist aͤußerst unbedeutend.
Ich habe bereits erwaͤhnt, wie mit einem Ueberschuße an Kali die Reduction des
Indigoblau geschieht. Sezt man dem erhizten Gemische von Indigoblau und Kalkhydrat,
schwefelsaures Eisenoxydul (Eisenvitriol) in kleinen Portionen zu, und
schuͤttelt dann das Gemenge um, indem man es zugleich jedes Mahl einige
Minuten der Ruhe uͤberlaͤßt, so kommt man endlich auf einen Punct, wo
die ganze Masse gelb oder brandgelb ist. Nun ist alles Indigoblau reducirt, und das
Eisenoxydul in Eisenoxyd verwandelt. Sezt man schwefelsaures Eisenoxydul im
Ueberschusse zu, so nimmt die unaufgeloͤste Masse von dem gebildeten
Eisenoxydeoxydul (schwarzen Eisenoxyde) eine dunkle Farbe an.
Man kann diese Reduction auch mit vorher noch nicht gereinigtem Indigo vornehmen, auf
die Weise, welche ich bei Bereitung der sogenannten kalten Kuͤpe
naͤher beschreiben werde, allein hierbei loͤst sich ein Antheil
Indigoroth auf, obgleich dieses fuͤr sich allein sowohl in Aezkali als in
Kalkhydrat gaͤnzlich unloͤslich ist, und bei Wiederherstellung des
Indigoblau herausgefaͤllt wird.
Hat man eine klare Aufloͤsung des reducirten Indigoblau erhalten, so zieht man
dieselbe mittelst eines Hebers ab in eine ganz trokne Flasche, bis zu deren Boden der
laͤngere Schenkel des Hebers reichen muß, damit die Luft so wenig als
moͤglich Gelegenheit finde, mit der Fluͤßigkeit in Beruͤhrung
zu kommen; man fuͤllt die Flasche dergestalt damit an, daß das oben
befindliche blaue Haͤutchen aus derselben abfließt. Hierauf fuͤgt man
einige Tropfen concentrirte Essigsaͤure, die man vorher gekocht, oder eine
Zeitlang im luftleerem Raume hatte, hinzu, und verschließt sogleich die Flasche mit
einem dicht schließenden Stoͤpsel, ohne etwas Luft hinein zu lassen. Die
Saͤure bewirkt eine reichliche, weiße, flokige Faͤllung, welche
anfaͤnglich aus schimmernden krystallinischen Schuppen besteht, die
vorzuͤglich beim Umschuͤtteln oder im Sonnenlichte sich ausgezeichnet
darstellen; bei einem vorhandenen Saͤureuͤberschusse, oder durch
ruhiges Stehen ziehen sie sich zu glanzlosen Floken zusammen, welche langsam zu
Boden sinken, und nach einer Weile auf ihrer Obenseite graugruͤn zu werden
anfangen. Dieß ist nun reducirter Indigo. Je reiner die Aufloͤsung war, desto
langsamer zieht sich der Niederschlag, indem er zu Boden sinkt, zusammen; dagegen
sinkt er schnell, wenn die Aufloͤsung aus Indigo bereitet worden, der vorher
nicht ausgekocht war. Sobald die Masse nicht weiter mehr zusammensinken will, nach
ungefaͤhr 12–24 Stunden, so wird die klare Fluͤßigkeit
abgegossen, der Niederschlag auf ein Filtrum gebracht, und mit wohl ausgekochtem (in
einer ganz angefuͤllten und verkorkten Flasche erkaltetem) Wasser so lange
gewaschen, bis die durchgehende Fluͤßigkeit nicht mehr sauer reagirt.
Waͤhrend diesem Auswaschen faͤngt der Niederschlag an sich zu
faͤrben, jedoch ohne blau zu werden, sondern er nimmt eine graugruͤne
Farbe an, die vorzuͤglich auf der Oberflaͤche sichtbar wird. Diese
Farbenaͤnderung geht indeß langsam vor sich, und zwar um so langsamer, je
mehr der Niederschlag vor dem Filtriren sich zusammengezogen hatte. Die wohl
ausgewaschene Masse wird zwischen Fließpapier ausgepreßt, und im luftleeren Raume
uͤber Schwefelsaͤure getroknet. Wenn sie anfangs gewoͤhnlich
ziemlich gruͤn gefaͤrbt aussah, so wird sie waͤhrend des
Troknens gruͤnlichweiß oder fast ganz weiß, und in kleinen Mengen kann sie
sogar von der Luft an einem + 24° warmen Orte getroknet werden, ohne sich zu
veraͤndern. Im getrokneten Zustande ist dieselbe zusammenhaͤngend,
gruͤnlichweiß, und besizt eine Art Seidenglanz, der sehr deutlich eine
krystallinische Beschaffenheit der Theilchen beurkundet. Chevreul fuͤhrt an, daß er bei der Destillation des Alkohols, den
er mit Waid gekocht hatte, der vorher mit Wasser ausgelangt war, gegen das Ende der
Operation kleine weiße krystallinische Koͤrner erhalten, die an der Luft blau
wurden. Dieß moͤchte beweisen, daß dieser Koͤrper die Eigenschaft
besizt zu krystallisiren, wenn es ausgemacht waͤre, daß er nicht etwa eine
Verbindung mit einem andern Stoffe waͤre.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist die Farbe des reducirten Indigo weiß, wenigstens
ist sie so im ersten Augenblike der Faͤllung; die schmuzig gruͤne
Schattirung ruͤhrt ohne Zweifel von der durch den Zutritt der Luft bewirkten
Oxydation her. Daß diese Substanz grau, und nicht blau wird, scheint wirklich
fuͤr eine Oxydationsstufe, die zwischen dem weißen und blauen Indigo liegt,
zu sprechen, denn außerdem muͤßte dieselbe zuerst hellblau, und dann
allmaͤhlig dunkler werden; diese schmuziggruͤne Farbe aber verbreitet
sich durch die ganze Masse, wenn man dieselbe mehrere Wochen lang in einer
wohlverkorkten Flasche in der Fluͤßigkeit, woraus sie gefaͤllt worden,
stehen laͤßt. Der reducirte Indigo, sowohl im noch feuchten als im troknen
Zustande, hat weder Geschmak noch Geruch, und reagirt durchaus nicht auf
Lakmuspapier. Er entbehrt sonach die Charactere einer Saͤure. Er ist im
Wasser unloͤslich, denn die Fluͤßigkeit, woraus er gefaͤllt
worden, hinterlaͤßt nach dem Abdunsten keine Spur von Indigoblau. Vom Aether
und Alkohole wird er mit gelber Farbe aufgeloͤst. Jene atmosphaͤrische
Luft, welche diese Liquida eingeschlossen enthalten, regenerirt einen Theil des
Indigoblau in Form eines freien und schnell zu Boden sinkenden Pulvers. Auf dessen
Loͤslichkeit im Alkohole beruht die Moͤglichkeit der Reduction in
einer Mischung von Schwefelsaͤure und Alkohol. Aus der Aetherloͤsung
faͤllt sich lange Nichts; sie wird gruͤn, faͤngt an ins
Purpurfarbige zu spielen, sezt aber kein Indigoblau ab, bevor nicht ein großer Theil
des Aethers selbst sich verfluͤchtigt hat, wo sodann das Indigoblau in
purpurnen glaͤnzenden, dem Aussehen nach krystallinischen, Schuppen
zuruͤkbleibt.
Wenn man frisch gefaͤllten Indigo in lufthaltiges Wasser bringt, so
faͤrbt er sich augenbliklich blau, und die blaue Faͤrbung wird, ganz
gegen die bisher aufgestellten Behauptungen nicht im geringsten durch die
Anwesenheit einer Saͤure gehindert.
Wird derselbe ausgewaschen, aber noch feucht, einige Stunden dem Zutritte der Luft
ausgesezt, so daß er nicht troknen kann, so faͤrbt er sich durch und durch
purpurn. Im troknen Zustande oxydirt er sich weit langsamer; erst nach Verlauf von
einigen Tagen wird er voͤllig blau. Er beginnt nach dem Troknen zuerst
hellblau (nicht gruͤn) zu werden, und wird zulezt ganz dunkelblau, jedoch
nicht purpurfarbig. Er kann nicht in verkorkten Flaschen aufbewahrt werden, weil er
in seinen Zwischenraͤumen hinreichend viel Luft einschließt, um sich dadurch
blau faͤrben zu koͤnnen. Wird er in eine Glasroͤhre zusammen
gepreßt, und diese hierauf zugeblasen, so wird gleichfalls ein
betraͤchtlicher Theil davon auf Kosten der zugleich eingeschlossenen Luft
blau. Erhizt man getrokneten reducirten Indigo an offener Luft, indem man die
Temperatur sehr vorsichtig allmaͤhlig erhoͤht, so kommt ein Moment, wo
die ganze Masse augenbliklich dunkel und purpurfarbig wird, was vollkommen
Aehnlichkeit mit dem Anlaufen eines Metallpulvers hat. Es ist dieß eine wirkliche
Verbrennung zu Indigoblau. Durch den geringsten Druk wird er nachher
metallisch-glaͤnzend, und wenn die Temperatur noch um etwas erhoͤht
wird, so bildet sich aus sublimirtem Indigoblau das purpurfarbige Gas. Wird dasselbe
im luftleeren Raume erhizt, so erleidet es eine Zersezung, es scheidet sich etwas
Wasser ab, ungewiß, ob neu gebildet oder nur frei geworden, ein Theil Indigoblau
sublimirt sich, und eine voluminoͤse Kohle bleibt zuruͤk. Es entwikelt
sich hierbei kein permanentes Gas, und das Barometer der Luftpumpe behaͤlt
seinen Stand unveraͤndert bei.
Der reducirte Indigo vereinigt sich nicht mit verduͤnnten Saͤuren. Von concentrirter rauchender
Schwefelsaͤure wird er augenbliklich aufgeloͤst, und zwar mit so
dunkler Purpurfarbe, daß die Aufloͤsung nur in duͤnnen Schichten
durchschimmernd ist. Im verduͤnnten Zustande ist sie blau. Hierbei scheint
eine Portion Schwefelsaͤure reducirt zu werden, vielleicht zu
Unterschwefelsaͤure, und der reducirte Indigo verwandelt sich in
loͤsliches Indigoblau.
Durch Salpetersaͤure wird er zuerst weiß gefaͤllt, sezt man hierauf
einen geringen Ueberschuß von dieser Saͤure hinzu, so faͤrbt sich der
Niederschlag augenbliklich blau, waͤhrend ein groͤßerer Ueberschuß
endlich diese Farbe ganz zerstoͤrt.
Mit Salzbasen hingegen vermengt sich der reducirte Indigo
sehr leicht. Von
kohlensauern, feuerbestaͤndigen Alkalien wird er aufgeloͤst, so wie
auch von den Hydraten der Baryt-, Strontian- und Kalkerde; die Aufloͤsung ist
im kalten Zustande gelb, warm oder sehr concentrirt, erscheint sie brandgelb. Die
Aufloͤsung in Ammoniak ist nicht selten gruͤn, was davon
herruͤhrt, daß dieses zugleich Indigoblau, wenn davon eingemengt seyn sollte,
aufloͤst. Diese Aufloͤsungen werden von der Luft augenbliklich so
afficirt, daß Indigoblau sich wieder bildet. Beobachtet man eine solche
Aufloͤsung genau, so sieht man, daß sie zunaͤchst unter der sich blau
faͤrbenden Oberflaͤche eine ins Roͤthliche spielende brandgelbe
Farbe annimmt, die allmaͤhlig in blau uͤbergeht. Enthaͤlt die
Fluͤßigkeit noch etwas von dem reducirenden Stoff aufgeloͤst, z.B. von
einer Schwefelbasis oder einem Schwefelsalz, einem phosphorichtsaurem Salze,
Zinnoxydul u. dgl., so wird der blaue Niederschlag wieder auf einige Augenblike
reducirt, allein durch den Einfluß der Luft wird an dem Beruͤhrungspuncte das
Blau wieder gebildet. Es gelang mir nicht irgend eine dieser Verbindungen rein im
troknen Zustande zu erhalten. Waͤhrend des Troknens im luftleeren Raume
faͤrben sie sich hinreichend blau, um ihr wirkliches Aussehen dadurch zu
verbergen, auch loͤsen sie sich in Alkohol auf, und koͤnnen deßhalb
dadurch nicht gefaͤllt werden.
Die Kalkerde bildet mit dem reducirten Indigo zwei Verbindungen.
a) Die erste genau gesaͤttigt mit reducirtem
Indigo ist loͤslich im Wasser, und in fester Form nicht gekannt, aber b) die zweite mit Ueberschuß an Kalkerde ist
unloͤslich in Wasser und citronengelb von Farbe. Sie wird gebildet, wenn bei
der Reduction ein Ueberschuß von Kalkerde vorhanden ist, und faͤllt als
schwere Masse zu Boden, so daß man den leichtern Gyps und das Eisenoxyd durch
Schlemmen von ihr trennen kann. Man erhaͤlt sie auch, wenn man Kalkerde mit
der loͤslichen Verbindung digerirt. Nur im geringen Grade ist sie
aufloͤslich in von Luft befreitem Wasser, welches davon schwach gelb tingirt
wird. An der Luft wird sie anfangs gruͤn und dann hellblau, weil der
Ueberschuß an Basis die Farbe verduͤnnt. Auch mit Talkerde bildet der
reducirte Indigo eine loͤsliche Verbindung, welche jedoch weit mehr Wasser,
als die Verbindung bedarf, um darin aufgeloͤst erhalten werden zu
koͤnnen, und deßhalb auch zum Theile weiß gefaͤrbt heraus
gefaͤllt wird, wenn Bittersalzkrystalle in eine Aufloͤsung von
reducirtem Indigo gelegt werden. Ein anderer Theil bleibt in der Aufloͤsung
zuruͤk, und faͤrbt die Fluͤßigkeit gelb. An der Luft werden
beide blau. Mit andern Basen verbindet sich der Indigo, wenn man etwas von dem
krystallisirten Salze in eine klare, so viel als moͤglich gesaͤttigte,
Aufloͤsung des reducirten Indigo legt, und damit Flaschen vollkommen
fuͤllt, die nachher luftdicht verschlossen und umgeschuͤttelt werden.
