Titel: | Ueber eine neue Art eines krystallisirten boraxsauren Natrons und seine Anwendung in den Künsten. Analyse der krystallisirten Boraxsäure, der beiden verschieden krystallisirten und des wasserfreien Borax; von Hrn. Payen. (Der königl. Academie der Wissenschaften mitgetheilt den 3. December 1827.) |
Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. XXXVIII., S. 129 |
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XXXVIII.
Ueber eine neue Art eines krystallisirten
boraxsauren Natrons und seine Anwendung in den Kuͤnsten. Analyse der
krystallisirten Boraxsaͤure, der beiden verschieden krystallisirten und des
wasserfreien Borax; von Hrn. Payen. (Der koͤnigl. Academie der Wissenschaften mitgetheilt den
3. December 1827.)
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. Maͤrz 1828. S.
82.Man vergleiche auch uͤber diesen Borax polytechn. Journal Bd. XXVII. S. 455 und Bd. XXIX. S. 59. A. d. R.
Payen, uͤber eine neue Art eines krystallisirten boraxsauren
Natrons.
Als ich mich mit Untersuchungen uͤber die
oͤkonomische Anwendung des Borax beschaͤftigte, veranlaßten mich
mehrere von mir erhaltene anomale Resultate, verschiedene Muster, die ich zu diesen
Versuchen bereitet hatte, zu analysiren: keines derselben schien mir fremde Salze zu
enthalten.
Bald darauf bemerkte ich bei der Untersuchung der rohen Producte meiner Boraxfabrik
einige Krystalldrusen, welche nicht die gewoͤhnliche Krystallform des Borax
hatten. Ich sammelte davon nahe 100 Grammen, welche groͤßtentheils mit
Stuͤken von wie gewoͤhnlich krystallisirtem Borax zusammenhingen.
Mehrere ihrer physischen Eigenschaften kamen keinem derjenigen Salze zu, welche ich
bisher in diesen rohen Producten gefunden hatte.
Ich loͤste einen Theil dieser Krystalle in reinem Wasser auf, filtrirte die
Aufloͤsung u.s.w., erhielt aber nur gewoͤhnliche Boraxkrystalle nebst
geringen Quantitaͤten aufloͤslicher Salze und unaufgeloͤster
Substanzen, denen ich die beobachteten eigenthuͤmlichen Eigenschaften nicht
zuschreiben konnte.
Endlich zeigte mir die Analyse dieser Krystalle, daß sie mehr boraxsaures Natron enthielten,
als der reine krystallisirte Borax; uͤbrigens war der Unterschied zu
betraͤchtlich, als daß er von der duͤnnen undurchsichtigen Schichte,
womit sie bedekt waren, haͤtte herruͤhren koͤnnen.
Nach einigen Versuchen konnte ich nach Belieben, nicht nur in meinem Laboratorium,
sondern sogar auch im Verlauf der Fabrikation im Großen, eine neue Art von
krystallisirtem Borax darstellen, durch dessen Gegenwart die abweichenden
Beobachtungen erklaͤrbar werden, weiche alle diejenigen Chemiker machten, die
sich mit der Fabrikation des Borax vermittelst Boraxsaͤure, seiner
Raffinirung und den darauf bezuͤglichen Versuchen beschaͤftigt
haben.
Der neue Borax wird vortheilhaft den in unfoͤrmlichen Platten vorkommenden
(sogenannten calcinirten) Borax ersezen, der sowie er in den Handel gebracht wird,
nie von gleicher Zusammensezung ist und uͤberhaupt mehr Wasser als jener
enthaͤlt.
Physische Eigenschaften des neuen Borax in Vergleich mit dem
bekannten und Zusammensezung desselben.
Form: Dieser Borax ist in regelmaͤßigen
Octaëdern krystallisirt, waͤhrend die gewoͤhnlichen
Boraxkrystalle vier- oder sechsseitige dreiflaͤchig zugespizte Prismen
darstellen.
Specifisches Gewicht. Das Wasser zu 1000 angenommen,
wiegen die gewoͤhnlichen Krystalle 1740. Das Gewicht der erst neuerdings
beobachteten Krystalle ist bei demselben Volumen, 1815.
