Titel: | Verfahren und Geräthe, um künstliches schwefelsaures Eisen (grünen Vitriol, Eisen-Vitriol), so wie man denselben in der Färberei braucht, im Großen zu bereiten, worauf die HHrn. Bérard und Martin zu Montpellier Dptt de l'Herault sich am 18. Februar 1812 ein Brevet d'Invention auf 5 Jahre ertheilen ließen. |
Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. XIX., S. 111 |
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XIX.
Verfahren und Geraͤthe, um
kuͤnstliches schwefelsaures Eisen (gruͤnen Vitriol, Eisen-Vitriol),
so wie man denselben in der Faͤrberei braucht, im Großen zu bereiten, worauf die
HHrn. Bérard und
Martin zu
Montpellier
Dptt de l'Herault sich am 18. Februar 1812 ein Brevet d'Invention auf 5
Jahre ertheilen ließen.
Aus der Description des Machines et Procédés
spécifiés dans les Brevets d'Invention etc. par M.
Christian, T. XIV. S. 200. Auch im Repertory of Patent-Inventions. Februar
1829. S. 117. (Mit Anmerkungen des Repertory)Die Uebersezung ist aber aus der franzoͤsischen Urschrift. A. d. U..
Hrn. Bérard und Martin Verfahren schwefelsaures Eisen im
Großen zu bereiten.
Dieses Product wird unmittelbar aus Schwefelsaͤure und Eisen erzeugt. Man
erhizt die Schwefelsaͤure mittelst Wasser-Daͤmpfen, die man
durch Roͤhren in eine große mit Blei-Blaͤttern
ausgefuͤtterte Kiste leitet. Das Gelingen des Processes haͤngt von der
Auswahl ab, die man in Hinsicht des Grades der Dichtigkeit der Saͤure
getroffen hat. Dieser Grad muß nach der Menge Wasser-Dampfes, der dadurch
verdichtet wird, um den noͤthigen Grad von Hize hervorzubringen, und nach der
Menge der Mutterlaugen, die man waͤhrend des Siedens durchlassen muß,
verschieden seyn.
Der Hauptzwek bei diesem Verfahren muß darin bestehen, haß man das Concentriren der
Mutterlaugen und der uͤbrigen Aufloͤsungen durch die
gewoͤhnliche Verdampfung vermeidet. Man erreicht diesen Zwek mittelst eines
Apparates, der aus einem Ofen mit einem spiralfoͤrmigen Schornsteine besteht,
welcher den Kessel umgibt. Dieser Ofen zieht unter einem daruͤber
befindlichen Beken hin, und endet sich in eine gewoͤhnliche
Schornsteinroͤhre, welche den Rauch uͤber der Deke der
Werkstaͤtte abfuͤhrt, und an welcher eine Vorrichtung zur Regulirung
des Luftzuges angebracht ist.
Der Kessel, aus Kupfer, enthaͤlt ungefaͤhr 400 Liter (= 352 Imp.
Quarts, Rep. = 282,72 Wien. Maß Ueb.) Er ist mit einer
Abzugs-Roͤhre versehen, durch welche man das Wasser erneuern und den
Kessel reinigen kann. Ein Hahn zeigt, ob der Kessel hinlaͤnglich mit Wasser
gefuͤllt ist. Der Kessel hat einen Hut, der auf dem Halse desselben mittelst
kreisfoͤrmiger Platten und Schrauben aus Stuͤkgut (bronze) befestigt ist.
Eine Sicherheit-Klappe aus Stuͤkgut (bronze) bleibt geschlossen, so lang der Wasserdampf wirkt, und faͤllt
von sich selbst, wann der Dampf außer Thaͤtigkeit ist. Diese Klappe gestattet
der Luft am Ende des Processes den Zutritt, und widersezt sich den Wirkungen des
Drukes der Atmosphaͤre auf die in der Bleikiste enthaltenen
Fluͤssigkeiten.
