Titel: | Ueber die Fabrikation des Jods. Von Herrn E. Soubeiran. |
Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. XXXIX., S. 150 |
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XXXIX.
Ueber die Fabrikation des Jods. Von Herrn
E.
Soubeiran.
Aus dem Journal de Pharmacie. Septbr. 1827. S.
421.
Soubeiran, uͤber die Fabrikation des Jods.
Die Thatsachen, die ich jezt der Akademie mittheilen will,
wurden bei der Untersuchung neuer Jodverbindungen entdekt, worin ich aber noch nicht
so weit vorgeruͤkt bin, um sie bekannt machen zu koͤnnen. Da diese
Thatsachen nur indirect mit der Hauptarbeit zusammenhaͤngen, welche mich
beschaͤftigt, so hielt ich es fuͤr zwekmaͤsig, sie davon zu
trennen.
Trokenes Chlor hat bekanntlich keine Wirkung auf ebenfalls trokene schwefliche
Saͤure, waͤhrend bei Dazwischenkunft des Wassers beide Gase sich
bekanntlich in Chlorwasserstoffsaͤure (Salzsaͤure) und
Schwefelsaͤure umaͤndern. Die Aehnlichkeit, welche das Chlor und das
Jod in ihren Eigenschaften zeigen, machte es mir wahrscheinlich, daß lezteres ein
aͤhnliches Verhalten zur schweflichen Saͤure haben wuͤrde; um
mich davon zu versichern, ließ ich in einen Ballon schweflichsaures Gas streichen,
das durch Chlorcalcium getroknet war und Joddaͤmpfe, die aus Jod entwikelt
wurden, welches zuvor geschmolzen worden war. Wie ich aber auch immer den Versuch
abaͤndern mochte, konnte ich doch keine Verbindung hervorbringen; als ich
aber fluͤßige schwefliche Saͤure anwandte, loͤste sich das Jod
darin unter sehr merklicher Erwaͤrmung außerordentlich leicht in Menge
auf.
Die Aufloͤsung, welche anfangs farbenlos ist, nimmt eine dunkelbraune Farbe
an, wenn sie mehr Jod aufnimmt. Wenn man mit dem Zusaze von Jod aufhoͤrt,
sobald die Fluͤßigkeit nicht mehr gefaͤrbt ist, und nicht mehr nach
schweflicher Saͤure riecht, so hat man eine Aufloͤsung von
Schwefelsaͤure und Jod-Wasserstoffsaͤure. Ich habe dieselbe auf
verschiedene Art analysirt und immer gefunden, daß die Fluͤßigkeit 1 Atom
Schwefelsaͤure auf 2 Atome Jodwasserstoffsaͤure enthaͤlt;
daraus folgt, daß 2 Atome Jod 1 Atom schweflicher Saͤure zerstoͤrten,
und daß durch die Zersezung des Wassers, 1 Atom Sauerstoff die schwefliche Saͤure in
Schwefelsaͤure umaͤnderte, waͤhrend 2 Atome Wasserstoff mit dem
Jod 2 Atome Jodwasserstoffsaͤure gebildet haben. Dieser Versuch
bestaͤtigte also meine Vermuthung und das Jod verhaͤlt sich zur
schweflichen Saͤure genau so wie das Chlor.
Wenn man die Aufloͤsung der beiden Saͤuren im luftleeren Raume
verdampft, so faͤrbt sich die Fluͤßigkeit roth, und es entwikelt sich
schwefliche Saͤure in dem Augenblike, wo Jodhaltige
Jodwasserstoffsaͤure entsteht. Man erhaͤlt am Ende einige
nadelfoͤrmige Krystalle, die, wie ich glaube, eine neue Verbindung sind, auf
welche ich in einer anderen Abhandlung zuruͤkkommen werde. Bei dieser
Gelegenheit will ich nur auf die sehr regelmaͤßige Krystallisation des Jods
aufmerksam machen. Ich hatte einige dieser Nadeln, welche noch von Mutterlauge
verunreinigt waren, in einem wohl verschlossenen Glase aufbewahrt. Nach und nach
sezte sich das Jod, welches sich verfluͤchtigt hatte, an den
Seitenwaͤnden des Glases in Krystallen ab, die groͤßtentheils sehr
klein und sehr rein waren. Ich erkannte darunter ein zugespiztes
Triangulair-Dodecaëder; dasselbe an der Spize abgestumpft; ein
zugespiztes Rhomboëder. Andere verwikeltere Krystalle konnten wegen ihrer
Kleinheit nicht wohl bestimmt werden.