Haͤrte. Sie ist groͤßer als die der
gewoͤhnlichen Boraxkrystalle, weil die Seiten dieser lezteren durch die
Kanten der anderen gerizt werden, das Umgekehrte aber nicht Statt hat.
Bruch. Er ist starkglaͤnzend und
walzenfoͤrmig, wie der von Krystallglas. Der prismatische Borax
blaͤttert sich von selbst bei Temperaturveraͤnderungen von 15 Graden
ab und zerfaͤllt, waͤhrend der octaëdrische Borax unter
denselben Umstaͤnden fest bleibt.
Wirkung der Luft und des Wassers. Die feuchte Luft und
auch das Wasser erhalten den gewoͤhnlichen Krystallen ihre Durchsichtigkeit;
die trokene Luft macht ihre Oberflaͤche undurchsichtig. Das Umgekehrte findet
bei den neuen Krystallen Statt; wenn man sie in das Wasser oder an die feuchte Luft
bringt, werden sie undurchsichtig, indem sie diese Fluͤssigkeit absorbiren,
welche ohne Zweifel an ihrer Oberflaͤche eine Schichte prismatischen Borax
erzeugt, und bleiben nur an trokener Luft durchscheinend.
Zusammensezung. Die Analyse und die Umaͤnderung
der einen Krystallisation in die andere ergeben, daß das Verhaͤltniß der
Boraxsaͤure zum Natron in beiden genau dasselbe ist, daß aber der Wassergehalt in dem
octaëdrischen Borax 30 Procent, hingegen in dem gewoͤhnlichen Borax 47
Procent betraͤgt.
Die Zusammensezung und die Eigenschaften des in Octaëdern krystallisirten
Borax gaben Veranlassung zu einigen wichtigen Bemerkungen fuͤr seine
Anwendung in den Kuͤnsten und im Handel.
Es ist nicht nur jeder isolirte Krystall dieses Borax sehr hart, sondern die
einzelnen Krystalle haͤngen auch so innig zusammen, daß er oft beinahe so
angenehm und hellklingend wie Kanonenmetall ist. Wegen dieser Eigenschaft kann man
die Drusen dieser Krystalle in Stuͤke von jeder Groͤße fuͤr
solche Zweke schneiden, wo sie der Reibung hinreichende Festigkeit und Widerstand
darbieten muͤssen.
Da die Drusen des gewoͤhnlichen Borax keine Consistenz haben, so war man
genoͤthigt, alle Krystalle desselben zu isoliren und die kleinen einer neuen
Krystallisation zu unterwerfen. Die abgesonderten Krystalle brachen oft zwischen den
Fingern durch eine leichte Temperaturveraͤnderung. Der octaëdrische
Borax ist noch passender als der andere zum Loͤthen des Kupfers, weil er sich
weniger aufblaͤht und schneller fließt. Fuͤr jede Anwendung aber,
wobei der Borax unumgaͤnglich in Wasser aufgeloͤst werden muß, ist der
gewoͤhnliche vorzuziehen, weil er sich in viel kuͤrzerer Zeit
aufloͤst. Der Transport, das Einraͤumen in die Schiffsladungen und
Magazine, sowie das Emballiren waͤren fuͤr den in Octaëdern
krystallisirten Borax weniger kostspielig: der erstere in dem Verhaͤltniß von
70 zu 53, wegen dem Unterschiede im Gewichte des Krystallwassers; die anderen in dem
von 70 zu 60, nach der Menge von Kilogrammen, welche dieselbe Kiste von einem jeden
derselben fassen kann.
Die sehr deutliche krystallinische Form und die leicht erkennbaren physischen
Eigenschaften des octaëdrischen Borax bieten dem Handel und der Industrie
alle wuͤnschenswerthen Garantien gegen den Betrug dar, welcher im Handel mit
sogenanntem calcinirtem Borax Statt fand.
Die Kenntniß des neuen Salzes muß nothwendig in den Zollgesezen eine
Abaͤnderung zur Folge haben, indem diese dadurch illusorisch wuͤrden,
weil sie sich auf den gewoͤhnlichen Borax beziehen und nichts leichter ist,
als den octaëdrischen Borax nach seiner Einfuhr in diese Krystallform zu
bringen, wobei man durch das Krystallwasser den Vortheil einer Gewichtsvermehrung
von 30 bis 47 Procent hat.
