Titel: | Ueber den Stollen unter der Themse. |
Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. LXIX., S. 284 |
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LXIX.
Ueber den Stollen unter der Themse.
Ueber den Stollen unter der Themse.
hat, nach dem Mechanics' Magazine, N. 216, 13. Oktober
S. 201, die Gesellschaft, die diese unterirdische Durchfahrt baut, ein
eigenes kleines Werk unter dem Titel: „Sketches and
Memoranda of the Works for the Tunnel under the Thames from Rotherhithe to
Wapping“ herausgegeben, und das Mechanics' Magazine, liefert hieraus folgenden Auszug nebst der Abbildung
Fig. 19.
auf Tab. V.
A, ist ein Querdurchschnitt des eisernen Rahmens oder
Schildes, welcher das Vordertheil des Stollens dekt, und in dessen zwoͤlf
Abtheilungen die Bergleute und Maurer arbeiten.
E, die Oeffnung, ungefaͤhr 5 Fuß auf 2 Fuß 6
Zoll, durch welche das Wasser am 18. Mai hereinbrach, und den ganzen Stollen
ersaͤufte.
Die punctirte Linie, F, F, zeigt den Zustand des
Flußbettes unmittelbar nach dem Einbruche.
Die Hoͤhlung bei, E, wurde mit Thonsaͤken
ausgefuͤllt, als das Bett an einer anderen Stelle (es wird nicht gesagt, ob
bei G oder bei H) nachgab,
ein neuer Einbruch entstand, und durch ein bestaͤndigos Ebben und Fluchen des
Stromes bis zur weiteren Tiefe, B, B, weggewaschen
wurde.
Die ganze Hoͤhlung, CDHE, wurde nun mit
Saͤken, die mit Thon und Schutt gefuͤllt wurden, angefuͤllt,
und daruͤber von, C, bis, D, in Theer getauchtes Segeltuch gelegt, welches durch
Gußeisen-Klammern unten fest gehalten wird; auf dieses Segeltuch wurde Schutt
geworfen, und „so eine feste, dem Strome undurchdringliche, Masse
gebildet.“
Man schaͤzt die durch den Einbruch in den Stollen eingeschwemmte
Schutt-Masse auf 1000 Tonnen (20,000 Ztr. oder 1000 Karren Lasten), welche
jezt wieder aus dem Stollen geschafft sind.
Man wird bemerken, daß der Schaden nicht so groß gewesen waͤre, wenn die Ebbe
und Fluth nach dem Einbruche nicht so viel von dem Flußbette weggeschwemmt
haͤtte. Hr. Peter Keir entwarf einen Plan zur
Beseitigung dieses Nach theiles, der aber dem minder kraͤftigen Vorschlage
des Herrn Brunel weichen mußte. Hr. Keir schlug naͤmlich vor, den Schacht des Stollens bis zu einer
solchen Hoͤhe mit Thon zu fuͤllen, daß das Wasser weder aus noch ein
konnte, und nur noch
Raum fuͤr die Saugpumpen uͤbrig bliebe; daß, wenn das Loch bei, E, verstopft ist, das Wasser in dem horizontalen Stollen
ausgepumpt, und der Thon dann aus dem Schachte wieder ausgefoͤrdert werden
sollte. Hr. Brunel ließ aber das Wasser durch eine
Dampfmaschine in dem Verhaͤltnisse aus dem Schachte auspumpen, als es durch
die Ebbe entwichen seyn wuͤrde; obschon nun das Wasser hierdurch von der
Ruͤkkehr abgehalten wurde, hatte es doch waͤhrend des Steigens bei der
Fluth wieder freien Zutritt, und es ward auf diese Weise nur die Haͤlfte des
Unheiles beseitigt.
Der Verfasser dieser Memoranda laͤßt es sich sehr
angelegen seyn zu beweisen, daß ungeachtet dieses Unfalles „die Arbeiten
in diesem Stollen das Bett der Themse nicht beschaͤdigten.“
Man kann also ohne Nachtheil 1000 Karren Lasten Erde und Schutt von irgend einer
Stelle eines Flußbettes wegnehmen! Daß die Schifffahrt hierdurch nicht merklich
litt, ist indessen richtig.