Ich habe nun erwiesen, daß bei Dazwischenkunft des Wassers das Jod und die
schwefliche Saͤure sich in Jodwasserstoffsaͤure und
Schwefelsaͤure umaͤndern; nun muß bei dem Verfahren, wornach man
gegenwaͤrtig das Jod darstellt, eine gewisse Quantitaͤt dieser
Produkte entstehen, und das Koͤnigswasser, welches mit dem Jod
uͤberdestillirt, muß eine betraͤchtliche Quantitaͤt davon
enthalten. Wir wollen jezt sehen, wie weit der Versuch diese Vermuthung
bestaͤtigt hat.
Ich destillirte zuerst concentrirte Schwefelsaͤure uͤber Jodkalium;
anfangs entstand viel Jod, und es entwickelte sich schweslichsaures Gas. Gegen das
Ende der Operation ließ die Entbindung von schweflichsaurem Gase nach, und ich hatte
als Produkt Jod und eine braune viel Jod enthaltende Fluͤßigkeit. Vermittelst
des Queksilbers schied ich es von der Jodwasserstoffsaͤure und der
Schwefelsaͤure, welche damit gemengt waren, ab. Bei diesem Versuche ging also
wirklich Jod verloren, und es bildete sich Schwefelsaͤure und
Jodwasserstoffsaͤure. Daß das schweflichsaure Gas sich im Anfange des
Versuches entwikelte, ruͤhrt daher, weil alsdann das Wasser von der concentrirten
Schwefelsaͤure staͤrker zuruͤckgehalten wurde, diese aber nach
und nach durch das Hinzukommen von neuem Wasser und den Verlust eines Theiles der
Saͤure geschwaͤcht wurde.
Vermengt man Jodkalium mit Manganperoxyd (Braunstein) und bedient sich der
concentrirten Schwefelsaͤure, so erhaͤlt man keine Spur schweflicher
Saͤure, und alles Jod sublimirt sich fast ohne Fluͤßigkeit; dieses
ruͤhrt daher, weil das Manganoxyd die schwefliche Saͤure
zuruͤkhaͤlt. Wollaston hat bekanntlich
vorgeschlagen, das Manganperoxyd zu diesem Zweke anzuwenden, aber in der Absicht der
Jodwasserstoffsaͤure ein neues Desoxydationsmittel darzubieten. Bedenkt man
aber, daß die Schwefelsaͤure nur langsam auf dieses Oxyd wirkt, hingegen fast
augenbliklich auf das Jodkalium, so wird man es wahrscheinlicher finden, daß das
Manganoxyd hier auf die Art nuͤzt, daß es die schwefliche Saͤure
absorbirt.
Einen anderen Versuch stellte ich mit Jodkalium und Schwefelsaͤure an, die mit
vier Theilen Wasser verduͤnnt war; alles loͤste sich auf. Die
Fluͤßigkeit hatte eine gelbe Farbe, und einen schwachen Geruch nach Jod
angenommen. Ich destillirte mit der Vorsicht, daß ich die verschiedenen Produkte
besonders auffing, und erhielt anfangs eine gelbe saure nach Jod riechende
Fluͤßigkeit, welche durch Queksilber entfaͤrbt wurde, waͤhrend
die Saͤure zuruͤkblieb; auch durch Kochen wurde sie entfaͤrbt.
Neutralisirt und mit Queksilbersublimat versezt, gab sie einen Niederschlag von
rothem Jodqueksilber. Diese Fluͤßigkeit war also ein Gemenge von
Jodwasserstoffsaͤure und Jod. Das zweite Produkt war farbelos, es war
Jodwasserstoffsaͤure. Das dritte Produkt hatte eine braune Farbe und roch
stark nach Jod; es bestand aus viel Jod, Jodwasserstoffsaͤure und
Schwefelsaͤure. Das vierte Produkt war eine truͤbe sehr rauchende
Fluͤßigkeit; sie enthielt viel Jod, Schwefelsaͤure und
Jodwasserstoffsaͤure.