Mehrere geschikte practische Chemiker haben sehr große Unterschiede in den Resultaten
der Versuche mit dem rohen Borax und der Boraxsaͤure von Toskana erhalten,
welche zum Raffiniren oder zur Fabrikation des rohen Borax bestimmt waren. Man hatte
auch immer gefunden, daß
der rohe Borax mehr als sein gleiches Gewicht gereinigten Borax geben kann,
ungeachtet der fremdartigen Substanzen, welche er enthielt und des bei einer
Operation im Großen unvermeidlichen Verlustes. Diese anscheinenden
Widerspruͤche werden leicht dadurch erklaͤrt, daß sich unter
zufaͤlligerweise herbeigefuͤhrten guͤnstigen Umstaͤnden
octaëdrischer Borax bildete, oder daß er sich, ohne daß man es bis jezt
wußte, unter den uͤbrigen Boraxkrystallen befand.
Ich habe auf dem Bureau der Akademie der Wissenschaften hinterlegt:
1) Stuͤke von gewoͤhnlichem Borax in vierseitigen, dreiflaͤchig
zugespizten Prismen.
2) Eine Krystalldruse, worin octaëdrischer Borax zwischen gewoͤhnlichem
prismatischem Borax vorkommt.
3) Kleine sehr regelmaͤßige Octaëder von Borax, die aus einer einige
Grammen wiegenden Aufloͤsung erhalten wurden.
4) Stuͤke von reinen octaëdrischen Krystallen, aus einer Masse von 2000
Kilogrammen Fluͤssigkeit erhalten.
5) Eine Druse von octaëdrischen klingenden Krystallen, wie sie zu der oben
angefuͤhrten technischen Benuzung zubereitet werden soll.
Zusammensezung der beiden Boraxarten in der krystallisirten
Boraxsaͤure.
Wenn man boraxsaures Natron in Wasser bei der Temperatur von 100° (Centsk.)
aufloͤst, und zwar in solcher Menge, daß die Aufloͤsung bei derselben
Temperatur eine Dichtigkeit von 1,246 (30 Grade nach Beaumé) hat; wenn man
sie dann langsam und regelmaͤßig erkalten laͤßt, so wird man sehen,
daß sich kleine Krystalle bilden, sobald die Temperatur auf 79 Grade (63° R.)
herabgekommen seyn wird. Diese Krystalle werden die octaëdrische Form und die
von uns oben angegebenen Eigenschaften haben; sie werden an Groͤße und Zahl
zunehmen aber ohne ihre Form, Eigenschaften und Zusammensezung zu veraͤndern,
bis die Temperatur der Fluͤssigkeit auf 56 Grade (44,8° R.)
herabgekommen ist. Die Mutterlauge wird, wenn man sie in diesem Augenblike abgießt,
eine rein octaëdrische Druse hinterlassen. Gießt man aber die
Fluͤssigkeit nicht ab, und laͤßt die Erkaltung fortfahren, so wird
man, wenn man die Krystalle untersucht, welche sich um die ersteren herum und an die
Seitenwaͤnde des Gefaͤßes anzulegen anfangen werden, finden, daß die
Form nicht mehr dieselbe ist; es sind vierseitige Prismen, und die mehr oder weniger
unvollstaͤndigen Enden sind dreiflaͤchig zugespizt. Laͤßt man
die Krystallisation zu Ende gehen, so werden die Producte weder in der Form noch in
ihrer Zusammensezung mehr verschieden ausfallen, man mag sie, wenn immer, untersuchen. Aber die von anderen
umgebenen und an ihren Enden vermengten Krystalle werden bald nur mehr die
Zuspizungen und Pyramiden-Kanten der prismatischen Krystallisation
darbieten.
Dieses Gemenge der beiden Borax, welches in abweichenden Verhaͤltnissen
entsteht, je nach der Dichtigkeit und Temperatur am Anfange und am Ende der
Krystallisation, hat die meisten Unterschiede in den bei der Fabrikation im Großen
und bei Versuchen im Kleinen erhaltenen gegenseitigen Verhaͤltnissen und auch
einige Verschiedenheiten in den Eigenschaften des Products verursacht.