Die Thonerde bildet eine weiße Verbindung, die auf dem Filtrirpapiere augenbliklich
blau wird, und nach dem Troknen ein schoͤnes blaues Pulver gibt, welches im
Sonnenlichte schimmert, als bestuͤnde es aus lauter krystallinischen
Theilchen. Auf Platinblech erhizt, sublimirt sich das Indigoblau mit
bemerkenswerther Leichtigkeit, und es hinterbleibt eine hellgraue Erde, welche in
der Gluͤhhize sogleich weiß gebrannt wird. Im Allgemeinen werden diese
Verbindungen des reducirten Indigo mit Basen weit schneller blau, als dieser
fuͤr sich allein, was von dem ausgebreiteten Zustande herzuruͤhren
scheint, in welchem sich darin dessen Theile befinden. Eisenoxydul-, Zinnoxydul-,
Bleioxydsalze faͤllen weiße Verbindungen, welche gleichfalls in der Luft sich
sogleich blau faͤrben. Die mit Eisenoxydul gibt bei der Sublimation kein
Indigoblau; die mit Bleioxyd, die etwas krystallinisch ist, wird mit etwas schwacher
Detonation zersezt, wodurch die Theile ringsumher geworfen werden, und das Blei
reducirt wird; die Verbindung mit Zinnoxydul gibt bei der Sublimation Indigoblau.
Durch neutrales schwefelsaures Eisenoxyd wird eine schwarzbraune Verbindung
gefaͤllt, die in der Fluͤßigkeit sich nicht veraͤndert, so
lange der reducirte Indigo nicht gaͤnzlich herausgefaͤllt ist; kommt
aber ein Ueberschuß des Oxydsalzes hinzu, so verwandelt es sich sogleich in
Oxydulsalz, und der braune Niederschlag wird blau. Kobaltoxyd- und Manganoxydulsalze
geben gruͤne Niederschlaͤge; der erste ist grasgruͤn, der
leztere dagegen schmuziggruͤn; wahrscheinlich durch eine Beimischung von
Manganoxydsalz. Keines derselben gibt nach dem Troknen bei der Sublimation
Indigoblau. Salpetersaures Silberoxyd faͤllt eine anfaͤnglich
durchscheinend braune, nachher aber schwarze Verbindung, welche an der Luft nicht
veraͤndert wird. Erhizt, zeigt sich eine schwache Spur von Detonation, das
Indigoblau wird sublimirt, und metallisches Silber bleibt zuruͤk. Kupferoxyde
stellen, wie schon laͤngst bekannt; das Indigoblau augenbliklich wieder her. Ist zugleich noch
eine Salzbasis im Ueberschusse anwesend, so wird dabei das Kupferoxyd in Oxydul
verwandelt; hat man aber eine Saͤure, namentlich Schwefelsaͤure, im
Ueberschusse zugesezt, so wird jenes zu Metall reducirt. In beiden Faͤllen
ist das gefaͤllte Indigoblau innig damit vermengt.
Man suchte auf verschiedene Weise die Veraͤnderung zu erklaͤren, welche
das Indigoblau bei der Reduction erleidet. Giobert
glaubte, daß der sich dabei bildende loͤsliche Koͤrper, indem er sich
wieder blau faͤrbt, Kohlenstoff abgibt, der sich an der Luft oxydirt. Doͤbereiner, und nach ihm Chevreul, sieht den reducirten Indigo fuͤr eine Verbindung von
Wasserstoff und Indigoblau an, die durch Zersezung des Wassers gebildet wird, und
deren blaue Wiederfaͤrbung in der Verbindung des Wasserstoffs mit Sauerstoffe
zu Wasser zu suchen sey. Diese Vereinigung waͤre sonach der Bildung der
Wasserstoffsaͤuren aus den Salzbildern analog, weßhalb auch Doͤbereiner den reducirten Indigo fuͤr
sauer ansah, und ihn Isatinsaͤure nannte. Allein
diese Erklaͤrung stuͤzt sich auf kein einziges Factum; es ist nicht
bekannt, daß irgend ein Salzbilder Sauerstoff enthaͤlt, und das Indigoblau
hat mit keinem derselben irgend eine Aehnlichkeit. Mehr uͤbereinstimmend mit
denen bei der Reduction Statt findenden Erscheinungen ist es, daß der reducirte
Indigo dasselbe Radikal enthaͤlt, wie der blaue, allein vereinigt mit einer
geringern Menge Sauerstoff, und das Indigoblau verhaͤlt sich in diesem Falle
wie das Wasserstoffsuperoxyd, naͤmlich daß die Gegenwart der Saͤuren
es gegen die Reduction schuͤzen, waͤhrend die Alkalien hingegen diese
befoͤrdern.
Es ist bekannt, daß das Indigoblau nicht fertig sich in den Pflanzen vorfindet,
sondern aus der Infusion derselben durch den Zutritt der Luft gebildet wird. Es ist
demnach sehr wahrscheinlich, daß es darin als reducirter Indigo enthalten ist; aber
dieser ist unloͤslich in Saͤuren, und bedarf nothwendig einer Basis zu
seiner Aufloͤsung, waͤhrend hingegen die Infusion der Indigopflanze
stets Lakmuspapier roͤthet. Es bleibt demnach zu erforschen uͤbrig, in
welchem loͤslichen Zustande der das Indigoblau bildende Stoff in dem Infusum
sich befindet.
Loͤsliches Indigoblau.
Im Vorhergehenden wurde bereits erwaͤhnt, daß das loͤsliche Indigoblau
ein Product der Einwirkung concentrirter Schwefelsaͤure auf unloͤsliches
Indigoblau ist. Ich erinnere hierbei an die Art, wie concentrirte
Schwefelsaͤure auf andere Pflanzenstoffe einwirkt, wenn diese von ihr
aufgeloͤst werden; ein groͤßerer oder geringerer Antheil dieser
Saͤure erleidet eine Zersezung, und verwandelt sich in
Unterschwefelsaͤure, welche die Eigenschaft besizt, sich mit vielen
organischen Stoffen so zu vereinigen, daß, wenn man jene mit einer Basis
saͤttigt, die organische Substanz nicht ausgeschieden wird, sondern mit dem
Salze vereinigt bleibt, welches dann hierdurch Eigenschaften erhaͤlt, die
gaͤnzlich von denen des reinen Salzes verschieden sind. Ganz auf dieselbe
Weise wirkt concentrirte Schwefelsaͤure auf das Indigoblau ein, und erzeugt
hierbei mehrere chemisch merkwuͤrdige Substanzen, deren wahre Natur
unmoͤglich naͤher erforscht werden konnte, bevor das Verhalten der
Unterschwefelsaͤuren in dieser Beziehung bekannt war. Alle die unten
angefuͤhrten Resultate gelten nur von Aufloͤsungen des gereinigten Indigoblaues, das entweder vorher mit
Saͤure, Alkali und Alkohol ausgekocht, oder auch durch Reduction oder
Sublimation erhalten worden war; die Aufloͤsung des gewoͤhnlichen
Indigo enthaͤlt mehrere fremde Stoffe, die die Resultate auf mehrfache Weise
abaͤndern.
Uebergießt man gereinigtes Indigoblau mit rauchender Schwefelsaͤure, so
vermengen sich beide schnell, es wird hierbei Waͤrme frei, aber es entbindet
sich keine schweflichte Saͤure; ein gleiches Verhalten findet Statt, wenn die
Daͤmpfe, welche sich bei der Destillation der saͤchsischen
Schwefelsaͤure entbinden durch Indigoblau condensirt werden. Es bildet sich
in diesem Falle, nach Doͤbereiner, eine
praͤchtig purpurrothe, in duͤnnen Schichten durchscheinende
Fluͤßigkeit, welche in der Kaͤlte eine carmoisinroth erstarrte Masse
bildet, in freier Luft raucht, und im Wasser sich mit sehr dunkelblauer Farbe
aufloͤst, ohne einen Ruͤkstand zu hinterlassen. Die Aufloͤsung
eines Theiles Indigo mit sechs Theilen saͤchsischer Schwefelsaͤure
faͤrbt die 500000fache Menge Wassers noch merklich blau. Die Menge
Schwefelsaͤure, welche man zur Aufloͤsung bedarf, wird durch die
Concentration derselben, und durch die hierbei angewandte Temperatur bestimmt.
Schwefelsaͤure, welche mit der Haͤlfte ihres Gewichtes Wasser
verduͤnnt ist, loͤst das Indigoblau nicht mehr auf, dagegen
loͤst die rauchende Saͤure in dem Maaße mehr auf, als sie reicher an
wasserfreier Saͤure ist. Die englische Schwefelsaͤure loͤst Indigoblau in ihrem
hoͤchst concentrirten Zustande auf, und man bedarf hiervon immer noch um die
Haͤlfte mehr, als von der saͤchsischen Saͤure. Die Mischung
kann bis auf + 100° erhizt werden, ohne eine Zersezung zu erleiden, und die
Aufloͤsung geht in der Waͤrme weit leichter, als bei der
gewoͤhnlichen Lufttemperatur von statten.
Die Aufloͤsung enthaͤlt nun: a) eine
Verbindung des loͤslichen Indigoblau mit Schwefelsaͤure, b) eine Verbindung desselben mit
Unterschwefelsaͤure, c) eine Vereinigung des auf
ganz eigene Art modificirten Indigoblau mit Schwefelsaͤure, was ich
Indigopurpur nennen will; saͤmmtlich Verbindungen, die in der
uͤberschuͤssig zugesezten Schwefelsaͤure aufgeloͤst
erscheinen. Ob das mit den beiden Saͤuren vereinigte Blau
unveraͤndertes Indigoblau ist, dessen indifferente und unloͤsliche
Beschaffenheit nur durch die Einwirkung der Saͤure veraͤndert worden
(ungefaͤhr auf gleiche Weise, wie gegluͤhte Zirkonerde durch eine
aͤhnliche Behandlung wieder loͤslich wird), oder, ob bei der Bildung
von Unterschwefelsaͤure das unloͤsliche Indigoblau in seiner Mischung
selbst eine Veraͤnderung erleidet, ist noch durch keinen Versuch
naͤher bestimmt. Das loͤsliche Indigoblau behaͤlt so absolut
die Modifikationen der Farbe, so wie die uͤbrigen Eigenschaften des
unloͤslichen Indigoblau bei, naͤmlich reducirt und wieder oxydirt
werden zu koͤnnen, daß man leicht auf die Vermuthung geleitet werden
koͤnnte: dessen Zusammensezung sey unveraͤndert, und die Bildung der
Unterschwefelsaͤuren geschehe auf Kosten eines Antheils Indigoblau, aus
welchem zugleich auch andere Stoffe erzeugt werden. Ich will die Verbindungen des
Faͤrbestoffs mit diesen Saͤuren, „indigoblaue Schwefelsaͤure und indigoblaue
Unterschwefelsaͤure
nennen.
Die relativen Mengen, in welchen diese neuen Bestandtheile der sauren
Aufloͤsung gebildet werden, variiren. Je mehr rauchende Saͤure
anwesend ist, desto mehr blaue Unterschwefelsaͤure bildet sich
verhaͤltnißmaͤßig gegen blaue Schwefelsaͤure.
Der Ueberschuß an freier Schwefelsaͤure scheidet die
Unterschwefelsaͤure zwar nicht von dem Faͤrbestoffe ab, allein man
erhaͤlt dagegen weniger Indigopurpur. Die englische Schwefelsaͤure
gibt weit mehr blaue Schwefelsaͤure, als die saͤchsische, wogegen
aber, wenn die waͤsserige Aufloͤsung beider filtrirt wird, die
saͤchsische selten auf dem Filtrum einen Ruͤkstand hinterlaͤßt,
waͤhrend die englische gewoͤhnlich eine mehr oder minder bedeutende
Portion hiervon
zuruͤk laͤßt, der aus Indigopurpur besteht. Am bequemsten scheidet man
diese Bestandtheile von einander auf folgende Weise;
Die Aufloͤsung in Schwefelsaͤure wird mit dem 30–50-fachen
Volumen reinen Wassers verduͤnnt und dann filtrirt. Was auf dem Filtrum
zuruͤkbleibt ist Indigopurpur, dieß wird ausgesuͤßt, und das erhaltene
Waschwasser besonders aufgefangen, und auf eine weiter unten zu erwaͤhnende
Weise verwendet. Man digerirt nun die Aufloͤsung bei gelinder Waͤrme
mit Wolle oder Flanell, welche vorher mit Seife, und dann mit warmen Wasser, was
1/100, kohlensaures Natrum enthaͤlt, wohl ausgewaschen worden, um alle
fremdartigen Stoffe davon zu entfernen. Nachdem alles Alkali entfernt worden, legt
man die Wolle oder das Wollenzeug in die blaue Fluͤßigkeit. Die Wolle
verbindet sich nun allmaͤhlig mit den blauen Saͤuren, und wird stark
dunkelblau gefaͤrbt. Hierauf nimmt man dieselbe heraus, laͤßt sie
abtropfen, und legt neue Wolle in die Fluͤßigkeit, die damit so lange
digerirt wird, bis sie ihre Farbe gaͤnzlich verloren hat. Es bleibt nun in
derselben die freie Schwefelsaͤure, nebst der neugebildeten
Pflanzensaͤure zuruͤk.
