Titel: | Clément-Desormes Vorlesungen über technische Chemie. |
Fundstelle: | Band 33, Jahrgang 1829, Nr. XLVIII., S. 131 |
Download: | XML |
XLVIII.
Clément-Desormes
Vorlesungen uͤber technische Chemie.
Aus dem Recueil
Industriel, Maͤrz 1829, S.
237.
Fortsezung vom Polytechnischen
Journal Bd. XXXII. S.
363.
Mit Abbildungen auf Tab. III.
Clément-Desormes Vorlesungen
uͤber technische Chemie.
Vierte Vorlesung.
Ueber die Bewegung der heißen Luft in
den Schornsteinen.
Man hat es lange vernachlaͤssigt, die Bewegung der
heißen Luft in den Kanaͤlen, durch welche der Rauch
eines Feuerraumes austritt, zu studiren und die Ursache
dieser Bewegung war vor wenigen Jahren noch unbekannt. In
beruͤhmten neueren Werken wird bemerkt, daß der Zug
der Schornsteine durch die Verdichtung des Wassers
hervorgebracht werde, welches von den
Verbrennungs-Producten als Dampf mitgerissen wurde
und durch seine Verdichtung einen leeren Raum hervorbrachte.
Dieß ist aber ganz und gar unrichtig und steht sowohl mit
der Theorie als mit der Erfahrung in Widerspruch.
Die Kraft, womit die Luft in einen Schornstein
hinaufzusteigen und sich darin fortzubewegen
strebt, wird einzig und allein durch die Differenz zwischen
dem Gewichte der im Innern des Schornsteins befindlichen
Saͤule verduͤnnter Luft und der sie
aͤußerlich umgebenden Saͤule kalter Luft
hervorgebracht. Die Theorie der Bewegung der Luft in den
Schornsteinen gruͤndet sich auf ein von Torricelli entdektes
hydrodynamisches Gesez; es ist das des Gleichgewichts,
welches sich zwischen Fluͤssigkeiten von
verschiedener Dichtigkeit herstellt. Jedoch darf dieses
Gesez bei den Thatsachen, womit wir uns jezt
beschaͤftigen wollen, nicht mit einer mathematischen
Schaͤrfe angewandt werden. Es ist gewiß sehr
nuͤzlich bei dem Studium einer Wissenschaft und bei
den Gegenstaͤnden, welche man ihren philosophischen
Theil nennen kann, sich einer großen Scharfe, einer
mathematischen Genauigkeit zu befleißigen; aber diese
Schaͤrfe ist nicht mehr noͤthig und wird
unnuͤz, sobald es sich darum handelt, die
Lehrsaͤze dieser Wissenschaft anzuwenden; besonders
aber ist sie bei den Anwendungen auf die Technik
uͤberfluͤssig, weil man dabei
bestaͤndig wandelbare Elemente gebrauchen muß; in
diesem Falle ist es hinreichend, keinen merklichen Irrthum
bei der Construction der Apparate und bei der Einrichtung
der Fabriken zu begehen. Der Hauptzwek der Theorie, welche
wir in diesem Abschnitt studiren wollen, ist, die
Dimensionen kennen zu lernen, welche man den verschiedenen
Theilen eines Feuerplazes geben muß, damit so viel Luft das
Brennmaterial trifft, daß eine vollstaͤndige
Verbrennung erfolgt; wir wollen daher zuerst untersuchen,
wie viel Luft genau noͤthig ist, damit die
gewoͤhnlichen Brennmaterialien vollstaͤndig
verbrannt werden.
Verbrennung der Holzkohle.
Durch die Vereinigung der Kohle mit Sauerstoff bildet sich
ein, dem angewandten Sauerstoffgas genau gleiches, Volum
kohlensaures Gas; man kann sich von dieser Thatsache durch
einen sehr einfachen Versuch uͤberzeugen, welcher
darin besteht, Kohle in atmosphaͤrischer Luft unter
einer durch Queksilber gesperrten Gloke zu verbrennen; das
Volum des in der Gloke enthaltenen Gases ist vor und nach
der Verbrennung genau gleich.
Wir haben schon gesagt, daß ein Kubik-Meter
atmosphaͤrische Luft, bei der Temperatur des
schmelzenden Eises 0,21 K. M.K. M. bedeutet Kubik-Meter.A. d. R. Sauerstoff und 0,79 K. M. Stikstoff enthaͤlt;
wenn man diese Quantitaͤten mit dem respectiven
specifischen Gewichte eines Kubik-Meters dieser
Gasarten multiplicirt, so erhaͤlt man
Sauerstoff,Stikstoff,
0,21 K. M. × 1,434 =
0,301 Kilogr.0,79 K. M. × 1,260 = 0,997
Kilogr.
1,298 Kilogr.
Ein Kubik-Meter atmosphaͤrische Luft wiegt also
bei 0°, genau 1,298 Kilogramm.
Ein Kubik-Meter Kohlensaͤure wiegt bei
0°, 1,974 Kilogr.; da nun das Volum des Sauerstoffs,
wodurch die Saͤure erzeugt wurde, dem der
Saͤure gleich ist, so besteht dieser
Kubik-Meter Kohlensaͤure aus 1,434 Kil.
Sauerstoff, dem Gewicht eines Kubik-Meters dieser
Gasart, und aus 0,540 Kohlenstoff. Ein Kilogramm
Kohlensaͤure enthaͤlt also 0,7264 Sauerstoff
und 0,2736 Kohlenstoff; oder, mit anderen Worten, 3,65 Kil.
Kohlensaͤure, bestehen aus 1 Kil. Kohlenstoff und
2,65 Kil. Sauerstoff.