Der Kessel wird mittelst einer Roͤhre gefuͤllt, die mit einem Hahne
Versehen und an dem Boden eines vierekigen kupfernen Bekens angebracht ist, welches
sich in einem Theile des Schornsteines des Ofens befindet, und durch die Hize
erwaͤrmt wird, welche ohne diese Vorrichtung verloren ginge. Das warme Wasser
dieses Bekens wird beinahe siedend heiß in den großen Kesseln nach Belieben und ohne
in der uͤbrigen Arbeit aufzuhalten, eingelassen. Das Beken muß beinahe halb
so viel fassen koͤnnen, als der Kessel.
Die Schwefelsaͤure und das zu diesem Producte nothwendige Eisen kommen in zwei
mit Blei ausgefuͤtterte Kisten, die 2,7 Meter (= 8 Fuß 10 Zoll (engl.) Rep.) lang, 1,27 Meter breit (= 4'2'' (engl.) Rep.) und 0,86 Meter (= 2',9,8'' (engl.) Rep.) tief sind. Der im Kessel erzeugte Wasserdampf wird
an dem Boden dieser Kisten mittelst Roͤhren eingeleitet, die mit
Haͤhnen versehen sind. Die hoͤlzernen Kisten sind mit Dekeln versehen,
die in mehrere Stuͤke abgetheilt sind, damit man leichter arbeiten kann: sie
sind mit Blei gefuͤttert und mit Handhaben versehen, damit man sie
noͤthigen Falles aufheben kann.
Das Wasserstoffgas, welches sich waͤhrend der Arbeit entwikelt, wird
uͤber die Deke der Werkstaͤtte in bleiernen Roͤhren geleitet,
die an hoͤlzernen Pfosten befestigt sindKoͤnnte nicht das Wasserstoffgas, durch eine Veraͤnderung in
dem Apparate, mit Sicherheit unter den Kessel geleitet werden? A. d. engl. Uebers..
Eine bleierne Roͤhre dient zur Ablassung der heißen Aufloͤsungen des
schwefelsauren Eisens, und leitet sie in die Krystallisir-Gefaͤße.
Das Nachfuͤllungs-Wasser wird aus einem hoͤher stehenden
Behaͤlter mittelst kupferner, mit einem Hahne versehenen Roͤhren in
den Kessel und in das Beken geleitet. Das Wasser dieses Behaͤlters dient auch
zu verschiedenen anderen Beduͤrfnissen in der Werkstaͤtte.
Verfahrungs-Weise.
Zuvoͤrderst bringt man in die hoͤlzernen, mit Blei
ausgefuͤtterten Kisten eine viel groͤßere Menge alten Eisens, als bei
diesem Processe selbst nothwendig ist, damit die Saͤure sich desto leichter
mit demselben saͤttigen kann. Man gießt auf dieses Eisen die
Schwefelsaͤure, die aus den Bleikammern kommt, und fuͤnfundzwanzig
Grade an Beaumé's Araͤometer zeigt (= 1,21 spec. Schw.), bis die
Kisten auf zwei Drittel ihres Hohlraumes voll sind. Fuͤr den ersten Proceß
wird man fuͤr jede Kiste ungefaͤhr 600 Kilogramm Eisen, und 1200
Kilogramm Schwefelsaͤure brauchenIn der englischen Uebersezung ist hier ein Drukfehler. Der englische
Uebersezer sezt ein Mal 600 Kilogramm = 441 Pfd. avoir dupois Gew., und dann 1200 Kilogramm = 2646 Pfd. Lezteres
allein scheint richtig zu seyn, und erstere Zahl ist offenbar falsch. Ein
Kilogramm ist = 2,3 Pfd. Wiener Apotheker-Gewicht. A. d. deutsch. Uebersezers.. Man legt jene Theile des Dekels wieder auf, die man oͤffnen mußte,
um die Materialien in die Kiste einzutragen: zugleich oͤffnet man die
Haͤhne, die das Wasser in das Beken und in den Kessel leiten. Nachdem das
Wasser im Kessel bis zur Fuͤllungshoͤhe gestiegen ist, laͤßt
man kein Wasser mehr nachfließen, und sperrt den Hahn auf der
Fuͤllungshoͤhe. Nachdem diese Vorkehrungen getroffen und alle
Haͤhne geschlossen sind, zuͤndet man das Feuer an, und in dem
Augenblike, wo das Wasser zu sieden anfaͤngt, hebt man die Klappe, die von
der Kraft des Dampfes gestuͤzt wird. Der Dampf wird bald die Luft aus dem
Hute des Kessels austreiben, durch die Roͤhren eindringen, und die
Fluͤssigkeit in den mit Blei ausgefuͤtterten Kisten erhizen.
