IX. Beschreibung der von Sr. koͤn. Hoheit dem Herzoge Heinrich von Wirtemberg erfundenen Doppel-Flinte. Mit einer Abbildung auf Tab. II. Neue Doppel-Flinte, Sr. koͤn. Hoheit Herzogs Heinrich v. Wirtemberg. A, B, C, D, Fig. 23. Tab. II. bezeichnet den Verdek, oder die. Vordekkappe, welche aufgehoben werden kann, und in welcher zugleich die beiden Gewehrschloͤsser angebracht sind, die sohin zugleich mit in die Hoͤhe gehoben werden, wenn dieser Verdek geoͤffnet wird. Dazu gehoͤren: a) das Charnier, durch welches das Aufheben und seine Bewegung moͤglich wird. b) eine Feder, in welche der Verdek einklappt, und durch welche derselbe fest gehalten wird. c) ein Buͤgel, welcher diese Feder uͤberdekt, und gegen einen unwillkuͤhrlichen Druk schuͤzt. d) die in die Gewehrlaufe von hinten, nach aufgehobenen Verdek, eingeschobenen Patronen, deren Zuͤndloͤcher durch zwei laͤnglich vierekige Oeffnungen der Laͤufe zum Vorschein kommen, so daß e) die Hahnen oder Zuͤndhammer auf die, mit Knallwachskugeln aufgeroͤhrten Zuͤndloͤcher der Patronen schlagen koͤnnen. In der neuern Zeit ist diese Einrichtung mit Zuͤndhuͤtchen versehen worden. E, stellt eine Patrone in beilaͤufiger halber Groͤße dar, woran ersichtlich ist: a) das aufgeloͤthete Plattchen mit dem Zuͤndkesselchen und Zuͤndloch, welches Plattchen zugleich zum Festhalten der Patrone im Laufe dient, in welchem es mittelst einer laͤnglich vierekigen Oeffnung eingepaßt ist. b) das Zuͤndkesselchen, in welches die Knallkuͤgelchen eingedruͤkt werden, mit dem feinen Zuͤndloche. c) eine kleine Krobe oder Loͤchelchen, in welches ein eisernes Haͤkchen eingreifen kann, um die Patrone nach dem Schuße aus dem Laufe zu ziehen. Das eiserne Haͤkchen, das von beliebiger Form und Groͤße verfertigt werden kann, wird wie das Lad-Maß an einer Schnur angebunden, und am Buͤchsensake getragen, wodurch es gleich bei Handen ist. Bei der neuern Einrichtung mit Zuͤndhuͤtchen ist dieses Haͤkchen entbehrlich. Diese neue Einrichtung der Gewehre gewaͤhrt mehrere Vortheile, welche der Jaͤger bisher nur ungern vermissen konnte. Ein solches Gewehr ist nicht nur vor zufaͤlligen Losgehen voͤllig gesichert, sondern kann auch, nachdem die geladene Patrone herausgenommen worden ist, von Niemanden geladen werden, der die dazu paffende eiserne Patrone nicht selbst besizt. Eine jede solche Patrone wird wohl verwahrt in einer dazu mit weichem Polster versehenen Cartusche aufbewahrt, die man wie einen gewoͤhnlichen Buͤchsenranzen bei sich fuͤhrt, und da sie stets voraus geladen wird, und durch ein Zuͤndhuͤtchen mit ihrem Zuͤndkraute versehen ist, so ist man nach geringer Uebung im Stande, durch Luͤpfung der Kappe, worin die Schloͤsser angebracht sind, stets sogleich sein Gewehr wieder zum Schuße fertig zu machen, was besonders bei dem Treib-Jagen oder im Winter, wo die Kaͤlte die Finger bei der sonstigen Manipulation steif macht, keinen geringen Vortheil gewaͤhrt. Man kann auch die beiden Haͤhne gespannt lassen, und wie es vorsichtige Jaͤger zu thun pflegen, das Gewehr mit in die Hoͤhe gerichteter