Nach dieser Berechnung sind zur vollstaͤndigen
Verbrennung von 1 Kil. Kohle, 2,65 Kil. Sauerstoff
noͤthig; und da ein Kubik-Meter Sauerstoff
1,434 Kil. wiegt, so erhalten wir 2650/1434 = 1,848 K. M.
fuͤr das Volum von 2,65 Kil. dieser Gasart, bei der
Temperatur von 0°. Um nun zu erfahren, wie viel Luft
noͤthig ist, um diese Quantitaͤt Sauerstoff zu
geben, braucht man nur 1,840 K. M. mit 0,21 oder dem
Verhaͤltniß, in welchem es in der Luft enthalten ist,
zu multipliciren und man erhaͤlt dann 1,840 ×
(100/21) = 8,80 K. M. Ein Kilogramm Kohle braucht also bei
der Temperatur des Eises zur vollstaͤndigen
Verbrennung 8,80 K. M. atmosphaͤrische Luft.
Da aber das Volum der Gasarten sich in geradem
Verhaͤltniß mit der Temperatur vermehrt, so
muͤssen wir in Bezug auf den fraglichen Gegenstand
das Volum der Luft auf die mittlere Temperatur reduciren,
welche bei uns + 10°,55 (C.) ist. Die Geseze
fuͤr die Ausdehnung der Gasarten gehoͤren
nicht in das Gebiet der technischen Chemie und wir bringen
daher bloß in Erinnerung, daß der Coëfficient
fuͤr diese Ausdehnung 2,67 ist; wenn man folglich
erfahren will, um wie viel das Volum einer Gasart durch die
Erhoͤhung der Temperatur vermehrt wurde, so muß man
das Volum dieser Gasart bei 0° mit der Anzahl der
Centesimalgrade, um welche sich die Temperatur
erhoͤht hat, multipliciren, und das Product durch
2,67 dividiren; wir erhalten dann
8,80 + (8,80 × 10,55)/2,67 = 8,80
+ 0,347 = 9,15 K. M.
Zur vollstaͤndigen Verbrennung eines Kilogrammes Kohle
sind also bei der mittleren Temperatur 9,15 K. M. oder
beilaͤufig 11 Kil. atmosphaͤrische Luft
noͤthig.
Verbrennung der
Steinkohle.
Ueber die Zusammensezung der Steinkohlen haben wir bereits
das Noͤthige mitgeteilt; da aber nicht alle
Steinkohlen die Elemente in gleichem
Verhaͤltnisse enthalten, so kann die zu ihrer
Verbrennung erforderliche Menge Luft nicht genau festgesezt
werden. Indessen koͤnnen die Berechnungen, welche wir
nun anstellen wollen, fuͤr die Praxis immer einen
nuͤzlichen Leitfaden abgeben, weil daraus ein unter
den meisten Umstaͤnden annehmbares mittleres Resultat
hervorgeht. Wir nehmen als Beispiel eine Steinkohle, welche
0,800 Kohlenstoff und 0,0167 Wasserstoff enthaͤlt; da
wir nun schon wissen, daß zur Verbrennung Eines Kilogrammes
Kohlenstoff, 9,15 K. M. Luft erforderlich sind, so brauchen
wir, um die zur Verbrennung des Kohlenstoffs erforderliche
Quantitaͤt Luft zu erfahren, nur 0,800 mit 9,15 zu
multipliciren, was 7,320 K. M. gibt. Um die zur Verbrennung
des Wasserstoffs erforderliche Quantitaͤt Luft
auszumitteln, muß man zuerst das Volum dieser Gasart aus
ihrem specifischen Gewicht, welches 0,073 ist, berechnen;
man findet dann, daß 0,0167 Kil. Wasserstoff 1,80 K. M.
einnehmen, und da er bei der Verbrennung sein halbes Volum
Sauerstoff absorbirt, so braucht man nur 180/2 mit 100/21 zu
multipliciren: 0,90 × 100/21 = 4,28 K. M.; addirt man
diese 4,28 K. M. zu 7,320 K. M., so ergibt sich, daß 11,60
K. M. Luft bei der mittleren Temperatur zur
vollstaͤndigen Verbrennung Eines Kilogr.
gewoͤhnlicher Steinkohle noͤthig sind.
Verbrennung des Holzes.
Nach der in der vorhergehenden Vorlesung angegebenen Analyse
des Holzes enthaͤlt gewoͤhnliches troknes Holz
noch 20 Prozent Wasser als Feuchtigkeit und 80/100
vollkommen troknes Holz enthalten nur 0,416 Kohlenstoff. Man
braucht also diese Zahl nur mit 9,15 zu multipliciren,
welches, wie schon oben bemerkt wurde, das Volum der zur
Verbrennung von 1 Kil. Kohle erforderlichen Menge Luft ist;
und findet dann, daß 0,416 × 9,15 = 3,806 K. M. Luft
von der mittleren Temperatur noͤthig sind, um 1
Kilogr. gewoͤhnliches troknes Holz
vollstaͤndig zu verbrennen.
Jezt bleibt uns noch uͤbrig, die Geseze zu studiren,
nach welchen die Luft den brennbaren Koͤrpern
zustroͤmt, wenn diese entzuͤndet sind, und
wenn die Waͤrme, welche sie entwikeln, die sie
umgebende Atmosphaͤre verduͤnnt.
Theorie der Schornsteine.
Den Zug zu bestimmen, welcher durch die Verbrennung in freier
Luft hervorgebracht wird, waͤre unmoͤglich;
uͤbrigens wuͤrde diese Aufgabe, wenn sie auch
geloͤst werden koͤnnte, doch keinen
praktischen Nuzen gewaͤhren, und wir werden
uns daher nicht damit beschaͤftigen. Anders verhalt
es sich mit dem Zuge, welcher in solchen Feuerraͤumen
erzeugt wird, die durch Waͤnde aus Steinen oder
Gußeisen begraͤnzt sind, und von welchen aus die
verbrannte Luft durch einen dazu besonders bestimmten Kanal
entweicht.