Aus dem vorhergehenden Versuche ergibt sich also, daß die Schwefelsaͤure
anfangs die Jodwasserstoffsaͤure ausgeschieden hatte; hierauf hatte sich
durch eine Erhoͤhung der Temperatur eine Reaction zwischen den beiden
Saͤuren eingestellt, und sich Jod und schwefliche Saͤure gebildet,
welche sich groͤßtentheils auf Kosten des Wasserdampfes wieder in
Schwefelsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure umaͤnderten.
Um mich in die Umstaͤnde zu versezen, worin sich die Jodfabrikanten befinden,
ließ ich die concentrirte Schwefelsaͤure auf ein Gemenge aus gleichen Theilen
Jodkalium, Salpeter und Kochsalz einwirken. Die Einwirkung war sehr heftig, und es
verdichtete sich anfangs ein wenig Chlorjod, hierauf eine braune sehr dunkle und
sehr dike Fluͤßigkeit. Diese sezte zwar Jod ab; es konnte jedoch viel
leichter durch Zusaz von ein wenig Wasser abgeschieden werden. Der fluͤßige
Theil enthielt Jod und Chlor, die man von einander mittelst salpetersaurem Silber
und Ammoniak unterschied. Uebrigens fand sich in dem destillirten Produkte weder
Schwefelsaͤure noch Jodwasserstoffsaͤure. Der Ruͤkstand in der
Retorte hatte eine große Dichtigkeit; er war wenig gefaͤrbt, und roch schwach
nach Salpetergas; durch das Erkalten wurde er ganz fest, und wenn man Wasser auf die
Masse goß, entbanden sich daraus Daͤmpfe von Salpetergas; wurde sie hingegen
in Gloken uͤber Queksilber, und also bei abgeschlossener Luft mit Wasser
zusammengebracht, so erhielt man ein farbeloses Gas, das roͤthlich wurde,
sobald es mit der Luft in Beruͤhrung kam.
Die Entstehung aller dieser Produkte ist leicht zu erklaͤren; die
Schwefelsaͤure scheidet die Jodwasserstoffsaͤure, die
Salzsaͤure und Salpetersaͤure ab. Sie verwandelt erstere in Wasser,
schwefliche Saͤure und Jod. Die Salpetersaͤure und Salzsaͤure
zersezen sich gegenseitig, und es entsteht Chlor und salpetriche Saͤure. Das
Chlor verwandelt einen Theil des Jods in das Chloruͤr; die salpetriche
Saͤure destillirt zum Theil uͤber, waͤhrend sie zum
groͤßeren Theile auf das Wasser und die schwefliche Saͤure wirkt, und
die Verbindung von Schwefelsaͤure mit hyposalpetricher Saͤure bildet,
die zuerst von den HHrn. Clément und Deformes bemerkt, und seitdem von William Henry untersucht wurde.Vergleiche polyt. Journ. Bd. XXIV. S.
146. A. d. R.
Diese vorlaͤufigen Versuche erklaͤrten mir den Proceß bei der
Jodfabrikation und um keinen Zweifel uͤbrig zu lassen, suchte ich nun Jod aus
der Mutterlauge der Varechsoda darzustellen. Ich unterließ nicht, die Mutterlauge,
deren ich mich bediente, mit Reagentien zu pruͤfen. Salzsaurer Baryt brachte
darin keinen Niederschlag hervor, und Essigsaͤure entwikelte daraus kein
kohlensaures Gas; es waren daher weder schwefelsaure noch kohlensaure Salze darin
vorhanden. Kohlensaures Natrum und sauerkleesaures Ammoniak bewirkten einen
reichlichen Niederschlag; doppeltkohlensaures Natrum faͤllte kohlensauren
Kalk unter Aufbrausen und die filtrirte Fluͤßigkeit zum Sieden erhizt, gab
Bittererde als weißen Niederschlag, waͤhrend sich Kohlensaͤure
entband. Es ist eine sehr merkwuͤrdige und bis jezt noch unerklaͤrte
Thatsache, daß Kalk- und Bittererdesalze in so reichlicher Menge in einer
Fluͤßigkeit vorkommen, die anfangs kohlensaures Natrum enthielt.
Als diese Mutterlauge abgedampft wurde, entwikelten sich bald Daͤmpfe von Jod
und salpetricher Saͤure, eine Thatsache, welche schon von den HHrn. Robiquet und Colin beobachtet
wurde. Diese Erscheinung beruht auf einer bekannten Eigenschaft der salzsauren,
jodwasserstoffsauren und salpetersauren erdigen Salze, daß naͤmlich sich die
Saͤure von der Basis trennt, wenn diese Salze in wenig Wasser
aufgeloͤst sind.