Waͤhrend dieses Durchganges entsteht ein Geraͤusch, das sich in dem
Maße vermindert, als die Temperatur der Fluͤssigkeit sich erhoͤhtDieses Geraͤusch, welches durch die ploͤzliche Verdichtung des
Dampfes entsteht, ist fuͤr diejenigen, die dasselbe zum ersten Male
vernehmen, etwas beunruhigend. Wir koͤnnen aber aus Erfahrung
versichern, daß diese Methode, Hize an hoͤlzernen Gefaͤßen
anzubringen, in Hinsicht auf Muͤhe und Kosten sowohl, als auf die
Sicherheit, mit welcher die Hize regulirt werden kann, unter allen
uͤbrigen Methoden die beste ist. A. d. engl.
Uebersezers.. Die Saͤure faͤngt bald an zu wirken, und diese Wirkung wird
sehr lebhaft, wenn der Dampf ohne alles Geraͤusch durch die Roͤhre
zieht, was gewoͤhnlich binnen einer Zeit von sechs Stunden geschieht,
naͤmlich von dem Augenblike an gerechnet, wo das Wasser in dem Kessel zu
sieden anfaͤngt. Nun wird der Hahn geoͤffnet, der den
Wasser-Dampf in die zweite Kiste fuͤhrt, welchen man nun nicht mehr in
die erste Kiste eindringen laͤßt: man laͤßt Luft in diese Kiste, um
dem Druke der Atmosphaͤre Widerstand zu leisten. Nun ist aber in diesem
Augenblike die Haͤlfte des Wassers in dem Kessel verdampft, und es muß
nachgefuͤllt werden. Dieß geschieht dadurch, daß man das Wasser aus dem Beken
beinahe siedend heiß in den Kessel laͤßt, und zwar in solcher Menge, daß
dieser bis zu der Fuͤllungshoͤhe ungefaͤhr damit
gefuͤllt wird. Nachdem dieß geschehen ist, schließt man den Hahn des Bekens
sowohl, als den des Kessels auf der Fuͤllungshoͤhe und fuͤllt
das Beken neuerdings mit kaltem Wasser.
Waͤhrend dieser Fuͤllungen hat das Sieden in dem Kessel einige Minuten
lang nachgelassen;
die Klappe faͤllt von selbst und hindert, daß der Druk der Atmosphaͤre
nicht die Fluͤssigkeit aus der zweiten Kiste in den Kessel
zuruͤktreibt, wodurch er angefressen werden und noch weit groͤßeres
Unheil entstehen koͤnnte. Man verstaͤrkt das Feuer; man hebt die
Klappe neuerdings, und das Wasser wird bald wieder zu sieden anfangen. Der Dampf
wird in die Fluͤssigkeit der zweiten Kiste uͤbergehen, wird diese
Fluͤssigkeit, die auf das Eisen wirkt, erhizen, und man unterhaͤlt nun
das Feuer sechs Stunden lang, oder so lang, bis der Dampf, der ohne alles
Geraͤusch uͤbergeht, anzeigt, daß die Saͤure in dieser zweiten
Kiste hinlaͤnglich erhizt ist, um die Arbeit ohne weitere Beihuͤlfe
des Feuers vollenden zu koͤnnen. Wenn dieser Augenblik gekommen ist, kann man
das Feuer ausgehen lassen: man schließt die Ofenthuͤre und das Register in
dem Schornsteine, und laͤßt das heiße Wasser aus dem Beken nachfließen, indem
man die dazu noͤthigen Haͤhne oͤffnet. Die Klappe wird nicht
ermangeln fuͤr sich selbst niederzufallen, und die Arbeit ist vollendet. Es
ist indessen gut, wenn man die Saͤure noch einige Stunden lang fortwirken
laͤßt; sie bleibt noch lange Zeit uͤber sehr heiß, und, wenn die
Aufloͤsung, warm, 30 bis 32° auf dem Beaumé'schen
Araͤometer zeigt (= 1,261 und 1,283 spec. Schwere), kann man sie mittelst
eines bleiernen Hebers abziehen und in die Krystallisations-Gefaͤße
bringen.
