Titel: | Ueber das Feilen, und über die Art, vollkommen ebene Flächen auf Metall zu bilden. |
Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. LVII., S. 194 |
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LVII.
Ueber das Feilen, und uͤber die Art,
vollkommen ebene Flaͤchen auf Metall zu bilden.
Aus Smith's Panorama of Science and Arts in Gill's techn.
Repository, December 1828. S. 358.
Ueber das Feilen etc.
Der große Schraubstok muß an der Seite der Werkbank wohlbefestigt seyn; die Baken
desselben muͤssen mit der Kante des lezteren parallel laufen und die
Oberflaͤche dieser Baken muß zugleich vollkommen horizontal stehen. Die
zwekmaͤßigste Hoͤhe fuͤr den Schraubstok ist die des Elbogens
des Arbeiters, wenn der Oberarm senkrecht an die Seite des Leibes angezogen, und der
Vorderarm unter einem rechten Winkel an den Oberarm gehalten wird. Wenn bei dem
Feilen der Schraubstok oder das Stuͤk, welches gefeilt werden soll (woran man
so selten denkt), hoͤher, als in obiger Lage, steht, so wird der Stoß mit der
Feile nie so kraͤftig werden, als er bei gleicher Kraftaͤußerung auf
obiger Hoͤhe ausfaͤllt, und es wird, der Schraubstok mag hoͤher
oder tiefer stehen, außerordentlich schwer seyn, die Feile in horizontaler Richtung
zu fuͤhren. Da die Zaͤhne an der inneren Seite der Baken des
Schraubstokes feine Arbeiten durch Eindruͤke verderben wuͤrden, wenn
die Baken so fest angezogen werden, daß sie das Stuͤk vollkommen ruhig und
still halten, so werden sie, so oft es nothwendig ist, mit 1/8 Zoll diken
Bleiplatten belegt. Diese Platten muͤssen groß genug seyn, um zu beiden
Seiten anderthalb Zoll weit hinaus zu ragen, und zugleich Einen Zoll hoch
uͤber die Baken empor stehen. Diese Platten werden dann, nachdem der Schraubstok
angezogen wurde, auf den Baken desselben mit ihren hervorragenden Theilen
niedergehaͤmmert.
Gewoͤhnlich werden die Stiele an den Haͤmmern uͤberall von
gleicher Dike gemacht. Die Schwingungen des Hammers theilen sich daher der Hand des
Arbeiters mit, und erregen ein unangenehmes Gefuͤhl in derselben, so daß er
ermuͤdet wird, ehe er noch seine ganze Kraft gebraucht hat. Wenn der Stiel
des Hammers in einer kleinen Entfernung von seinem oberen Ende nur in einer geringen
Laͤnge bedeutend duͤnner gemacht wird, als an dem uͤbrigen
Theile des Stieles, so daß er etwas springt, so wird diese kleine Vorrichtung eine
bedeutende Verbesserung. Ein solcher Hammer faͤllt gut auf, und
ermuͤdet zugleich den Arbeiter weit weniger, der sich dadurch auch
uͤberzeugen kann, daß seine Schlaͤge fest und kraͤftig sind. Um
Eisen zu haken, darf der Kopf des Hammers nicht schwerer als ein Pfund, und der
Stiel nicht laͤnger als einen Fuß lang seyn. Wenn ein Hammer von was immer
fuͤr einer Gestalt die staͤrksten Schlaͤge mit der geringsten
Schwere, und folglich mit der geringsten Anstrengung, geben soll, so muß die Menge
Eisens am Kopfe desselben auf den gegenuͤberstehenden Seiten einer Linie, die
auf den Mittelpunkt der Vorderflaͤche desselben senkrecht gezogen ist, gleich
vertheilt seyn. Haͤmmer also, die man zum Ausziehen der Naͤgel mit
Klauen versteht, die sich von dieser Linie entfernen und zuruͤkbeugen, sind
nicht geeignet die staͤrkste Wirkung durch den Schlag hervorzubringen.
Uhrmacher, Zinnarbeiter, Messingarbeiter poliren die Vorderflaͤchen ihrer
Haͤmmer zuerst dadurch, daß sie dieselben auf einem Brette von weichem Holze
abreiben, das mit Oehl und fein geschlaͤmmten Schmergel uͤberzogen
ist, und hierauf, wie die Uhrmacher und Silberschmiede, jeden Riz, den der Schmergel
zuruͤk ließ, wegschaffen und mit Kolkothar oder Putty und Wasser zum
hoͤchsten Glanze poliren.