Auf solche Art enthalten unfoͤrmliche Platten, die seit einiger Zeit unter der
Benennung geschmolzener Borax verkauft worden sind, im Allgemeinen außer einem
Gemenge der beiden unter einander krystallisirten Borax, eine groͤßere Menge
octaëdrischen Borax, waͤhrend der gemeine Borax gewoͤhnlich nur
kleine Mengen octaëdrischen Borax enthielt, der in harten Stuͤken an
der Basis seiner Krystalle hing.
Bringt man die Dichtigkeit der kochenden Borax-Aufloͤsung nur auf 1,170
(22 Grade nach Beaumé) oder darunter, und laͤßt sie langsam erkalten,
so wird die erhaltene Krystallisation nur boraxsaures Natron in Prismen enthalten,
bei welchem Temperaturgrade man diese Krystalle beobachten und analysiren mag. Nach
den hier angegebenen Thatsachen kann man nun sehr leicht im Kleinen oder im Großen
eine jede der beiden Krystallisationen vollkommen frei von der anderen erhalten.
Bestimmung des Atomengewichtes der wasserfreien und
krystallisirten Boraxsaͤure, des geschmolzenen und in den beiden Formen
krystallisirten boraxsauren Natrons.
Nachdem ich die leichte Umaͤnderung einer Krystallisation des Borax in die
andere, angewandt hatte, um zu beweisen, daß das Verhaͤltniß der
Saͤure zur Basis in den beiden Krystallen dasselbe ist, wollte ich sie auch
noch benuͤzen, um auszumitteln, ob das von mehreren Gelehrten fuͤr die
Boraxsaͤure angenommene Atomengewicht auch diesen beiden Krystallisationen
nach Verhaͤltniß ihres Wassergehaltes zukommt.
Ich hatte zuvor durch die Calcination den Wassergehalt des octaëdrischen Borax
bestimmt, und den in den chemischen Lehrbuͤchern bei dem prismatischen Borax
angegebenen, als richtig angenommen; um sie aber beide zu berichtigen, loͤste
ich vollkommen reines und wasserfreies boraxsaures Natron in Wasser auf, ließ es
regelmaͤßig krystallisiren, und bestimmte so die Quantitaͤt der in
beiden Formen erhaltenen Krystalle. Bei diesem Verfahren werden, wie ich glaube, alle Irrthuͤmer
vermieden, besonders in Beziehung auf den prismatischen Borax, welcher vollkommen in
einem einzigen Gefaͤße auskrystallisirt werden kann, und welcher, indem er
schnell das seinen Krystallen anhaͤngende Wasser verliert, in trokener Luft
mehrere Tage auf einer niedrigen Temperatur bleibt, ohne von seinem Gewichte etwas
zu verlieren oder merklich zu verwittern.
Das Gewicht des Krystallwassers fand ich auf diese Art in dem prismatischen Borax zu
0,4695 und in dem octaëdrischen Borax zu 0,3064. Da diese Quantitaͤten
mit einer ganzen Anzahl von Atomen nach dem Gewichte, welches nach einander
fuͤr das Atom der Boraxsaͤure von den Herren Berzelius, Davy, Thomson und Soubeiran
angenommen wurde, nicht uͤbereinstimmen, so suchte ich das Gewicht dieses
Atoms nach folgendem Verfahren zu bestimmen, wobei, wie ich glaube, kein merklicher
Irrthum Statt finden kann.
Ich bereitete reine Boraxsaͤure, indem ich die schoͤnsten Krystalle der
natuͤrlichen Saͤure auswaͤhlte, sie sehr oft mit kleinen Mengen
destillirten Wassers auswusch, aufloͤste, krystallisiren und abtropfen ließ,
die Krystalle nochmahls aussuͤßte und alle diese Manipulationen dreimahl
wiederholte, worauf ich alles zwischen den Krystallen enthaltene Wasser durch
ungeleimtes Papier absorbiren ließ, und endlich alles Krystallwasser durch
anhaltendes Schmelzen bei der Rothgluͤhhize versagte.
