Titel: | Auszug einer Abhandlung über Lithographie, von Hrn. Chevallier und Langlumé. |
Fundstelle: | Band 32, Jahrgang 1829, Nr. XXV., S. 136 |
Download: | XML |
XXV.
Auszug einer Abhandlung uͤber
Lithographie, von Hrn. Chevallier und Langlumé.
Aus dem Journal de Pharmacie. Maͤrz 1829. S.
139.
Chevallier, Auszug einer Abhandlung uͤber
Lithographie.
Nachdem die Abhandlung der HHrn. Chevallier und Langlumé den Beifall der Académie roy. des Sciences erhielt, so glaubten wir, (sagen die
Redactoren des Journal de Pharmacie) die Recepte, die
diese Herren zur Saͤuerung, zum Ausloͤschen
und zum Ausbessern (acidulation,
effaçage, retouche) gegeben haben, so wie die Anwendung derselben
unseren Lesern nicht laͤnger vorenthalten zu duͤrfen.
Bereitung einer Fluͤssigkeit zur Saͤuerung der
Steine.
Man nimmt drei Pfund reine Salz-Saͤure, gibt sie in ein sehr reines
Gefaͤß (eine Schale aus Steingut) und sezt derselben so viel weißen Marmor
(Marbre saccharoïde) zu, bis die
Saͤure damit gesaͤttigt ist. Nach vollkommener Saͤttigung, so
daß noch uͤberschuͤssiger Marmor in der Fluͤssigkeit
zuruͤk bleibt, filtrirt man die Aufloͤsung, waͤscht das Filtrum
mehrere Male mit drei Pfund Wasser, gießt die Fluͤssigkeit und die
Auswaschwasser zusammen, und laͤßt darin zwoͤlf Unzen weißen, reinen,
von allem Fremdartigen vollkommen freien, arabischen Gummi zergehen. Nachdem dieser
Gummi sich aufgeloͤst hat, sezt man der Aufloͤsung drei Unzen reine
Salz-Saͤure zu, mischt alles genau unter einander, und bewahrt die
Fluͤssigkeit in Flaschen auf.
Anwendung dieser Fluͤssigkeit.
Wenn diese auf obige Weise bereitete Fluͤssigkeit zur Saͤuerung des
Steines verwendet wird, so schuͤzt sie denselben an jenen Stellen, die nicht
von der Zeichnung oder von der Schrift bedekt sind, vor der
Annahme der Schwaͤrze, und macht den Stift (crayon, d.h., die lithographische Tinte oder Farbe) im Wasser
unaufloͤsbar. Wenn man sich nun derselben bedienen will, gießt man etwas
davon in ein Glas, und traͤgt mittelst eines Pinsels aus Dachshaar dieselbe
uͤber die ganze Oberflaͤche des Steines auf: man arbeitet, mit einem
Worte, so, als ob man den Stein gummiren wollte.
Vortheile bei dieser Verfahrungsweise.
1) Erhalten dadurch alle Theile des Steines gleiche Zubereitung. 2) Kann man mittelst
derselben große Steine eben so leicht saͤuern, als kleine. 3) Ist es bei
derselben nicht noͤthig, den Stein umzukehren und unter Wasser zu tauchen,
wodurch das Arbeitszimmer des Lithographen gesunder erhalten wird. 4) Kann ein etwas
aufmerksames Kind diese Arbeit verrichten. 5) Wird der Stein dadurch immer in gehoͤriger
Feuchtigkeit erhalten. 6) Erspart man bei derselben viel Zeit sowohl waͤhrend
der Arbeit des Saͤuerns selbst, als waͤhrend des Abzuges der
Zeichnung.
Zubereitung einer alkalischen Fluͤssigkeit, um ganz
oder theilweise die auf dem Steine aufgetragene Zeichnung
auszuloͤschen.
Man nimmt destillirtes Wasser 3 Pfund.