Wir werden zuerst die Geschwindigkeit berechnen, womit die
reine erhizte Luft durch diesen Kanal austritt, um die
Quantitaͤt Luft bestimmen zu koͤnnen, welche
in einer Zeit-Einheit, wozu wir eine Sekunde
annehmen, dem Feuerraum zustroͤmt; und wir werden uns
zu dieser Berechnung einer aͤhnlichen Methode
bedienen, wie man sie zur Bestimmung des Wasserquantums,
welches ein Strom liefert, anwendet, wozu man bekanntlich
nur den Durchschnitt des Kanals und die Geschwindigkeit des
Ausflusses zu kennen braucht. Die Erzeugungshoͤhe
dieser Geschwindigkeit ist aber die Differenz, welche
zwischen der Laͤnge der aͤußeren Saͤule
kalter Luft und der Saͤule der erhizten Luft im
Inneren des Schornsteins, Statt findet, wenn leztere auf die
Dichtigkeit der aͤußeren Luft reducirt worden ist;
die Geschwindigkeit aber, womit die Luft in die untere
Oeffnung des Schornsteins hineinstroͤmt, ist gleich
derjenigen, welche ein schwerer Koͤrper erlangt, wenn
er frei von einer dieser Differenz gleichen Hoͤhe
herabfaͤllt.
Um dieses wichtige Gesez verstaͤndlicher zu machen,
wollen wir annehmen, man habe in die Seitenwand eines mit
Wasser angefuͤllten großen Gefaͤßes, welches
in AA
'
Fig.
1 und 2.
vorgestellt ist, eine Oeffnung B
gemacht, woran eine kniefoͤrmig gebogene
Roͤhre CC
' angebracht ist, die bis an den
oberen Rand des Gefaͤßes hinaufreicht; das Niveau
wird sich herstellen und das Wasser in C auf gleicher Hoͤhe wie
in A seyn. Nehmen wir nun an,
man stelle einen Ofen D unter
die Roͤhre CC
', so wird das darin enthaltene
Wasser sich durch die Hize ausdehnen und sein specifisches
Gewicht geringer werden; die Wassersaͤule CC
' wird sich also
verlaͤngern muͤssen, um mit der Saͤule
AB ins Gleichgewicht
zu kommen, und die erhizte Fluͤssigkeit wird steigen
und uͤber den oberen Rand C' auslaufen; wenn man zwischen dem Punkt C' und dem Gefaͤß A eine Verbindung herstellen
wuͤrde, so wie sie in der Zeichnung durch punktirte
Linien angedeutet ist, so wuͤrde sich waͤhrend
der ganzen Zeit, daß das Feuer unterhalten wird, eine
Circulation herstellen.
Nimmt man nun an, daß die Roͤhre CC
', an Statt seitwaͤrts,
sich in der Mitte des Gefaͤßes AA befindet, wie sie in
Fig.
2. vorgestellt ist, und daß auf irgend eine Art
die in CC
' enthaltene Fluͤssigkeit
erhizt wird, so wird sich ebenfalls eine aufsteigende
Stroͤmung herstellen und die erhizte
Fluͤssigkeit wird in C'
uͤberlaufen.
Das leztere Beispiel bietet ein treues Bild von demjenigen
dar, was in einem Schornsteine vorgeht,
wo man Feuer macht; das Gefaͤß AA stellt die
Atmosphaͤre kalter Luft vor und die Roͤhre CC
' den Kanal des Schornsteins.
Die erhizte Luft steigt in die Hoͤhe und tritt durch
die obere Oeffnung des Schornsteins in die
Atmosphaͤre aus.
Um die Geschwindigkeit zu erfahren, womit die Luft durch die
untere Oeffnung hineindringt, muß man, wie wir bereits
bemerkt haben, die Differenz ausmitteln, welche zwischen der
inneren Saͤule verduͤnnter Luft, reducirt auf
die Laͤnge, welche sie haben wuͤrde, wenn sie
auf die Temperatur der umgebenden Luft erniedrigt
waͤre, und zwischen der wirklichen Laͤnge des
Schornsteins, welches die der aͤußeren Saͤule
ist. Statt findet. Wir wollen als Beispiel einen Schornstein
von 10 Meter Hoͤhe annehmen, dessen mittlere
Temperatur 100° (C.) ist, waͤhrend die
Atmosphaͤre 0° hat; um die Laͤnge der
Saͤule auf 100° erhizter Luft, auf diesen Grad
zu reduciren, wollen wir erinnern, daß das Volum der
Gasarten mit jedem hoͤheren Grade des
hunderttheiligen Thermometers sich am 1/375
vergroͤßert; so wiegen 100 K. M. Luft von 0°
eben so viel wie 137,50 K. M. Luft von 100°, und eine
Luftsaͤule, welche bei 100°, 10 Meter lang
ist, wuͤrde auf 0° reducirt, nur 7,10 oder
1000/1375 Meter lang seyn.
Die aͤußere
Saͤule wird bei der Temp. 0°
haben
10 M.
und die innere
Saͤule bei 100°, auf 0°
reducirt
7,10
––––––
Differenz
2,90
Die Luft wird also in die untere Oeffnung eines solchen
Schornsteins mit einer Geschwindigkeit
hineinstroͤmen, welche gleich derjenigen ist, die ein
schwerer Koͤrper erlangt, wenn er von 2,90 Meter
Hoͤhe herabfaͤllt. Um diese Geschwindigkeit zu
bestimmen, muß man diese Zahl mit 19,62, dem
Coëfficienten des Falles der Koͤrper,
multipliciren, und aus dem Product die Quadratwurzel
ausziehen; denn nach dem von Gallilaͤi entdekten Geseze ist die
Geschwindigkeit, welche die Koͤrper waͤhrend
ihres freien Falles erlangen, den Quadratwurzeln der
durchlaufenen Raͤume proportional; bei unserem
Beispiele wird die Geschwindigkeit also seyn
√(19,62 × 2,90) =
√56,89 = 7,52 Meter.
