Titel: | Ueber einige Eigenschaften des Eisens in seinen verschiedenen Zuständen, und wie es unter besonderen Umständen künstliches Ultramarin bildet. Von Herrn Pajot Descharmes. |
Fundstelle: | Band 29, Jahrgang 1828, Nr. CXXVI., S. 439 |
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CXXVI.
Ueber einige Eigenschaften des Eisens in seinen
verschiedenen Zustaͤnden, und wie es unter besonderen Umstaͤnden
kuͤnstliches Ultramarin bildet. Von Herrn Pajot Descharmes.
Aus dem Franklin-Journal in Gill's technological Repository. 1828 S. 49.
(Mit Anmerkungen der Redactoren beider Journale.)
Descharmes, uͤber kuͤnstliches
Ultramarin.
Moͤrtel oder roͤmischer Kitt statt Stein.
Es gibt eine Art Eisentritoxid von violetbrauner Farbe, das staubig ist, und
glimmerig aussieht; es entsteht durch Zersezung von salzsaurer Soda mittelst
Einwirkung des schwefelsauren Eisens durch Beihuͤlfe der Hize. Wenn dieses
Eisentritoxid mir ungeloͤschtem Kalke und Sande gemengt, und so viel Wasser
zugesezt wird, daß es eine teigartige Consistenz bekommt, und dieser Moͤrtel
dann zwischen zwei flache Steine gebracht wird, die man mit einander verbinden will,
so wird er so hart und stark, und die beiden Steine werden dadurch so fest unter
einander verbunden, daß sie gleichsam nur Einen Koͤrper zu bilden
scheinen.
Anmerkung des Redacteurs des Franklin
Journal
. Um dieses Eisenoxid (diesen Rost) zu erhalten, darf man bloß gleiche Mengen
Kochsalzes und Eisenvitrioles einzeln in Wasser aufloͤsen, und die
Aufloͤsungen siedend heiß zu einander schuͤtten, wo dann das Eisenoxid
als Pulver niederfallen wird. Die klare Fluͤssigkeit wird dann abgegossen,
der Niederschlag gewaschen, und er ist auf diese Weise zum Gebrauche fertig.
Zusaz des Herrn Gill. Es scheint uns, daß der Ausdruk:
„durch Beihuͤlfe der Hize“ sich auf Bereitung dieses
Tritoxides auf trokenem Wege bezieht; d.h., daß diese
beiden Salze, nachdem sie vorlaͤufig zerrieben und gemengt wurden, in einem
Tiegel gehizt werden, wo sie dann das glimmerige Ansehen
erhalten werden; so wie wir fruͤher im Technical
Repository die Bereitung dieses Oxides fuͤr Streichriemen zu Barbiermessern angegeben haben, (polytechn. Journ. B. XIX. S. 110), zu welchen wir es hier
dienlich fanden.
Ueber die Wirkung der Zeit in Vereinigung des Eisenoxides mit
Erden. Ich habe ungefaͤhr im Anfange dieses Jahrhundertes ein
flaches Stuͤk Eisen auf dem Boden eines alten Druidentempels gefunden, den
ich in dem Walde von St. Gobin entdekte. Durch das Wasser, welches durch die
Thon- und Sandmasse, die das Eisen bedekte, durchsikerte, entstand eine
Gegenwirkung, so daß es aͤußerst schwer wurde selbst mit Instrumenten ein Stuͤk von dieser
Masse, die sich zusammengehaͤuft hatte, los zu kriegen.
Schlaken der Glasoͤfen zu hydraulischem
Moͤrtel. Bei Erbauung der Bruͤke
Ludwig's XVI. fand man es sehr vortheilhaft, dem hydraulischen
Moͤrtel, dessen man sich bediente, einen Theil der mehr oder minder
eisenhaltigen Schlaken (escarbilles) zuzusezen, die
durch den Rost der Bouteillenfabrik zu Meudon, bei Sevres durchfielen. Diese
Schlaken wurden gepuͤlvert, dem Moͤrtel beigemengt, und
befoͤrderten nun die schnelle Erhaͤrtung desselben. Eben diesen
Vortheil von Schlaken hatte man auch bei Erbauung des Hafens und der Festungswerke
von Cherbourg, wo man die Schlaken aus den Glashuͤtten des anderthalb Stunden
davon entlegenen Tour Laville herholte.
Bemerkungen. Wir haben das Wort escarbilles nicht uͤberseztEs findet sich auch nicht im Dictionnaire de
l'Academie. Wir uͤbersezten es durch Schlaken, deren es
mehrere Sorten gibt. A. d. Ueb.; es scheint uns, daß das englische Wort Cinders
dasselbe genau wiedergibt. Das Wort cendres bedeutet im
Franzoͤsischen bloß Asche, und wir kennen kein
Wort in der franzoͤsischen Sprache, das dem englischen Worte „Cinders“ entspraͤche; escarbille ist ein technischer Ausdruk. Nach dem Dictionnaire technologique bezeichnet er „jene
Theile der Kohlen, die der vollkommenen Verbrennung entgehen, und mir der Asche
gemengt sind. Sie sind eine Art Kohks in kleinen Stuͤken, und mehr oder
weniger leicht.“ Man hat in diesen Glashuͤtten Steinkohlen
gebrannt.
