Titel: | Notiz über die Bereitung des hydraulischen Kalks von den HHrn. Gebrüdern Ollivier, Handelsleuten zu Doué (Maine et Loire). |
Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. LXXXVII., S. 294 |
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LXXXVII.
Notiz uͤber die Bereitung des
hydraulischen Kalks von den HHrn. Gebruͤdern Ollivier, Handelsleuten zu Doué (Maine et Loire).
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Maͤrz 1827. S. 91.
Ollivier's Notiz uͤber die Bereitung des hydraulischen
Kalks.
Da die Untersuchungen des Hrn. Vicat uͤber die hydraulischen Kalksteine den außerordentlichen
Vortheil ihrer Anwendung bei allen Arten von Bauten gezeigt haben, so nahmen sich
die HHrn. Ollivier, in deren Nachbarschaft Kalkstein
vorkommt, welcher sehr guten hydraulischen Kalk gibt, der aber, wie uͤberall,
nur fuͤr die lokalen Beduͤrfnisse gebrochen wurde, vor, Mittel
ausfindig zu machen, wodurch er leicht transportirt und gut erhalten werden
koͤnnte, weil es bekanntlich sehr schwierig ist, diesen Kalk aufzubewahren
oder gar weit ohne Veraͤnderung und Gefahr zu transportiren, besonders aber
ohne sehr große Kosten.
Hr. Lafaye hatte in dem 18. Jahrhundert gefunden, daß der
durch Eintauchen geloͤschte Kalk sich lange unveraͤndert erhalten
kann. Diese Thatsache war durch Hrn. Vicat bestaͤtigt worden, welcher die
HHrn. Ollivier in seinem Briefwechsel auf diese
Aufbewahrungsart, woruͤber er und Hr. Lafaye nur Versuche im Kleinen
angestellt hatten, aufmerksam machte. Die Schwierigkeit bestand darin, eine Methode
zu finden, um auf eine wenig kostspielige Weise betraͤchtliche Massen in
Pulver zu verwandeln, und sie wo moͤglich auch zu sieben, um die nicht
gebrannten Steine oder fremdartige Theile daraus zu entfernen, welche von dem
gebrannten Kalk bei der Bereitung des Moͤrtels schwer zu trennen sind, und
sie endlich in diesem neuen Zustande auf eine solche Art zu verpaken, daß sie
leicht, sicher und mit
geringen Kosten transportirt werden koͤnnen. Die HHrn. Ollivier haben diese
verschiedenen Zweke sehr gluͤklich erreicht, und Hr. Vicat wuͤnscht ihnen dazu in seinem vom 2. Aug. 1826 aus Souillac
datirten Brief in folgenden Worten Gluͤk:
„Die naͤheren Angaben, welche Sie mir guͤtigst mittheilen
wollen, sind mir hoͤchst interessant. Das Haupthinderniß, welches der
Anwendung des hydraulischen Kalks bisher entgegenstand, war die vermeintliche
Schwierigkeit, ihn aufzubewahren und zu
transportiren; Sie haben sie gluͤklich geloͤst, woruͤber
ich Ihnen meine Freude bezeuge. Ich habe von Ihren Beobachtungen uͤber
die Steinkohlenoͤfen Gebrauch gemacht, und die neue Ausgabe meiner
Untersuchungen uͤber die Moͤrtel, welche mich so eben
beschaͤftigt, wuͤnsche ich mit einigen naͤheren Angaben
uͤber Ihre Methode, den hydraulischen Kalk sowohl einzutauchen, als
einzusaken, bereichern zu koͤnnen.“
Die HHrn. Ollivier liefern den geloͤschten und
eingesakten Kalk zu demselben Preise, wie den aus dem Ofen kommenden, welcher noch
nicht weiter zubereitet worden ist. Ihre Arbeiter leiden bei diesem
Geschaͤfte auf keine Weise; sie haben solche, welche seit der Entstehung des
Etablissements bestaͤndig damit beschaͤftigt waren, das Kalkpulver im
Sommer zwoͤlf Stunden lang des Tages einzusaken, ohne daß es ihnen jemahls
beschwerlich fiel, so bequem und einfach ist das Mittel, welches sie anwenden.