Ich habe bereits gezeigt, daß es vortheilhaft ist, die Mutterlauge zu concentriren,
weil man dann bei der Destillation weniger Fluͤßigkeit erhaͤlt, und
durch leztere immer ein Theil des Produktes verloren geht. Es ist daher ein
Uebelstand, daß man gezwungen ist, die Mutterlauge in fluͤßigem Zustande
anzuwenden, den man doch nicht vermeiden kann, weil die Concentration derselben
schon hinreicht, Jod zu verfluͤchtigen. Ich destillirte also diese
Mutterlauge mit concentrirter Schwefelsaͤure, ohne jedoch die geringste Spur
von Jod zu erhalten.Hr. Robiquet hatte Gelegenheit, eine
aͤhnliche Mutterlauge zu untersuchen. A. d. O. Es entwikelte sich viel Chlor, Salpetergas und es entstand eine dunkle
Fluͤßigkeit, welche nach Jod roch und sehr sauer war. Die Untersuchung
derselben ergab, daß sie viel Chlor und wenig Jod, aber keine Schwefelsaͤure
enthielt. Hier zeigten sich also dieselben Erscheinungen, wie bei der Destillation
des Gemenges von Jodkali um Salpeter und Kochsalz mit concentrirter
Schwefelsaͤure; mit dem Unterschiede jedoch, daß alles Jod in das
Chloruͤr umgeaͤndert worden war. Die Natur dieser Mutterlauge macht es
also unmoͤglich, daraus das Jod nach dem gewoͤhnlichen Verfahren
abzuscheiden. Wendet man dieses Verfahren bei Mutterlaugen an, die viel
reichhaltiger an Jod sind, so kann man wohl einen Theil Jod daraus gewinnen, aber es
geht immer viel
davon verloren, weil alle diese Mutterlaugen viel salzsaures Salz enthalten. Noch
einen Unterschied muß ich bemerken, der bei der Destillation der Varechsoda Statt
findet, daß naͤmlich der Ruͤkstand von der Operation nicht die
Verbindung von Schwefelsaͤure mit hyposalpetricher Saͤure
enthaͤlt, weil dieselbe bei der Gegenwart von Wasser nicht existiren kann,
und daher in dem Maße, als sie sich bildet, auch wieder zersezt wird.
Sollte nun eine im Großen anwendbare Methode aufgefunden werden, das Jod aus dieser
Mutterlauge abzuscheiden, so handelte es sich vor allem darum, es von den
salpetersauren und salzsauren Salzen zu trennen, zu welchem Ende ich es in ein
unaufloͤsliches Salz umaͤnderte. In dieser Hinsicht glaubte ich mich
entweder auf das essigsaure Blei oder das schwefelsaure Kupfer beschraͤnken
zu muͤssen, die beide unaufloͤsliche Joduͤre bilden und im
Handel wohlfeil genug bezogen werden koͤnnen, um dazu verwandt zu werden. Das
Blei bietet wenig Vortheil dar, weil sein Chlorid als sehr schwer aufloͤslich
nur durch haͤufiges Auskochen abgeschieden werden kann; das Kupfer aber hat
wieder einen anderen Uebelstand, daß es naͤmlich nur die Haͤlfte des
Jods niederschlaͤgt; es laͤßt sich jedoch zur Fabrikation dieses
Koͤrpers anwenden; bevor ich aber das Verfahren, welches ich hierzu in
Vorschlag bringe, beschreibe, muß ich die Eigenschaften des Jodkupfers auseinander
sezen.
Wenn man eine Aufloͤsung von Jodkalium mit neutralem schwefelsaurem Kupfer
niederschlaͤgt, so entsteht ein schwachgruͤner Niederschlag, und die
Fluͤßigkeit enthaͤlt Jod aufgeloͤst; das Joduͤr, welches
niederfaͤllt, ist also dem Kupferoxyde nicht proportional.
Suͤßt man diese Jodverbindung aus, und troknet sie bei 40° C., so
erscheint sie von gruͤnlichweißer Farbe.
Sie ist in Wasser unaufloͤslich.