Man bearbeitet Metalle zuweilen dadurch, daß man sie zuerst hakt (chipping). Dadurch erhaͤlt man die beabsichtigte
Wirkung nicht bloß weit leichter und schneller, sondern erspart auch viel an der
Auslage fuͤr Feilen, die sonst hierzu noͤthig seyn wuͤrden. Man
bedient sich dieses Verfahrens vorzuͤglich bei dem Guß-Eisen, dessen
aͤußere Oberflaͤche, so wie sie aus dem Model kommt, immer
haͤrter als die innere Masse desselben, und zuweilen so hart ist, daß auch
die beste Feile in wenigen Minuten daran zu Grunde gehen muͤßte: in einer
Tiefe, die kaum oft den zwanzigsten Theil eines Zolles betraͤgt, wird dieses
Eisen aber unter jener harten Schale so weich wie Messing. Mit dem Hak-Meißel
dringt man sehr leicht durch diese harte Rinde, und wenn diese ein Mal durchdrungen
ist, darf man nur mehr die Schneide des Meißels auf das weiche Eisen wirken lassen.
Der flachschneidige Meißel darf zu dieser Arbeit nicht viel mehr als 7 Zoll lang, muß aber aus dem
besten Gußstahle verfertigt worden seyn. Der Hammer, den man fuͤr denselben
noͤthig hat, wurde bereits beschrieben. Der Meißel wird unter einem Winkel
von 45 Graden gehalten, und die Schlaͤge mit dem Hammer muͤssen
schnell auf einander folgen. Es gehoͤrt allerdings einige Geschiklichkeit
dazu, die man sich nur durch Uebung verschaffen kann, um auf diese Weise eine ebene
Oberflaͤche zu erhalten; allein, diese Kunst ist nicht so schwer zu lernen.
In vier bis fuͤnf Stunden nimmt man mit dem Meißel die Schale oder Haut von
einer Flaͤche von 100 □ Zoll leicht weg, und, wenn dieß
gehoͤrig geschehen ist, nimmt die Feile die Unebenheiten, die der Meißel
zuruͤk laͤßt, eben so leicht; wo sehr viele Genauigkeit nothwendig
ist, muß man das Stuͤk, das gehakt oder behauen werden soll, vor dieser
Arbeit genau untersuchen, und wenn ungeschikte Hervorragungen oder Loͤcher an
demselben sich zeigen, muß der Meißel entweder tiefer oder seichter, nach
Umstaͤnden, an diesen Stellen eingetrieben werden.
Bei Metall-Arbeiten ist das Feilen eine der gewoͤhnlichsten
Operationen, und vielleicht wird keine derselben weniger eingesehen und
gehoͤrig begriffen. Die Feile ist ein zu bekanntes Instrument, als daß es
einer Beschreibung derselben beduͤrfte; indessen ist die gehoͤrige
Anwendung derselben vielleicht uͤberall eine der schwierigsten Arbeiten, mit
welchen der Mechaniker sich beschaͤftigen muß, und diese Schwierigkeit
haͤngt mehr von dem Mangel einer gehoͤrigen Methode bei Verrichtung
dieser Arbeit, als von irgend einer anderen Ursache ab. Vollkommen ebene
Flaͤchen, wie z.B. fuͤr die Teller einer Luftpumpe und fuͤr
tausend andere Dinge, werden taͤglich gebraucht; nur wenige wissen aber die
Methode, dieselben schnell und leicht mit der vollkommen sten Genauigkeit zu
verfertigen. Es ist schwer einen Arbeiter zu finden, der eine Arbeit mit Genauigkeit
verfertigen kann, und weiß, warum man diese Genauigkeit von ihm fordert. Schleifen
ist der gewoͤhnliche und lezte Ausweg, zu welchem diejenigen ihre Zuflucht
nehmen, die ihrer Arbeit die hoͤchste Genauigkeit geben wollen: man kann aber
zwei Metall-Platten eine Ewigkeit lang an einander abschleifen, ohne daß sie
dadurch flach und eben werden, wenn man nicht durch eine vorlaͤufige Arbeit
die Quer-Windungen (Cross-windings)
derselben vollkommen beseitigt. In der gehoͤrigen Ausfuͤhrung dieser
Vorarbeit liegt aber beinahe die ganze Schwierigkeit der Arbeit selbst. Worin mag
sie also bestehen? Das Schleifen hat ein Streben, jede regelmaͤßige
Erhabenheit oder Vertiefung, welche die eine oder die andere Oberflaͤche
haben mag, zu verewigen, und eine oder die andere dieser Oberflaͤchen auf
