Titel: | Ueber Sicherheits-Klappen an Dampfkesseln, nebst Vorschlag zur Verhütung des Springens derselben. Vom Herausgeber des Register of Arts. |
Fundstelle: | Band 31, Jahrgang 1829, Nr. LXXIII., S. 254 |
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LXXIII.
Ueber Sicherheits-Klappen an Dampfkesseln,
nebst Vorschlag zur Verhuͤtung des Springens derselben. Vom Herausgeber des Register of Arts.
In Nr. 56. 20. Jaͤner
1829 dieser
Zeitschrift.
Mit Abbildungen auf Tab. V. Fig. 11 u. 12.
Ueber Sicherheits-Klappen an Dampfkesseln.
Es wuͤrde uͤberfluͤssig seyn, ein Wort uͤber die
Nothwendigkeit der Sicherheits-Klappen an
Dampfkesseln zu verlieren, da dieselbe schon durch den Namen dieser Vorrichtung
bezeichnet ist. Dr. Papin hat sie im J. 1684 an seinem
Topfe, in welchem er mittelst Dampfes von hohem Druke Knochen aufgeloͤst hat,
zuerst angebracht. Savery hat das Verdienst, dieselben
zuerst an der Dampf-Maschine angewendet zu haben, und Beighton hat sie spaͤter, der Form nach, verbessert, die von seiner
Zeit an, (1718), unveraͤndert blieb, und ihren alten Namen, Schnellwage-Sicherheits-Klappe (Steelyard safety valve) fuͤhrt, weil sie der
alten roͤmischen Schnellwage aͤhnlich ist.
Man glaubt gewoͤhnlich, daß die Sicherheits-Klappe bloß dazu dient, um
dem Dampfe Ausweg zu verschaffen, wenn die Staͤrke desselben gegen die
Staͤrke des Kessels zu groß wird, als daß dieser
dieselbe ohne Gefahr ertragen koͤnnte. Es gibt aber noch eine andere Art von
Sicherheits-Klappe, die einen gerade umgekehrten Zwek hat, und die den Kessel vor dem
Eindruͤken sichert, wenn der Druk in demselben kleiner werden sollte, als der
Druk der Atmosphaͤre. Leztere nennen die Mechaniker im Gegensaze der
ersteren, die sie aͤußere
Sicherheits-Klappen nennen, innere
Sicherheits-Klappen. Da die inneren Sicherheits-Klappen indessen nur
bei sehr großen, und folglich schwachen, Kesseln gebraucht werden, so sind sie
selten nothwendig, und wir haben bloß zu bemerken, daß sie gewoͤhnlich aus
einem umgekehrt kegelfoͤrmigen Pfropfen bestehen, der mittelst eines mit
einem Gewichte beladenen Hebels in seiner Lage erhalten wird, welchen der Druk der
Atmosphaͤre im Gleichgewichte haͤlt, sobald dieser um drei oder vier
Pfund auf den □ Zoll den Druk des Dampfes im Kessel uͤbersteigt.
Die Schnellwage-Form, die Papin und Beighton der Sicherheits-Klappe
gab, ist noch jezt beinahe allgemein gebraͤuchlich. Wir wollen daher nur
einige Bemerkungen uͤber die Anwendung derselben hier beifuͤgen.
Die Klappe sollte immer in einem eigenen Gehaͤuse mit einer Roͤhre
verwahrt stehen, durch welche der entweichende Dampf in den Schornstein abgeleitet
wird; dieses Gehaͤuse sollte stets verschlossen gehalten, und der
Schluͤssel in Verwahrung des Eigenthuͤmers bleiben, damit keine
ungeschikte oder muthwillige Hand mit dem Gewichte auf derselben ihr Spiel treibt.
Viele und schrekliche Unfaͤlle sind durch schlechte Behandlung der
Sicherheits-Klappe entstanden: ja man weiß sogar, daß sie durch boshafte
Ueberladung der Klappe absichtlich herbeigefuͤhrt worden sind.
Es ist nicht ungewoͤhnlich, daß man bei Dampfkesseln mit niedrigem Druke das
ganze Gewicht unmittelbar auf die Klappe legt, Statt daß man die Kraft desselben
durch ein Hebelwerk nach und nach verstaͤrkt, und wo die Klappe ungeschikten
Haͤnden anvertraut werden muß, ist dieß unstreitig das Sicherste, was man
thun kann. Es bleibt aber fuͤr jeden Fall besser, wenn man die Klappe unter
Schluͤssel haͤlt. Das Gewicht auf den Quadrat-Zoll der Klappe
sollte nur etwas groͤßer seyn, als die Kraft oder der Druk des Dampfes auf
Einen Quadrat-Zoll, wodurch die Maschine in Thaͤtigkeit gehalten
werden kann. Die Oeffnung der Klappe sollte immer weit genug seyn, um den Dampf
durch dieselbe schneller entweichen zu lassen, als er erzeugt werden kann.