Zusaz von Herrn Gill. Wir finden uns wieder in der
Nothwendigkeit, die Erklaͤrung, die der wuͤrdige Redacteur des Franklin Journal von dem Worte Escarbilles gibt, zu verbessern. Wir zweifeln nicht, daß Escarbilles eben so viel bedeutet, als clinkers, oder Schlaken, den glasigen Theil des
Ruͤkstandes der Kohlen, der mehr oder weniger eisenhaltig ist, und dadurch
die schnellere Bindung dieser hydraulischen Moͤrtel-Composition
erzeugt.
Verbesserter Pflastermoͤrtel. Es ist eine bekannte
Sache, daß der Moͤrtel, dessen man sich zum Pflastern her Kays, der
Hoͤfe in Pallasten und Gebaͤuden etc. bedient, durch den beigemengten
Ruͤkstand der Scheidewasserbrenner (Caput mortuum
der Scheidewasserfabriken) sehr verbessert wird, wenn eisenschuͤssiger Thon
zur Zersezung des Salpeters angewendet wurde.
Steinkohlenasche macht den Moͤrtel wasserdicht.
Eine aͤhnliche Wirkung erhaͤlt man in Steinkohlengruben, wenn man das
Einsikern des Wassers zwischen dem Zimmerungsholze verhuͤten will. Man fuͤllt zu
diesem Ende die Raͤume zwischen dem Berge und der Zimmerung mit einem
Moͤrtel aus Kalk und Kohlenasche aus, welche immer eisenhaͤltig ist.
Gußeisenkugeln verbinden sich mit Sand. Ich sah an der
Kuͤste zu Cherbourg eine kleine Kugel und einen Vier und zwanzig
Pfuͤnder, beide aus Gußeisen, an welchen die Verwandtschaft des Eisens zu dem
Sande und zu den mit diesem gemengten Kalktheilen, auf weichen die Kugeln durch Ebbe
und Flut hin und her gerollt wurden, sich so kraͤftig aͤußerte, daß
die kleine Kugel so groß watd, wie ein Vier und zwanzig Pfuͤnder, und die
große so groß, wie die groͤßte Bombe. Die auf diesen Kugeln
angehaͤufte Masse war so fest zusammengeleimt, daß man selbst mit einem
spizigen Meißel nur kleine Massen davon trennen konnte.
Glas durch Eisen blau gefaͤrbt.
Obenerwaͤhntes Eisentritoxid mit schwefelsaurer Soda (Glaubersalz) und
basisch kohlensaurer Soda gemengt, gibt dem aus dieser Mischung erzeugten Glase eine
blaue Farbe, die derjenigen aͤhnlich ist, welche man wahrnimmt, wenn
aͤhnliche Materialien theilweise geschmolzen werden, und die sich in der
Laͤnge der Zeit an der Oberflaͤche der Waͤnde und an dem
Hintertheile des Herdes jener Oefen zeigt, in welchen kochsalzsaure Soda (Kochsalz)
durch schwefelsaures Eisen (Eisenvitriol) zersezt wird, sie moͤgen aus Stein
oder aus Baksteinen erbaut seyn. Ich stellte meine Beobachtungen uͤber die
Bildung dieser blauen Farbe zuerst im J. 1800 an, als ich die Glashuͤtten zu
Tour Laville unter meiner Leitung hatte, und Kochsalz durch Eisenvitriol
zersezte.
Ich glaubte, daß diese verschiedenen Beobachtungen, die ich zu verschiedenen Zeiten
machte, vielleicht zu wichtigen Resultaten fuͤhren koͤnnten, wenn sie
oͤffentlich bekannt gemacht wuͤrden; vorzuͤglich leztere in
Hinsicht auf Ultramarin-Bereitung
Es bleibt bei diesem Versuche unentschieden, ob die blaue Farbe durch den
Schwefel, wie bei der Bereitung des Ultramarins nach Gmelin's Vorschrift (polytechn. Journ. B. XXVIII. S. 405), oder
durch das Eisenoxidul, wie in den blauen Eisenschlaken, hervorgebracht wird.
Schon Henkel zeigte, daß man mittelst Eisen ein
mehr oder weniger blaues Glas hervorbringen kann, wenn man ein Drittel
Quentchen gefeilten Stahl oder Eisen calcinirt, und es dann mit reinem
Kiesel und Alkali zusammenschmilzt. (Crell's
chem. Ann. 1799. B. I. S. 457.) A. d. R..