jedem Stuͤke zu erzeugen, wenn es auch anfangs flach und eben war. Durch
Drechseln (Abdrehen) ebene Oberflaͤchen bilden, ist keine leichte Sache, und
fordert kostspielige Vorrichtungen; nicht selten fordert die bloße Befestigung des
abzudrehenden Metall-Stuͤkes in der Pfanne der Drehebank mehr Zeit,
als zur Vollendung der ganzen Arbeit nothwendig seyn sollte. Wir laden daher den
fleißigen und denkenden Arbeiter ein, sein Vertrauen der Feile zu schenken, mit welcher er, wie wir keinen Anstand nehmen ihn zu
versichern, weit schoͤnere und genauere Arbeit zu liefern im Stande seyn
wird, als andere, in anderer Hinsicht sehr achtbare, Mechaniker entweder nicht zu
verfertigen gelernt haben, oder nicht fuͤr moͤglich halten werden. Wir
haben, in dieser Hinsicht, mit Bewunderung die Arbeiten eines Mannes gesehen, der an
der koͤnigl. Muͤnze eine ansehnliche Stelle bekleidete. Er
verfertigte, mit der Feile allein, als seinem einzigen Schneide- und
Polir-Werkzeuge, Arbeiten, die nicht bloß Alles uͤbertrafen und die
strengste Pruͤfung aushielten, sondern er vollendete auch diese Arbeiten mit
einer Schnelligkeit, und folglich mit einer Wohlfeilheit, die bei keiner anderen
Methode moͤglich war. Wir sahen eine Arbeit von ihm (bei welcher
uͤbrigens das Aeußere nur Nebensache war, obschon auch dieses sehr
schoͤn ausfiel), die den moͤglich genauesten Parallelismus an allen
ihren Seiten forderte, und von welchen einige nicht weniger als 50 bis 60 □
Zoll betrugen, so herrlich von seiner Hand bloß mit der Feile ausgefuͤhrt,
daß die hoͤchste Drehekunst sie nicht herrlicher vollenden konnte, und das
schmuzige und langweilige Schleifen gaͤnzlich uͤberfluͤssig
wurden. Wie oft wurden, vorzuͤglich in kleinen Staͤdten, Keime von
Erfindungen in ihrer Entwikelung erstikt, weil kein Arbeiter zu finden war, der
Geschiklichkeit genug besessen haͤtte, die vorgeschlagenen Vorrichtungen zu
verfertigen, und wie oft wuͤrden Erfinder selbst ihre Ideen ausfuͤhren
koͤnnen, wenn sie nicht von dem Vorurtheile eingeschuͤchtert
waͤren, daß die Erlangung einer hinlaͤnglichen Geschiklichkeit ihrer
zehn Finger eine zu schwierige Sache ist, als daß sie sich jemals an dieselbe wagen
duͤrften.Wann wird einmal die Zeit kommen, wo diejenigen, welche den
oͤffentlichen Unterricht zu leiten haben, einsehen werden, daß das
bloße Lesen, Schreiben und Rechnen in den Knaben-Schulen nicht der
einzige Unterricht ist, den das Wohl des Landes, der Menschheit, die Natur
selbst gebietend fordert! Wann werden sie begreifen, daß der Bauernjunge
eben so nothwendig lernen muß einen Baum zu aͤugeln oder zu pfropfen,
parallele Linien, Viereke, Kreise, Ellipsen in seinen Gaͤrtchen und
auf seinen Aekern zu ziehen, ein Stuͤk Holz zu behauen, zu hobeln,
ein Stuͤk Eisen an seinem Wagen, an seinen Akergeraͤthen
gehoͤrig zu befestigen, mit einem Worte, daß der Bauernjunge die
ersten Elemente der Geometrie, die ersten Handgriffe in der Kunst etwas
zuzuschneiden, anzupassen etc. bedarf, als sie? Meinen sie vielleicht, diese
gnaͤdigen Herren, weil sie keine Feder schneiden koͤnnen, und
wenn ihnen auch einer ihrer Tagsschreiber eine Feder recht gut schneidet,
mit derselben ihren verehrten Namen in einem Buchstaben schreiben, den alle
Intendanten aller Dechiffrir-Cabinette nicht zu entziffern
vermoͤgen, ein Bauernjunge brauche auch so wenig Geschiklichkeit in
seinen Fingern, wie sie? Die Haͤnde sind, wie Aristoteles vor
2000 Jahren schon sagte, Organum Organorum, et
Organum ante Organa. Was wuͤrde Praxiteles, was
wuͤrde Phidias, was Michel Angelo und Raphael, und Mozart und