Man wird leicht einsehen, von welchem Vortheil fuͤr die Kuͤnste das
Etablissement der HHrn. Ollivier seyn muß. Ihr Kalk wird
in Saͤken transportirt, was eben so leicht zu bewerkstelligen als
oͤkonomisch ist, indem man ihn so dem Gewichte nach erhaͤlt, an Statt,
daß sonst das kostspielige, langsame und doch unsichere Ausmessen desselben
gebraͤuchlich ist, und weil die Sake leer wieder in das Etablissement
geschikt und dort gefuͤllt werden koͤnnen.
Der so in Pulver verwandelte Kalk hat außer dem Vortheil, daß er sich gut
erhaͤlt, noch den, in großen Massen in geschlossenen Magazinen aufbewahrt
werden zu koͤnnen, was bei dem gebrannten Kalk unmoͤglich ist, weil
dieser leztere, indem er zu Pulver zerfallt, in Folge der Absorbtion der
Feuchtigkeit der Luft, sein Volumen vergroͤßert, und die Mauern der Magazine,
worin er enthalten ist, verdraͤngt.
Außer diesen Vortheilen ist noch ein anderer zu beruͤksichtigen; wir, wollen
von den Huͤlfsmitteln sprechen, welche dieses Etablissement der Frescomalerei
darbietet. In der That ist der hydraulische Kalk der einzige, welcher dem
nachtheiligen Einfluß der Witterung zu widerstehen vermag, schwer in der
Frescomalerei anzuwenden, weil er immer mehr oder weniger sehr thonhaltige Theile
enthaͤlt, und sich eben deßwegen schwer und langsam loͤscht, daher es oft geschieht, daß die
Ueberzuͤge beschaͤdigt werden, indem sich die Stellen, wo sich diese
thonigen oder zu stark gebrannten Theilchen befinden, loͤschen; andererseits
sind die hydraulischen Kalksteine selten so rein, daß sie zur Verfertigung eines
feinen und gleichartigen Moͤrtels angewandt werden koͤnnen.
Diejenigen der HHrn. Ollivier hingegen sind in großen
Massen geloͤscht, wobei alle diese thonigen Theilchen der Einwirkung der
Waͤrme ausgesezt und auf diese Art sowohl vom Wasser als von dem heißen Dampf
leicht durchdrungen werden.
Was die nicht talkartigen oder verglasten Theile betrifft, welche alle Kalksteine
enthalten, so werden sie durch Siebe abgesondert, durch welche die HHrn. Ollivier
ihren zu Pulver geloͤschten Kalk schlagen lassen.
Dieses Etablissement kann also den Kuͤnstlern, die sich mit der Frescomalerei
beschaͤftigen, empfohlen werden; sie werden diesem Kalk den Vorzug vor jedem
bisher angewandten einraͤumen, besonders fuͤr das Aeußere. Die HHrn.
Ollivier koͤnnen Kalk im Zustande eines so
feinen Pulvers liefern, daß er fast unfuͤhlbar ist.
Aus ihrem Etablissement kommen jaͤhrlich 1 bis 1 1/2 Millionen Kilogramme
Kalkpulver, welches die Loire hinuntergefahren, in Nantes eingeschifft und dann auf
den Kanaͤlen der Bretagne transportirt wird, zu deren Bau man es
verwendet.
Die HHrn. Ollivier haben sich nicht auf die
Verfahrungsweisen beschraͤnkt, den Kalk in Pulver zu verwandeln; sie haben
auch die Kalkbrennerei sehr verbessert, indem sie Versuche in verschieden gebauten
Oefen anstellten, und besonders das Feuer durch neue Verfahrungsarten
regulirten.