Die blaue Wolle wird in reinem Wasser so lange gewaschen, als dieß davon noch sauer
reagirt, hierauf ausgedruͤkt, und mit Wasser, dem man etwas kohlensaures
Ammoniak zugesezt hatte, digerirt. Die blauen Saͤuren verlassen die Wolle, um
sich mit dem Ammoniak zu verbinden, und die Fluͤßigkeit erscheint
schoͤn dunkelblau gefaͤrbt. Man gießt diese ab, und waͤscht die
Wolle hierauf so lange mit Wasser aus, als dieß noch gefaͤrbt wird.
Behaͤlt die Wolle nun noch eine dunkelblaue Farbe, wenn gleich das Wasser
sich davon nur unbedeutend faͤrbt, so sezt man noch kohlensaures Ammoniak zu,
und digerirt sie wiederholt. Zulezt behaͤlt die Wolle bloß eine schwache Spur
von Blau, das wohl auch noch durch staͤrkeres Ammoniak fortgeschafft werden
kann, was aber nicht die Muͤhe lohnt – ausgezogen zu werden. Die blaue
Fluͤßigkeit wird bei + 60° zur Trokne abgedunstet, und hierauf mit
Alkohol von 0,833 uͤbergossen, der das Indigoblau (nebst unterschwefelsauren
Ammoniak) aufloͤst, und das entsprechende blaue, schwefelsaure Salz
ungeloͤst zuruͤklaͤßt.
Indigoblaue Schwefelsaͤure erhaͤlt man, wenn leztgenannter
Ruͤkstand in Wasser aufgeloͤst, und mit essigsaurem Bleioxyd gefaͤllt wird,
wird, wodurch ein dunkelblauer Niederschlag aus schwefelsaurem Indigbleioxyde
entsteht, den man hierauf aufs Filtrum bringt. Die durchlaufende Fluͤßigkeit
ist gewoͤhnlich noch etwas blau gefaͤrbt, von einem geringen Antheile
aufgeloͤstem Indigopurpur. Das ausgewaschene blaue Bleisalz wird in Wasser
gebracht, und darin durch Schwefelwasserstoffgas zersezt; man erhaͤlt dadurch
eine gelbe, fast farbelose Fluͤssigkeit, die aus einer Verbindung von
Schwefelsaͤure mit reducirtem Indigo besteht, welche nach dem Filtriren an
der Luft sich wieder blau faͤrbt und abgedunstet, bei einer Temperatur, die
nicht uͤber + 50° gehen darf, eine schwarzblaue solide Masse
hinterlaͤßt, welche indigoblaue Schwefelsaͤure ist. An der Luft wird
diese feucht, und loͤst sich im Wasser, so wie auch in Alkohol, mit
schoͤner dunkelblauer Farbe auf. Diese Verbindung besizt einen eigenen
angenehmen Geruch, gleich dem, der wahrgenommen wird, wenn die Aufloͤsung des
reducirten unloͤslichen Indigoblau sich an der Luft oxydirt. Der Geschmak
derselben ist sauer und zugleich zusammenziehend.
Indigoblaue Unterschwefelsaͤure.
Die indigoblaue Unterschwefelsaͤure erhaͤlt
man, wenn die Loͤsung des blauen unterschwefelsauren Ammoniaksalzes mit einer
Solution von essigsaurem Bleioxyd in Alkohol vermischt wird, wobei sich ein blaues
Bleisalz niederschlaͤgt, welches, eben so behandelt, wie das schwefelsaure
Salz, eine anfaͤnglich reducirte gelbe, und nachher blaue
Unterschwefelsaͤure gibt. Die Alkoholloͤsung, welche durch Bleizuker
nicht mehr gefaͤllt wird, ist noch blau, und gibt mit etwas Ammoniak einen
neuen Niederschlag aus basisch unterschwefelsaurem Indigobleioxyd bestehend, aus
welchem diese Saͤure dargestellt werden kann, wenn man die Verbindung durch
Schwefelwasserstoff zersezt. Man kann auch die geistige Loͤsung des
Ammoniaksalzes abdunsten, nachher in Wasser aufloͤsen, und mit basisch
essigsaurem Bleioxyd faͤllen; man muß in diesem Falle das Bleisalz in die
blaue Solution troͤpfeln. Anfangs findet keine Faͤllung Statt, allein
nach und nach entfaͤrbt sich die Fluͤßigkeit, bis die Farbe endlich
ganz verschwunden ist, wo man dann nicht weiter von dem basischen Salze zusezt,
dessen uͤberschuͤssige Basis eine gruͤne Faͤrbung
bewirkt, besonders wenn die Aufloͤsung nicht aus gereinigtem Indigoblau
bereitet war. Der erhaltene Niederschlag wird wohl ausgewaschen, und durch Schwefelwasserstoffgas
zersezt. Die abgedunstete indigoblaue Unterschwefelsaͤure troknet an den
Kanten ganz ein, allein in der Mitte bleibt sie weich, und zieht etwas Feuchtigkeit
aus der Luft an. Ob dieß von 2 verschiedenen Saͤttigungsgraden mit
Faͤrbestoff herruͤhrt, lasse ich dahin gestellt seyn. Diese Verbindung
schmekt sauer, und verhaͤlt sich uͤbrigens wie die blaue
Schwefelsaͤure. Bei Bereitung dieser beiden muß man sich huͤten: das
Gemenge eher zu filtriren, als der Schwefelwasserstoff gaͤnzlich entfernt
worden, und die Fluͤßigkeit wieder blau gefaͤrbt ist, weil sonst, wenn
die reducirte Fluͤßigkeit filtrirt wird, ein Theil der ihres
Faͤrbestoffs beraubten Saͤure durch's Filtrum geht, und der
abgeschiedene Faͤrbestoff, der nun frei von Saͤure ist, nachher beim
Auswaschen wieder oxydirt und aufgeloͤst wird.
Diese Verbindungen der beiden Schwefelsaͤuren mit dem loͤslichen IndigoblauIndidigoblau erhielten den Namen: schwefelsaurer Indigo, indem man den
Faͤrbestoff als eine Basis betrachten zu muͤssen glaubte; allein es
besizt nicht die Eigenschaft durch andere Basen aus seinen Verbindungen abgeschieden
zu werden, sondern bleibt in denselben zuruͤk, und scheint nun fast in
Vereinigung mit der Saͤure eine eigenthuͤmliche, bestimmt sich
charakterisirende Saͤure zu bilden.
Dieß Verhalten gab Veranlassung zu jenen Namen, welche ich diesen Verbindungen
beilegte, die eigentlich weniger sich als Salze, als vielmehr als saure
Koͤrper auszeichnen.
Werden die blauen Saͤuren nach dem Eintroknen in einem
Destillationsgefaͤße erhizt, so findet eine Zersezung Statt; schweflichte
Saͤure und schweflichtsaures Ammoniak entbindet sich aus beiden, nebst vielem
Wasser und einer geringen Spur von brenzelichem Oehle, was sich nur durch den Geruch
verraͤth. Das sublimirte schweflichtsaure Salz faͤrbt sich blau, wenn
es in Wasser geloͤst wird, wahrscheinlich mehr durch mechanisch
fortgerissenes, als durch sublimirtes loͤsliches Indigoblau; denn es zeigt
sich weder ein gefaͤrbtes Gas, noch sublimirtes unloͤsliches
Indigoblau, wenn die blaue Schwefelsaͤure vorher mit einer
feuerbestaͤndigen Basis gesaͤttigt, und das blaue Salz hierauf im
luftleeren Raume erhizt wird. Es entwikelt sich hierbei wenig oder gar kein Gas,
eine Spur von einem sublimirten Ammoniaksalze, Wasser und etwas brenzliches Oehl.
Die blauen
Saͤuren hinterlassen eine Kohle, die langsam ohne Ruͤkstand
verbrennt.
Die beiden blauen Saͤuren vereinigen sich mit den Salzbasen zu
eigenthuͤmlichen Salzen, von denen einige hinsichtlich ihrer Eigenschaften
naͤher untersucht wurden, wovon weiter unten die Rede seyn soll. Bringt man
in die Loͤsung einer dieser mit Faͤrbestoff gesaͤttigten
Saͤuren, Zink- oder Eisenfeilspaͤne, so oxydirt sich das Metall auf
Kosten des blauen Faͤrbestoffs, ohne daß Wasserstoffgas sich entbindet, und
man erhaͤlt, wenn Saͤure im Ueberschusse vorhanden ist, bei
verhindertem Luftzutritte, eine farbelose oder auch gelbe Aufloͤsung, welche
Zink oder Eisensalz in Verbindung mit dem reducirten loͤslichen Indigo
enthaͤlt. Diese Verbindung wird augenbliklich blau, wenn sie mit der Luft in
Beruͤhrung koͤmmt, und ist das empfindlichste Reagens fuͤr
Sauerstoffgas bei Untersuchungen von Gasarten.
Auch von Schwefelwasserstoff wird der blaue Faͤrbestoff dieser Saͤuren
reducirt, weßhalb man gelbe Aufloͤsungen erhaͤlt, wenn man ihre
Verbindungen mit Blei mittelst Hydrothionsaͤure zersezt. Leitet man
Schwefelwasserstoff in die Aufloͤsung einer blauen Saͤure, so
veraͤndert sich zuweilen die Farbe mehrere Stunden lang nicht, erhizt man
aber die Fluͤßigkeit bis + 50° oder daruͤber, so erfolgt eine
Reduction, Schwefel wird aus dem Gase abgeschieden, und die blaue Farbe
verschwindet. Ein Saͤureuͤberschuß verhindert sehr merklich die
Einwirkung des Schwefelwasserstoffs. Wenn man eine reducirte saure
Fluͤßigkeit, welche mit Schwefelwasserstoffgas dergestalt gesaͤttigt
ist, daß sie nicht sogleich sich an der Luft blau faͤrbt, in den Recipienten
der Luftpumpe nebst etwas gelinde angefeuchteter Pottasche bringt, und die Luft
auspumpt, so duͤnstet sie zu einer dunkelgelben zaͤhen Masse ab,
welche in Beruͤhrung mit der Luft wieder feucht wird, anfaͤnglich sich
schmuziggruͤn, und endlich blau faͤrbt. Auch Zinnchloruͤr
reducirt die blaue Farbe dieser Saͤuren, wenn man das Gemisch
erwaͤrmt.
Die Verbindung, welche diese blauen Saͤuren mit Wolle eingehen, indem diese
dadurch gefaͤrbt wird, haben in sofern Aehnlichkeit mit den Salzen, daß die
Wolle aus dieser Vereinigung durch Salzbasen abgeschieden wird, ohne daß nachher
diese von den blauen Saͤuren getrennt zu werden vermoͤchten. Aus
diesem Grunde faͤrbt sich auch die Wolle nicht in einer blauen Aufloͤsung, welche
durch eine Salzbasis gesaͤttigt worden, selbst wenn man beide sehr lange mit
einander digerirt. Sezt man aber dann eine Saͤure, ja sogar eine der
schwaͤchern wie z.B. Essigsaͤure hinzu, so faͤrbt sich die
Wolle, indem sie mit der blauen Schwefelsaͤure sich vereinigt, und die
Essigsaͤure bleibt in Verbindung mit der Basis zuruͤk. Durch Kochen
mit Wasser oder Alkohol kann ein Theil der blauen Saͤuren aus der Wolle
extrahirt werden.
Eine aͤhnliche Verwandtschaft wie zur Wolle, haben diese blauen Saͤuren
auch zu wohl ausgebrannter Holzkohle, oder noch mehr zur Blutlangenkohle. Wird die
saure Aufloͤsung in Schwefelsaͤure mit lezterer digerirt, so verliert
sie ihre Farbe, und die ungefaͤrbte Saͤure bleibt in der
Fluͤßigkeit zuruͤk. Die Kohle kann durch kaltes Wasser von dieser
Saͤure rein gewaschen, und nachher koͤnnen die blauen Saͤuren
durch kohlensaures Alkali ausgezogen werden. Wird eine freie Saͤure
hinzugefuͤgt, so vereinigt sich diese mit dem Alkali, und die blauen
Saͤuren werden aufs Neue von der Kohle gebunden.
Blaue; schwefelsaure und unterschwefelsaure Salze.
Man erhaͤlt diese Salze auf verschiedene Weise. Am reinsten und besten werden
sie dargestellt, wenn man die Saͤuren mit der gewuͤnschten Basis
saͤttigt. Diese sind nicht als Doppelsalze zu betrachten, denn der
Faͤrbestoff nimmt nichts von der Saͤure auf, sondern existirt in dem
Salze ungefaͤhr so, wie das Krystallwasser in wasserhaltigen Salzen. Daß sich
dieß so verhaͤlt, findet man leicht daraus, daß, wenn das blaue schwefelsaure
Salz durch Kochen mit concentrirter Salpetersaͤure zersezt, und nachher die
Fluͤßigkeit verduͤnnt und filtrirt wird, so wird diese nicht durch
Chlorbarium (salzsauren Baryt) gefaͤllt, was nothwendig Statt finden sollte,
wenn das Salz eine Verbindung von schwefelsaurem Baryte mit schwefelsaurem
Indigoblau gewesen waͤre. Ob der Faͤrbestoff in allen blauen Salzen in
dem naͤmlichen bestimmten Verhaͤltnisse zur Saͤure sich
befindet, ist noch nicht sicher ausgemacht, allein es scheint sich so zu verhalten.
Faͤllt man eine Aufloͤsung, die durch Vermischen der sauren blauen
Loͤsung mit Kali erhalten worden, durch essigsaures Bleioxyd, so bekommt man
haͤufig eine blaue Fluͤßigkeit, welche nicht mehr durch weitern Zusaz
von Bleisalz gefaͤllt wird. Hier scheint es, als waͤre ein Theil des
Faͤrbestoffs aus dem Bleisalze ausgeschieden, und dem essigsaurem Kali
uͤberlassen lassen worden; allein, wenn der Ueberschuß an Bleioxyd mit Schwefelwasserstoffgas
gefaͤllt, und die Fluͤßigkeit nach erfolgter Wiederoxydation
abgedunstet wird, so faͤrbt sie sich purpurroth; was beweist: daß die blaue
Farbe derselben von Indigopurpur herruͤhrt. Die Aufloͤsung erscheint
bei durchfallendem Kerzen- oder Sonnenlichte roth.