Mit Kalk kaustisch gemachte Pottasche (Lapis causticus) 1
Pf. Man loͤst leztere im Wasser auf, und bewahrt sich diese
Aufloͤsung.
Bei Anwendung derselben verfaͤhrt man auf folgende Weise. Man waͤscht
den Stein, auf welchem man die Zeichnung ausloͤschen will, mit vielem Wasser
ab, und laͤßt ihn, nachdem er gehoͤrig gewaschen wurde, troken werden.
Sobald er dieß geworden ist, dekt man die ganze Zeichnung mit der alkalischen
Aufloͤsung oder nur einen Theil derselben, je nachdem man sie naͤmlich
ganz oder nur theilweise ausloͤschen will. Man laͤßt sie vier Stunden
lang einwirken, und waͤscht nach Verlauf dieser Zeit den Stein mit Wasser
mittelst eines Lumpens.
Auf diese Weise wird nun die Zeichnung, oder derjenige Theil der Zeichnung, der mit
dieser Aufloͤsung gedekt wurde, ausgeloͤscht seyn. Man laͤßt
den Stein noch ein Mal troken werden, dekt ihn noch ein Mal mit dieser
Fluͤssigkeit, und wiederholt die vorige Operation, worauf man ihn wieder in
vielem Wasser waͤscht, troken werden laͤßt, und, nachdem er troken
geworden ist, kann man nun wieder eine neue Zeichnung ganz oder theilweise, je
nachdem man ausgeloͤscht hat, auf denselben auftragen.
Vortheile der Anwendung dieser Fluͤssigkeit zum
Ausloͤschen.
1) Man kann mittelst dieser Fluͤssigkeit die Zeichnungen ausloͤschen,
ohne daß der Stein dabei im Mindesten leidet. 2) Nimmt sie einzelne Theile der
Zeichnung weg, die in der Folge durch andere ersezt werden koͤnnen. 3)
Erspart sie das Wegschaffen der Zeichnung mittelst des Sandes, des Krazeisens,
wodurch allerlei Nachtheile entstehen. 4) Ist sie fuͤr die Anstalten, die
sich mit Autographie beschaͤftigen, von der
hoͤchsten Wichtigkeit: ein einzelner Arbeiter kann auf diese Weise in einem
Tage eine Menge Steine rein puzen, wozu sonst Wochen gehoͤrt haben
wuͤrden. 5) Werden die gebrauchten Steine dadurch geschont, ehe sie
neuerdings gebraucht werden. 6) Dient sie vorzuͤglich fuͤr die
verschiedenen Aemter, die ihre Verordnungen schnell
bekannt machen wollenDieß ist noch eine Frage. Es handelt sich darum, zu wissen: ob schneller auf der lithographischen Presse gedrukt
werden kann, als auf einer Druker-Schnellpresse? Daß schneller
geschrieben, und durch Autographie
abgeklatscht werden kann, als aus dem Drukerkasten gesezt
wird, ist allerdings richtig. Was uͤbrigens das Staats- oder
Amts-Geheimniß betrifft, welches, (nachdem es oͤfters bereits
die Sperlinge auf dem Dache singen) durch Lithographie mehr gesichert seyn
soll, so hat auch die Drukerei ihre noch festeren Siegel der
Verschwiegenheit: naͤmlich Taubstumme als Sezer und Druker, die in
einem uns bekannten Staate in der Staatsdrukerei zu geheimen Arbeiten
verwendet werden. Sonderbar bleibt es indessen immer, daß bisher noch keine
deutsche und keine auslaͤndische Buchhandlung sich der Lithographie
zur Herausgabe von Werken bediente, wodurch diese unendlich schneller, und
gewiß auch wohlfeiler, fuͤr jeden Fall aber correcter, geliefert
werden koͤnnten. Wenn der Auctor mit autographischer Tinte auf
autographisches Papier schriebe, so waͤre manches Werk, wozu man jezt
Monate braucht, in eben so vielen Wochen fertig. Und warum hat noch kein
deutscher Buchhaͤndler durch einen Kalligraphen, deren Deutschland so
viele vom ersten Range besizt, einen Horaz, einen
Virgil, einen Tibull und Properz, einen Ovid mit autographischer Tinte auf
autographisches Papier schreiben und dann auf Stein abklatschen und
lithographiren lassen? Waͤre dieß etwa eine schlechte Speculation?