Die Schichten, durch welche der Stollen durchgegraben wurde, senken sich nach der
Angabe gleichfoͤrmig um 1 1/2, p. Cent, und der Stollen selbst von 3 bis 1
1/2, p. C., so daß beim Einbruchspuncte, 500 Fuß von dem Schachte oder Thurme, die
Sohle um 6 Fuß tiefer war, als beim Eingange.
Der First oder die Woͤlbung des Stollens soll nie weniger heißt es
„als 14 Fuß von dem Grunde der Themse entfernt seyn.“ Dieß
ist aber zwei Fuß mehr als das Minimum, welches Hr. Brunel anfangs verlangte. Wie nun dieser Ueberschuß erhalten werden konnte
bei 500 Fuß Laͤnge, laͤßt sich nicht einsehen, indem es ungereimt
waͤre anzunehmen, daß der Stollen sich ploͤzlich um so viel senken
sollte.
Eine Deke von 14 Fuß gewaͤhrt aber noch wenig Sicherheit, wo Loͤcher
von 9 Fuß, wie bei dem fruͤheren Versuche im J. 1809, und wie
gegenwaͤrtig von 17 Fuß einfielen. Es waͤre gut, wenn Hr. Brunel auf etwas anderes baute, als auf die
Maͤchtigkeit des Lagers uͤber dem Firste. Es wurde im Mechan. Magaz. VII. B. S. 365, 397 von einem
kuͤnstlichen Schilde gesprochen, der gegen das Eindringen des Wassers sichern
koͤnnte, das Erdlager selbst mochte von was immer fuͤr einer Art seyn,
und es thut uns Leid, daß wir nichts dergleichen in diesem Werke erwaͤhnt
finden. Hr. Brunel scheint zufrieden, daß es ihm gelang
ein Loch zu verstopfen, um dadurch durch von seinen Freunden erwarten zu duͤrfen, daß
sie mit ihm auch noch die Gefahr eines zweiten bestehen wollen.
Bei einer der neuesten Sizungen der Gesellschaft zeigte sich, daß nur mehr 25,000 Pf.
Sterl. vorraͤthig sind, und daß diese 25,000 Pf. selbst mit jener Summe,
welche die Gesellschaft in Folge Parliaments-Actes noch aufzunehmen
berechtigt ist, nicht zur Vollendung hinreichten.In einer kleinen Schrift, von welcher bereits die fuͤnfte Ausgabe
erschienen ist: „The Origin, Progress, and
present State of the Thames-Tunnel, and the advantages likely
to accrue from it' both to the proprietors and to the Public. V.
Edition, 8. Lond. 1827 Effingham Wilson, royal
Exchange“ (28 S. mit einem Kupfer) wird der Ueberschlag
der Baukosten von Hrn. Brunel zu 160,000 Pf.
angegeben. Das Parliament bewilligte 200,000 Pf., und als Zubuße noch 50,000
Pf. aufzunehnehmen. An Actien gingen bisher ein 182,000 Pf. Da nun die
Waterloo-Bruͤke ihren Besizern 14,000 Pf., die
Vauxhall-Bruͤke 8,500 Pf. jaͤhrliches Einkommen
traͤgt (leztere also 4 p. Cent, und erstere 6 p. C.), so laͤßt
sich ein noch hoͤherer Ertrag von der unterirdischen Bruͤke
erwarten. A. d. U. Die Breite des Flusses von einem Ufer zu dem anderen ist hier 1000 Fuß, und
die Laͤnge des Stollens von einem Thurme zu dem anderen 1300 Fuß. Es sind
erst 550 Fuß fertig, und es bleiben noch 750 Fuß auszugraben und auszumauern
uͤbrig. Die Directoren gestehen, daß sie das Werk ohne Beihuͤlfe der
Regierung, d.h. mit anderen Worten, ohne den großen Sekel des Publicums, aus welchem
die Regierungen ihre Geschenke geben, nicht vollenden koͤnnen.
Wir sind weit entfernt zu behaupten, daß die Regierung klug daran thaͤte, wenn
sie ihren Beistand versagte; wir finden es aber wahrscheinlich, daß sie, ehe sie
sich zu demselben bequemt, fragen wird:
Wie kommt's, daß die bisherigen Auslagen den Voranschlag so sehr
uͤberschritten, daß kaum etwas mehr als ein Drittel des Werkes die ganze zur Vollendung desselben bestimmte Summe
verschlang? Kommt dieß von dem Einbruche und dem eingedrungenen Wasser allein her?