Durch eine geringe Truͤbung verschwindet diese Farbe; auch durch einen
einzigen Tropfen einer Kupfersalzloͤsung, ja selbst durch Hinzufuͤgen
eines Zinksalzes, wovon jedoch etwas mehr erforderlich ist. Freie Saͤure
stellt die rothe Farbe wieder her. Bei reflektirtem Lichte behaͤlt die
Fluͤßigkeit ihre Farbe unveraͤndert bei.
Der blaue Faͤrbestoff in den Salzen wird noch leichter, als in den
Saͤuren reducirt, und am leichtesten findet die Reduction Statt, wenn ein
Ueberschuß an Basis zugefuͤgt wird. Er scheidet sich dann von dem Salze ab,
und bildet im reducirtem Zustande einen electronegativen Koͤrper gegen die
uͤberschuͤssige Basis; durch Oxydation geht derselbe wieder in Blau
uͤber. Ist uͤberschuͤssige Basis vorhanden, so wird das
loͤsliche Blau durch saͤmmtliche Stoffe reducirt, welche das
unloͤsliche reduciren. Am leichtesten bemerkt man die Verschiedenheit
hinsichtlich der Leichtigkeit der Reduction, je nachdem die Fluͤßigkeit
neutral oder alkalisch ist, wenn man schwefelsaures Eisenoxydul als Reductionsmittel
anwendet. Dieses Salz kann in einer neutralen blauen Fluͤßigkeit
aufgeloͤst und erhizt werden, ohne daß diese reducirt wuͤrde. Man kann
den groͤßten Theil des Eisenoxyduls durch ein Alkali herausfaͤllen,
ohne daß die Fluͤßigkeit ihre Farbe verloͤre; allein so bald das
Oxydul gaͤnzlich gefaͤllt ist, und ein Ueberschuß an Alkali hinzu
kommt, so findet die Reduction augenbliklich Statt. Sezt man nun eine freie
Saͤure hinzu, welche den Niederschlag wieder aufloͤst, so
faͤrbt sich die Fluͤßigkeit sogleich aufs Neue blau. Vermischt man die
Aufloͤsung eines indigoblauen Salzes mit einer Loͤsung von
Schwefelkalium oder Schwefelcalcium im Maximum (hepar), so wird Schwefel
augenbliklich gefaͤllt, und ein Theil der Schwefelleber wird auf Kosten des
blauen Faͤrbestoffs in schwefelsaures Salz verwandelt. Schwefelcalcium im
Minimum reducirt die Farbe gleichfalls, und wird in Gyps verwandelt, ohne daß dabei
Schwefel ausgeschieden wuͤrde. Diese saͤmmtlichen reducirten
Fluͤßigkeiten faͤrben sich sehr schnell an der Luft blau, wenn sie nicht
den reducirenden Stoff aufgeloͤst enthalten, z.B. wie bei der Reduction durch
Eisenvitriol und Kalk; aber wenn ein Ueberschuß des reducirenden Mittels in der
Fluͤßigkeit aufgeloͤst wird, so faͤrbt sich dieselbe nur an der
Oberflaͤche blau, oder wenn Luft eingeblasen wird im Innern, wird aber nach
einer Weile wiederum reducirt, und erscheint dann gelb. Wird die Fluͤßigkeit
der Luft ausgesezt, so ist die Oberflaͤche 1/2 Linie tief bestaͤndig
blau, welche, wenn das Reductionsmittel sich gaͤnzlich zu oxydiren
anfaͤngt, allmaͤhlig tiefer sinkt. Wird ein Gemisch eines blauen
Salzes mit Zinnchloruͤr (salzsaurem Zinnoxydul) mit der Luft in
Beruͤhrung gelassen, so schlaͤgt sich daraus nach und nach ein weißes
Pulver nieder, was aus Zinnoxyd und reducirtem Faͤrbestoffe besteht, welches
jedoch zugleich eine Veraͤnderung in seiner Zusammensezung erleidet, und an
der Luft gruͤn wird. Die Farbe dieser reducirten Aufloͤsungen zeigt
sich in manichfaltigen Nuͤancen. Wenn die Fluͤßigkeit sauer ist, so
erscheint sie so blaßgelb, daß sie im verduͤnnten Zustande beinahe farblos
ist. Die neutralen Aufloͤsungen sind gelb, und mit einem Ueberschuß an Basis
werden sie brandgelb. Die Loͤsungen der Eisenoxyd- und Kupferoxydsalze
stellen augenbliklich die blaue Farbe wieder her, und werden dadurch in Oxydulsalze
verwandelt. Dunstet man die Aufloͤsung eines reducirten Salzes im luftleeren
Raume ab, so hinterbleibt ein trokner dunkelfarbiger Ruͤkstand, der gerieben
dunkelgelb wird, und, mehrere Tage der Luft ausgesezt, endlich blau sich
faͤrbt.
Die blauen Salze schmeken wenig salzig, aber mehr nach Indigo. Je nachdem sie
Schwefelsaͤure oder Unterschwefelsaͤure enthalten, unterscheiden sie
sich auch in ihren Eigenschaften; obgleich sie andererseits wieder viele
Aehnlichkeit mit einander haben. Die schwefelsauren Salze mit alkalischer Basis,
werden aus ihrer Aufloͤsung groͤßten Theils von dem
ungefaͤrbten schwefelsauren Salze derselben Basis, oder auch selbst durch
andere Salze gefaͤllt. In Alkohol von 0,84 sind sie wenig oder gar nicht
loͤslich. Die unterschwefelsauren Salze derselben Basen werden nur
hoͤchst unbedeutend von den gleichnamigen ungefaͤrbten, oder von
anderen Salzen gefaͤllt, und loͤsen sich in Alkohol von 0,84 auf.
Blaue schwefelsaure Salze, die ein feuerbestaͤndiges Alkali, oder eine Erde
zur Basis haben, schmelzen nicht, geben Wasser von sich, vertragen eine starke Hize,
ohne daß das Blau in
ihnen eine Zersezung erlitte, entbinden zulezt Ammoniak, theils im freien, theils in
kohlengesaͤuerten Zustandes Cyanammoniak, und eine Spur von
fluͤchtigem Oehle, und bilden endlich Kohlensaͤure, waͤhrend
die Basis im geschwefelten Zustande zuruͤkbleibt. Das Ammoniaksalz schmilzt
und blaͤht sich auf wie der Borax; haͤlt eine starke Hize aus, ohne
zersezt zu werden, und obgleich die Masse ein kohliges Ansehen besizt, so
loͤst sie sich haͤufig noch mit blauer Farbe auf. Bei erhoͤhter
Temperatur wird schweflichtsaures Ammoniak sublimirt. Die blauen unterschwefelsauren
Salze geben bei gelinder Hize schwefelsaures Gas; der blaue Faͤrbestoff wird
hierbei nicht zerstoͤrt, allein bei erhoͤhter Temperatur erleidet er
eine Veraͤnderung, und wird gruͤn, was jedoch erst bei der
Wiederaufloͤsung bemerkbar ist; zulezt sublimirt sich schweflichsaures
Ammoniak, und bei staͤrkerer Hize bleibt die Basis im geschwefelten Zustande
zuruͤk.
Beide Klassen von Salzen in ihrer Reinheit hinterlassen, nachdem sie zur Trokne
abgedunstet sind, nicht krystallinische Massen, welche einen starken, beinahe
metallischen, Kupferglanz besizen, der den des unloͤslichen Indigoblau
beinahe noch uͤbertrifft.
Indigoblaues schwefelsaures Kali.
Indigoblaues schwefelsaures Kali erhaͤlt man, wenn
blaue Wolle mit etwas kohlensaurem Kali ausgezogen, und das abgedunstete Salz durch
Weingeist von dem unterschwefelsauren Salze befreit worden, worauf man mittelst
Essigsaͤure und Alkohol den Ueberschuß des kohlensauren Kali entfernt, wenn
ein solches hinzugesezt worden waͤre. Saͤttigt man die reine blaue
Schwefelsaͤure mit kohlensaurem Kali, von welchem man einen kleinen
Ueberschuß hinzufuͤgt, so bildet sie eine gelatinoͤse Masse. Man
bereitet sich dieses Salz gewoͤhnlich im Großen aus kaͤuflichen
Indigo, den man in seinem zehnfachen Gewichte concentrirter englischer
Schwefelsaͤure aufloͤst, und nach Verlauf von 24 Stunden mit dem
zehnfachen Volumen Wasser verduͤnnt, und durch Papier filtrirt.
Saͤttigt man die saure Fluͤßigkeit bis zu einem gewissen Grade mit
kohlensaurem Kali, so entsteht ein blauer Niederschlag, der aus diesem Salze
besteht, das von dem sich gleichzeitig bildenden ungefaͤrbten, schwefelsauren
Kali gefaͤllt wird. Derselbe Niederschlag wird auch hervorgerufen, wenn die
saure Fluͤßigkeit mit anderen Kalisalzen (ausgenommen Salpeter, der die Farbe
zerstoͤrt), ohne vorhergegangene theilweise Saͤttigung gemischt wird.
Das blaue unterschwefelsaure Kali bleibt in der Loͤsung zuruͤk. Der
Riederschlag wird auf ein Filtrum gebracht, worauf man die adhaͤrirende
Fluͤßigkeit wohl abtropfen laͤßt, und ihn nachher auspreßt. Crum schreibt vor, ihn mit einer Loͤsung von 4
Theilen essigsaurem Kali in 100 Theilen Wassers von der anhaͤngenden
Mutterlange zu befreien, und nachher mit Alkohol das essigsaure Salz zu
entfernen.Vergl. die Abhandlung: Versuche und Beobachtungen uͤber den Indig, und
uͤber gewisse Substanzen, welche sich mittelst Schwefelsaͤure
aus demselben erzeugen lassen; von Walter Crum im
polytechn. Journale Bd. XIII. S.
85–114. A. d. R. Noch feucht, ist er voluminoͤs, schrumpft aber waͤhrend des
Troknens zusammen, und nimmt Kupferglanz an. Im kochendheißen Wasser loͤst er
sich leicht auf, und wird daraus waͤhrend des Erkaltens zum Theile wieder in
Form von Floken gefaͤllt, wenn die Aufloͤsung gesaͤttigt war.
Kaltes Wasser loͤst 1/140 davon auf, und wird so dunkelblau, daß es das Licht
nicht durchlaͤßt. Diese Loͤsung abgedunstet, hinterlaͤßt eine
kupferglaͤnzende Masse wie oben. Bergmann nannte
dieses Salz praͤcipitirten Indigo, und sah es
fuͤr den aus der Saͤure niedergefaͤllten Faͤrbestoff des
Indigo an, in Deutschland nennt man es Indigo-Carmin, in
Frankreich weit passender, Indigo-Soluble, und Crum, der zuerst nachwies, daß es eine Verbindung des
Salzes mit Indigo im loͤslichen Zustande ist, und statt Kalisalz auch
schwefelsaures Natron oder schwefelsaures Ammoniak enthalten kann, nannte den
farbigen Stoff in demselben Coerulin und dessen Salze Coeruleosulphate. Indigoblaues schwefelsaures Natron und
schwefelsaures Ammoniak haben viel Aehnlichkeit mit dem vorigen, werden aber minder
vollstaͤndig gefaͤllt. Die Bereitung desselben ist ganz die
naͤmliche, allein das Ammoniaksalz ist weit loͤslicher, als das Kali
und Natronsalz. Indigoblaues unterschwefelsaures Kali,
Natron und Ammoniak erhaͤlt man am besten
durch Extraction der blauen Wolle mittelst kohlensaurem Alkali, von dem
moͤglichst genau die erforderliche Menge zugesezt werden muß, um die
Einwirkung des Alkali auf die Wolle zu verhuͤten. Die Fluͤßigkeit wird nachher
abgedunstet, und das unterschwefelsaure Salz durch wasserhaltigen Alkohol
ausgezogen. Nach dem Eintroknen gleicht es dem schwefelsaurem Salze. Aus der sauren
Aufloͤsung des kaͤuflichen Indigo in rauchender Schwefelsaͤure
erhaͤlt man, nachdem sie mit kohlensaurem Alkali gesaͤttigt worden,
nur wenig blaues schwefelsaures, aber dagegen viel blaues unterschwefelsaures Salz,
verunreinigt durch die Verbindungen der uͤbrigen Bestandtheile des Indigo mit
Schwefelsaͤure oder auch mit Unterschwefelsaͤure und Alkali, wodurch
dessen Farbe gewoͤhnlich bedeutend an Reinheit verliert.
Indigoblauer schwefelsaurer Baryt.
Dieser wird in Form eines dunkelblauen, flokigen Stoffes gefaͤllt, wenn man
das Kalisalz mit Chlorbarium (salzsaurem Baryt) mischt; er ist nicht vollkommen
unloͤslich in Wasser, und faͤrbt das Waschwasser bestaͤndig
blaͤulich. In kochendem Wasser loͤst sich derselbe auf, und bildet
eine dunkelblaue Fluͤssigkeit, welche waͤhrend dem Erkalten das Salz
in großen dunkelblauen Floken absezt; durch einen geringen Zusaz von
Schwefelsaͤure wird er nicht gefaͤllt. Der schwefelsaure Baryt hat
eine groͤßere Verwandtschaft zu diesem Faͤrbestoff, als irgend ein
anderes Salz, und nimmt denselben auch aus den blauen unterschwefelsauren Salzen
auf, so daß, wenn man einem blauen unterschwefelsauren Salze Schwefelsaͤure
zusezt, und hierauf Chlorbarium in die Aufloͤsung troͤpfelt, oder auch
umgekehrt, so faͤllt blauer schwefelsaurer Baryt nieder, und man ist im
Stande endlich den Faͤrbestoff gaͤnzlich daraus zu faͤllen.
