Titel: | Ueber die Anwendung der in den Türkischroth-Färbereien gewonnenen öhlig-seifigen Flüssigkeit (Degraisirbrühe) zur Bunt- und Weißbleiche. Vom Herausgeber. |
Autor: | Dr. phil. Johann Gottfried Dingler [GND] |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XLI., S. 119 |
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XLI.
Ueber die Anwendung der in
den Tuͤrkischroth-Faͤrbereien gewonnenen
oͤhlig-seifigen Fluͤssigkeit
(Degraisirbruͤhe) zur Bunt- und Weißbleiche. Vom
Herausgeber.
Dingler, uͤber die Anwendung der
oͤhlig-seifigen Fluͤssigkeit.
Die vorstehende schaͤzbare Abhandlung des um die
Vervollkommnung der Fabrikation gedrukter Calicos
uͤberaus verdienten Hrn. Koechlin-Schouch veranlaßt uns als Nachtrag
uͤber denselben Gegenstand Folgendes mitzutheilen:
Bekanntlich wird in den
Tuͤrkischroth-Faͤrbereien eine bedeutende
Quantitaͤt oͤhlig-seifiger
Fluͤssigkeit (Degraisirbruͤhe von den
Faͤrbern genannt) beim Ausweichen der mit Fettbeize
ausgearbeiteten Gespinnste und Gewebe gewonnen, welche in diesen
Faͤrbereien entweder gar nicht oder doch nicht alle
weiter nuͤzlich verwendet wird. Wir waren daher
bemuͤht eine nuͤzliche Anwendung davon zu
ermitteln und fanden sie zur Weiß- und Buntbleiche
vorzuͤglich geeignet.
Die in Dessins gedrukten Callicos zu Krapproth, Krappviolet und
Lilas werden nach dem Krappfachen und Auswalken in der Regel,
wie auch davon die vorstehende Abhandlung handelt, in
Kleien- und Seifenbaͤdern ein oder mehrere Male
heiß oder kochend passirt und durch Auslegen auf den Bleichplan
die in den weißen Grund geschlagenen Farben dadurch
hinweggeschafft. Wendet man zu dieser Buntbleiche Statt der
Seife die Degraisirbruͤhe an, so wird der Zwek schneller
und fuͤr die Farben erfolgreicher erreicht.
Auf 20 Stuͤke in Krapp gefaͤrbter Callicos von der
in der S. 114. Note 60 angefuͤhrten Laͤnge und
Breite, welche man auf ein Mal zum Weißmachen passiren will,
bringe man zu der noͤthigen Menge Wasser
beilaͤufig 15 Pfund Kleien, lasse solches auf
60–70 Grade Reaumur erwaͤrmen und demselben je
nach der Staͤrke dieser Fluͤssigkeit 20–30
Pfund der Degraisirbruͤhe zusezen, die Stuͤke eine
halbe, laͤngstens eine Stunde bei dieser Temperatur in
diesem Bade hin und her uͤber den Haspel ausgebreitet
passiren, darauf auswaschen, auswalken und auf den Bleichplan
auslegen, dann ist die Waare, wenn das Wetter gut ist, in einem
halben Tage weiß, außerdem in 24, allerlaͤngstens in 48
Stunden. Wenn die Waare vor dem Druken gut weiß gebleicht war,
dann wird ein wiederholtes Passiren (Weißmachen) in einem
solchen Bade ganz uͤberfluͤssig. Bei dieser
Passage verbindet sich ein Theil des Oehls, der dem
Tuͤrkischroth den brillantnen Luͤster gibt, mit
der Thonerde des Krapproths, beim Violet und Lilas mit der
Thonerde und dem Eisenoxyd, wodurch diese Farben einen
Luͤster bekommen, der durch kein anderes Verfahren bisher
hervorgebracht werden konnte.
Merkwuͤrdig ist bei diesem Weißmachen, daß auf den
unbedrukten Stellen nichts Pigmentanziehendes haftet, und sich
bei weiterem Eindruk und Ausfaͤrben, naͤmlich bei
darauf folgendem Faͤrben gelber oder anderer Grundfarben
nichts einfaͤrbt, und die weiß zu bleibenden Stellen
vollkommen weiß wieder hervorkommen.
Eben so wirksam ist die Degraisirbruͤhe beim Weißbleichen,
bei der vollstaͤndigen Rasenbleiche und auch beim
Ausbleichen mittelst Chlorine. Werden die gut
entschlichtetenWir haben ein ganz verlaͤßliches Verfahren
ermittelt, baumwollene und leinene Gewebe innerhalb 6
bis 8 Stunden vollkommen zu entschlichten, was
fuͤr den Bleichprozeß von ungemeinem Vortheil
ist, und denselben wesentlich foͤrdert. Baumwollen- und Leinengewebe in einer sehr
schwachen Lauge, der ein verhaͤltnißmaͤßiges
Quantum der Degraisirbruͤhe zugesezt ist, gekocht, und
die Operation nach dem Auslegen auf den Bleichplan
abwechslungsweise wiederholt, dann wird der Bleichprozeß in der
Haͤlfte an Zeit und Bleichmaterial bezwekt.