Wenn der Pine'sche Horaz und Virgil, vor 100 Jahren schlecht auf Kupfertafeln
geschrieben, so viele Abnehmer fand, sollte ein Horaz oder Virgil, auf bayerischen
Stein lithographirt und kalligraphirt, keine Abnehmer finden? A. d. Ueb.. 7) Koͤnnen mittelst derselben auf eine sehr vortheilhafte Weise die haͤufig
vorkommenden Fehler bei Verfertigung lithographischer Landkarten leicht verbessert
werden.
Recept zu einer Fluͤssigkeit zum Ausbessern
(Retouchiren) der Zeichnungen auf Stein.
Man nimmt destillirtes Wasser 4 Unzen.
Pottasche, mit Kalk kaustisch gemacht, 36 Gran.
Man loͤst die aͤzende Pottasche in Wasser auf und bewahrt die
Aufloͤsung zum Gebrauche.
Wenn man sich dieser Fluͤssigkeit bedienen will, waͤscht man den Stein,
auf welchem man die Ausbesserung vornehmen will, mit vielem Wasser, und nezt hierauf
mit einem in diese Fluͤssigkeit getauchten Schwamme die Zeichnung so lang,
bis man bemerkt, daß der Schwamm etwas anklebt. Dann hoͤrt man auf, sich der
kaustischen Aufloͤsung zu bedienen, und waͤscht den Stein neuerdings
in vielem Wasser, laͤßt ihn troken werden, und retouchirt mit dem Stifte;
saͤuert mit obiger Aufloͤsung von saurem kochsalzsaurem Kalke, und
schreitet dann zum Abdruke. Die Anwendung dieser lezten Fluͤssigkeit
gestattet dem Kuͤnstler seine Zeichnung zwei, drei Mal und noch oͤfter
auszubessern, bis er endlich mit derselben vollkommen zufrieden ist.
Die Société d'Encouragement hat den HHrn.
Chevallier und Langlumé die große goldne Medaille fuͤr diese Entdekung
zuerkannt, und die HHrn. D'Arcet und Vauquelin schließen ihren Bericht an die Akademie
uͤber diesen Gegenstand mit den Worten:
„Wir sehen nun die Lithographen im Besiz einer einfachen und wenig
kostspieligen Verfahrungsweise, durch welche sie im Stande sind ihre Zeichnung so oft
zu verbessern, als es ihnen beliebt: ein Vortheil, der uns von der
hoͤchsten Wichtigkeit zu seyn scheint.“
„Die Lithographie scheint uns durch die Bemuͤhungen der HHrn. Chevallier und Langlumé eine große Verbesserung erhalten zu haben, und sehr
nahe an das Ziel ihrer Vollendung gebracht worden zu seyn. Wir duͤrfen
hoffen, daß die Lithographen den Maͤnnern, die die Fakel der Chemie einem
so wichtigen Gegenstande nahe brachten, und ohne welche diese Kunst vielleicht
noch lange im Dunkel des Schlendrians geblieben seyn wuͤrde, allen Dank
wissen werden.“
„Wir denken, daß die Akademie den Arbeiten der HHrn. Chevallier und Langlumé ihren
Beifall geben muͤsse, und sie einladen sollte ihre Kenntnisse in der
Chemie auch auf andere Kuͤnste anzuwenden, die derselben
beduͤrfen.“
Die Akademie hat diesen Beschluß des Berichtes angenommen.