Hierzu ist jedoch ein Ueberschuß an schwefelsaurem Baryt erforderlich, und der
Niederschlag, der anfaͤnglich dunkelblau gefaͤrbt ist, wird zulezt
hellblau. Das unterschwefelsaure Salz bleibt beinahe farblos in der
Fluͤßigkeit zuruͤk. Selbst der schon gefaͤllte schwefelsaure
Baryt faͤrbt sich in der Aufloͤsung eines blauen Salzes, wenn er damit
digerirt wird, allein nur hellblau.
Indigoblauer unterschwefelsaurer Baryt.
Dieser wird am besten dargestellt, wenn man die concentrirte Aufloͤsung eines
loͤslichen, blauen, unterschwefelsauren Salzes mit Chlorbarium im
Ueberschusse mengt. Die unterschwefelsaure Baryterde wird in blauen Floken
gefaͤllt, die auf ein Filtrum gebracht, und durch Auspressen von der
Fluͤßigkeit befreit werden koͤnnen. Dieser Niederschlag loͤst
sich leicht in reinem Wasser auf, und die Loͤsung bildet nach dem
Abduͤnsten einen
kupferglaͤnzenden Ueberzug. Versucht man es, dieses Salz durch
Saͤttigung der noch gemischten sauren Aufloͤsung mit kohlensaurem
Baryte zu bereiten, so nimmt der schwefelsaure Baryt allen Faͤrbestoff
auf.
Indigoblauen schwefelsauren Kalk.
Diesen erhaͤlt man, wenn die gemischte blaue Aufloͤsung in
Schwefelsaͤure mit dem 40–50fachen Volumen Wasser verduͤnnt
wird: man reibt dieselbe hierauf bis zur Neutralisation mit weißem Marmorpulver,
filtrirt die unloͤsliche anfangs hellblaue Gypsmasse, und waͤscht sie
so lange, bis sie roth wird. Die Aufloͤsung wird abgeduͤnstet, bis sie
eine ziemliche Consistenz erlangt hat, und dann mit Alkohole gemischt, der eine
flokige, rothes Licht durchlassende Substanz daraus faͤllt, die aufs Filtrum
gebracht, und mit Spiritus gewaschen wird. Dieß ist das blaue schwefelsaure
Kalksalz. Es ist loͤslicher im Wasser, als der ungefaͤrbte Gyps, und
wird die Aufloͤsung abgedunstet, so sezt es sich wieder in blauen Floken ab,
und troknet zu einer dunkelfarbigen Haut ein, die ins purpurfarbige spielt. Troknet
man diese Verbindung ohne sie vorher aufzuloͤsen, so ist die Farbe mehr
purpurn. Aus der Aufloͤsung eines indigoblauen unterschwefelsauren Salzes,
welches mit Chlorcalcium (salzsaurem Kalke) gemischt worden, faͤllt
Schwefelsaͤure oder ein schwefelsaures Alkali farblosen Gyps.
Indigoblauer unterschwefelsaurer Kalk.
Diesen erhaͤlt man, wenn man die blaue Loͤsung, woraus das eben
erwaͤhnte Salz durch Alkohol gefaͤllt worden, zur Trokne abdunstet.
Dieß besizt vorzuͤglich schoͤnen Kupferglanz, und ist in Wasser und
Spiritus leicht loͤslich. Wird die geistige Loͤsung mit in Weingeist
aufgeloͤstem essigsauren Bleie gefaͤllt, so ist der Niederschlag ein
Doppelsalz, bestehend aus blauer Unterschwefelsaͤure in Verbindung mit
Kalkerde und Bleioxyd, aus welchem das leztere durch Schwefelwasserstoff
abgeschieden werden kann, indem dann saurer, indigoblauer, unterschwefelsaurer Kalk
zuruͤkbleibt, der zwar sehr schwach sauer reagirt, aber durchaus nicht sauer
schmekt.
Indigoblaue schwefelsaure Talkerde.
Diese ist im Wasser leicht loͤslich, und wird durch einen Ueberschuß von
schwefelsaurer Talkerde (Bittersalz), die man der Fluͤßigkeit zusezt, nicht
gefaͤllt. Das unterschwefelsaure Salz verhaͤlt sich auf gleiche Weise.
Man trennt beide mittelst Alkohol von einander. An der Luft ziehen sie die Feuchtigkeit nicht an.
Die beiden Thonerdesalze sind loͤslich im Wasser,
und troknen ganz wie die vorigen ein. Vermischt man mit einem aufgeloͤsten
blauen Salze ein Thonerdesalz, und sezt etwas Aezammoniak zu, so faͤllt es
ein basisches Thonsalz der blauen Saͤure, welches, wenn es nicht mit dem
basischen ungefaͤrbten Salze gemengt ist, dunkelblau von Farbe,
pulverfoͤrmig, und nach dem Eintroknen schwarzblau ist. Sezt man
uͤberschuͤssiges Alkali hinzu, so wird die blaue Saͤure
demselben, wieder entzogen. Bereitet man die blauen Salze aus kaͤuflichem
Indigo, so erscheint die Loͤsung, woraus das basische blaue Salz
gefaͤllt worden, bei reflectirtem Lichte gruͤn, und bei
durchscheinendem roth; fuͤgt man derselben uͤberschuͤssiges
Alkali hinzu, so bleibt das Blau in der Loͤsung, waͤhrend der
Niederschlag gruͤn wird.
Indigoblaues schwefelsaures Bleioxyd.
Das indigoblaue schwefelsaure Bleioxyd wird durch eine
Bleizukersolution aus einer Aufloͤsung des blauen Kalisalzes gefaͤllt;
es erscheint flokig, dunkelblau, und ist nur wenig im Wasser loͤslich, doch
so, daß dieses waͤhrend des Aussuͤßens sich schoͤn blau
faͤrbt. Nach dem Eintroknen ist es schwarzblau. Faͤllt man ein blaues
schwefelsaures Salz mit basischessigsaurem Bleioxyde, so erhaͤlt man
basischindigoblauesschwefelsaures Bleioxyd, welches in Form eines hellblauen
Niederschlags erscheint, der im getrokneten Zustande eine dunklere Farbe annimmt.
Werden die Loͤsungen der blauen unterschwefelsauren Salze mit einem
loͤslichen Bleisalz vermischt, und Schwefelsaͤure zugesezt, so
faͤllt farbeloses schwefelsaures Bleioxyd nieder.
Indigoblaues unterschwefelsaures Bleioxyd.
Das indigoblaue unterschwefelsaure Bleioxyd erhaͤlt
man am besten, wenn man eine Aufloͤsung des Ammoniaksalzes in Alkohol mit
einer geistigen Bleizukeraufloͤsung faͤllt. Es erscheint als blaues
Pulver, welches sich langsam aber vollstaͤndig im Wasser aufloͤst, und
was auch in geringer Menge von Alkohol aufgenommen wird. Es besizt einen
zusammenziehenden, aber durchaus nicht suͤßen Geschmak. Man erhaͤlt
dieses Salz auch, wenn die gemischte saure blaue Aufloͤsung in
Schwefelsaͤure mit Wasser verduͤnnt, und hierauf mit kohlensaurem
Bleioxyde bis zur vollkommnen Saͤttigung gerieben wird; das Gemenge wird dann filtrirt, und
mit Wasser ausgelangt, so lange die Fluͤßigkeit noch dunkelblau durchs
Filtrum geht, worauf diese zur Trokne abgedunstet wird. Hierbei erhaͤlt man
jedoch einen Theil des schwefelsauren Salzes mit gemengt. Basisch erhaͤlt man
dieses Salz durch Faͤllen mit basisch essigsaurem Bleioxyde.
Die uͤbrigen Verbindungen der Basen mit den blauen Saͤuren sind noch
nicht untersucht.
Der Faͤrbestoff dieser Salze ist durch keine so besonders starke
Verwandtschaft an die Schwefelsaͤuren gebunden, daß er nicht Verbindungen mit
anderen Salzen eingehen koͤnnte. So z.B. wenn eine Aufloͤsung eines
blauen unterschwefelsauren Salzes mit einer Aufloͤsung von Chlorbarium
(salzsaurem Baryte) vermischt wird, und man hierauf phosphorsaures oder kohlensaures
Natron zusezt, so wird phosphorsaurer oder kohlensaurer Baryt blau oder mittelblau
gefaͤrbt niedergeschlagen.
Mischt man Chlorcalcium (salzsauren Kalk) mit einer blauen Aufloͤsung, so wird
durch phosphorsaures Natron eine schoͤn blaue phosphorsaure Kalkerde
gefaͤllt. Kohlensaures Alkali faͤllt kohlensauren Kalk, der etwas
weniger blau gefaͤrbt ist, dessen Farbe aber durch Waschen nicht weggenommen
werden kann. Die schwerloͤslichen Salze der Talkerde werden farbelos
gefaͤllt. Vermischt man die Aufloͤsung eines blauen
unterschwefelsauren Salzes mit essigsaurem Bleioxyde oder mit Gerbestoff, so
entsteht kein Niederschlag, fuͤgt man aber beide zugleich hinzu, so wird das
gerbestoffhaltige Bleioxyd blau gefaͤllt, indem es sich mit dem
groͤßten Theil des Faͤrbestoffs verbindet. Es ist moͤglich, daß
ein solches Versezen des Faͤrbestoffs in andere schwerloͤsliche Salze
– einst praktisch anwendbare Resultate gewaͤhren kann.
Loͤsliches Indigoblau unterliegt derselben Veraͤnderlichkeit in der
Farbe, wie vegetabilische Saftfarben. Sezt man es dem Sonnenlichte lange aus, so
wird es dadurch zerstoͤrt, und im isolirten Zustande, wie man es durch
Auslangen aus dem vorerwaͤhnten Schwefelblei erhaͤlt, wird es
waͤhrend des Abdunstens gruͤn, und erleidet in seiner Zusammensezung
eine Veraͤnderung. Durch Salpetersaͤure wird es zerstoͤrt.
Mischt man eine blaue Aufloͤsung mit Salpetersaͤure, und erhizt das
Gemisch, so geht es bei einer gewissen Temperatur, was von der Concentration der Saͤure
abhaͤngt, in wenigen Secunden aus dem Blauen ins Gelbe uͤber.
Die aͤzenden Alkalien und alkalischen Erden verwandeln dieselbe sogleich in
braungelb, oder wenn die Fluͤßigkeit verduͤnnt war, so faͤrbt
sie sich anfaͤnglich gruͤn, dann gelb; diese Veraͤnderung
findet mit oder ohne Luftzutritt Statt. Aezammoniak bewirkt diese
Veraͤnderung nicht so schnell, und kohlensaure Alkalien zeigen gar keine
farbenveraͤndernde Einwirkung.
Indigogruͤn.
Die gruͤne Farbe, die ich Indigogruͤn nennen will, wird am leichtesten aus dem unreinen
Indigoblau erzeugt, was man aus gewoͤhnlichen Indigo erhaͤlt, bildet
sich aber auch aus dem reinen. Man kann es in isolirtem Zustande darstellen, wenn
man ein unterschwefelsaures blaues Salz in Alkohol aufloͤst, und die blaue
Fluͤßigkeit mit feuchten Kalkhydrat in kleinen Mengen mischt, so lange dieses
sich noch gruͤn faͤrbt. Hierauf wird die Fluͤßigkeit filtrirt,
der gruͤne Niederschlag mit etwas Weingeist ausgewaschen, und nachher durch
eine waͤsserige Aufloͤsung von Oralsaͤure in Wasser, von der
man einen kleinen Ueberschuß hinzufuͤgt, zersezt. Dieser Ueberschuß wird
durch Zusammenreiben mit etwas weißem Marmor wieder entfernt, worauf man die
Fluͤßigkeit filtrirt und abdunstet. Es bleibt ein schmuziggruͤner
Ruͤkstand, der sich leicht im Wasser aufloͤst, den Kalk und
Eisenvitriol nicht mit gelber Farbe reduciren, der aber durch Kalkwasser gelb
gefaͤrbt wird, mit Bleizuker einen graugruͤnen Niederschlag gibt, und
nicht durch Queksilberchlorid (Queksilbersublimat), oder Gerbestoff getruͤbt
wird.
Indigogelb.
Die gelbe Farbe, oder das Indigogelb ist das lezte Stadium der zerstoͤrenden Einwirkung der
Alkalien. Man erhaͤlt es in isolirter Form, wenn die blaue unterschwefelsaure
Kalkerde in Kalkwasser aufgeloͤst, und so lange abgedunstet wird, bis die
Fluͤßigkeit gelb erscheint. Man fuͤgt hierauf Oralsaͤure hinzu,
bis ein Ueberschuß derselben vorhanden, der wieder durch Zusammenreiben mit weißem
Marmorpulver weggeschafft wird, und die Aufloͤsung wird sodann filtrirt, und
nicht ganz bis zur voͤlligen Trokne abgedunstet; dieser sezt man Alkohol zu,
welcher einen braͤunlichen extractartigen Stoff faͤllt, der aus einem
Kalksalze besteht, was mit einem Theile des gelben Faͤrbestoffs chemisch
vereinigt ist. Ob diese Verbindung noch außer der Unterschwefelsaͤure eine andere
Saͤure enthaͤlt, ist noch nicht naͤher untersucht. Die
Alkoholloͤsung gibt nach dem Verdunsten einen harten, troknen, gelben,
durchscheinenden Stoff, der durchaus nicht sauer oder alkalisch reagirt, und der
sowohl von Alkohol, als Wasser mit reiner gelber Farbe aufgeloͤst wird.