Andererseits reinigte ich schon sorgfaͤltig bereitetes kohlensaures Natron,
indem ich es in doppeltkohlensaures umaͤnderte, oͤfters
aussuͤßte und bis zum ruhigen Fluß calcinirte.
Nachdem ich ein bestimmtes Gewicht des so erhaltenen trokenen halbkohlensauren Salzes
in Wasser aufgeloͤst hatte, suchte ich die zur vollstaͤndigen
Saͤttigung noͤthige Menge Boraxsaͤure auszumitteln, indem ich
von dieser lezteren nach und nach so lange kleine Mengen zusezte, bis in der
Waͤrme kein Aufbrausen mehr erfolgte. Das Aufbrausen allein haͤtte
hingereicht, um sehr annaͤhernd die dem halbkohlensauren Salze entsprechende
Saͤuremenge anzuzeigen. Um aber zu einer genauen Bestimmung zu gelangen, war
es unumgaͤnglich noͤthig alles so gebildete boraxsaure Salz
krystallisiren zu lassen, die Krystalle auszuwaschen, die Mutterlauge abzudampfen
und krystallisiren zu lassen und zu sehen, ob in der Mutterlauge noch kohlensaures
Salz oder Saͤure uͤberschuͤssig vorhanden ist und endlich von
dem einen oder der anderen so lange zuzusezen, bis sich vollkommen krystallisirbares
boraxsaures Salz gebildet hatte.
Es ist sehr leicht mit einem sehr kleinen Tropfen Mutterlauge auszumitteln, ob das
eine oder andere dieser Agentien uͤberschuͤssig ist, denn man braucht nur einen
Tropfen verduͤnnte Schwefelsaͤure zuzusezen, welche ein lebhaftes
Aufbrausen hervorbringen wird, wenn zu viel kohlensaures Salz da ist, oder eben so
viel Natronaufloͤsung, welche augenbliklich kleine Boraxkrystalle
ausfaͤllen wird, wenn man zu viel Boraxsaͤure angewandt hat. Nach
verschiedenen vergeblichen Versuchen gelang es mir, die vollstaͤndige
Saͤttigung zu erhalten, und ich versicherte mich davon, indem ich den Versuch
oͤfters mit der beobachteten Menge wiederholte, das boraxsaure Salz bis zur
Verjagung des Krystallwassers schmolz und ganz krystallisiren ließ.
Ich fand so, daß 2,002 Gr.Ich hatte diese Zahl gewaͤhlt, weil sie dreimahl das Atom des
kohlensauren Natrons darstellt, wenn man den Sauerstoff = 10 annimmt, um die
Berechnung abzukuͤrzen. A. d. O. reines halbkohlensaures Natron 2,64 Gr. reine wasserfreie Boraxsaͤure
zur vollstaͤndigen Saͤttigung erfordern.
Ich ließ sorgfaͤltig alles so erhaltene boraxsaure Salz in einem einzigen
Gefaͤße krystallisiren, und erhielt 7,185 Gr. prismatische Krystalle, welche
nach dem oben ausgemittelten Wassergehalt 3,8116 trokenes boraxsaures Salz
vorstellen. Zieht man dieses Gewicht von der Summe des Gewichtes der Saͤure
und des kohlensauren Salzes, welche angewandt wurden, ab, so erhaͤlt man
(4,642 – 3,8116 Gr.) = 0,8304 fuͤr das Gewicht der
Kohlensaͤure.
Ich glaubte, daß dasselbe Verfahren eben so gut angewandt werden koͤnnte, um
den Wassergehalt der krystallisirten Boraxsaͤure zu bestimmen,
woruͤber man sehr in Ungewißheit ist, weil sich diese Saͤure mit dem
Wasserdampf verfluͤchtigt. Diese Quelle des Irrthums, welcher man die
Abweichungen in den von den HHrn. Davy, Berzelius und Thomson erhaltenen Resultaten zuschreiben muß, hat auf
das angegebene Verfahren gar keinen Einfluß.