Und wenn dieß der Fall ist, welche Buͤrgschaft hat man, daß dasselbe
Ungluͤk nicht wieder eintritt?
Man muß nicht vergessen, daß Hr. Brunel, als man ihm
hieruͤber Vorwuͤrfe machte, und ihn eines Fehlers in seiner Berechnung beschuldigte,
immer sagte: „es sey ihm nichts anderes begegnet, als worauf er vom ersten
Anfange her gefaßt war.“ Und wenn er darauf gefaßt war, so kann dieß
den maͤchtigen Unterschied zwischen Ueberschlag und Auslage nicht
herbeigefuͤhrt haben.
Wir wollen aber von Allem dem, was Hr. Brunel zu seiner
Vertheidigung sagte, Umgang nehmen, und glauben nicht, daß er wirklich auf das
Ungluͤk gefaßt war, daß sich ereignete; denn wie haͤtte er sonst
keinen Schritt zur Vermeidung desselben thun koͤnnen? Bei der Sizung am 19.
Junius sagte Herr Brunel
„die Ziegel, die er haͤtte, schienen ihm zu jung gewesen zu seyn;
sie konnten daher dem Wasser nicht den gehoͤrigen Widerstand
leisten.“ Wenn diese Ziegel aber auch so alt und fest wie der
aͤlteste Granit gewesen waͤren, wuͤrden sie vermocht haben,
unter diesen Umstaͤnden dem Eindringen des Wassers zu widerstehen? Hr. Brunel hat sich verrechnet und hat sich versprochen, oder
gesprochen, um etwas zu sprechen. Vielleicht wuͤrde er mehr Theilnahme und
Unterstuͤzung gefunden haben, wenn er geschwiegen haͤtte.
Das Mechanics' Magazine theilt nun eine
verbesserte Methode Stollen unter Wasser
durchzufuͤhren, von Hrn. Thom. Deakin, an
den Eisenwerken zu Blaͤnavon, mit Abbildungen,
mit, und bemerkt endlich, was wir schon laͤngst sagten,
und so oft wiederholten, „daß der Hauptfehler, den Hr. Brunel hier beging, und andere vor ihm begangen
haben, darin besteht, daß er nicht tief genug
einfuhr.“
„Stollen unter Wasser durchzuschlagen, war bisher in England eine
schwierige Sache. Mir altem Bergmanne scheint der Grund hiervon einleuchtend,
und darin gelegen, daß man nicht tief genug einfuhr, um jedem Hindernisse zu
begegnen, das an der tiefsten Stelle des Flußbettes aufstoßen konnte.
Gewoͤhnlich teufte man an jedem Ufer einen Schacht ab (wie
gegenwaͤrtig an der Themse), nur so tief, daß man unter das Flußbett kam;
die Arbeit ging so ziemlich gluͤklich fort, bis man in die Mitte des
Flusses gelangte, wo die Deke uͤber dem Firste zu schwach wurde, und den
Arbeitern uͤber dem Kopfe einbrach.“
„Ich sende Ihnen hier einen Plan, nach welchem man auf eine mehr
bergmaͤnnische Weise einen artigen Stollen schneller als bisher unter
Wasser durchfuͤhren kann. Ich schlage vor, den Stollen in der Mitte oder
uͤberhaupt an der tiefsten Stelle des Flusses anzufangen, und zwar 50 Fuß
unter dem Grunde oder Flußbette. Ich teufe zuerst bei, A, einen bloß 8 Fuß im Gevierte haltenden Schacht nach, B, ab,Es freut den Uebersezer, einen alten Bergmann hier denselben Vorschlag
machen zu sehen, den er, ohne Bergmann von Profession zu seyn, vor
einigen Wochen der Uebersezung von Hrn. Schlick's Bericht uͤber Brunel's Arbeiten in einer Note beifuͤgte. Wenn diese
unterirdischen Bruͤken einmahl haͤufiger verbreitet seyn
werden, wird man den Bau derselben nicht Baumeistern, sondern Bergleuten