Wenn man sie in einer Glasroͤhre erhizt, so gibt sie 4 Proc. Wasser aus; bei
der Rothgluͤhhize aber schmilzt sie und gibt eine braune Masse, deren Pulver
gruͤn ist.
In der Waͤrme wird das Jodkupfer von der Schwefelsaͤure und
Salpetersaͤure zersezt. Man erhaͤlt Jod, schwefliche Saͤure
oder salpetriche Saͤure, und schwefelsaures oder salpetersaures Kupfer.
Mit Kali behandelt, gibt es einen rothen Niederschlag von Kupferoxydul. Dieser
Niederschlag loͤst sich langsam in Aezammoniak in Beruͤhrung mit der
Luft auf, und faͤrbt es blau.
Ich habe dieses Joduͤr analysirt, indem ich es zuerst mit Kali zersezte, den
Niederschlag aussuͤßte und durch Aufloͤsen in Salpetersaͤure,
Abdampfen und Gluͤhen in Kupferoxyd umaͤnderte; 2,35 Grammen Jodkupfer
gaben 0,925 Gr. Kupferoxyd. Nach dem Gehalte an Wasser haͤtten 2,35 Grammen
des Joduͤrs 0,942 Gr. Kupferoxyd geben sollen, in der Voraussezung, daß
dieses Joduͤr dem Kupferoxydule entspricht. Die geringe Differenz, welche der
Versuch ergab, ruͤhrt daher, daß das Kali Spuren von Kupfer aufloͤst.
Ich will hier nur noch bemerken, daß das Wasser in dieser Verbindung in solcher
Menge enthalten ist, daß es gerade hinreicht, sie in ein jodwasserstoffsaures Salz
umzuaͤndern; der Theorie nach muͤssen es 0,045 Gr. seyn; die Analyse
gab 0,040.
Nun will ich das Verfahren beschreiben, welches ich statt des jezt bei der
Jodfabrikation gebraͤuchlichen vorschlage.
Man verduͤnnt die Mutterlauge von der Varechsoda mit 4 bis 5 Theilen Wasser,
und versezt sie dann so lange mit einer Aufloͤsung von schwefelsaurem Kupfer,
bis kein Niederschlag mehr entsteht; diesen laͤßt man nun sich sezen,
scheidet die uͤberstehende Fluͤßigkeit ab und gießt frisches Wasser
auf das basische Jodkupfer. Man gießt nun neuerdings die Fluͤßigkeit ab und
vereinigt dieses Aussuͤßewasser mit ersterer Fluͤßigkeit. Der
Niederschlag wird nun noch vollstaͤndig ausgesuͤßt und dann
getroknet.
Die beiden ersten Aussuͤßewasser, welche aufbewahrt wurden, versezt man mit
einer Aufloͤsung von schwefelsaurem Kupfer und dann mit Eisenfeile, und
bewegt sie so lange, bis sie nicht mehr nach Jod riechen. Es faͤllt nun
zugleich basisches Jodkupfer und metallisches Kupfer nieder, die mit der
uͤberschuͤßigen Eisenfeile gemengt bleiben. Das Jodkupfer wird von dem
metallischen Niederschlage abgeschlaͤmmt, ausgewaschen und getroknet. Diese
mechanische Abscheidung muß aber sogleich nach der Faͤllung vorgenommen
werden, weil sich sonst das Eisen oxydirt und von dem Joduͤre dann nicht mehr
getrennt werden kann; die Oxydation des Eisens geht wirklich sehr schnell vor sich,
was wohl von der galvanischen Einwirkung dieser beiden Metalle herruͤhrt.
Das schwefelsaure Kupfer, welches man in die Mutterlauge der Varechsoda gießt,
schlaͤgt daraus nur die Haͤlfte des Jods nieder; das uͤbrige
bleibt mit den salzsauren und salpetersauren Salzen aufgeloͤst. Das Eisen
verwandelt dieses Jod in Jodeisen, und lezteres gibt durch gegenseitige Zersezung
mit dem schwefelsauren Kupfer ein basisches Joduͤr und Jod. Es bleibt jedoch
kein uͤberschuͤßiges Jod aufgeloͤst, und zwar aus zwei
Ursachen: erstens, weil in dem Maße, als sich das Jod abscheidet, das Eisen es
neuerdings in Joduͤr umaͤndert, und dann, weil das metallische Kupfer,
welches durch das Eisen niedergeschlagen wurde, das Jod absorbiren und in
Joduͤr umaͤndern kann; diese Eigenschaft ließe sich auch wohl
benuͤzen, um das Jod aus der zweiten Fluͤßigkeit abzuscheiden. Das
basische Joduͤr legt sich auf der Oberflaͤche des Kupfers an, trennt
sich aber durch das Umruͤhren leicht davon.