Wenn die Kisten leer geworden sind, bringt man wieder die zum Ersaze des
aufgeloͤsten Eisens noͤthige Menge alten Eisens in dieselben, gießt
eine frische Menge Saͤure auf dasselbe, und faͤngt die Arbeit auf die
oben beschriebene Weise wieder von vorne an. Da das Wasser in dem Kessel warm
bleibt, so steht es nicht lang an bis es wieder zu sieden anfaͤngt.
Nachdem man bereits mehrere Sude gemacht hat, und die Fluͤssigkeit vollkommen
erkaltet ist, gießt man die Mutterlaugen ab, und braucht sie zum Nachfuͤllen
bei den spaͤteren Arbeiten; da aber in diesem Falle immer etwas Saͤure
zugesezt werden muß, so muß diese wenige Saͤure staͤrker seyn. Wenn
man z.B. die Haͤlfte Mutterlauge und die Haͤlfte Saͤure nimmt,
so muß diese frische Saͤure beinahe 35 Grade halten (= 1,32 spec. Schwere);
und wenn man zwei Drittel Mutterlauge und ein Drittel Saͤure hat, so muß die
Saͤure fuͤnf- und vierziggradig ( = 1,455 spec. Schwere) seyn:
mit einem Worte, die Mischung aus beiden muß immer 30 bis 32 gradig seyn. Dieser
hohe Grad wird nothwendig wegen des Dampfes, der aus dem Kessel hinzukommt, sich
damit verbindet, und die Saͤure schwaͤcht. Jede Operation gibt aus
beiden Kesseln „(sollte vielleicht, wie auch der englische Uebersezer
bemerkt, Kisten heißen)“ ungefaͤhr
1200 Kilogr. (= 2646 Pfd. Rep.) schwefelsaures Eisen.
Dieses Product ließe sich leicht verdoppeln, wenn man an demselben Kessel zwei, wie die vorigen, mit Blei
ausgefuͤtterte Kisten anbraͤchte, und zwei andere RoͤhrenDer englische Uebersezer, der sich mit dieser im franzoͤsischen
Originale (wie man aus der deutschen Uebersezung bemerken wird)
hoͤchst precioͤs geschriebenen Patent-Erklaͤrung
gewaltig plagte, hat hier dieses: „und zwei
andere Roͤhren“ in seiner Uebersezung
vergessen. A. d. deutsch. Uebersezers.. Man wuͤrdewuͤde dann nur um etwas Weniges mehr Feuer-Material brauchen.
Eine Operation mit zwei Kisten, wie die oben beschriebenen, fordert nur 150 Kilogramm
Steinkohlen (= 331 Pfd. Rep.). Man wuͤrde nur 50
Kilogramm Kohle mehr brauchen, wenn man, mittelst zweier Kisten, mehr, das Doppelte
des obigen Productes erzeugen wollte25 Kilogramm Kohle (= 55 Pfd.) kosten zu Paris 1,25 Franken, oder
ungefaͤhr Einen Shilling. Siehe Gerard
l'Art d'empêcher les cheminées de
fumer. Paris 1828. Schwefelsaures Eisen loͤst sich in zwei
Mal so viel Wasser, dem Gewichte nach, bei einer Temperatur von 60º
auf, und bei einer Temperatur von 212º Fahr. in weniger denn seinem
eigenen Gewichte. A. d. engl. Uebersezers..