Die Geschwindigkeit von 7,52 Meter fuͤr die Sekunde
ist diejenige, womit die Luft in die untere Oeffnung des
Schornsteins hineinstroͤmt, und nicht diejenige,
womit sie im Inneren dieses Schornsteins aufsteigt; denn die
Differenz zwischen diesen beiden Bewegungen wird noch durch
das Gewicht der verbrannten Luft, welche Kohle mit sich
reißt, vergroͤßert. Damit man die angegebenen
Berechnungen schneller und leichter anstellen
kann, hat Hr. Clément eine
Tabelle berechnet, welche die Geschwindigkeiten fuͤr
eine Sekunde angibt, die ein Koͤrper erlangt, welcher
von einer Hoͤhe zwischen 5 Centimeter und 10 Meter
herabfaͤllt.
Hoͤhe
Geschwindigkeit in
1'' Minute
Hoͤhe
Geschwindigkeit in
1'' Minute
0,051
1
5
9,91
0,25
2,22
5,50
10,35
0,50
3,13
6
10,85
0,75
3,84
6,50
11,29
1,00
4,43
7
11,75
1,50
5,41
7,50
12,15
2
6,29
8
12,60
2,50
7,01
8,50
12,88
3
7,66
9
13,28
3,50
8,29
9,50
13,68
4
8,87
10
14
4,50
9,40
Wenn die Geschwindigkeit, womit die Luft durch die Oeffnung
des Feuerraumes zustroͤmt, bekannt ist, so braucht
man, um ihre Quantitaͤt zu bestimmen, bloß die Zahl,
welche diese Geschwindigkeit in irgend einer Einheit
ausdruͤkt, mit der Oberflaͤche dieser
Oeffnung, welche in Einheiten derselben Art berechnet ist,
zu multipliciren. Wenn wir leztere in dem vorhergehenden
Beispiele zu 50 Centimeter Seitenlange annehmen, so erhalten
wir 0,50 × 0,50 = 0,25 Quadrat-Centimeter
Oberflaͤche, die mit 7,52 Meter multiplicirt, 1,88 K.
M. fuͤr die Luft ergeben, welche in diesem Falle in
jeder Sekunde durch das brennende Brennmaterial
hindurchzieht.
Fuͤnfte VorlesungAm angef. Orte, S. 247.A. d. R..
Die wirkliche Geschwindigkeit, womit die verbrannte Luft in einen
Schornstein aufsteigt, ist nicht derjenigen gleich, welche in
der lezten Vorlesung bestimmt wurde, weil die Luft, in dem sie
die Verbrennung unterhalt, eine chemische Veraͤnderung
erleidet und dadurch auch ihre Dichtigkeit aͤndert. Der
horizontale Durchschnitt des Schornsteins ist uͤbrigens
in den meisten Faͤllen groͤßer, als derjenige der
in seiner Wand angebrachten Oeffnung, durch welche die
verbrannte Luft hineintritt; und da die Geschwindigkeit des
Aufsteigens der Capacitaͤt des Kanales, worin sich die
Fluͤssigkeit bewegt, proportional ist, so
veraͤndert sie sich in dem Verhaͤltnisse, als die
Oberflaͤche des Durchschnittes des Schornsteins
groͤßer oder kleiner wird. Um diese Geschwindigkeit zu
bestimmen, muß man also die Quantitaͤt der Luft, welche
in den Schornstein hineintrat, durch die Oberflaͤche des
Durchschnittes an der Stelle, wo man die Aufsteigungskraft
kennen will, dividiren; und da die großen Schornsteine sich
gewoͤhnlich verengern, so wird
diese Oberflaͤche desto kleiner, je hoͤher sie
hinaufkommt und die Geschwindigkeit wird also immer
groͤßer werden.
Man kann den Druk, wodurch die heiße Luft in einen Schornstein
hinaufgetrieben wird, auf eine directe Weise messen, wenn man an
demselben einen mit Wasser gefuͤllten umgekehrten Heber
anbringt. Wenn man in die Seitenwand des Schornsteins, welcher
in Fig.
3. im Durchschnitte vorgestellt ist, ein kleines Loch
bohrt und darin eine gehoͤrig gekruͤmmte
Glasroͤhre befestigt, worin sich Wasser befindet, so wird
die Entfernung zwischen dem Niveau des Wassers in dem einen und
in dem anderen Schenkel der Roͤhre, in F und in T, die Aufsteigkraft der inneren Saͤule
erhizter Luft anzeigen, wenn man die Differenz zwischen dem
Gewichte dieser Saͤule und demjenigen der aͤußeren
Saͤule bestimmt; um die Geschwindigkeit, womit die heiße
Luft aufsteigt, zu erfahren, braucht man daher bloß noch die
Hoͤhe der kleinem Wassersaͤule, welche diese
Differenz angibt, auf eine Luftsaͤule von gleichem
Gewicht zu reduciren und die Geschwindigkeit zu berechnen,
welche ein Koͤrper beim Herabfallen von der Hoͤhe
dieser Saͤule erlangen wuͤrde. Nehmen wir an, die
Differenz des Niveaus betrage einen Centimeter (und mehr wird
sie selten betragen), so muß man sie, um diese Reduction
anzustellen, mit dem Verhaͤltniß der specifischen
Gewichte des Wassers und der Luft, welches beilaͤufig wie
1 zu 800 ist, multipliciren; man erhaͤlt also 0,01 M.
× 800 = 8 Meter, und die aus dieser Hoͤhe
hervorgehende Geschwindigkeit wird √(19,62 × 8) =
12,60 M. seyn.
Der Sauerstoff der Luft bildet durch Verbrennung des in dem
Brennmaterial enthaltenen Wasserstoffs, Wasser in Dampfgestalt,
welches auch in diesem Zustande verbleibt und in die
Hoͤhe steigt, weil sich die Waͤrme in einem
Schornstein sehr wenig vermindert; der nicht verbrennliche Theil
der Luft, der Stikstoff, steigt ebenfalls in die Hoͤhe,
weil er auch leichter als sie ist; diese beiden Substanzen
verhindern also das Aufsteigen nicht; hingegen ist die durch
Vereinigung des Kohlenstoffs mit dem Sauerstoff entstehende
Kohlensaͤure dichter als die Luft und vergroͤßert
daher das Gewicht der verbrannten Luft.