Beethoven, was wuͤrden alle Meister der bildenden Kuͤnste und
alle Virtuosen bei dem unsterblichen Genie, mit welchem die Natur sie, und
durch sie die Menschheit, begluͤkte, geleistet haben, wenn sie statt
der zehn kleinen Finger Elefantenfuͤße oder Baͤrentazen gehabt
haͤtten? Und was ist eine ungeschikte und ungeuͤbte Hand
anders, als eine Baͤrentaze? Wenn man nicht will, daß der Kopf und
das Herz gebildet wird, so denke man doch wenigstens auf die Bildung der
Haͤnde, und wenn man will, daß man, wie die Spanier sagen, mit dem
Elbogen denke und rede, (hublar por las codas),
so lehre man wenigstens mit den Fingern geschikt arbeiten. Die Weiber, deren
Eine mehr gesunden Menschenverstand besizt, als Duzende gelehrter
Peruͤken-Traͤger aller Farben, haben dafuͤr zu
sorgen gewußt, daß in den Schulen der Kinder ihres Geschlechtes mit dem
uͤbrigen kuͤmmerlichen Unterrichte Unterricht in Handarbeiten verbunden wird; die kleinen
Maͤdchen lernen ihre 10 Fingerchen zwekmaͤßig zu den Arbeiten
ihres Geschlechtes uͤben. Wer lehrt unsere Jungen auch nur eine Feder
gehoͤrig schneiden, vielweniger einen Baum pfropfen? Vergebens zeigt
uns die Natur an dem Instinkte unserer Knaben (wenn wir die Lust zum
Schnizeln, Haͤmmerln etc., die alle Knaben mehr oder minder beseelt,
die selbst noch die Studenten auf der Universitaͤt zum Zerschnizeln
der Schulbaͤnke, in haud laeve doctissimae
reipublicae damnum et detrimentum, begeistert, anders so nennen
duͤrfen), daß sie Beschaͤftigung, Uebung fuͤr ihre 10
Finger haben wollen; daß die Natur sie ihnen nicht umsonst gegeben hat:
unsere Studienplan-Fabrikanten sehen nur den Lehrern, nicht aber den
Schuͤlern, auf die Finger. In jeder Schule sollte eine kleine
Werkstaͤtte seyn, in welcher diejenigen Knaben, die gut gelernt
haben, Axt, Saͤge, Hobel, Hammer, Meißel, Feile etc. brauchen lernen.
So ist es jezt wenigstens in den meisten nordamerikanischen Schulen, und man
steht bereits, daß die Nordamerikaner selbst die Englaͤnder zu
uͤberfluͤgeln drohen, wo die Lords ihre Pferde selbst
beschlagen, wo jeder Bauer sich selbst taͤglich barbirt,
waͤhrend wir bei uns hochgelehrte Professoren der Chirurgie bezahlen,
die sich nicht ein Mal selbst den Bart puzen koͤnnen; hochgelehrte
Professoren der Thierarzneikunde, die keinen Nagel aus dem Huf des Pferdes
ausziehen, viel weniger gehoͤrig einschlagen koͤnnen, und
hochgelehrte Professoren der Botanik und Landwirthschaft, die keinen
Birnbaum pfropfen, und keinen Krautkopf zu ziehen verstehen. Ein
Drechslermeister, ein Schreiner- und Schlossermeister, ein Meister in
der Lithographie wuͤrden einer Hochschule vielleicht
nuͤzlicher seyn, als ein Fechtmeister auf Hieb und Stich.A. d. U. Wer Gelegenheit hatte, haͤufige Beobachtungen in dieser Hinsicht zu machen, wird diese
Klagen nicht als muͤßige Worte betrachten; er wird und muß wissen, daß die
Erfindungen, die wirklich ausgefuͤhrt werden, weit weniger sind, als
diejenigen, die bloß im Kopfe herumgetragen werden, und bloß deßwegen unterbleiben,
und in derselben Stunde vergessen werden, in welcher sie geboren wurden, weil der
Erfinder sich nicht die Geschiklichkeit der Ausfuͤhrung derselben zutraut.
Was ein Mensch gemacht hat, darf ein anderer Mensch nie verzweifeln auch herstellen
zu koͤnnen. Mangel an Erfahrung und Geschiklichkeit laͤßt sich nicht
selten durch Fleiß und unermuͤdete Anstrengung und Beharrlichkeit ersezen.
Wenn diese Bemerkungen uͤber die Geschiklichkeit, die man sich in einer Kunst
verschaffen kann, einst irgend ein Individuum aufmuntern koͤnnten, sich
dieselbe zu verschaffen, so werden diese Zeilen nicht vergebens geschrieben
seyn.