Derselbe enthaͤlt zugleich etwas weniges unterschwefelsauren Kalk. Die gelbe
Aufloͤsung wird durch neutrales essigsaures Bleioxyd unvollkommen
gefaͤllt, dagegen vollkommen von dem basischen Bleisalze. Der Niederschlag
ist hellgelb. Schwefelsaures Eisenoxyd und Kupferoxyd, Queksilberchlorid und
Gerbestoff bringen in demselben keine Faͤllung hervor, dagegen vereinigt es
sich sehr leicht mit Kalksalzen, und faͤllt z.B. mit oxalsaurem oder
schwefelsaurem Kalke zugleich nieder, von welchem er jedoch durch freie
Schwefelsaͤure wieder getrennt werden kann. Erhizt blaͤht er sich auf,
verkohlt, riecht animalisch, und hinterlaͤßt eine Kohle, die langsam
verbrennt, und etwas Gyps zuruͤklaͤßt.
Indigopurpur.
Der Indigopurpur ist eine Modification des
loͤslichen Indigoblau, welche stets gebildet wird, wenn man
unloͤsliches Indigoblau mit englischer Schwefelsaͤure, die nach ein
Paar Stunden mit dem 40fachen ihres Volumens Wasser verduͤnnt wird,
behandelt; auch saͤchsische Saͤure kann man anwenden, wenn das Gemenge
sogleich mit Wasser vermischt wird. Es scheint dieses ein auf einer Uebergangsstuffe
befindlicher Koͤrper zu seyn, in welchem das unloͤsliche Indigoblau
verwandelt wird, ehe es in loͤsliches Indigoblau uͤbergeht, und der
groͤßten Theils wieder verschwindet, wenn die Saͤure selbst
laͤngere Zeit darauf einwirkt, oder wenn Waͤrme zugleich angewendet
wird. Diese Substanz ist in der verduͤnnten Saͤure aͤußerst
schwer loͤslich, und bleibt als ein dunkelblauer Ueberzug auf dem Filtrum
zuruͤk, der allmaͤhlig vom Waschwasser mit blauer Farbe
aufgeloͤst wird. Es muß deßhalb dieß Waschwasser auf die bereits
erwaͤhnte Weise besonders aufgefangen werden. Dieß enthaͤlt nun nebst
einer Portion nicht abgeschiedener indigoblauer Schwefelsaͤure, eine
Verbindung von Schwefelsaͤure, und vielleicht auch Unterschwefelsaͤure
mit Indigopurpur. Wird es abgedunstet, so hinterbleibt ein blauer in Wasser
loͤslicher Ruͤkstand, der sich dem Aeußern nach nicht von indigoblauer
Schwefelsaͤure unterscheidet, und welcher zulezt eine solide dunkelblaue Masse bildet. Mischt man
mit seiner Aufloͤsung in Wasser ein Salz, welches sich darin aufloͤst,
so truͤbt sich die Fluͤßigkeit, und ein flokiger purpurfarbener Stoff
sezt sich ab, der auf ein Filtrum gebracht, und mit einer Loͤsung des zur
Faͤllung angewandten Salzes ausgewaschen werden kann. Dieser purpurfarbige
Niederschlag ist eine Verbindung von Schwefelsaͤure, Indigopurpur, und der
Basis des angewandten Salzes. Wendet man Salze von verschiedener Basis an, so
erhaͤlt man – dem Aussehen nach – ganz gleiche
Niederschlaͤge, die aber hinsichtlich ihrer Loͤslichkeit im Wasser
sich von einander unterscheiden. So faͤllen Natron und Ammoniaksalze die
purpurfarbige Verbindung so, daß die Fluͤßigkeit noch 1/10 aufgeloͤst
enthaͤlt, Kalisalze faͤllen sie bis auf 1/100, Talkerde, Zinkoxyd und
Kupferoxydsalze bis auf 1/1000, schwefelsaures Eisenoxyd bis auf 1/3000, und Alaun
oder Chlorcalcium (salzsaurer Kalk) bis auf 1/8000. Wird die Ammoniaksalzverbindung
erhizt, so sublimirt sich unter Entbindung eines rothen Gases, ein Theil Indigoblau,
das jedoch nicht ganz dem sublimirten Indigoblau gleich kommt, und vielleicht zum
Theile Indigopurpur im isolirten Zustande enthaͤlt. Es besizt dieß zuweilen
an der aͤußersten Kante eine glaͤnzend gruͤne Farbe,
aͤhnlich den Fluͤgeln spanischer Fliegen, allein durch Reiben wird es
braun, aber nicht kupferglaͤnzend, die Salze der feuerbestaͤndigen
Basen halten es zuruͤk; es entwikelt sich zugleich schweflichtsaures Gas, und
schweflichtsaures Ammoniak wird sublimirt. Die Purpursalze sind leichter in Alkohol
als in Wasser aufloͤslich, und die Loͤsung ist blau gefaͤrbt.
Diejenigen, welche Kalkerde, Talkerde, Zinkoxyd, Eisenoxydul oder Kupferoxyd zur
Basis haben, sind im Wasser so wenig loͤslich, daß dieß wenigstens von den 3
lezten kaum gefaͤrbt wird; Zusaz von freier Saͤure vermehrt deren
Loͤslichkeit nicht. Uebergießt man sie mit concentrirter
Schwefelsaͤure, namentlich mit rauchender, so werden sie aufgeloͤst,
und nachdem die Saͤure darauf eingewirkt hat, ist der Purpur in
loͤsliches Indigoblau verwandelt. Werden die loͤslichen Purpursalze
mit Schwefelwasserstoff in der Waͤrme, oder mit Eisenvitriol und Kalkhydrat,
oder freiem Alkali behandelt, so findet eine Reduction des Purpurs in Gelb wie beim
Indigoblau Statt; dieser oxydirt sich auch wieder, eine blaue Fluͤßigkeit
bildend, welche beim Vermischen mit einem faͤllenden Salze Purpur absezt. Die
Aufloͤsung desselben faͤrbt Wolle schwach blau, ohne daß ihr dadurch die
Farbe ganz entzogen werden koͤnnte. Das Blau mochte wohl von noch nicht
abgeschiedenem Faͤrbestoffe herruͤhren. Saͤurezusaz
befoͤrdert die Faͤrbung nicht.
Der rothe Gyps, der, nachdem die blaue Loͤsung mit Kalk gesaͤttigt und
ausgewaschen worden, zuruͤkbleibt, hat seine Farbe von purpurfarbigem Gypse.
Man kann einen großen Theil des ungefaͤrbten Gypses durch Zersezung mit
kohlensaurem Alkali abscheiden, indem man nachher die Masse wohl auswaͤscht,
und den gebildeten kohlensauren Kalk in Salzsaͤure aufloͤst. Der
Ruͤkstand ist dunkler purpurfarbig, und kochendes Alkohol scheidet daraus das
reine Purpursalz ab; allein es ist hiezu ein bedeutendes Quantum Alkohol
noͤthig.
Behandelt man kaͤuflichen Indigo mit dem 10fachen Gewichte
Schwefelsaͤure, und verduͤnnt das Gemisch nach 3 Stunden mit Wasser,
so bleibt eine blaue Masse auf dem Filtrum zuruͤk, die in reinem Wasser
aufgeloͤst, mit Salzen: purpurfarbige Niederschlaͤge von dunkler,
schmuziger Farbe gibt.
Es sind nun noch einige Worte uͤber die Zusammensezung des Indigo's zu sagen
uͤbrig. Dieser Faͤrbstoff ist in dieser Beziehung von Le Royer und Dumas, von Crum und von Ure untersucht
worden. Die erhaltenen Resultate naͤhern sich zwar einander, stimmen jedoch
nicht hinreichend mit einander uͤberein, um die wahre Zusammensezung als
bekannt ansehen zu koͤnnen.
Im folgenden sind dieselben zusammengestellt:
Le Royer u. Dumas.
Crum.
Ure.
Sublimirter.
Ausgewaschener.
Reduc. u.wied. oxyd.
Kohlenstoff
73,26
71,71
74,81
73,22
71,37
Wasserstoff
2,50
2,66
3,33
2,92
4,38
Stikstoff
13,81
13,45
13,98
11,26
10,00
Sauerstoff
10,43
12,18
7,88
12,60
14,25
Crum fand, daß ein Gran englisches Gewicht sublimirtes
Indigoblau (ungewiß, ob frei von Indigoroth) 0,38 engl. Cubzll. Stikstoffgas und
5,762 Czll. kohlens. Gas gab, als es mit Kupferoxyd verbrannt wurde. Hier
verhaͤlt sich beinahe das Volumen des Stikstoffgases zu dem der
Kohlensaͤure wie 1 : 15. Berechnet man Crum's
Analyse nach diesem Faktum, wodurch die relative Anzahl Atome des Stikstoffes und
Kohlenstoffes bestimmt werden, so erhaͤlt man 15 Atome Kohlenstoff, 8 At. Wasserstoff, 2 At.
Stikstoff und 2 At. Sauerstoff, welches nach Procenten berechnet 72,63 Kohlenstoff,
3,19 Wasserstoff. 11,36 Stikstoff und 12,82 Sauerstoff gibt.
Die Zusammensezung des reducirten Indigo's hat natuͤrlicher Weise noch nicht
erforscht werden koͤnnen. Wenn man annimmt, daß die Reduction nur in einem
Verluste von Sauerstoff besteht, und der reducirte Zustand sonach als ein
niedrigerer Oxydationsgrad zu betrachten ist, so muͤßte die Zusammensezung,
angenommen, daß eine der angefuͤhrten Analysen richtig waͤre, dadurch
erforscht werden koͤnnen, daß man die Quantitaͤt Sauerstoff, welche
waͤhrend der Wiederoxydation aufgenommen wird, bestimmt. Dalton gibt an, gefunden zu haben, daß das Indigoblau bei
seiner Wiederherstellung 7–8 pCt. seines Gewichtes nach der Oxydation
zugenommen hat. Man muß annehmen koͤnnen, daß dieser Sauerstoff ein
Submultiplum des ganzen Sauerstoffgehaltes betraͤgt, was jedoch nach der von
Dalton gefundenen Zahl nicht mit den Analysen
uͤbereinstimmt. Waͤre die Atomenzahl, welche man aus Crum's Analyse erhaͤlt, richtig, und das
Indigoblau enthielte demnach nur 2 At. Sauerstoff, so konnte dasselbe bei der
Reduction entweder nur die Haͤlfte oder allen Sauerstoff, d.h. ein oder beide
Atome verlieren. Bei zwei von mir angestellten Versuchen erhielt ich Resultate, die
betraͤchtlich von Dalton's abweichen. Gereinigtes
Indigoblau wurde bei dem einen Versuche durch Kalkhydrat und Vitriol, und bei dem
andern durch Aezkali und Vitriol reducirt, und hierauf 2 Flaschen mit der klaren
gelben Aufloͤsung gefuͤllt: in diese wurden Krystalle von
schwefelsaurem Kupferoxyde gelegt und die Flaschen verkorkt, so daß jedoch alle Luft
aus denselben ausgeschlossen wurde. Nachdem die Faͤllung erfolgt war, wurde
frisch gekochte Schwefelsaͤure im großen Uebermaaße zugefuͤgt, und die
damit gefuͤllten Flaschen verkorkt und gelinde digerirt. Ich erwaͤhne
diese Vorsichtsmaaßregeln, um zu zeigen, daß hiebei durchaus keine Einwirkung der
Luft stattfinden konnte.
Die Schwefelsaͤure verwandelt das von dem Indigo gefaͤllte Kupferoxydul
theils in unloͤsliches metallisches Kupfer, und theils in Oxyd, was
aufgeloͤst wird. Das Gemenge wurde filtrirt, und aus dem ausgewaschenen
Indigo wurde hierauf, mittelst einer Mischung von kohlensaurem und aͤzendem
Ammoniake (womit es 24 Stunden digerirt wurde) das Kupfer ausgezogen, was nachher, mit
Schwefelsaͤure gesaͤttigt, durch Eisen reducirt und gewogen ward. Das
gefaͤllte Indigoblau wurde getroknet und nach vorherigem Waͤgen
verbrannt, und die zuruͤkgebliebene Spur von Kupferoxyd in Rechnung gebracht.
Auf diese Weise erhielt ich fuͤr 100 Theile bei 100° getrokneten
Indigoblaus in beiden Versuchen, 18,35 Th. metallisches Kupfer; was 4,65 Th.
Sauerstoff entspricht, welche diese 100 Th. Faͤrbstoff bei ihrer
Wiederblaufaͤrbung aufgenommen haben. Diese Zahl ist nicht genau ein
Submultiplum der verschiedenen gefundenen Sauerstoffgehalte, ausgenommen in Ure's Analyse, die ich aber als die am mindesten
zuverlaͤßige anzusehen Ursache habe.
Dalton gibt ferner an, daß, wenn das Indigoblau mittelst
Chlor zerstoͤrt wird, von demselben hiezu eine Menge erforderlich sey, welche
dem Gewichte nach 15–16 pCt. Sauerstoff des blauen Faͤrbestoffes
entspraͤche.
Crum analysirte auch das in schwefelsauern Kalisalze
loͤsliche Indigoblau, und glaubt, gefunden zu haben, daß es aus einem Atome
Indigoblau verbunden mit 4 Atomen Wasser bestehe, wogegen Indigopurpur 1 Atom
Indigoblau und nur 2 Atome Wasser enthalten sollte; allein dieses Verhaͤltniß
kann keinesweges als wahrscheinlich betrachtet werden.
Verhalten des gewoͤhnlichen Indigo's und dessen
Anwendung.
Nachdem die Eigenschaften der verschiedenen Stoffe, welche sich im kaͤuflichen
Indigo vorfinden, aufgezaͤhlt worden, werde ich noch Einiges uͤber
dessen allgemeine Behandlung hinzufuͤgen.
