Titel: | Jacquart's Weberstuhl, auf welchem alles, was bisher durch sogenannte Züge mit dem Ziehjungen gewoben wurde, ohne diese Beihülfe verfertigt werden kann. |
Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. XCIV., S. 411 |
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XCIV.
Jacquart's Weberstuhl, auf
welchem alles, was bisher durch sogenannte Zuͤge mit dem Ziehjungen gewoben
wurde, ohne diese Beihuͤlfe verfertigt werden kann.
Aus dem Dictionnaire technologique, XI. B. S.
331.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.Hr. Prof. BernouilliBernoulli hatte die Guͤte, in unserem polytechn. Journ. VII. B. S. 52 diesen Weberstuhl, der in
der Weberei der sogenannten brochirten Zeuge ewig Epoche machen wird, zu
beschreiben. Da das Dictionnaire
technologique aber bessere Abbildungen desselben liefert, als wir
sie bisher irgendwo fanden, so hielten wir es fuͤr nuͤzlich, diese
Abbildungen zugleich mit der Beschreibung derselben hier mitzutheilen, um
denjenigen Lesern die diese Stuͤhle bisher nur dem Namen nach kennen,
einen deutlichen Begriff von denselben zu verschaffen. Da ein solcher Stuhl nur
200 Franken kostet, so waͤre es wohl am Besten, wenn jeder, der denselben
benuͤzen kann oder will, sich einen solchen kommen ließe. A. d. R. .
Jacquart's Weberstuhl, auf welchem alles ohne den Ziehjungen
gewebt werden kann.
Bekanntlich muß man zur Verfertigung der sogenannten
broschirten Zeuge von verschiedenen Dessins und Farben soviele Schuͤzen
haben, als man verschiedene Farben hat, und diese Schuͤzen muͤssen in
jener Ordnung nach und nach durchgeschossen werden, welche durch das Einlesen (Lissage)
vorlaͤufig bestimmt wurde.
Abgesehen von dem gewoͤhnlichen Spiele der Kettenfaden die den Grund des
Gewebes bilden, muͤssen alle jene Faden der Kette, die sich zugleich heben
muͤssen, um den Dessin zu bilden, ihre eigenen Lizen haben, die ehevor durch
ein Kind (den Ziehjungen) mittelst Schnuͤren, die nach einem gewissen Systeme
geordnet waren, in
einer gewissen Ordnung und in dem Augenblike, wo es der Weber befahl, gezogen
wurden. Man kann sich vorstellen, welche ungeheuere Verwikelung dadurch in der
Arbeit entstehen mußte, zumahl, wenn der Dessin viele Farben hatte. Jacquart's Verbesserung, durch welche dieser ganze
verworrene Mechanismus in einen einfachen regelmaͤßigen Mechanismus
verwandelt wurde, den der Weber selbst mittelst eines einfachen Tretschaͤmels
spielen lassen kann, wurde daher auch so zu sagen von dem Augenblike seiner
Erfindung an, die in die ersteren Jahre des 19. Jahrhundertes faͤllt,
allgemein mit Beifall aufgenommen und eingefuͤhrt. Hrn. Jacquart's Vorrichtung laͤßt sich an jedem gewoͤhnlichen
Weberstuhle anbringen. Sein Stuhl kostet nur 260 Franken.
Fig. 1. zeigt
diesen Stuhl im Aufrisse von vorne und herabgelassen.
Fig. 2. zeigt
den Querdurchschnitt desselben im Aufrisse in seiner hoͤchsten Lage.
Fig. 3. eben
so, nur in seiner unteren Lage.
A, ist der feststehende Theil des Gestelles, der mit dem
gewoͤhnlichen Weberstuhle Einen Koͤrper bildet. Er besteht aus zwei
hoͤlzernen senkrechten Pfeilern, die an ihren oberen Enden durch eben so
viele Querbalken vereinigt sind, welche einen Zwischenraum, x, y, zwischen sich lassen, in welchem das bewegliche Gestell, B, spielen, und um die beiden mitten in diesem
Zwischenraume, x, y, einander gegenuͤberstehenden
festen Puncte, a, a, sich hin und her schwingen
kann.
C, ist ein Stuͤk Eisen von einer besonderen
Kruͤmmung, welches man in Fig. 1. von vorne, in Fig. 2. und
3. von der
Seite sieht. Es ist mit einem Ende an dem oberen Querbalken des Gestelles, B, mit dem anderen auf dem mittleren Querbalken, b, desselben Gestelles befestigt, und bietet daselbst
einen geneigten krummlinigen Raum dar, der sich unten in einen Halbkreis endet.
D, ist eine vierekige Achse aus Holz, die sich auf zwei
in ihren Enden eingesezten eisernen Zapfen um sich selbst bewegt, und den unteren
Theil des beweglichen Gestelles, B, ausfuͤllt.