Wir wollen zuerst berechnen, wie schwer ein Kubik-Meter
vollkommen mit Kohle gesaͤttigter Luft seyn
wuͤrde.
Ein Kubik-Meter Luft von 0° enthaͤlt, wie
wir bereits bemerkt
haben: Stikstoff 0,790
M., welche wiegen
0,997 K.
und Sauerstoff
0,210
0,301
–––––––
Summa
1,298 K.
und da 8,80 K. M. Luft noͤthig
sind, um 1 Kilogr. Kohle zu verbrennen, so wird 1
Kubik-Meter davon
1 Kilogr./8,80 =
0,114
––––––
verzehren.
Summa
1,412 K.
Da die Luft durch ihre Vereinigung mit Kohlenstoff ihr Volum
nicht veraͤndert, so wird also ein Kubik-Meter
vollkommen mit Kohlenstoff gesaͤttigter Luft, bei
0°, 1,412 Kilogr. wiegen.
Um die mittlere Temperatur eines Schornsteins zu erfahren, kann
man in verschiedenen Hoͤhen desselben, z.B. in P, Q, R, S (Fig.
3.) Thermometer anbringen und von den verschiedenen
Graden, welche sie anzeigen, das Mittel nehmen, oder auch bloß
einen einzigen Thermometer in der Mitte der Hoͤhe
aufstellen.
Wir wollen sie zu 100° und die Hoͤhe des
Schornsteins zu 20 Meter annehmen und nun die Geschwindigkeit
ausmitteln, womit die Vollkommen gesaͤttigte Luft, deren
Dichtigkeit wir bei 0° = 1,412 fanden, aufsteigt. Wir
werden auch die Dichtigkeit der reinen Luft, welche = 1,298 ist,
zur Einheit nehmen und sie = 1,000 sezen. Da sich das Volum der
Gasarten mit jedem hoͤheren Grade des hunderttheiligen
Thermometers um 1/375 vermehrt, so wird ein Kubik-Meter
gesaͤttigter Luft, auf 100° erhizt, 1,375 Meter
einnehmen und seine Dichtigkeit wird also dann 1412/1375 = 1020
seyn, und wenn die der Luft zu 1,000 angenommen wird, folglich =
793. Die Laͤnge der
aͤußeren
Saͤule wird also gleich
20 M.
und die der inneren
reducirten Saͤule = 20 × 793/1000 =
15,80
–––––
Differenz
4,201
und die dieser Hoͤhe zukommende
Geschwindigkeit = √(19,62 × 420) = √82,40 =
9,07 M. seyn; nimmt man die Seite des Durchschnittes des
Schornsteins = 0,50 M. an, so wird seine Capacitaͤt 25
Quadrat-Centimeter betragen, und da die Quantitaͤt
Luft, welche durch diesen Durchschnitt hindurchgehen wird, durch
das Product ihrer Oberflaͤche in ihre Geschwindigkeit,
bestimmt wird, so wird sie 2,28 Kubik-Meter betragen,
denn 9,07 M. × 0,25 = 2,28 K. M.
So gut aber auch die Feuerraͤume construirt seyn
moͤgen, so wird doch die Luft darin niemals
vollstaͤndig verbrannt und es geht immer noch solche
hindurch, die keine Veraͤnderung erlitten hat. Die
Quantitaͤt derselben ist jedoch sehr wandelbar, weil sie
von der Einrichtung des Feuerheerdes, von der Natur und der Form
des Brennmateriales und von der Dike der auf den Rost gelegten
Schichte abhaͤngt. Man koͤnnte diese Schichte
durch Vergroͤßerung ihrer Dimensionen verringern, aber
man wurde dadurch in einen anderen Nachtheil verfallen, dessen
Vermeidung noch wichtiger ist, denn wenn Kohlensaͤure bei
einer hohen Temperatur mit Kohle in Beruͤhrung kommt, so
verbindet sie sich mit derselben zu Kohlenoxydgas und verursacht
dadurch einen Verlust von Brennmaterial. Die Luft, welche zur
Verbrennung gedient hat, ist also nie vollstaͤndig
gesaͤttigt, was wir in den vorhergehenden Beispielen
vorausgesezt hatten; sie ist gewoͤhnlich nur zur
Haͤlfte und bisweilen nur zu einem Drittel
gesaͤttigt; man kann jedoch, ohne einen Fehler zu
begehen, annehmen, daß die Haͤlfte der durch das
Brennmaterial ziehenden Luft unbenuzt durch den Schornstein
aufsteigt, und um den Verlust auszugleichen, muß man also dem
Brennmaterial die doppelte Menge Luft zustroͤmen lassen.
Da sich die Dichtigkeit der verbrannten Luft, welche alsdann
weniger Kohlenstoff als in den vorher untersuchten
Faͤllen enthalten wird, vermindert hat, so wird die
Geschwindigkeit, womit sie in den Schornstein aufsteigt,
verhaͤltnißmaͤßig zunehmen; wir theilen hier die
Berechnung der Geschwindigkeit mit, welche sie in einem
Schornstein von 20 Meter Hoͤhe, dessen Temperatur
100° ist, erlangen wird. Das Gewicht eines
Kubik-Meters vollkommen gesaͤttigter Luft, von
0°,
wurde bestimmt
zu
1,412 Kil.
und das Gewicht eines
Kubik-Meters reiner Luft, wovon man die
doppelte Menge hinzuthun muß, zu
1,298 –
––––––––
Das Gewicht der beiden
zur Haͤlfte gesaͤttigten
Kubik-Meter wird also betragen
2,710 Kil.
Die Dichtigkeit eines zur Haͤlfte gesaͤttigten
Kubik-Meters Luft von 0°, wird also 2710/2 oder
1,355 seyn, und ihre Dichtigkeit bei 100° = 1,355/1,375 =
0,985; nimmt man, wie wir es oben thaten, die Dichtigkeit der
reinen Luft zu 1,000 an und reducirt darnach, so betraͤgt
sie, 0,760.