Wird der Indigo erhizt, so gibt er, wie bereits erwaͤhnt, sublimirtes
Indigoblau, aber diese Sublimation ist von einem hoͤchst widrigen Geruche
begleitet, der das ganze Zimmer erfuͤllt. Dieser Geruch ist das Produkt der
Zersezung und Verfluͤchtigung des Indigobrauns und Indigoroths, und
namentlich vom leztern ruͤhrt der so sehr charakteristische Geruch her.
Findet die Erhizung in einem Destillationsgefaͤße statt, so erhaͤlt
man Wasser, verschiedene Gasarten, Schwefelammonium, Cyanammonium, kohlensaures
Ammoniak, ein dikes dunkelbraunes Oehl und eine poroͤse glaͤnzende
stickstoffhaltige Kohle bleibt als Ruͤkstand. Das Oehl, die Gase, das
Ammoniak und der Schwefel sind Produkte der Zerstoͤrung des Indigobrauns und
Pflanzenleims.
Um den Indigo in der Faͤrberei auf die Zeuge zu befestigen, unterwirft man ihn
verschiedenen chemischen Operationen, die den folgenden beiden untergeordnet werden
koͤnnen: a) die Aufloͤsung des Indigo's
mittelst Reduction, und b) die Behandlung desselben mit
concentrirter Schwefelsaͤure.
a) Aufloͤsung des Indigo's
durch Reduction.
Die hiebei sich bildende Aufloͤsung nennen die Faͤrber
Blaukuͤpe, die wiederum in die kalte und warme Kuͤpe eingetheilt
wird.
1) Die kalte
Kuͤpe.
Man hat mehrere Abaͤnderungen derselben.
α) Vitriolkuͤpe. Die einfachste davon
ist bereits erwaͤhnt worden und besteht darin, 1 Theil fein geriebenen
Indigo mit 3 Theile Kalkhydrat (zerfallener Kalk) mit 150 Theilen Wasser zu
digeriren, und nach einigen Stunden 2 Theile kupferfreien Eisenvitriols
zuzusezen. Man erhaͤlt das Gemisch in einem wohl verschlossenen
Gefaͤße in einer Temperatur von + 40°, bis die Reduction
gaͤnzlich vollendet ist. Andere Vorschriften zu dieser Kuͤpe sind
1 Th. Indigo, 2 Th. Pottasche, 2 Th. kaustischen Kalk, und 4 Th. Eisenvitriol;
oder auch 1 Th. Indigo mit Aezlauge, 1 1/9 Th. ungeloͤschten Kalk und 2
Th. Eisenvitriol lange gekocht; ferner 6 Th. Indigo, 4 Th. Pottasche, 20 Th.
Kalk und 15 Th. Vitriol. Allein bei allen Kuͤpen, wo man Aezkalk
anwendet, ist zu erinnern, daß ein Ueberschuß von Kalk eine unloͤsliche
Verbindung mit reducirtem Indigo bildet, und dadurch der Faͤrbestoff der
Aufloͤsung vermindert wird.
β) Opermentkuͤpe wird bereitet, wenn 1
Th. fein geriebener Indigo mit 2 Th. Pottasche und 175 Th. Wasser gekocht und
nachher 1 Th. frisch geloͤschter Kalk zugesezt wird, dem man zulezt nach
nochmaligem Kochen 1 Th. Auripigment zufuͤgt. Der Schwefel und Arsenik
oxydirt sich dabei auf Kosten des Indigoblaus, welches reducirt und
aufgeloͤst wird. Man benuͤzt diese Aufloͤsung in der
Kattundrukerei.
γ) Urinkuͤpe. Man erhaͤlt sie,
wenn man fein geriebenen Indigo mit faulem Urine digerirt, welcher
vermoͤge seines Ammoniakgehaltes das aufloͤst, was mittelst der
darin enthaltenen faulenden Stoffe reducirt wird. Man benuͤzt diese
Methode haͤufig in der Haushaltung. Ferner wendet man auch ein Gemenge
von Alkali und Zinnchloruͤr (Zinnsalz) an, wobei eine Aufloͤsung des
Zinnoxyduls in Kali gebildet wird, die sehr leicht den Indigo reducirt und
aufloͤst. Allein eine Kuͤpe ohne Kalk wird gewoͤhnlich
schlecht, weil das Kali auch das Indigobraun aufloͤst, und die
Aufloͤsung hiedurch eine dunkelbraune Farbe annimmt; bei der
Wiederherstellung des Indigoblaus wird dann ein Theil des Indigobrauns mit
gefaͤllt, wodurch die Farbe an Glanz und Schoͤnheit verliert,
obschon es beitraͤgt, um dieselbe dunkler zu machen. Mengt man dagegen
Kali und Kalk, so haͤlt der leztere das meiste Indigobraun
unaufgeloͤst zuruͤk. In allen Kuͤpen mit Kalk
enthaͤlt die Fluͤßigkeit, nebst dem reducirten Indigo, auch die
hiebei angewandte Basis, Pflanzenleim, Indigoroth und eine Spur von Indigobraun
aufgeloͤst. Waͤhrend sich das Indigoblau wieder bildet,
faͤllt auch Indigoroth nieder, und in der Loͤsung verbleibt der
Pflanzenleim, welcher derselben eine merkbar gelbe Farbe ertheilt. Die
Aufloͤsung des Indigoroths beruht ganz und gar auf der Mitwirkung des
blauen Faͤrbestoffes, und findet nicht ohne diese statt, weßhalb sie auch
beide vereinigt wieder gefaͤllt werden.
2) Waidkuͤpe.
Die warme Kuͤpe, oft auch Waidkuͤpe genannt, bereitet man aus 4 Th. Indigo, 50 Th. Waid,
2 Th. Krapp und 2 Th. Pottasche. Der Indigo wird sehr fein gerieben, und nachher
mit Pottasche wohl ausgekocht, worauf man die genannten Substanzen mit 2000 Th.
Wasser mengt und sie einige Stunden in einer Temperatur von ungefaͤhr +
30° erhaͤlt. Man sezt dann frisch geloͤschten Kalk in
kleinen Portionen allmaͤhlig in langen Zwischenraͤumen hinzu, bis
dessen Quantitaͤt endlich 1 1/3 Aezkalk betraͤgt. Man laͤßt
die Masse sich nach und nach abkuͤhlen, wobei man noch von Zeit zu Zeit
etwas wenigen Kalk hinzufuͤgt. Allmaͤhlig tritt nun eine
Gaͤhrung ein, die den Indigo reducirt, dessen Faͤrbestoff sodann
im reducirten Zustande vom Alkali aufgeloͤst wird. Diese Gaͤhrung
haͤlt lange an, und es bedarf nur von Zeit zu Zeit eines neuen Zusazes
von Materialien, um eine stets zum Gebrauche fertige Farbbruͤhe zu
unterhalten. Der Kalk wird nur in kleinen Mengen zugesezt, weil seine
Hauptbestimmung ist, das Indigobraun zu binden, welches, wenn der Kalk
Kohlensaͤure aufnimmt, vom Alkali aufgeloͤst wird. Wollte man aber
zu viel Kalk auf einmal zusezen, so wuͤrde zugleich eine
betraͤchtliche Menge reducirter Indigo in Verbindung mit Kalkerde
gefaͤllt werden. – Anstatt Waid und Krapp koͤnnen auch als
gaͤhrende Stoffe Stroh, Honig, Traubenzuker u. dgl. m. angewandt
werden.Hieher gehoͤren noch die topischen oder oͤrtlichen blauen
Farben, so wie die, welche eine Basis zur Aufnahme des gelben Pigmentes
zur Bildung gruͤner Farben enthalten. Ferner das Porzellan- oder
Fayenceblau u.s.w., zu deren Darstellung, so wie uͤber das
Geschichtliche und die technische Anwendung des Indigo's nebst der
vollstaͤndigsten Literatur man in Bancroft's Faͤrbebuch, zweite Auflage, Nuͤrnberg
bei Schrag 1817, S. 218–359 genuͤgende Auskunft findet. A.
d. R.
b) Indigoaufloͤsung in
Schwefelsaͤure.
Die Aufloͤsung des Indigo's in Schwefelsaͤure pflegt auch saͤchsisches Blau genannt zu werden, weil dessen
Anwendung von einem Sachsen Namens Barth entdekt wurde.
Der Indigo wird zu feinem Pulver zerrieben und an einer + 50 – 60°
warmen Stelle wohl getroknet, um alle hygroskopische Feuchtigkeit daraus zu
entfernen, worauf er nach und nach in kleinen Portionen in concentrirte
Schwefelsaͤure eingetragen wird. Von der saͤchsischen
Schwefelsaͤure bedarf man, je nach der verschiedenen Reichhaltigkeit des
Indigo's, 4–6 mal soviel als das angewandte Indigogewicht betraͤgt.
Von englischer Saͤure nimmt man das 6–8fache des Indigogewichtes, die
jedoch im hoͤchst concentrirten Zustande sich befinden muß. War dieselbe so
schlecht verwahrt, daß sie aus der Luft Feuchtigkeit angezogen hatte, so muß diese
durch Auskochen der Saͤure in einem passenden Gefaͤße zuvor wieder
entfernt werden: weil ausserdem der Indigo entweder gar nicht oder nur unvollkommen
sich aufloͤst, so daß die durch's Filtrum gehende Fluͤßigkeit nur sehr
schwach blau gefaͤrbt erscheint, und der meiste Indigo in Form von
schwefelsaurem Indigopurpur auf dem Filtrum zuruͤkbleibt.
Obgleich das Indigoblau eine Temperatur von + 100° vertraͤgt, ohne die
Schwefelsaͤure zu zersezen, so gilt dieß jedoch nicht von den anderen
Bestandtheilen des Indigo's, weßhalb man diesen nur allmaͤhlig in kleinen
Quantitaͤten zusezt, damit die Masse sich nicht erhize und schweflichtsaures
Gas entwikle; weil das reine Blau leichter in Gesellschaft mit Indigobraun und
Indigoroth zerstoͤrt wird und dann Indigogruͤn bildet. Das
Gefaͤß, worin die Mischung geschieht, wird gut bedekt, so daß die
Saͤure nicht Gelegenheit hat, ungehindert Feuchtigkeit aus der Luft einzusaugen,
wodurch ihr Loͤsungsvermoͤgen vermindert wird. Man laͤßt das
Gemisch hierauf ruhig 24–48 Stunden lang stehen, je nachdem die Temperatur in
dem Orte, wo es sich befindet, hoͤher oder niedriger ist. Reibt man
Indigopulver in einem Moͤrser mit englischer Schwefelsaͤure so lange
zusammen, bis die ganze Masse voͤllig homogen erscheint, so erhaͤlt
man beinahe nur Indigopurpur, und wenig oder kein Blau loͤst sich auf, weil
die stets sich erneuernde mit der Luft in Contact kommende Oberflaͤche der
Saͤure aus dieser in kurzer Zeit so viel Wasser aufnimmt, daß sie das
Vermoͤgen den Indigo aufzuloͤsen groͤßtentheils verliert.
Man glaubte fruͤher, das rauchende Wesen der Schwefelsaͤure sey ein
niedrigerer Saͤuerungsgrad derselben, und schrieb deßhalb vor, die englische
Schwefelsaͤure mit Schwefel zu kochen, um ihr das
Loͤsungsvermoͤgen der saͤchsischen Saͤure zu ertheilen,
und obschon der theoretische Grund hiebei falsch war, so gab dieß doch ein
anwendbares Resultat, weil der Fabrikant durch Kochen seine Saͤure
concentrirte, wozu jedoch die Anwesenheit des Schwefels nichts beitrug. Die im
Indigo enthaltenen fremdartigen Stoffe werden zuerst von der Schwefelsaͤure
angegriffen, weßhalb diese sich anfangs braungelb faͤrbt, und erst nach
einiger Zeit blau wird. Dasselbe findet zwar auch zuweilen mit sublimirtem
Indigoblaue statt, allein nur dann, wenn es nicht vorher durch Kochen mit Alkohol
von dem mit sublimirtem Indigorothe und brenzlichem Oehle befreit war.
Die blaue saure Aufloͤsung wird in ein hinreichendes Quantum Wasser gegossen,
was dem Volumen nach das 20fache oder noch mehr betraͤgt, worauf sie filtrirt
wird. Es bleibt hiebei ein unloͤslicher Stoff auf dem Filtrum zuruͤk,
der, nachdem die blauen Saͤuren durchgelaufen sind, das Waschwasser
gruͤn faͤrbt. Dieser Stoff ist ein Gemisch von schwefelsaurem
Indigobraune, schwefelsaurem Indigopurpur, Purpurgypse, nebst Sand und Kieselmehl.
Soll die Aufloͤsung zum Faͤrben angewandt werden, so darf man diese
ruͤkstaͤndige Masse nicht weiter auswaschen. Aezkali loͤst das
Indigobraun auf, und laͤßt den Purpur als ein Salz zuruͤk. Ist sie
wohl ausgelaugt, so besteht der Ruͤkstand aus unorganischen Stoffen, zwischen
welchen sich wohl auch noch etwas Indigoblau befindet, worauf die Saͤure
nicht eingewirkt hat, und was durch Gluͤhen fortgeschafft werden kann.