Das Eisen, welches gebraucht wird, um die zweite Portion des basischen
Joduͤres niederzuschlagen, kann als Eisenfeile angewandt werden; es ist
jedoch vortheilhaft, es nicht zu sein anzuwenden, und auch durch Abreiben und
Auswaschen das Oxyd, welches ihm anhaͤngt, abzuscheiden. Wenn die Eisenfeile
aus schweren Theilen besteht, kann man sie leichter von dem Jodkupfer trennen.
Das durch diese zwei Operationen gewonnene Jodkupfer wendet man nun zur Darstellung
des Jods an. Ich habe zwei verschiedene Methoden befolgt, es daraus abzuscheiden:
die eine besteht darin, das Joduͤr mit Schwefelsaͤure, die andere
darin, es mit Braunstein zu zersezen.
Das basische Jodkupfer wird mit seinem doppelten oder dreifachen Gewichte Braunstein
und soviel concentrirter Schwefelsaͤure vermengt, daß leztere hinreicht,
einen Teig zu machen, welchen man sodann in einem geeigneten Destillationsapparate
so erhizt, daß das Joduͤr zersezt und das Jod verfluͤchtigt wird. Man
erhaͤlt bei dieser Destillation eine gewiße Quantitaͤt Wasser, weil
das Joduͤr davon enthaͤlt, und die Schwefelsaͤure Wasser in dem
Augenblike abgibt, wo sie in Verbindung tritt. Dieses bringt jedoch keinen
Nachtheil, weil das Jodhaltige Wasser leicht in Jodkupfer umgeaͤndert werden
kann. Wollte man verhindern, daß Wasser mit dem Jod uͤberdestillirt, so
muͤßte man das Joduͤr uͤber dem Feuer troknen, was jedoch bei
dem Niederschlage, der durch die zweite Behandlung erhalten wird, nicht wohl
thunlich ist, denn er ist fast immer mit Eisenoxyd gemengt, welches die Eigenschaft
hat, bei einer hoͤheren Temperatur das Jod auszutreiben.
Da das Manganoxyd dieselbe Eigenschaft und noch dazu in einem hoͤheren Grade
hat, als das Eisenoxyd, so kann es vortheilhaft zur Zersezung des Jodkupfers
angewandt werden. Diese Operation ist außerordentlich einfach und besteht darin, das
Gemenge aus den beiden Koͤrpern in einem Reverberirofen zu erhizen und die
Produkte in geeigneten Gefaͤßen zu sammeln. Wenn man anfangs die Masse einer
gelinden Hize aussezt, so destillirt fast bloßes Wasser uͤber. Uebrigens
erhaͤlt man waͤhrend der ganzen Operation Wasser; es ruͤhrt von
dem schwefelsauren Kalke her, der sich zugleich mit dem Jodkupfer
niederschlaͤgt. Spaͤter erscheinen die Joddaͤmpfe und
verdichten sich zu Krystallen. Der Ruͤkstand von dieser Operation ist, was
den Fabrikanten nicht gleichguͤltig seyn kann, pulverig, und kann daher
leicht aus den Gefaͤßen genommen werden, ohne daß es noͤthig ist, sie
zu zerschlagen.
Die Zersezung, welche der Braunstein bewirkt, ruͤhrt daher, daß dieser
Koͤrper Sauerstoff verliert, welcher fast alle Joduͤre zersezen kann.
Diese Wirkung wird noch durch das Bestreben der Oxyde sich zu vereinigen
erleichtert, daher auch das Eisenoxyd, obgleich es der hoͤchsten Temperatur
widersteht, dennoch geeignet ist, das Jodkupfer zu zersezen.