Die vier Flaͤchen dieser vierekigen Achse sind mit runden Loͤchern
durchbohrt, die vollkommen gleich und genau in Verband (en
quiconce) stehen. Die Zaͤhne, a', Fig. 5. sind
auf jeder Flaͤche aufgestellt, und passen in die correspondirenden
Loͤcher, a'', (Fig. 8.) auf den
Pappblaͤttern (cartons), welche die Kette ohne
Ende des Geleses bilden. Diese Vorrichtung dient dazu, um in der auf einander
folgenden Anwendung der Pappblaͤtter auf der vierekigen Achse die
Loͤcher des einen immer den Loͤchern des anderen gegen uͤber
fallen zu lassen.
Das zur Rechten befindliche Ende der vierekigen Achse, welches man im Durchschnitte
und im doppelten Maßstabe in Fig. 4. sieht,
fuͤhrt zwei vierekige Platten aus Eisenblech, d,
die durch vier Spindeln, e, die den Winkeln
gegenuͤber durchlaufen, parallel unter einander und in einiger Entfernung von
einander gehalten werden. Dieß gibt eine Art von Drilling, in dessen Spindeln oder
Zapfen die Haken der Hebel, f, f', die sich um die
feststehenden Punkte, g, g', außen an dem aufrechten
Pfeiler, A, drehen, eingreifen, bald oben, bald unten,
wie es der Weber haben will, und die Schnur, z,
waͤhrend der schwingenden Bewegung des Gestelles, B, bald ziehen, bald nachlassen.
E, ist ein Stuͤk Holz in Form eines T, dessen mittlerer laͤngerer Theil, von unten
hinauf verlaͤngert, frei durch den Querbalken, b,
und durch den oberen Querbalken des Gestelles, B, welche
beide ihm als Leiter dienen, durchgeht, und dessen Kopf sich nach und nach gegen die
beiden Spindeln, e, die oben horizontal liegen, erstlich
in Folge seiner Schwere, und dann durch die Wirkung der Spiral-Feder, h, die von oben nach unten zuruͤkwirkt, anlehnt,
die vierekige Achse in ihrer Lage erhaͤlt, und ihr doch erlaubt, sich in
beiden Richtungen auf ihrer Achse zu drehen.
Die Theile, welche das bewegliche Gestell, B, mit
einander bilden helfen, nennt man, alle zusammen genommen, die Presse.
F, ein beweglicher Querbalken, den man in senkrechter
Richtung mittelst des Hebels, G, bewegen kann; er
laͤuft in den Falzen, i, an der inneren Seite der
festen Pfeiler, A.
H, ein Stuͤk zuruͤkgekruͤmmtes
Eisen, das an einem seiner Enden mittelst Schraube und Gegenschraube auf dem
Querbalken, F, außer der senkrechten Ebene des
Stuͤkes, C, befestigt ist. Das andere Ende
desselben fuͤhrt eine Reibungs-Walze, J,
die, in den krummlinigen Raum, c, des Stuͤkes,
C, eingreifend, dieses, und folglich auch das
Gestell, B, noͤthigt, sich von der Senkrechten zu
entfernen, oder in dieselbe zuruͤkzukehren, je nachdem der Querbalken, F, in seinem Laufe oben oder unten ist, wie man in Fig. 2. und
3.
sieht.
I, Baken aus Eisenblech, zu beiden Seiten des
Querbalkens, F, die einer Art von Gitter (griffe) das hier aus acht
Metall-Latten besteht (lamettes), die man in Fig. 2. und
3. im
Durchschnitte, aber noch groͤßer in Fig. 5., sieht.
J, senkrechte Nadeln aus Eisendraht, die oben in einen
Haken umgekruͤmmt sind, und sich sehr natuͤrlich auf die
Metall-Latten, K, auflegen. Das untere Ende
dieser Nadeln, welches, so wie das obere, umgebogen ist, umfaßt kleine
hoͤlzerne Muͤzchen (barettes), l, die dazu dienen, um sie in ihren respectiven Lagen zu
erhalten, und sie zu hindern, daß sie sich nicht um sich selbst drehen, damit der
obere Haken immer nach den Metall-Latten gerichtet bleibt, auf welchen er
ruht. An diesen unteren Haken befinden sich die Schnuͤre, die, nachdem sie
durch ein feststehendes Brettchen, m, m, welches zu
diesem Ende mit correspondirenden Loͤchern versehen ist, durchlaufen, von
ihrer Seite wieder in Maschen greifen, die die Kettenfaden in die Hoͤhe
ziehen muͤssen.
K, horizontale Nadeln, die hier in 8 Reihen gestellt
sind, daß jede Nadel, sowohl senkrecht als horizontal, mit jedem Loche auf den vier
Seiten der vierekigen Achse, D, correspondirt. Es gibt
demnach soviele solche Nadeln, als es Loͤcher in einer der Flaͤchen
des Cylinders gibt (sic! vielleicht der vierekigen Achse
des Wendelbaumes).