Doch wir muͤssen zu den praktischen Regeln uͤber diesen Gegenstand
uͤbergehen. Zuerst den Hauptgrundsaz, von dessen gehoͤriger Anwendung
das Gelingen der Arbeit abhaͤngt. Er ist, ganz einfach, dieser. Wenn man sich einer
vollkommen ebenen und flachen Oberflaͤche bedienen kann, von welcher man
bereits mit Bestimmtheit weiß, daß sie vollkommen genau flach und eben ist, so daß
man mittelst derselben mit Leichtigkeit und mit der hoͤchsten Genauigkeit
alle Fehler entdeken kann, die an jener Flaͤche noch vorkommen, die man
vollkommen flach und eben machen will, so ist eine Feile oder irgend ein Werkzeug,
mit welchem man alle Hervorragungen an der flach zu arbeitenden Tafel wegschaffen
kann, ohne daß die uͤbrigen Stellen derselben dadurch litten, alles, was ein
Kuͤnstler noͤthig hat, um seine flach und eben auszuarbeitende Tafel
jenem Muster aͤhnlich zu machen. Eine solche vollkommen flache und ebene
Oberflaͤche, sie mag nun aus Stein oder aus Gußeisen verfertigt worden seyn,
ist also in der Kunst, flach zu feilen, unentbehrlich. Wir koͤnnen derselben
noch ein anderes Huͤlfsgeraͤthe beifuͤgen, das beinahe eben so
nuͤzlich ist, obschon man dasselbe selten braucht, naͤmlich eine
vollkommen gerade Stahl-Schiene, die ich die „gerade Kante“ (straight edge)
nennen will. Wenn man sich in Besiz dieser Huͤlfsmittel gesezt hat, wird dann
eine Auswahl von Feilen und ein Schraubstok oder eine andere Vorrichtung nothwendig,
um das Stuͤk Metall, welches man flach zufeilen will, gehoͤrig zu
befestigen.
Die Feilen haben, je nachdem sie zu verschiedenen Zweken bestimmt sind, verschiedene
Groͤße und Formen; ihr Durchschnitt ist entweder vierekig, laͤnglich,
dreiekig oder bildet einen Kreisausschnitt: hiernach erhalten sie verschiedene
Benennungen. Diejenige Feile, die man die Sicherheits-Feile (safe edge) nennt,
(weil sie an ihrem Rande mit keinen Zaͤhnen versehen ist) und die auf beiden
Seiten flach und uͤberall gleich oder beinahe gleich breit ist, ist zu jedem
Zweke, zu welchem sie ihrer Form nach verwendet werden kann, die beste, und verdient
zum flach feilen (flat
filing) vorzuͤglich empfohlen zu werden.
Bei der Auswahl der Feilen ist einige Aufmerksamkeit noͤthig, wodurch man sich
in der Folge manche Ungelegenheit ersparen kann. Eine Feile, deren
Oberflaͤche in verschiedenen Richtungen gedreht ist (ein Umstand, der sich
bei dem Haͤrten der Feile sehr oft ereignet), wird den Arbeiter, der sich
derselben bedient, immer taͤuschen: er wird immer falsche Striche mit
derselben fuͤhren. Die Feilen muͤssen daher so gewaͤhlt werden,
daß dieser Fehler nie an ihnen zu treffen ist: ein geringer Grad von
regelmaͤßiger Woͤlbung ist jedoch nicht nachtheilig. Die Guͤte
einer Feile, in Hinsicht auf ihre Gestalt, laͤßt sich auf dieselbe Weise, wie
der Tischler findet, ob ein Stuͤk Holz gerade ist, oder nicht, mittelst eines
Blikes, den man uͤber dieselbe der Laͤnge nach hinlaufen laͤßt,
leicht bestimmen.
Es ist vielleicht zu bekannt, daß die Tiefe der Striche, die die Feile macht, mit der
Groͤße der Zaͤhne derselben in Verhaͤltniß steht, und daß, je
groͤßer oder groͤber diese lezteren sind, desto groͤßer die
Wirkung derselben bei gleicher Kraftanwendung in jedem Zuge derselben ist. Indessen
erhellt hieraus offenbar die Nothwendigkeit, den Anfang der Arbeit mit der
groͤbsten Feile zu machen, und nach und nach in regelmaͤßiger
Abstufung immer feinere Feilen zu nehmen, je mehr die Arbeit dem Ende nahe kommt.
Man hat Feilen, deren Zaͤhne so außerordentlich fein sind, daß sie die
Oberflaͤche des Metalles, vorzuͤglich Messing, so eben und glatt
machen, wie die Oberflaͤche eines Wezsteines. Solche Feilen sind indessen
selten nothwendig, und zu den meisten Arbeiten reichen Feilen vom dritten und
vierten Grade der Feinheit vollkommen hin.