Durch das so eben beschriebene Verfahren habe ich aus 2000 Grammen Mutterlauge 25 Gr.
troknes Jod erhalten; dabei ist noch zu bemerken, daß ich mich einer an Jod armen
Maͤßigkeit bediente, woraus ich nach dem gewoͤhnlichen Verfahren keine
Spur Jod darstellen konnte. Wenn man reichhaltigere Fluͤßigkeiten in Arbeit
nimmt, so wird sich die Quantitaͤt des Jods um alles Jod noch vermehren,
welches bei dem gewoͤhnlichen Verfahren in Chlorjod umgeaͤndert worden
waͤre.Dieses oder ein ganz aͤhnliches Verfahren duͤrfte wohl mit
Vortheil zur Darstellung des Jods aus dem Mineralwasser zu Heilbrunn in
Bayern (polyt. Journ. Bd. XIX. S.
181) angewendet werden koͤnnen, da man hierbei nicht
noͤthig haͤtte, es sehr weit abzudampfen. A. d. R.
Wahrscheinlich werden die Fabrikanten an diesem Verfahren Abaͤnderungen
vornehmen. Sie werden es ohne Zweifel vortheilhaft finden, sich Verdichter zu
bedienen, die bloß an dem oberen Theile abgekuͤhlt werden; das Jod wird sich dann hier verdichten,
waͤhrend sich eine wenig Jod enthaltende Fluͤßigkeit in dem unteren
Theile des Recipienten sammeln wird.
Die Jodfabrikanten muͤßen nun bestimmen, was vortheilhafter ist, das Jodkupfer
mit Schwefelsaͤure zu zersezen, oder mir Braunstein. Auch muͤßen sie
untersuchen, ob es nicht zwekmaͤßiger ist, von den beiden
Niederschlaͤgen von Jodkupfer jeden fuͤr sich zu verarbeiten. Der eine
enthaͤlt schwefelsauren Kalk, und koͤnnte ohne Nachtheil getroknet
werden; der andere enthaͤlt Eisenoxyd und gibt Jod ab, ehe er noch
vollstaͤndig gegetroknet ist. Da ich nur mit geringen Quantitaͤten
arbeiten konnte, so war es mir natuͤrlich nicht moͤglich, uͤber
diese Fragen zu entscheiden. Mangel an Mutterlauge verhinderte mich auch, eine
andere Beobachtung hinreichend aufzuklaͤren. Ich glaubte bemerkt zu haben,
daß der Niederschlag von Jodkupfer, welcher durch die directe Einwirkung des
schwefelsauren Kupfers auf die Mutterlauge entsteht, mehr Jod abgibt, als das
Jodkupfer, welches vermittelst des metallischen Eisens niedergeschlagen worden ist.
Diese Thatsache, welche mit den Erscheinungen, die das reine Jodkalium darbietet, in
Widerspruch steht, ließe sich durch die Umaͤnderung des Jods in
Jodwasserstoffsaͤure durch irgend eine in der Mutterlauge enthaltene
organische Substanz erklaͤren.
Aus den in dieser Abhandlung angefuͤhrten Thatsachen folgt:
1) daß das Jod sich zur schweflichen Saͤure gerade so wie das Chlor
verhaͤlt;
2) daß die Schwefelsaͤure, welche man mit Jodkalium destillirt, außer Jod
immer auch Schwefelsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure gibt, und zwar
beide in desto geringerer Quantitaͤt, je concentrirter die
Schwefelsaͤure ist;
3) daß man die Bildung der Schwefelsaͤure und Jodwasserstoffsaͤure
durch Braunstein verhindern kann;
4) daß, wenn man ein Joduͤr, ein Chlorid und ein salpetersaures Salz mit
Schwefelsaͤure destillirt, das Jod ganz oder zum Theile in Chlorjod
umgeaͤndert wird, und daß die Schwefelsaͤure dann in dem
Destillirgefaͤße in chemischer Vereinigung mit hyposalpetricher Saͤure
zuruͤkbleibt;
5) daß waͤhrend der Behandlung der Varechmutterlauge mit Schwefelsaͤure ein
großer Theil des Jods in Chlorjod umgeaͤndert wird;
6) daß die Umaͤnderung des Jods in basisches Jodkupfer, und die Zersezung
dieses Salzes mit Schwefelsaͤure oder Braunstein das beßte Mittel zu seyn
scheint, alles Jod aus der Mutterlauge der Varechsoda abzuscheiden.
7) daß man bis jezt kein Jodkupfer kennt, das dem Kupferoxyde proportional
waͤre, und daß dasjenige, welches man durch doppelte Zersezung mit einem
neutralen Kupferoxydsalze erhaͤlt, ein basisches Jodkupfer ist.