Fig. 6. stellt
eine dieser horizontalen Nadeln dar. n, ist ein Auge,
durch welches die correspondirende senkrechte Nadel laͤuft. o, ist ein anderes laͤngliches Auge, durch
welches eine kleine feststehende Nadel laͤuft, die als Leiter dient, und sie
nicht hindert, sich nach der Richtung ihrer Laͤnge zu bewegen, so weit es
naͤmlich die Laͤnge des Auges erlaubt. p,
sind kleine Spiral-Federn, die in jedem Loche des Gehaͤuses, q, q, steken, (Fig. 5). Sie dienen dazu,
jede correspondirende Nadel in ihre urspruͤngliche Lage
zuruͤkzufuͤhren, sobald man aufhoͤrt zu druͤken.
Fig. 7. stellt
die obere Reihe der horizontalen Nadeln im Grundrisse dar.
Fig. 8. ist
ein Bruchstuͤk der Kette ohne Ende, aus den durchloͤcherten
Pappblaͤttern bestehend, die die vierekige Achse, D, waͤhrend sie sich um sich selbst dreht, umlaufen macht. In
dieser Bewegung legt sich jedes der durchloͤcherten Pappblaͤtter (die Zahl und Lage der
Loͤcher derselben wird vorher durch das Einlesen
bestimmt) nach und nach an die Flaͤchen des vierekigen Cylinders
„(sic! des Wendelbaumes)“
an, und laͤßt die correspondirenden Loͤcher offen, waͤhrend es
diejenigen auf der Flaͤche dieser Achse bedekt, die nicht ihre
correspondirenden Loͤcher auf dem Pappblatte finden.
Man seze nun, daß die Presse, B, herabgeschlagen und in
der senkrechten Lage ist, die man in Fig. 3. sieht; so wird das
auf der linken Flaͤche der vierekigen Achse angebrachte Pappblatt, alle
horizontalen Nadeln in Ruhe lassen, deren Spizen mit diesen Loͤchern
correspondiren, die anderen aber zuruͤkstoßen, die auf kein Loch (à des pleins) fallen. Dadurch werden die
correspondirenden senkrechten Nadeln, 3, 5, 6, und, 8, z.B., aus ihrem
Gleichgewichte gebracht, sich oben aus den Latten des Gitters aushaͤkeln, und
an ihrer Stelle bleiben, wenn man, mittelst des Hebels, G, diesen Griff hebt, und die Nadeln, 1, 2, 4 und 7, die daran
eingehaͤkelt bleiben, werden mit den daran haͤngenden
Kettenfaͤden in die Hoͤhe gezogen. Wenn man dann den Schuͤzen
mit der Farbe des Dessins und den Schuͤzen des Zeuges selbst durchwirft, und
nach der Kreuzung der Kette, mit der Lade schlaͤgt, und die Presse wieder
herablaͤßt, wird man einen Theil des Dessins vollendet haben.
Das folgende Pappblatt, welches eine Viertel-Umdrehung der vierekigen Walze
herbeifuͤhrt, findet alle Nadeln in ihm ersten Lage, und da es in einer ganz
anderen Ordnung durchstochen ist, als das vorige, wird es eine andere Reihe von
Kettenfaden heben u.s.f., bis die Zeichnung vollendet ist.
Diese scheinbar verwikelte Maschine, die einige Aufmerksamkeit fordert, wenn man sie
verstehen will, wirkt dessen ungeachtet sehr einfach. Ihr ganzes Spiel beruht auf
dem Hebel, G, den der Weber mittelst eines
Tretschaͤmels auf und nieder steigen laͤßt, so daß er, wenn das
Stuͤk aufgezogen ist, ohne Beihuͤlfe eines anderen Menschen, die
zusammengeseztesten Dessins eben so leicht weben kann, wie einen glatten Zeug, und
nur auf die Ordnung zu achten hat, in welcher die Faden eingetragen werden
muͤssen.
Wenn Ketten-Faden reißen, ohne daß der Arbeiter es bemerkt, oder wenn er sich
in Hinsicht der Farbe irrt, dann muß der Fehler, da die Zeichnung dadurch leiden
wuͤrde, gut gemacht werden. Er bedient sich dann des unteren
Haken-Hebels, f', wodurch die Kette des
Pappblattes zuruͤklaͤuft, bearbeitet den Stuhl, wie vorher, und zieht
den eingetragenen Faden aus. Fehler koͤnnen hier um so leichter geschehen,
als die Figuren unten am Zeuge zum Vorscheine kommen, und er nur von Zeit zu Zeit
durch einen Spiegel den Dessin sehen kann. Oben liegen nur freie Faden, wie es die
Zeichnung eben mitbringt.Diese Beschreibung ist nicht deutlich genug. Wer, wenn 10 Weber in einem
Dorfe sind, ihnen einen Stuhl à la
Jacquart schenkt, wird ihnen mehr
nuͤzen, als wenn er eine neue Gloke in den Thurm ihres Dorfes
spendirt. A. d. U.