Da die meisten Metallarbeiten, bei welchen man der Feile bedarf, flache und ebene
Oberflaͤchen besizen, und da derjenige, der eine Flaͤche
gehoͤrig flach und eben feilen kann, keine Schwierigkeit finden wird, mit der
Feile alles auszufuͤhren, was durch dieselbe geleistet werden kann, so wollen
wir hier das Detail der Bearbeitung eines Metallblokes, so wie er roh vom Gusse
herkommt, in fortschreitender Aufeinanderfolge bis zu seiner Vollendung beschreiben,
und annehmen, daß er eine rechtekige Figur bilden soll, wo dann seine
Flaͤchen, nothwendiger Weise, vollkommen flach seyn, und, ihrer Lage nach,
entweder genau parallel laufen, oder unter rechten Winkeln auf einander stehen
muͤssen. Da bei dem Zufeilen des Eisens, groͤßere Schwierigkeiten, als
bei jenem des Messinges, sich zeigen, und da Gußeisen noch schwerer zu bearbeiten
ist, als jede andere Art Eisens, so wollen wir annehmen, daß dieser Blok von
Gußeisen seyn, und 9 Zoll in der Laͤnge, 7 in der Breite und 1 Zoll in der
Dike halten soll. So wie man den Blok zur Bearbeitung erhaͤlt, muß man zuerst
darauf sehen: ob das Metall weich oder hart ist; ob es sich geworfen hat oder
ziemlich gerade ist; ob es vollkommen dicht oder loͤcherig ist. Wenn es sehr
hart ist, was man mittelst der Feile leicht erkennt, wird es gut seyn, wenn man es
anlaͤßt, wodurch die Arbeit in der Folge sehr erleichtert wird: indessen wird
die Außenseite immer haͤrter seyn, als das Innere, was vorzuͤglich von
dem Sande des Models herruͤhrt, von welchem immer etwas anklebt. Diese
Außenseite oder Rinde (Schale oder Haut) wird von einigen Arbeitern durch das
Behaken auf die obige Weise weggeschafft; andere, die sich dieser Bequemlichkeit
bedienen koͤnnen, schleifen sie mittelst eines großen Schleifsteines auf
einer Maschine weg; andere wieder greifen alsogleich zur Feile, und zwar zu einer
bereits etwas abgenuͤzten Feile, da eine neue schnell daran verdorben werden
wuͤrde. Das Behaken ist fuͤr jeden Fall das bequemste und wohlfeilste
Verfahren, und, wenn es, wegen gewisser Maͤngel oder aus anderen
Gruͤnden, nothwendig werden sollte den Blok bedeutend zu verkleinern, so ist es auch
dann noch entschieden vorzuziehen. Wenn, nachdem diese Schale weggeschafft wurde,
Loͤcher oder andere Maͤngel vorkommen, die man mittelst der Feile
beseitigen zu koͤnnen nicht hoffen darf, und die das Stuͤk zu seinem
Zweke unbrauchbar machen wuͤrden, so koͤnnen diese Loͤcher
ausgebohrt und die Bohrloͤcher koͤnnen mittelst Nieten oder Schrauben
ausgefuͤllt werden. Kleinere Unvollkommenheiten lassen sich durch Einbohren
bis auf ungefaͤhr Einen halben Zoll Tiefe beseitigen, wo man dann einen
Drathpfropfen einsezen kann, der so genau paßt, daß er in der Folge jede Bearbeitung
vertraͤgt und auch nicht den mindesten Anschein einer Makel uͤbrig
lassen wird, ohne daß man erst, wie bei dem Nieten, den oberen Theil des Loches
weiter zu machen braucht, als das uͤbrige Loch. Um jedoch die Sache so sicher
zu machen, als moͤglich, zapfen einige das Loch, das sie gebohrt haben, aus,
d.h. sie machen es zur weiblichen Schraube, und schrauben einen Stift in dieselbe
ein, der dann genau fest haͤlt: allein, wenn dieß geschehen ist, und die
Schraube feine Gaͤnge hat, so bricht, bei dem flach Feilen der
Oberflaͤche, derjenige Theil des Drathes, der der Oberflaͤche
zunaͤchst steht, haͤufig in dem Umfange eines halben Kreises ab, und
macht auf diese Weise die ganze Arbeit hoͤchst unvollkommen, waͤhrend,
wenn der Pfropfen oder das Niet an und fuͤr sich gut eingesezt ist, die
Stelle, an welcher dieß geschehen ist, in der Folge auf der Flaͤche durch
nichts mehr unterschieden werden kann, als durch den hoͤheren Glanz, welchen
das gehaͤmmerte Eisen vor dem Gußeisen voraus hat.
Da die Loͤcher, welche sich in Gußeisen finden, entweder durch Luftblasen
(eingeschlossene Luft) oder durch das Einbrechen eines Theiles des Models entstehen,
so haben sie meistens nicht bloß eine sehr rauhe Oberflaͤche, sondern sind
auch innen weiter als außen, und koͤnnen dann mit geschmolzenem Blei,
Piuhter, oder irgend einem weichen Metalle ausgefuͤllt werden, welches sie
fest halten. Lettern-Masse dient trefflich, indem das in derselben enthaltene
Spießglas sich ausdehnt, wenn es aus dem fluͤssigen Zustande in den festen
uͤbergeht. Dieses Verfahren dient vorzuͤglich dort, wo die ebene
Flaͤche an dem Metalle die Hauptsache ist, und wo es sich nicht um
Gleichfoͤrmigkeit des Aussehens, um gleiche Haͤrte auf allen Stellen,
um gleichen Widerstand gegen starke Hize handelt.