Lauf-Muͤndung tragen, ohne besorgen zu duͤrfen, daß sich dasselbe zufaͤllig entlade, wenn man nur die Vorsicht gebraucht, die Kappe zu oͤffnen, weil alsdann die Kappen der Druͤker in dieser Lage die Druͤker nicht erreichen koͤnnen. Durch dasselbe Tempo, wodurch das Gewehr angeschlagen wird, kann man auch, wenn besondere Schnelligkeit erfordert' wird, die Kappe wieder in ihre Feder einschnappen lassen. Ein anderer Vortheil, welchen obige Einrichtung gewaͤhrt, ist dieser, daß durch das Verladen der Gewehre, welches besonders waͤhrend des Treib-Jagens zuweilen Statt findet, kein Ungluͤk entstehen kann; denn, wenn auch die Laͤnge der eingeschobenen eisernen Patronen eine doppelte Ladung wohl zulaßt, so sind diese Patronen doch von solcher Staͤrke, daß sie nicht zerplazen koͤnnen, wovon man sich durch die sorgfaͤltigsten Versuche uͤberzeugt hat. Wuͤrde aber auch ein leichtsinniger und nachlaͤßiger Jaͤger, deren es leider! so viele gibt, doppelt, oder gar hohl laden, welches leztere das gefaͤhrlichste ist, und dadurch die Patrone zerplazen, so kann ihm dadurch schon deßwegen kein Ungluͤk begegnen, weil der Zwischenraum zwischen dem Laufe und der Patrone ihn vor Beschaͤdigung sichert. Die Schwanzschrauben jeder Patrone sind nicht nur gehoͤrig luftdicht verschraubt, sondern zum Ueberflusse auch noch sorgfaͤltig verloͤthet. Sie wurden elliptisch ausgewoͤlbt, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß hei dieser Form das entzuͤndete Pulver am Meisten treibt. Auch haben vielfaͤltige Versuche gelehrt, daß, wenn das Zuͤndroͤhrchen oben statt an der Seite angebracht wird, das Centrum der Pulverkammer durch die Detonation das Zuͤndhuͤtchen schneller erreicht. Die vielen Versuche, welche ich mit drei Gewehren dieser Art anstellte, die ich in meiner ausgezeichneten Sammlung besize, bewiesen immer, daß dieselben besser, oder wenigstens eben so gut schießen, als die vorzuͤglichsten franzoͤsischen und englischen Flinten. So kann man z.B. damit auf 100 Schritte einen bestimmten Punct eben so richtig treffen, als es nur mit der besten Kugelbuͤchse moͤglich ist. Die Hintere Kappe, welche beym Anschlagen an die Schulter zu liegen kommt, kann durch einen mit einer Feder versehenen Druker geoͤffnet werden, und in dem Kolben befindet sich ein kurzer Ladestok, um die Patrone zu laden, woran ein Propfen und ein Kugelzieher angeschraubt werden koͤnnen, welche gleichfalls ihren gehoͤrigen Plaz haben. Außerdem enthaͤlt der dazu eingerichtete Kolben noch die Pulver-Ladung der Patronen, und ein Buͤchschen, welches etwa 100 Stuͤk Zuͤndhuͤtchen aufnehmen kann. Zwei von diesen in meiner Sammlung befindlichen Gewehren haben jedes 12 eiserne Patronen, und das dritte deren 24 Stuͤke, eine Zahl, die fuͤr unsere Wildbahnen, welche leider! nicht mehr so gut bewohnt sind, mehr als hinreichend ist. Der sehr geschikte und verdienstvolle Kuͤnstler, Sailer, Buͤchsenmacher in Ehingen, unweit Ulm, welcher sich unter meiner Leitung in solchen Arbeiten vervollkommnete, hat mir diese Gewehre verfertigt. Heinrich, Herzog von Wirtemberg.