Die filtrirte Aufloͤsung sezt die blauen Saͤuren auf Wolle oder
Wollenzeug ab, wenn sie damit digerirt wird; allein zugleich befestigen sich auch
schwefelsaures Indigoroth, schwefelsaures Indigobraun und schwefelsaurer
Pflanzenleim auf dem Zeuge, wodurch die reine blaue Farbe einen Stich in's
Gruͤne behaͤlt, der ihr bisweilen ein haͤßliches Ansehen
ertheilt. Nachdem die Wolle in sich aufgenommen hat, was moͤglich war, so
hinterbleibt eine saure gelbe Fluͤßigkeit. Die darin enthaltene Saͤure
ist freie Schwefelsaͤure. Es erscheint als eine sehr sonderbare Thatsache,
daß die Wolle die Farbe aus der Schwefelsaͤure aufnimmt, allein es wurde
bereits im Vorhergehenden erwaͤhnt, daß die Wolle gegen die gefaͤrbten
Saͤuren als eine Basis auftritt, und daß sie folglich die Saͤuren
zugleich mit aufnimmt, so daß es bloß die ungebundene Saͤure ist, welche in
der Fluͤßigkeit zuruͤk bleibt: Wird die gelbe saure Fluͤßigkeit
mit Kalk gesaͤttigt und abgedunstet, so erhaͤlt man einen mit Gyps
gemengten extractaͤhnlichen Ruͤkstand, der aus Pflanzenleim und
schwefelsaurem Kalke besteht. Alkohol zieht daraus den Pflanzenleim aus, und
laͤßt den Gyps zuruͤk. Eine unbedeutende Spur von
Unterschwefelsaͤure, aber kein Ammoniaksalz, findet sich in diesem
Ruͤkstande, oder auch mit dem in Alkohol aufgeloͤsten vermengt.
Wenn man die blaue Wolle abspuͤlt, auspreßt und nachher bei + 40° in
reinem Wasser digerirt, so wird dieß gelb, ja selbst bloß kaltes Wasser, welches man
tropfenweise darauf fallen laͤßt, laͤuft gelb gefaͤrbt wieder
ab. Es enthaͤlt dann schwefelsauren Pflanzenleim. Um diesen zu extrahiren,
bedarf man große Mengen kalten Wassers. Durch Digestion bei einer Temperatur von +
80 – 90° wird er leichter ausgezogen, allein es folgen dann kleine
Mengen von den blauen Saͤuren mit, und das Wasser wird gruͤn. Sobald
es anfaͤngt, rein blau zu werden, so ist aller Pflanzenleim entfernt, man
zieht dann die Farbe durch Digestion mit einer Loͤsung von kohlensaurem
Alkali aus, dessen Quantitaͤt 1/2 p. Ct. des Wassergewichtes nicht
uͤbersteigen darf. Die Fluͤßigkeit wird davon sehr dunkelblau, und die
Wolle nach dem Auslaugen schmuzig rothbraun. Es ruͤhrt diese Farbe von
Indigoroth her, welches sich auf der Wolle befestigt hat, und nicht vom Alkali
ausgezogen wird. Mischt man nun die Aufloͤsung des Faͤrbstoffes mit
einer Saͤure, z.B. mit verduͤnnter Schwefelsaͤure, so entsteht
anfangs ein kaum
sichtbarer Niederschlag, der aber nach dem Filtriren eine nicht unbedeutende Portion
eines gruͤnbraunen Stoffes gibt. Dieser besteht aus schwefelsaurem
Indigobraun, was durch das Alkali aus der Wolle ausgezogen und wieder durch einen
Ueberschuß von Saͤure gefaͤllt worden. Faͤrbt man Wolle oder
Wollenzeug in dieser filtrirten sauren blauen Aufloͤsung, so erhaͤlt
man eine reinere blaue Farbe, weil die fremden faͤrbenden Stoffe
groͤßtentheils fortgeschafft worden sind. Es ist jedoch noch eine zweite
Ursache vorhanden, die zur Verunreinigung der Farbe beitraͤgt und davon
herruͤhrt, daß, wenn die Masse bei der Aufloͤsung des Indigo's sich zu
stark erhizt, ein Theil des Blaues in Indigogruͤn uͤbergeht, welches
sich auch auf dem Zeuge befestigt; bei noch laͤnger fortgesezter
Erwaͤrmung wird die Masse gruͤnbraun, und das auf diese Weise
gebildete Braun bleibt bei der Ausfaͤrbung in der Fluͤßigkeit
zuruͤk, waͤhrend das noch vorhandene Gruͤn und Blau sich auf
der Wolle befestigt.
Am schoͤnsten wird das saͤchsische Blau erhalten, wenn man nach der
Aufloͤsung in englischer Schwefelsaͤure indigoblaues schwefelsaures
Kali (Indigo Carmin, indigo soluble) durch Zusaz von
Pottasche herausfaͤllt, bis 1/4 oder 1/3 der sauren Fluͤssigkeit sich
gesaͤttigt hat. Das ruͤkstaͤndige aufgeloͤste Blau wird
durch Filtriren von dem Niederschlage getrennt, den man hierauf abtropfen
laͤßt, in Wasser wieder aufloͤst, mit Schwefelsaͤure versezt,
und dann in dieser Fluͤßigkeit die Wolle ausfaͤrbt. Da diese nur
reines Indigoblau enthaͤlt, so wird die Farbe ausgezeichnet schoͤn.
Minder feine Zeuge koͤnnen nachher in der abgeschiedenen, zum Theile mit Kali
gesaͤttigten, Fluͤßigkeit gefaͤrbt werden.
Zeuge, die sich mit den blauen Saͤuren unmittelbar verbinden, kann man
faͤrben, wenn man jene vorher in eine Alaunaufloͤsung oder ein Gemenge
von einer warmen Aufloͤsung von Chlorbaryum (salzsaurem Baryt) und saurem
weinsteinsaurem Kali (Weinstein) taucht, worauf sie in eine Aufloͤsung eines
blauen Salzes gebracht werden, welches im ersten Falle einen Alkaliuͤberschuß
besizen muß, der durch Zusaz von etwas kohlensaurem Kali bewirkt werden kann; allein
im zweiten Falle kann die Fluͤßigkeit sogar sauer seyn. Im erstem Falle ist
das Zeug durch basischindigoblaue schwefelsaure Thonerde, und im zweiten durch
neutralen indigoblauen schwefelsauren Baryt gefaͤrbt.
Bloß diese lezte Faͤrbungsmethode gibt eine Farbe, welche die Behandlung mit
Waschwasser oder einer Aufloͤsung von harter und weicher Seife
vertraͤgt, ohne daß das Indigoblau ausgezogen wuͤrde.Diese Beobachtung ist fuͤr die Seiden-Leinen und
Baumwollen-Faͤrberei und Drukerei von der groͤßten
Wichtigkeit. A. d. R.
Bestimmung des blauen Faͤrbestoffgehaltes im
kaͤuflichen Indigo.
Den Gehalt an Faͤrbestoff genau zu bestimmen, ist nicht leicht. Durch
aufeinanderfolgende Behandlung mit Wasser, freier Saͤure, kaustischem Kali
und kochendem Alkohole die fremden Stoffe auszuziehen, und hierauf den
Ruͤkstand zu waͤgen und zu verbrennen, um den Aschengehalt zu
bestimmen, ist schon eine Analyse, welche die Indigoconsumenten theils aus Mangel an
Zeit, oder oft auch aus Mangel an Kenntnissen, nicht anzustellen im Stande sind. Man
sucht deßhalb leichtere, obgleich minder genaue Mittel, um diesen Zwek zu erreichen
und die darin bestehen, entweder den Faͤrbstoffgehalt durch Bleichen mit
Chlor zu bestimmen, oder ihn mittelst der Vitriolkuͤpe auszuziehen.
Die Chlorprobe geschieht mit Chlorwasser. Man nimmt hievon
ein gewisses Maaß, waͤgt eine Portion feingeriebenes, durch Reduction
gereinigtes Indigoblau, und sezt davon nach und nach kleine Mengen zu, so lange die
blaue Farbe noch in Gelb verwandelt wird; auf diese Weise erfaͤhrt man, wie
viel Indigoblau durch das Chlorwasser zerstoͤrt werden kann. Nachher nimmt
man eine gleiche Quantitaͤt Chlorwasser, und traͤgt auf dieselbe Weise
kleine Mengen einer fein geriebenen und abgewogenen Indigoprobe so lange ein, bis
das Chlorwasser aufhoͤrt darauf einzuwirken. Hieraus ergibt sich, daß die
hiezu verbrauchte Menge Indigo ein und dasselbe Quantum Indigoblau enthielt, was bei
der ersten Probe angewandt wird.
Diese Probe gibt stets ein vortheilhafteres Resultat, als die Wirklichkeit selbst
ist, indem sowohl der Pflanzenleim, so wie das Indigobraun und Indigoroth auf das
Chlor wirken; da jedoch diese Einwirkung unbedeutend ist, so kann sie ganz
uͤbersehen werden. Groͤßere Fehler begeht man leicht dadurch, daß man
gegen das Ende der Operation zu viel Indigo zusezt.
Man muß jedesmal eine vergleichende Probe mit reinem Indigoblau anstellen, weil der
Chlorgehalt des Chlorwassers Veraͤnderungen unterworfen ist, und um nicht
irrige Resultate durch zu kleine Proben zu erhalten, kann die Probe mit dem unreinen
Indigo mit einem 5–10mal groͤßern Volumen Chlorwasser, als zum
gereinigten Indigoblau angewandt worden, gemacht werden.Man vergleiche hiemit die Abhandlung: Unterricht uͤber die
Pruͤfung des Kalk-Chloruͤrs, von Gay-Lussac. Mit Abbildungen im polyt. Journale, Bd. XIV. S. 422. A. d. R.
Die Vitriolprobe wird so gemacht, daß der Indigo fein
gepulvert und gewogen wird. Man waͤgt zugleich ein eben so großes Quantum
ungeloͤschten Kalk, aus gebrannten Austerschalen oder weißen Marmor. Man
mischt hierauf in einem graduirten Glasgefaͤße ein bestimmtes Volumen Wasser;
mit einem Theile desselben wird der Kalk zu Hydrat geloͤscht; der Indigo wird
sodann auf einen Reibstein mit einer kleinen Quantitaͤt des gemessenen
Wassers fein gerieben, und hierauf das Kalkhydrat zugesezt, womit das Gemenge auf's
Neue so lange gerieben wird, bis eine vollkommene Mengung statt gefunden.
Man bringt dasselbe nun so vorsichtig, daß nichts davon verloren geht, in eine
Flasche, und Reibstein nebst Laͤufer werden mit der noch uͤbrig
gewesenen Wassermenge abgespuͤlt, und dieß hierauf in die Flasche gegossen,
welche mit Wasser, dessen Volumen man bestimmt, voͤllig gefuͤllt wird.
Wendet man immer dieselbe Flasche an, und ist einmal die hiezu erforderliche
Wassermenge sorgfaͤltig bestimmt worden, so ist man nachher einer
wiederhohlten Messung uͤberhoben, wenn das Gewicht der Indigoprobe stets
gleich genommen wird.
Die Wassermenge, welche man anwendet, ist gleichguͤltig, nur darf sie nicht zu
klein seyn. Auf 1 Gramm Indigo ist 1 1/2 bis 2 Liter Wasser gerade recht. Die
Flasche wird nachher bei einer Waͤrme von + 80 bis 90° ein paar
Stunden lang digerirt, was am leichtesten geschieht, wenn man sie in ein
Gefaͤß mit Wasser stellt, welches uͤber Feuer erhizt wird.
Waͤhrend dieser Digestion verbindet sich die Kalkerde mit dem Indigobraune,
und verlaͤßt den Faͤrbestoff. Hierauf sezt man etwas feingeriebenen
kupferfreien Eisenvitriol hinzu, verkorkt die Flasche, und schuͤttelt sie um,
indem man sie dann in dem Wassergefaͤße erkalten laͤßt. Nimmt man sie nachher heraus, so ist
die Masse zu Boden gesunken, und man kann die klare Aufloͤsung mit einem
Heber abziehen, und ein Glas, dessen Cubikinhalt man kennt, damit anfuͤllen.
Man entfernt dann das Glas, und laͤßt den aufgeloͤsten
Faͤrbstoff an der Luft sich oxydiren. Um die Kalkerde aufgeloͤst zu
erhalten, und die Oxydation zu beschleunigen, sezt man etwas Salzsaͤure
hinzu. Nachdem die Fluͤßigkeit sich geklaͤrt hat, wird sie filtrirt,
und der Niederschlag auf ein gewogenes Filtrum gebracht, welches, nach dem
Aussuͤßen und Troknen bei + 100, die darauf befindliche Menge Indigoblau
gibt. Hatte man zur Probe 200 Maaß Wasser genommen, und nun zur Oxydation z.B. 50 M.
abgezogen, welche 10 Gran Indigoblau geben, so wuͤrde die Probe 40 Gran
enthalten haben.
Diese Probe ist weit zuverlaͤßiger als die vorige, und faͤllt jederzeit
etwas unvortheilhafter aus, als die Wirklichkeit, weil eine kleine Menge Indigo vom
Kalke zuruͤkgehalten wird, der etwas uͤberschuͤßig vorhanden
seyn muß. Diese Probe wurde zuerst von Pugh
vorgeschlagen, mit der Vorschrift: die ganze Aufloͤsung zu filtriren. Allein
dieß ist unmoͤglich, weil sich Indigoblau waͤhrend des Filtrirens auf
dem Filtrum bildet, dessen Menge nach der zur Operation erforderlichen Zeit
ebenfalls variirt.
Mit Kalihydrat kann die Probe nicht gemacht werden, weil dieses zugleich Indigobraun
aufloͤst, und die Fluͤßigkeit nach der Oxydation sich nicht
klaͤrt, auch der allmaͤhlich zu Boden sinkende Niederschlag
Indigobraun enthaͤlt. Die Aufloͤsung des Indigoblaues in
Schwefelsaͤure wird angewendet, um den Chlorgehalt des Chlorwassers und des
Chlorkalkes zu bestimmen, indem man naͤmlich die hievon zur
Zerstoͤrung der blauen Farbe erforderliche Menge bestimmt. Aber es versteht
sich von selbst, daß man nur dann vollkommen zuverlaͤßige Resultate
erhaͤlt, wenn die schwefelsaure Loͤsung aus gereinigtem Indigoblau
dargestellt war.