Nachdem ich mir mittelst des weiter oben beschriebenen Verfahrens sehr reine
Boraxsaͤure dargestellt, und diesen Krystallen alles
uͤberschuͤssige Wasser durch starkes Pressen zwischen ungeleimten
Papier entzogen hatte, suchte ich auszumitteln, wie viel von dieser Saͤure
noͤthig ist, um 0,002 Grammen reines und wasserfreies halbkohlensaures Natron
zu saͤttigen; ich fand eben so wie oben diese Menge gleich 4,660 Gr. Dieses
Verhaͤltnis stimmt uͤbrigens fast genau mit dem der bei der
Fabrikation des Borax im Großen angewandten Substanzen uͤberein; welche nach
meiner Berichtigung 432 Kilog. reines und wasserfreies halbkohlensaures Natron auf
1000 Kil. krystallisirte Boraxsaͤure, diese auf ihren reinen Gehalt reducirt,
enthielten.
Die Resultate der Saͤttigung des halbkohlensauren Natrons durch krystallisirte
Boraxsaͤure waren denjenigen der Saͤttigung durch trokene
Saͤure ziemlich gleich; in der That erhielt man:
Prismatisches boraxsaures Natron
7,1855
Diesem entsprechen an trokenem boraxsauren
Salze
3,8119
Abgezogene Kohlensaͤure
0,8301
Daraus konnte man außerdem leicht folgern, daß, da 4,66 Gr. krystallisirte
Boraxsaͤure 2,64 Gr. trokene Saͤure ersezt haben, die Differenz 202
nothwendigerweise von dem Krystallwasser herruͤhrt; es ist aber 465 : 202 =
100 : 43,34.
Wenn wir alle diese Zahlen mit dem fuͤr das Natron, die Kohlensaͤure
und das Wasser angenommenen Atomgewichte vergleichen und den Sauerstoff durch 10
ausdruͤken, haben wir:
Producte der ersten Saͤttigung:
Reine Boraxsaͤure
88
Halbkohlensaures Natron
66,7
Kohlensaͤure
27,68
Krystallisirtes boraxsaures Natron
239,5
Trokenes boraxsaures Natron
127,05
Zweite Operation:
Krystallisirte Boraxsaͤure
155,38
Trokenes halbkohlensaures Natron
66,7
Entbundene Kohlensaͤure
27,67
In Prismen krystallisirtes boraxsaures
Natron
239,52
Krystallwasser der
Boraxsaͤure
67,33
Nach diesen Thatsachen und den anfangs gefundenen Quantitaͤten von
Krystallwasser wuͤrde das in Prismen krystallisirte boraxsaure Natron
enthalten:
Trokenes Salz
127,05
Wasser
112,45
––––––
239,50
Der oktaëdrische Borax:
Trokenes Salz
127,05
Wasser
56,12
––––––
183,17
Substituirt man die nach diesen Daten berechneten Atomgewichte, so findet man sehr
geringe Unterschiede zwischen ihnen und den oben durch den Versuch erhaltenen
Verhaͤltnissen. Folgende Zusammensezungen bestaͤtigen sich also, wie
ich glaube, gegenseitig.
Krystallisirte Boraxsaͤure:
Reine Saͤure 1 Atom
44
Krystallwasser 3 Atome
33,73
–––––
77,73
Diese Quantitaͤten verdoppelt (um 2 Atome Boraxsaͤure vorzustellen),
geben:
2
Atome
trokene Saͤure
88
6
–
Wasser
67,46
––––––
155,46
und naͤhern sich sehr den direct erhaltenen.
Wasserfreies boraxsaures Natron:
Saͤure, 2 Atome
88
Natron, 1 Atom
39,09
In Prismen krystallisirter Borax:
2
Atome
reine Saͤure
88
1
Atom
Natron
39,09
10
Atome
Wasser
112,43
––––––
239,52
Oktaëdrischer Borax:
Saͤure,
2 Atome
88
Natron,
1 Atom
39,09
Wasser,
5 Atome
56,217
–––––––
183,307
Um die fast vollkommene Uebereinstimmung dieser Zahlen mit denjenigen des oben
angefuͤhrten Versuchs einzusehen, braucht man nur zu wissen, daß die 39,09
Natron 66,74 wasserfreiem halbkohlensaurem Natron entsprechen, welche 27,65
Kohlensaͤure enthalten.