Titel: | Beschreibung der Bodmer'schen schwebenden doppelgleisigen, und der verbesserten Palmer'schen schwebenden eingeleisigen Eisenschienenbahn. |
Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. LXV., S. 248 |
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LXV.
Beschreibung der Bodmer'schen schwebenden doppelgleisigen, und der
verbesserten Palmer'schen
schwebenden eingeleisigen Eisenschienenbahn.Auf diese schwebende Einschienenbahnen erhielt der großherz. baden'sche
Salinendirector J. K. v.
Bodmer in Gesellschaft mit den Mechanikern Bollinger und Comp. zu
Wien im Jahre 1826 ein auf die Dauer von 6 Jahren
lautendes Patent. An Hrn. Bodmer's Stelle ist nun, wenn wir nicht irren, Hr. F. C. Claus getreten; auch ist
von dieser Art Bahnen eine Streke bei Oldenburg bereits ausgefuͤhrt,
welche mit dem Neustadter Kanal in Verbindung gebracht ein wesentliches
erleichtertes Transportmittel nach Wien herbeifuͤhren wuͤrde. Auch
soll es im Antrage seyn, Eisenbahnen von Wien bis nach Trieft herzustellen, was
fuͤr Oesterreichs Handel und Industrie von sehr großer Wichtigkeit
waͤre. In dem großen Hofraͤume der Mechaniker Bollinger in Wien
sind Streken dieser einfachen und doppeltgeleisigen schwebenden Eisenbahnen
aufgestellt. Ueber die Palmer'sche Eisenbahn findet man in diesem polytechn.
Journale Bd. V. S. 57 die erste Notiz,
dann in Bd. XI. S. 178 die
ausfuͤhrliche Beschreibung des Patentes nebst den vollstaͤndigen
Abbildungen dazu auf Tab. V., und von der wirklichen Ausfuͤhrung einer
solchen Bahn zu Cheshunt, in der Grafschaft Hertfordshire, in Bd. XVIII. S. 266 Nachricht.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Beschreibung der Bodmer'schen schwebenden doppelgleisigen, und der
verbesserten Palmer'schen schwebenden eingeleisigen Eisenschienenbahn.
A) Bodmer's schwebende
doppeltgeleisige Eisenschienenbahn.
Beschreibung der Wagen Fig. 7. und 8.
a, die Raͤder, Gußeisen, jedes circa 90 W. Pfund
schwer, 22 Zoll im Durchmesser und einem 8''' hohen, 6''' breiten Rande, mit
demselben 3'' 6''' breite Felge, abgedreht.
b, die Segmente, Gußeisen, 22'' hoch, 1'' breit.
c, die Tragbogen, Schmiedeeisen, 1 1/2'' im Durchmesser,
an beiden Enden mit Schraubengewinden und Muttern.
d, die Achse, Schmiedeeisen, in der Mitte 2'', in den
Buͤchsen 18''', in den Lasttraͤgern 15''' Durchmesser.
e, die Buͤchse, Metall, 2'' 3''' Durchmesser, 5''
lang.
f, die Lasttraͤger, Schmiedeeisen, 4' 6'' von der
Achse lang, 3' Breite fuͤr die Last.
g, die Frictionsrolle, Guß- oder Schmiedeeisen,
abgedreht, 7'' 9''' Durchmesser 1'' 6''' hoch, durch
h, die Haltstange an das Segment befestigt.
i, die Kette.
j, die Verbindungs- und Leitstangen.
k, die Leiter, 10 bis 15' lang, 3' breit, 2 1/2, bis 3
1/2' hoch.
l, der Knebel in der Kette.
Beschreibung der Bahn. (Fig. 7. 8. und 11.)
m, die Pfosten, 12 bis 21' lang, 12'' hoch, 3'' breit;
stehen genau 8'' von einander entfernt, und sind von zaͤhem harten oder
weichem Holze.
n, die Piloten, 12'' am duͤnnen Ende im
Durchmesser, stehen an den niedrigsten Stellen 4' 6'' aus dem Boden, und
koͤnnen zur Ausgleichung des Terrains bis 24', ja noch hoͤher
herausstehen; hartes oder weiches Holz, Gußeisen.
o, die Baken, 4' lang, 12'' hoch, 3'' breit, Holz wie,
m.
p, die Seitenblaͤtter, welche die Pfosten und
Baken mit den Schrauben, p, p, p, an die Piloten
befestigen.
q, die Traͤger, 15'' lang, 5'' hoch, 3'' breit
durch die Schraube, p'', an den Piloten befestigt;
hartes Holz.
r, die Schienen von gewalzenem Eisen, 6 und 10' lange
Stuͤke mit 5 und 8 Loͤchern, wodurch sie an beiden Enden mit
Holzschrauben und in der Mitte mit Naͤgeln auf die Pfosten befestigt
werden.
In der Mitte jeder Pilotendistanz ist zwischen den Pfosten ein 8'' im Quadrat
haltender Verbindungskloz eingelassen und durch eine Schraube befestigt, um die
beiden Pfosten sicherer in der genauen Entfernung von 8'' zu erhalten.
Der Wagen zur Bodmer'schen Bahn, sehr solid und vollkommen
gebaut, wiegt 850 bis 920 Pfund, mit Inbegriff der Leitern und Ketten.
B) Palmer's verbesserte schwebende
eingeleisige Eisenschienenbahn.