Die Laͤnge der
aͤußeren Luftsaͤule wird also seyn
20,00 M.
und die der inneren
reducirten Luftsaͤule = 20 × 760/1000
=
15,20
–––––––
Differenz
4,80 M.
Die dieser Hoͤhe zukommende Geschwindigkeit wird
√(19,62 × 480) = 9,71 Meter seyn, und von der mit
dieser Geschwindigkeit sich bewegenden Luft werden in einer
Sekunde durch eine Oeffnung von 25
Quadrat-Centimeter, 9,71 × 0,25 = 2,43
Kubik-Meter entweichen.
Da man bisweilen genoͤthigt ist, so viel als
moͤglich die Quantitaͤt des Rauches zu verringern,
welcher immer aus dem Schornsteine eines Feuerraumes entweicht,
so gut dieser auch eingerichtet seyn mag, so hat man
verschiedene andere Constructionen von Schornsteinen ersonnen.
Vor einigen Jahren versuchte man den Rauch von den
Badehaͤusern auf der Seine zu Paris, so zu sagen auf die
Oberflaͤche des Flusses herabzuschuͤtten; man
haͤtte zu diesem Ende oben auf dem vertikalen
Schornsteine einen horizontalen Kanal angebracht, welcher den
Rauch in eine herabsteigende Roͤhre fuͤhrte, die
ihn bis in die Naͤhe des Niveaus des Wassers leitete.
Dieses Versuch gelang nicht. Man kann jedoch Schornsteine von
dieser Einrichtung mit sehr starkem Zug herstellen, muß aber zu
diesem Ende den oberen horizontalen Kanal in einem Kasten
circuliren lassen, welcher mit Wasser gefuͤllt ist, das
auf der moͤglichst niedrigen Temperatur erhalten wird;
die mit Kohlenstoff gesaͤttigte Luft kuͤhlt sich
in diesem Kanale ab, erhaͤlt dadurch ein groͤßeres
specifisches Gewicht, als die umgebende Luft und stuͤrzt
sich durch ihr eigenes Gewicht in den herabsteigenden
Schornstein; unter diesen Umstaͤnden wird das Aufsteigen
des Rauches durch zwei verschiedene Triebkraͤfte
veranlaßt, durch die Leichtigkeit der verbrannten und heißen
Luft in dem aufsteigenden und durch die Schwere der verbrannten
erkaͤlteten Luft in dem niedersteigenden
SchornsteineHr. Jeffrys hat den Rauch in
einem niedersteigenden Schornsteine dadurch verdichtet,
daß er seinen Zug vermittelst eines Verfahrens
verstaͤrkte, welches in vielen Faͤllen
leichter anzuwenden seyn wird, als das von Hrn. Clément angegebene. Es
besteht darin, in den niedersteigenden Kanal einen Strom
Wasser als feinen Regen streichen zu lassen, welcher den
Rauch verdichtet und mit sich reißt. Die Beschreibung
desselben findet man im Recueil
industr. Bd. VIII. S. 32. (im Polyt. Journ. Bd. XVIII. S.
9.)A. d. O..
Ehemals versah man jeden Ofen in einer Fabrik mit einem
besonderen kleinen Schornsteine, wie es noch hinsichtlich der
Schornsteine von den Wohnungen der Fall ist; dieß war eine sehr
fehlerhafte Methode. Heute zu Tage versieht man die Fabriken mit
einem einzigen sehr großen Schornsteine, der zuweilen gegen 150
bis 160 Meter hoch ist und die Verbrennungsproducte einer großen
Anzahl von Feuerraͤumen aufnimmt, so wie eine große
Roͤhre das ihr von einer großen Anzahl kleiner
Leitungsroͤhren zugefuͤhrte Wasser. Diese großen
Schornsteine werden im Centrum der Fabriken angebracht und der
Rauch wird in dieselben durch unterirdische Kanaͤle
hineingeleitet, die unter dem ganzen Boden, welchen die Fabrik
einnimmt, fortlaufen; so daß man immer einen Kanal in der
Naͤhe findet, wenn man einen neuen Ofen bauen will und
daher keinen besonderen Schornstein zu errichten noͤthig
hat. Abgesehen von diesem Vortheile, kommen die großen
Schornsteine auch wohlfeiler zu stehen, und ihr Zug ist um so
staͤrker, je mehr verbrannte Luft man
hineinstroͤmen laͤßt, in dem man dieselbe mit
einer groͤßeren Anzahl von Feuerraͤumen
communiciren laͤßt. Wenn der Durchmesser des
Schornsteines jedoch nicht groß genug seyn sollte, muß man die
Vorsicht gebrauchen, zu verhindern, daß die von entgegengesezten
Seiten ankommenden Rauchstroͤme sich entgegentreten, wie
dieses Fig.
4. durch die punktirten Pfeile in G zeigt. Dieses bewirkt man leicht durch die
Errichtung kleiner Scheidewaͤnde HH, die sich nur ein wenig
uͤber die Oeffnung, durch welche der Rauchstrom zutritt,
erheben muͤssen und dessen Richtung abaͤndern;
wenn die Leitung unterirdisch ist, bringt man an ihrem Ende eine
Beugung KK an; in diesem
lezteren Falle nimmt der von entgegengesezten Punkten
herkommende Rauch eine und dieselbe Richtung an, und es ist
daher unnuͤz, noch irgend eine andere Einrichtung zu
machen.
Sechste Vorlesung.
Bau der Schornsteine.
Die großen Schornsteine, von deren Vortheilen wir in der
lezten Vorlesung sprachen, werden in England ohne
betraͤchtliche Kosten und sehr schnell erbaut, ohne
daß dadurch ihre Festigkeit oder ihr schoͤnes Aeußere
beeintraͤchtigt wird; die Fig.