Wir wollen nun sezen, daß der Blok, den wir unter der Hand haben, von seiner Schale
und von allen Maͤngeln, die in den folgenden Arbeiten mit der Feile nicht
beseitigt werden koͤnnen, vollkommen befreit sey. Man waͤhlt also jezt
die Feile, die man fuͤr die erste Arbeit bestimmt hat, und wir greifen nach
einer Sicherheits-Feile von 14 Zoll Laͤnge und 1 1/2 Zoll Breite, die
ungefaͤhr 14 Reihen Zaͤhne in jedem Zoll ihrer Laͤnge
haͤlt. Waͤhrend des Feilens selbst wird die Feile bei dem Griffe
gefaßt und mit der rechten Hand vorwaͤrts geschoben, waͤhrend die
linke Hand mit der Naͤhe ihres Ristes auf das vordere Ende der Feile
druͤkt, und die Wirkung des Stoßes der Feile vermehrt, der so viel nur immer
moͤglich horizontal gefuͤhrt werden muß. Wenn man waͤhrend des
Feilens gelegentlich die gerade Kante der Feile auf die Flaͤche, die man
flach feilt, in verschiedenen Richtungen anlegt, vorzuͤglich aber in
diagonaler Richtung, so kann man den Stand der Arbeit dadurch leicht bestimmen, und
nach und nach die hervorragenden Theile mit der Feile wegschaffen. Die Unebenheiten
werden nach und nach so klein, daß es zu langweilig seyn wuͤrde, die gerade
Kante der Feile zur Pruͤfung anzuwenden: man ist, wie wir oben bemerkten, mit
einer flachen Oberflaͤche versehen, von welcher man weiß, daß sie vollkommen
genau eben und flach ist, und bedient sich derselben zur Entdekung der noch
vorhandenen Maͤngel auf folgende Weise. Man reibt fein geschlaͤmmten
rothen Ocher mit Baumoͤhl ab oder mit irgend einem anderen nicht klebrigen
Oehle, und traͤgt diese Farbe auf diese Pruͤfungs-Tafel sehr
duͤnn und gleichfoͤrmig auf. (Ich nenne diese vollkommen ebene
Flaͤche eine Tafel, indem sie immer groͤßer
seyn muß, als das Stuͤk, welches flach gefeilt werden soll: es wird sehr gut
seyn, wenn sie uͤberhaupt mehrere Quadratfuß haͤlt.)
Wenn die Flaͤche, die man zufeilt, nun auf diese Tafel umgestuͤrzt, und
auf derselben einige Male hin und her geschoben wird, so wird sie, wenn sie bereits
vollkommen flach und eben ist, uͤberall gleichfoͤrmig mit der rothen
Farbe bedekt seyn. Da dieß aber bei dem ersten Versuche gewiß nie der Fall seyn
wird, so werden jene Theile, die noch hervorragend sind, allein roth gefaͤrbt
seyn, und auf diese muß dann die Feile neuerdings angewendet werden. Sobald die roth
gewordenen Stellen mit der Feile weggeschafft sind, und man glaubt, daß die
Unebenheiten nun dadurch beseitigt sind, versucht man den Zustand der Arbeit wieder,
wie vorher, und faͤhrt auf die vorige Weise fort, bis die ganze Arbeit
vollendet ist. Wenn die Arbeit dem Ende nahe ist, wird die rothe Farbe auf einer
Menge von Stellen rothe Punkte und Streifen bilden. Dann nimmt man nicht bloß, wie
wir bereits oben bemerkten, eine feinere Feile, sondern man fuͤhrt dieselbe
auch anders. Statt sie, wie vorher, mit dem breiten Theile der Hand
niederzudruͤken, druͤkt man jezt bloß mit zwei oder drei Fingern
darauf, wodurch man den Flek, auf welchen man mit der Feile stoͤßt,
deutlicher gewahr wird, und die Feile weit leichter von einem Orte auf den anderen
fuͤhren kann.