Beschreibung der Wagen. (Fig. 9. und 10.)
a, die Raͤder, deren ein solcher Wagen nur 2 hat,
Gußeisen, 2' im Durchmesser, ohne die 8''' hohen, 6''' breiten Raͤnder, 4''
3''' breit, 1/2''' concav ausgedreht; mit der 15'' langen Nabe.
b, circa 130 Pfund schwer.
c, das Segment, 22'' vom Mittelpunkte der Achse hoch,
2'' breit, 15''' dik, Gußeisen.
d, der Tragbogen von Schmiedeeisen.
e, die Achse, welche in der Buͤchse des Rades
18''', an den Enden 15''' Durchmesser hat.
f, die Lasttraͤger von Schmiedeeisen.
g, die Verbindungsbogen, von Schmiedeeisen, 1/2'' dik, 1
1/2'' breit.
h, die Verbindungs- und Leitstangen.
i, die Ketten.
k, die Leitern.
l, der Knebel in der Kette.
Beschreibung der Bahn. (Fig. 9., 10. und 12.)
m, die Piloten 10–12'' im Durchmesser; sind wie
bei der Bodmer'schen Bahn ungefaͤhr 3/10 bis 2/5
ihrer ganzen Laͤnge eingerammelt oder eingegraben.
n, die Pfosten, 10 bis 20' lang, 10'' hoch, 3'' 11'''
breit.
o, die Keile, 3' lang, 3'' hoch; hartes Holz.
p, die Unterlagen, 3' lang, 5'' hoch, hartes Holz; sind
bei
q, in der Mitte durch den Bolzen an den Piloten
befestigt,
r, die Schienen sind an den Kanten 3''', in der Mitte
4''' convex ausgewalzen, 6 bis 10' lang, mit 5 und 8 Loͤchern, 4'' breit.
Ein solcher Wagen, wie er auf der Probebahn, welche in der mechanischen
Werkstaͤtte der Hrn. Harcort und Comp. in Wetter
an der Ruhr bei Elberfeld aufgestellt wurde, wog an
Schmiedeeisen
216 Pf.
Gußeisen
355 –
Messing
11 –
Holz
227 –
–––––
Zusammen
809 –
Hierzu bei dem zweiten Versuch eine Last
von
3951 Pf.
–––––––
Summe
4760 Pf. preuß.
welche mit einer Kraft von 25 Pf. vorwaͤrts bewegt
wurden.
Mithin, wenn man die Kraft eines Pferdes bei anhaltender Arbeit 175 Pf. preuß.
annimmt, koͤnnte dasselbe eine Last von 33,320 Pf. und nach Abzug des
Gewichtes der hierzu erforderlichen 5 Wagen mit 4045 Pf. eine reine Last von 29,275
Pf. fortbewegen.
Die Richtigkeit des obigen Versuchs wird der wuͤrdige Leiter der
erwaͤhnten großen Fabrik, Hr. Friedrich Harcort,
um so eher bestaͤtigen, da der angefuͤhrte, so wie alle anderen
vielfaͤltigen Versuche auf dieser Bahn in seiner Gegenwart
ausgefuͤhrt, und die Resultate gemeinschaftlich notirt wurden.
––––––––
Die Vortheile der schwebenden Bahnen vor den liegenden sind hauptsaͤchlich
folgende:
1) die Wohlfeilheit ihrer Erzeugung. Diese Art Eisenbahnen wuͤrde
zuverlaͤssig weniger als die Haͤlfte der Kosten einer jeden bis jezt
bekannten liegenden Eisenbahn zu ihrer vollkommenen, soliden und dauerhaften
Aufstellung erfordern.
2) Ihre einfachen Bestandtheile, Schmiedeeisen und Holz – die wenigen
gußeisernen Bestandtheile der Wagen ausgenommen – sind uͤberall leicht
zu erhalten, und beduͤrfen aͤußerst wenig Zubereitung.
3) Eine n. oͤ. Meile solcher Bahn kann bei bereit liegendem Materiale und
guͤnstig gewaͤhlter Witterung in 4 bis 5 Wochen ganz zum Gebrauche
aufgestellt werden.
4) Sie bedarf keiner kuͤnstlich chaussirten Trace, weder fuͤr die Bahn
selbst, noch fuͤr das Zugthier; benuͤzt beinahe jedes Terrain, ohne
Ausgrabung und Anschuͤttung oder Daͤmmen und Mauerwerk, welches bei
liegenden Bahnen so vielfaͤltig nothwendig wird; uͤbersezt ohne
Unterbrechung der Communication schon bestehende und benuͤzte Chausseen und
Fahrwege aller Art, geht mit Leichtigkeit und ohne Schwierigkeit uͤber
Schluchten, Graͤben, Baͤche, kleine Fluͤsse u.s.w.
5) Reparaturen koͤnnen nur selten vorkommen, und sind auf keinen Fall
kostspielig oder den Transport unterbrechend.
6) Staub, Schnee, Regenguͤsse etc. koͤnnen ihnen vermoͤge ihrer
Elevation nichts anhaben.
7) Leichtigkeit des Transports – mit einem gewoͤhnlichen Zugpferde
werden leicht 240 bis 280 Ctr. in einer halben Stunde auf die Stunde fortgezogen;
die Last ist keinen Stoͤßen oder dem Um stuͤrzen ausgesezt.
8) Nimmt sie unbedeutend wenig Terrain ein, und wuͤrde die Grundentschaͤdigung
vielleicht auf Nichts bringen, wenn bei einer groͤßeren Entfernung die Bahn
so eingerichtet wuͤrde, daß Dampfwaͤgen als Vorspann angewendet
wuͤrden.