Titel: | Ueber eine Vorrichtung des Hrn. Matthieu, Uhrmachers, zur leichteren Einrichtung der Hemmung der Taschenuhren. Von Hrn. Francoeur. |
Fundstelle: | Band 26, Jahrgang 1827, Nr. CIX., S. 465 |
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CIX.
Ueber eine Vorrichtung des Hrn. Matthieu, Uhrmachers, zur leichteren
Einrichtung der Hemmung der Taschenuhren. Von Hrn. Francoeur.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, N. 278, S. 283.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Matthieu's Vorrichtung zur leichteren Hemmung der
Taschenuhren.
Wenn der Uhrmacher den Spiral-Regulator der
Taschenuhren einsezt, so sorgt er dafuͤr, daß dieser so gerade als
moͤglich gestellt wird. Es geschieht dann gewoͤhnlich, daß diese
Feder, waͤhrend sie die Achse der Unruhe zaͤumt, eine solche Stellung
nimmt, daß keine Hemmung Statt haben kann. Der Uhrmacher muß dann den Schild oder
das Gehaͤuse uͤber der Unruhe abnehmen, und die Zwinge der Spirale um
die Achse der Unruhe drehen, den Schild neuerdings aufsezen und sehen, ob eine
Hemmung Statt hat. Er gelangt zuweilen erst nach vielen vergeblichen Versuchen zu
seinem Zweke, und dieses blinde Tappen ist laͤstig.
Hr. Matthieu hat diesem Nachtheile sehr leicht dadurch
abgeholfen, daß er die Ringschraube, an welcher die Spirale befestigt ist, auf einem
kleinen Schuhe laufen laͤßt, welcher sich in einem Bogen von einigen Graden
bewegt. Dieser Schuh ist an dem Schilde selbst angebracht, und laͤßt sich mit
demselben abheben, wenn man ihn wegnehmen will. Man ertheilt diesem Schuhe eine
umdrehende Bewegung um die Unruhe in einer gewissen Richtung oder in einer derselben
entgegengesezten Richtung, indem man einen Schluͤssel oder eine vierekige
staͤhlerne Spize in ein Loch von demselben Caliber stekt, und diesen
Schluͤssel oder diese Spize um sich selbst dreht. Dieser Schluͤssel
oder diese Spize bewegt einen Finger, der den Schuh und mit diesem die Ringschraube
schiebt. Das aͤußerste Ende der Spirale wird auf diese Weise um ein kleines
Bogenstuͤk vor oder zuruͤk geschoben, was zureicht, um die Unruhe auf
die Hemmung zu stellen. Man braucht hierzu nicht einmahl einen Uhrmacher. Der
Mechanismus ist so einfach, daß jeder seine Taschenuhr selbst auf die Hemmung
stellen kann, wenn Oehl oder Temperatur dieselbe in Unordnung gebracht haben.
Die Idee, die Ringschraube der Spirale auf ein bewegliches Stuͤk zu stellen,
ist uͤbrigens nicht neu. Ich habe Uhren von Bréguet gesehen, an welchen eine Vorrichtung in dieser Hinsicht
angebracht war: diese artige Erfindung, die uͤberdieß noch einen besonderen
Zwek hatte, war aber vorzuͤglich fuͤr die sogenannten ewigen Uhren und
fuͤr sehr zusammengesezte Werke bestimmt. Hr. Mathieu hatte indessen zuverlaͤßig keine Kenntniß hiervon gehabt,
und die Vorrichtung, die er ausdachte, ist zugleich einfach und an allen Uhren
anwendbar.
Hr. Mathieu schlaͤgt zugleich einen Fallschirm von
neuer Form vor, der vor den gewoͤhnlichen den Vorzug zu verdienen scheint.
Man weiß, daß diese Art von Vorrichtung die Achse der Unruhe gegen die Gewalt des
Stoßes schuͤzen soll, wenn ungluͤklicher Weise die Uhr auf die Erde
faͤllt; diese Vorrichtungen haben aber den doppelten Nachtheil, daß sie auf
der einen Seite den Stuͤken, welche als Stuͤzen dienen, eine
Biegsamkeit geben, welche der Genauigkeit des Ganges der Uhr nachtheilig ist,
weßwegen man sie bei allen Uhren wegließ, die genau gehen sollen, und bei welchen
man den genauen Gang nicht mit der Ungewißheit eines groͤßeren oder
geringeren Schadens im Falle, daß die Uhr zur Erde fiele, erkaufen will; auf der anderen Seite wirken
auch die Fallschirme nicht immer kraͤftig genug, wo sie wirken sollen, indem
die staͤhlerne Stange, die als Feder dienen und dem Stoße nachgeben soll, der
durch den Fall entsteht, nur dann nachgeben kann, wann der Stoß in einer gewissen
Richtung auf dieselbe geschieht.
Hr. Mathieu gibt dieser Stange mehr Staͤrke und
eine Spiralform, die, wenn sie auch nicht dem Fehler des Mangels an Festigkeit
abhilft, den man den Fallschirmen vorwirft, ihren Dienst doch in jeder Richtung, in
welcher der Stoß kommen mag, leisten kann. Man fuͤhlt uͤbrigens, wie
schwer es ist, hieruͤber entscheidende Versuche anzustellen, indem man nicht
leicht gute Uhren mit diesen neuen Fallschirmen verfertigen und dann auf die Erde
werfen wird, um zu sehen, ob die Fallschirme gut sind. Hrn. Mathieu's Vorrichtung scheint indessen sinnreich und geeignet, die
beabsichtigte Wirkung zu leisten, und ihr Erfinder verdient den Dank.
Fig. 7. zeigt
die Ansicht des Schildes einer einfachen Taschenuhr von oben. Die Abtheilung zum
schnelleren oder langsameren Gange (d'avance et de
retard) ist auf der sogenannten Kirsche oder dem Schildchen (coqueret) statt, wie gewoͤhnlich, auf dem Boden
angedeutet.
Fig. 8. zeigt
einen, dem vorigen aͤhnlichen, Schild mit einem Fallschirme.
Fig. 9. ist
ein anderer Schild mit einem Fallschirme und einem Compensator: die Abtheilungen
sind hier auf dem Boden angebracht.
Dieselben Buchstaben bezeichnen in allen Figuren dieselben Gegenstaͤnde:
a, Schild (coq); b, Kirsche oder Schildchen; c, Zeiger, den man auf den Abtheilungen auf dem Schildchen oder auf dem
Boden vor- oder ruͤkwaͤrts schiebt, um die Uhr schnellet oder
langsamer gehen zu machen. d, beweglicher Schub; e, Ringschraube zur Festhaltung der Spirale; f, Vierek zur Aufnahme eines Schluͤssels, der den
beweglichen Schuh dreht. Dieses Vierek ist unten mit einem kleinen Finger versehen,
der in das gabelfoͤrmig gespaltene Ende des Schuhes eingreift und dasselbe
zugleich mit der Ringschraube, e, zieht, und die daran
befestigte Spirale anzieht oder nachlaͤßt. Durch diese Bewegung wird die
Unruhe auf die Hemmung gestellt. g, Fallschirm; eine
spiralfoͤrmige Feder, die die Uhr, wenn sie faͤllt, gegen allen
zufaͤlligen Schaden schuͤzt. h,
Compensator.