5 und 6.
zeigen den Aufriß und Durchschnitt eines solchen zu
Wesserling errichteten Schornsteins, welcher zur
stuͤndlichen Verbrennung von 300 Kilogrammen (60
Ctr.) Steinkohlen hinreicht; er wurde mit eigens hiezu
bereiteten trapezoidalen Steinen gebaut; man kann sie aber
durch gewoͤhnliche rechtekige Bausteine ersezen, ohne
daß die groͤßere Dike des Bindungsmittels, welches
die Fugen ausfuͤllt, den Widerstand des Schornsteins
gegen die Winde schwaͤcht. Die englischen Arbeiter
bauen diese Schornsteine sehr hoch, ohne ein Geruͤst
zu machen, welches allein in Frankreich oft schon theurer zu
stehen kommt, als der ganze Bau in England. Sie machen zu
diesem Ende in zwei der inneren Seiten des Schornsteines und
in einer Entfernung von zwei bis drei Fuß in der
Hoͤhe, Oeffnungen, in die sie das Ende von Balken
hineinsteken, auf welchen sie dann einen Boden herstellen.
Ein kleiner in der Mitte dieses Bodens, uͤber einer
darin gelassenen Oeffnung, angebrachter Wellbaum dient, um
die Materialien in die Hoͤhe zu ziehen, welche so den
Arbeitern durch die Mitte des Schornsteins zukommen. Wenn
die Mauern so weit aufgefuͤhrt sind, daß die Arbeiter
nicht mehr leicht arbeiten koͤnnen, bringen sie in
die oberen Oeffnungen Balken und stellen so einen neuen
Boden her. Sie reißen dann das ganze Geruͤst, auf
welchem sie sich befanden, weg, mit Ausnahme eines einzigen
Balkens, welchen sie immer auf
derselben Seite an seiner Stelle lassen, so daß alle von
unten herauf zuruͤkgelassenen Balken mit einander
eine Leiter bilden, auf welcher die Arbeiter waͤhrend
des ganzen Baues bis oben auf den Schornstein hinaufsteigen
koͤnnen.
Man muß diese Schornsteine so bauen, daß sie von unten hinauf
sich sehr verengern und daher auf ihren Grundmauern mit
einer sehr breiten Basis aufliegen, welche der Gewalt der
Winde widerstehen kann. Es ist unnuͤz, ihren Wanden
eine große Dike zu geben; eine Mauer von zwei oder
hoͤchstens anderthalb Steinen, ist in allen
Faͤllen hinreichend; denn jeder Stein muß immer die
ganze uͤber ihm liegende Masse tragen, die Mauer mag
nun aus vier oder aus zwei Reihen bestehen und sobald er an
und fuͤr sich so fest ist, daß er Durch dieses
Gewicht nicht leidet, ist es hinreichend, daß die Mauer dem
Seitendruk widerstehen kann.
Oft ist es nicht noͤthig, zum Bau eines Schornsteins
Kalkmoͤrtel anzuwenden; in jedem Falle kann er doch
bloß zur Außenseite benuzt werden, welche eine niedrige
Temperatur beibehaͤlt und der Feuchtigkeit ausgesezt
ist; das Innere muß immer mit Moͤrtel von Thon
(Ofenerde) gemacht werden, welcher weniger kostspielig ist
und wozu man das Material oft bei dem Ausgraben des Grundes
des Schornsteins vorfindet.
Um der aͤußeren Wand immer gleiche Neigung zu geben,
bedient man sich in England eines sehr einfachen Mittels,
naͤmlich einer Art von Fallwaage, welche aus einer an
einem Richtscheite angebrachten Sezwaage besteht, die in
Fig.
7. vorgestellt ist. Die Kante N ist gegen die entgegengesezte
Kante M um eben so viel geneigt,
als die aͤußere Wand des Schornsteins es gegen eine
senkrechte Linie seyn muß; so oft nun die Kante N an die Mauer angelegt wird und
die Schnur mit der Bleikugel, mit der Kante M zusammentrifft, wird offenbar
die Mauer gleichmaͤßig geneigt seyn. Wenn man
isolirte Schornsteine baut, so wendet man bisweilen einen
Mantel aus Metall an Statt eines mit Mauersteinen
aufgefuͤhrten an; ein solcher hat aber den Nachtheil,
daß er die innere Luftsaͤule vielmehr abkuͤhlt
und daher, unter uͤbrigens gleichen
Umstaͤnden, einen viel geringeren Zug hat; es kann
jedoch Umstaͤnde geben, wo es vorteilhaft ist, sich
eines solchen zu bedienen, z.B. wenn man eine Fabrik auf
einem gepachteten Grunde errichtet, in welchem Falle man
einen metallenen Schornstein nach abgelaufener Pachtzeit
mitnehmen kann; er muß aber dann aus Kupfer und nicht aus
Eisen gemacht werden, weil lezteres Metall sehr schnell
verdirbt, wenn es wechselsweise dem Einfluß der Feuchtigkeit
und der Waͤrme ausgesezt wird.
Die Zuͤge (Kanaͤle) der Rauchfaͤnge
fuͤr die Wohnungen verfertigt man jezt
aus gußeisernen Roͤhren, welche in das Innere der
Wand eingelegt werden, oder auch aus eigens in Gestalt von
Kreissegmenten geformten Steinen, welche durch ihre
Vereinigung einen kreisfoͤrmigen Kanal bilden.
Leztere sind zwekmaͤßiger als die gußeisernen
Roͤhren, welche sich durch die Waͤrme
ausdehnen und dadurch in den Mauern Risse Hervorbringen
muͤssen: dessenungeachtet sind sie nicht so sehr im
Gebrauche, wie die gußeisernen. Die Anwendung solcher
Roͤhren, welche nur sechs bis zehn Zoll Durchmesser
haben, ist eine große Vervollkommnung in der Einrichtung der
Rauchfaͤnge der Wohnungen, deren Oeffnung noch
allgemein fuͤnfzig bis hundert Mal zu groß ist.
Einfluß der Winde auf den Zug der
Schornsteine.