uͤbertragen muͤssen. A. d. U. und treibe einen eben so weiten Stollen nach, C. An lezterem belege ich die Sohle mit luftdichter Holzbekleidung 3
Fuß uͤber der Erde, um Luft vom Kunstschachte, A, dadurch herabzuleiten. (Siehe Fig. 20.) Auf dieser
hoͤlzernen Sohle lasse ich die Hunde laufen, um die ausgegrabene Erde zu
Tage zu foͤrdern. Man kann entweder zwei Schachte haben, oder den einen
unterschlagen, wo dann ein Theil zur Luͤftung des Stollens dient, und der
andere zur Ausfoͤrderung der Erde. Die Luft steigt durch den Kunstschacht
nieder, geht unter dem Bretter-Boden nach, C,
kehrt uͤber demselben zuruͤk, und faͤhrt wieder bei dem
Schachte aus. Nun faͤngt man bei, C, an, den
Haupt-Stollen, oder die Durchfahrt, nach beiden Enden hin
durchzuschlagen, so daß man bei drei Fuß um 1 1/2, Zoll steigt, und schon am
Anfange 50 Fuß Deke hat. Je weiter man von, C, nach
beiden Seiten vorruͤkt, desto mehr entfernt man sich vom Wasser; denn es
ist nicht wahrscheinlich, daß das Flußbett nur um 1 1/2, Zoll auf drei Fuß gegen
seine Ufer steigt. Eine solche bergmaͤnnische Durchfahrt wird dann sehr
artig seyn.“
„Wir wollen annehmen, der Fluß habe bei Hochwasser 20 Fuß Tiefe. Von
seinem Grunde bis zum Firste der Durchfahrt wurden 50 Fuß angenommen. Die
Hoͤhe der Durchfahrt soll 20 Fuß betragen, so gibt dieß vom Wasserspiegel
bis zur Sohle der Durchfahrt 100 Fuß. Wenn diese um 1 1/2 Zoll auf 3 Fuß steigt,
so wird die ganze Laͤnge unter der Erde (unter Tag) 3900, oder 1950 Fuß
auf beiden Seiten von, C, bis, D, betragen, wo dann, wann die Oberflaͤche
der Erde nicht hoͤher ist als die des Hochwassers, die Durchfahrt zu Tage
kommen wird. Die Sohle wird von, D, bis, E, 450 Fuß weit laufen,Diese Streke muͤßte bedacht werden, damit kein Regenwasser in die
Durchfahrt laͤuft. A. d. Ueb. und die ganze Laͤnge der Sohle von, E, bis, E, 1600 Yards oder 4800 Fuß betragen.
Wenn die Durchfahrt endlich vollendet ist, nimmt man die Bretter von, A, bis, C, in dem
kleinen Stollen weg, und alles Wasser, das sich in der Durchfahrt einfinden mag,
kann in denselben abgeleitet, und durch den Kunstschacht herausgefoͤrdert
werden. Wollte man zwei Durchfahrten neben einander, so koͤnnen sie 60
Fuß weit von einander angebracht, und durch Seitenoͤffnungen von 8 Fuß im
Durchmesser unter einander verbunden werden. Die Aus oder Eingaͤnge der
Durchfahrt von, D, bis, E, koͤnnten dann so breit seyn, als beide Durchfahrten zusammen
genommen, und so eine Oeffnung von 100 □ Fuß vor jeder Ein- oder
Ausfahrt bilden.“
„Nach meiner Ansicht koͤnnte man sich bei dem Ausgraben dieser
Durchfahrt eiserner Kisten bedienen, die so eingerichtet sind, daß sie
fuͤr das in derselben aufzufuͤhrende Mauerwerk als Stuͤze
dienen koͤnnten. Nie sollte nach irgend einer Richtung in der
auszuschlagenden Durchfahrt, vorwaͤrts sowohl wie seitwaͤrts und
auf- und abwaͤrts, mehr als 18 □ Zoll auf ein Mahl
ausgeschlagen und nachgemauert werden. Solche kleine Oeffnungen lassen sich
jedes Mahl leicht und augenbliklich verstopfen, und alle Gefahr bei Arbeiten von
so gewagter Art sind auf diese Weise beseitigt.“