Man hat Pfropfen „(oder Scheiben)“ aus schmelzbarem Metalle noch
als Beihuͤlfe zur Sicherheits-Klappe empfohlen. Trevithick war der Erste, der diese Idee hatte, und Loͤcher in die
Seiten seiner Cylinder mit hohem Druke dicht unter der Wasserlinie in denselben
bohren ließ. In diese Loͤcher that er obige Pfropfen, damit, wenn das Wasser durch irgend
einen Zufall tiefer zu stehen kam, und Gefahr des Berstens durch zu große Erhizung
der Waͤnde des Cylinders zu besorgen stand, die Pfropfen schmelzen, und die
Daͤmpfe und explodirenden Gasarten entweichen konnten. Man empfahl auch am
Boden der Kessel solche Pfropfen anzubringen, damit, wenn der Kessel troken wird,
der Pfropfen schmilzt, und das Feuer im Ofen durch die Entladung des Dampfes
ausgeloͤscht wird.
Einige Fabrikanten bringen zwei Sicherheits-Klappen am Kessel an, wovon die
eine mit einem geringeren Gewichte beladen ist, als die andere, damit man bei Zeiten
von dem Uebermaße des Drukes Nachricht erhaͤlt, und die Sicherheit
fuͤr den Fall, daß eine Klappe eingerostet oder auf irgend eine andere Weise
verdorben waͤre, noch mehr erhoͤhen wird.
Das Queksilber-Eichmaß „(oder die Barometer-Roͤhre im
weitesten Sinne)“ ist noch eine andere Sicherheits-Anstalt
fuͤr den Dampfkessel, da dadurch der Druk des Dampfes mit der
hoͤchsten Genauigkeit angegeben wird, und, wenn dieser hoͤher steigt,
als er seyn sollte, und dem Kessel Gefahr des Berstens droht, das Queksilber in ein
zur Aufnahme desselben bestimmtes Gefaͤß geworfen wird, und der Dampf durch
die Roͤhre in die Atmosphaͤre entweicht. Durch diese Entladung des
Queksilbers ließe sich (wie es scheint) ein wichtiger Vortheil erhalten, wodurch die
Maschine augenbliklich in Ruhe gebracht wuͤrde, und die Sicherheit des
Kessels ungefaͤhrdet bliebe. Wir schlagen naͤmlich vor, den
Behaͤlter des Queksilbers an dem Kraftende eines langen Hebels der ersten
Classe anzubringen, dessen anderes Ende in der Naͤhe des Stuͤzpunktes
ruht, so daß dieses eine Sicherheits-Klappe zu heben vermag, die mit einem
groͤßeren Gewichte beladen ist, oder einen groͤßeren Druk erleidet,
als derjenige ist, der die Queksilbersaͤule aus ihrer Roͤhre wirft.
Durch diese Vorrichtung bliebe demnach die Klappe offen, bis alles wieder in Ordnung
gebracht ist, und die Sicherheit der Maschine und der Personen waͤre
augenbliklich hergestellt. Auch koͤnnte durch den Druk des Hebels eine Gloke
gezogen werden, um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen; oder es koͤnnte
dadurch ein Schieber fallen gelassen werden, der der Luft den Zugang absperrt, und
dadurch das Feuer loͤscht; oder es koͤnnte auf irgend eine andere
Weise der zu schnellen Dampf-Entwikelung eine Graͤnze gesezt
werden.
Hr. Tredgold bemerkt in seinem
Treatise on the Steam Engine, daß es eine
Verbesserung an der Dampf-Maschine waͤre, wenn man die
Sicherheits-Klappe so einrichtete, daß sie, wenn sie aus ihrem Loche gehoben
wird, von einem Theile ihres Gewichtes befreit wird; er hat aber nicht gezeigt, wie
dieß geschehen kann. Eine der einfachsten Weisen, dieses zu bewirken, waͤre diese, den
geraden Hebel der gewoͤhnlichen Sicherheits-Klappe in einen krummen zu
verwandeln.
Statt der kegelfoͤrmigen Pfropfen, die man bei Sicherheits-Klappen
gewoͤhnlich braucht, hat Hr. Woolfe bei den meisten seiner Dampfkessel cylindrische Pfropfen
angebracht, dergleichen Fig. 1. hier einen im
Grundrisse, und Fig.
2. denselben im Durchschnitte darstellt. Der Cylinder, der drei
halbkreisfoͤrmige Furchen, a, a, a, der
Laͤnge nach hinlaufend besizt, laͤßt sich leicht oben in dem Kessel
einpassen, und der Dampf, der diese Furchen fuͤllt, preßt von unten gegen die
untere Flaͤche des Kopfes des Pfropfens herauf, hebt dadurch denselben, und
laͤßt so den Dampf entweichen. Der Pfropfen ist mit einem Gewichte beladen,
das entweder innenwendig im Kessel an demselben angebracht ist, oder das Gewicht
liegt unmittelbar auf demselben, oder er wird durch einen mit dem Gewichte beladenen
Hebel niedergehalten.
Verschiedene neue Formen von Sicherheits-Klappen sind im Register of Arts Vol. IV. I. Series, pp. 37 und 341, Vol. III. p. 278 etc. beschrieben.