Ehe man die lezte Hand an die Arbeit legt, um derselben die hoͤchste
Vollendung zu geben, muß man noch sorgfaͤltig auf einen Umstand achten. Wenn
man, nachdem man den Blok mit der zugefeilten Seite auf die Tafel gelegt hat, auf
die Eken, auf die Mitte und auf verschiedene andere Stellen am Ruͤken
desselben mit einem hoͤlzernen Hammer oder mit dem Stiele des Hammers in
senkrechter Richtung schlaͤgt, und man vernimmt nur einen dumpfen Ton, so wie
ihn die Tafel selbst geben wuͤrde, wenn man auf dieselbe schluͤge, so
kann man versichert seyn, daß keine jener Windungen an der Oberflaͤche, die
man Kreuzwindungen nennt, mehr zu beseitigen ist. Wenn man aber einen scharf
klingenden, gaͤllenden Ton vernimmt, so ist es leider offenbar, daß die
beiden Flaͤchen noch nicht flach und eben auf einander liegen; denn der
Schlag mit dem Hammer hat einen Theil des Blokes tiefer hinabgebracht, als er lag,
und einen anderen dafuͤr gehoben: der dadurch entstehenden Einwirkung der
beiden Flaͤchen auf einander ist der gaͤllende Ton zuzuschreiben. Wenn
eine Eke des Blokes, in der Groͤße eines Quadratzolles, oder noch kleiner,
nur um die Dike eines Blattes Papier niedriger ist, als der uͤbrige Theil der
Flaͤche, so wird dieser Fehler durch obigen Versuch noch laut genug entdekt.
Wenn daher der Blok diese Pruͤfung noch nicht aushaͤlt, muß man
augenbliklich zu der rothen Farbe zuruͤk, und mittelst dieser, den Umfang des
Fehlers zu entdeken suchen. Bei dem Hin- und Herschieben desselben auf der
Tafel muß man nur auf jene Stellen druͤken, an welchen, wie man aus dem
Versuche mit dem Hammer weiß, der Fehler liegt. Nachdem man auf diese Weise die
gesuchten Andeutungen erlangt hat, feilt man, nach bestem Wissen und Gewissen, die
angezeigten Erhabenheiten weg, wiederholt den vorigen Versuch mit dem Hammer, und
feilt so lang, bis der Blok vollkommen fest auf der Tafel liegt. Wenn dieser zur
Vollendung der Arbeit so wichtige Zwek erreicht ist, (und er muß stets so schnell
als moͤglich erreicht werden) kann man mit desto sichererem Schritte zur
Beendigung der Arbeit fortschreiten.
Der praktische Arbeiter wird bald bemerken, daß dieser Versuch, so sehr er auch einem
wichtigen Zweke entspricht, indem er das Daseyn oder die Abwesenheit der
Kreuzwindungen beurkundet, doch nicht weit uͤber diesen Zwek hinausreicht.
Die Vertiefung irgend eines einzelnen Theiles muß, ehe sie angedeutet werden kann,
sich nicht bloß auf die Kante des Blokes hinaus erstreken, sondern muß auch einen
kleinen Theil von wenigstens zwei Seiten in sich begreifen. Ohne also mehr von
diesem Mittel zu erwarten, als es uns geben kann, koͤnnen wir uns desselben
nur als Nebenhuͤlfe bedienen, und die einfache rothe Farbe bleibt unser
Universal-Pruͤfungsmittel. Wenn wir jedoch den ganzen Umfang eines
Fehlers kennen lernen wollen, muß man zu einer guten geraden Kante seine Zuflucht
nehmen, deren Anwendung auf ihrer Kante an jedem Theile, den wir pruͤfen
wollen, uns mit der groͤßten Genauigkeit dasjenige zeigen wird, was wir
suchen. Wenn die Oberflaͤche, die wir pruͤfen wollen, vollkommen genau
flach und eben ist, so dringt kein Lichtstrahl zwischen beiden durch; wenn aber
Vertiefungen vorkommen, so zeigt das Licht die Tiefe und Breite derselben an.
Wir wollen nun annehmen, daß eine Flaͤche des Blokes alle verschiedenen oben
erwaͤhnten Pruͤfungen aushaͤlt, so daß sie genau mit der Tafel
zusammen paßt, wenn sie auf dieselbe gelegt wird, und an keiner Stelle auch nicht
das feinste Haͤrchen dazwischen gelegt werden kann. Die Flaͤche ist
aber noch nicht polirt, und die Politur muß man bis an das Ende oder wenigstens so
lang verschieben, bis die gegenuͤberstehende Flaͤche eben so weit
gebracht ist.
Die uͤbrigen vier Seiten muͤssen auf aͤhnliche Weise bearbeitet
und dabei das Winkelmaß und der Tast-Zirkel von Zeit zu Zeit zu Rathe gezogen
werden. Da aber diese kleineren Flaͤchen leichter zu bearbeiten sind, als die
breiteren, so halten wir es nicht fuͤr noͤthig bei denselben zu
verweilen.
Wenn es Leute geben sollte, die auf Auctoritaͤten mehr achten, als auf
Verstand, und diese uns fragen: wer sich dieses Verfahren bedient? statt zu fragen:
ob dieses Verfahren auch wirklich gut ist? so koͤnnen wir antworten, daß die
hier beschriebene Verfahrungs-Weise, Flaͤchen flach und eben
zuzufeilen, diejenige ist, die in der weltberuͤhmten Fabrik der HHrn.
Boulton und Watt zu Soho, bei Birmingham,
befolgt wird.