Die Winde haben auf den Zug der Schornsteine einen desto
groͤßeren Einfluß, je weniger schnell der Rauch in
denselben emporsteigt. Deßwegen ist derselbe auch besonders
bei den gewoͤhnlichen Rauchfaͤngen der
Wohnungen merkbar, in welchen die
Aufsteigungs-Geschwindigkeit der verbrannten Luft
bisweilen nur einen Viertels-Meter fuͤr die
Sekunde, hingegen diejenige des Windes oft zwanzig Meter
waͤhrend derselben Zeit, betraͤgt. Daß die
verbrannte Luft mit so geringer Geschwindigkeit in diesen
Rauchfangen aufsteigt, ruͤhrt hauptsaͤchlich
von ihren großen Dimensionen her; ihre untere Oeffnung
gewaͤhrt einer so betraͤchtlichen Menge kalter
Luft Zutritt, daß die innere Saͤule sogleich
abgekuͤhlt wird und der Rauch in Folge seines
specifischen Gewichtes herabzusteigen strebt. Dadurch
entstehen Stroͤme, welche sich in entgegengesezten
Richtungen bewegen, wodurch gewissermaßen ein innerer
Kreislauf gebildet wird, der schon von Franklin beobachtet
wurde; es ist also offenbar, daß, sobald der Wind eine dem
Austreten des Rauches hinderliche Richtung hat, lezterer in
die Schornsteine, worin dieses Statt findet,
zuruͤkgedraͤngt wird. Der Wind wirkt jedoch
nicht immer unguͤnstig; wenn er vollkommen horizontal
und folglich senkrecht auf den Zug des Schornsteins ist,
saugt er den Rauch von dessen oberer Muͤndung
gewissermaßen auf und zieht ihn heraus. Diese Erscheinung
welche unter der Benennung Mittheilung
der Bewegung von der Seite (communication latérale du mouvement)
bekannt ist findet auch bei einem horizontalen Kanale Statt,
welcher durch eine seitwaͤrts angebrachte
Roͤhre mit einem darunter befindlichen
Behaͤlter in Verbindung steht. Wenn eine
Fluͤssigkeit mit einer gewissen Geschwindigkeit in
diesem Kanale circulirt, so saugt er das in diesem
Behaͤlter befindliche Wasser ein. Venturi, ein sehr ausgezeichneter
italiaͤnischer Physiker, hat uͤber diesen
Gegenstand ein sehr merkwuͤrdiges Werk bekannt
gemacht, welches aber selten wird.
Wenn sich neben dem Schornstein, und zwar auf der Seite,
welche derjenigen, von welcher der Wind
kommt, entgegengesezt ist, eine Flaͤche befindet, die
sich dem freien Durchgang des Windes entgegenstellt, so
stoͤßt er gegen dieses Hinderniß und uͤbt dann
in allen Richtungen einen Druk aus, welcher sich dem
Heraustreten des Rauches widersezt. Ein gegen diese
Flaͤche gestellter Barometer wuͤrde diesen
Druk anzeigen und man koͤnnte ihn damit messen. Wenn
die Geschwindigkeit, womit der Rauch aus dem Kamine
herausfahrt, diesen Druk nicht uͤberwindet, so
hoͤrt der Zug auf und der Rauch wird wieder in den
Schornstein zuruͤkgedraͤngt, aus welchem er
sodann durch die untere Oeffnung entweicht. Befindet sich
hingegen die Flaͤche zwischen dem Wind und dem
Schornstein, so entsteht hinter dieser Flaͤche ein
verduͤnnter Raum, welcher seinen Zug
verstaͤrkt und je starker der Wind ist, desto
schneller steigt der Rauch auf; denn dieser
verduͤnnte Raum wird durch die von der Seite
mitgetheilte Bewegung hervorgebracht, in deren Folge der
Wind die Luft, welche sich ruhig hinter der Flaͤche
befand, mit sich reißt und je schneller er ist, desto
vollkommener muß der leere Raum seyn.
Apparat um die nachtheiligen Wirkungen
der Winde auf die Schornsteine der Wohnungen zu
verhindern.
Man hat viele fixe und bewegliche Apparate vorgeschlagen, um
die nachteilige Wirkung des Windes auf die Schornsteine zu
vernichten; der folgende, welchen man auf der
Industrie-Ausstellung zu Paris im J. 1827 sah,
scheint seinen Zwek vollkommen zu erfuͤllen. Er
besteht aus einem Cylinder von geschlagenem Kupfer oder
Eisenblech, dessen Durchmesser groͤßer ist als jener
der Roͤhre am Ende des Schornsteines, auf welche er
so wie es Fig.
8. zeigt, aufgesezt wird. In den Umfang und in die
Boͤden dieses Cylinders ist eine große Anzahl von
Loͤchern gebohrt, durch welche der Rauch austritt;
ihr Durchmesser und ihre Anzahl muͤssen so berechnet
seyn, daß die Summe der Oberflaͤchen dieser
Oeffnungen groͤßer als die des Durchschnittes der
Roͤhre L ist. Diese
Locher werden vermittelst eines konischen Durchschlages
hineingeschlagen, welcher sie so zu sagen auslieft und ihnen
die Gestalt abgestuzter, oben offener Kegel gibt, deren
Basis sich auf den Cylinder stuͤzt. Man sieht, daß
durch diese Einrichtung eine sehr geringe Anzahl von
Oeffnungen der directen Einwirkung des Windes ausgesezt ist,
von welcher Seite er auch blasen mag, und außerdem
verursacht der Wind, wenn er in diese Locher, deren Seiten
kegelfoͤrmig sind, hineinbringt, darin ein Vacuum,
welches den Zug beguͤnstigt. Um diese Wirkung der
Stroͤme auf einen Kegel zu erweisen, hat Hr. Clément einen Versuch
angefuͤhrt, der sie unwiderlegbar darthut; er besteht
darin, einen Kegel aus Papier mit seiner Spize an dem Ende
eines gewoͤhnlichen Stubenblasebalges zu befestigen;
wenn man blaͤst, wird der Kegel zerdruͤkt und
plattet sich ab, weil der durch das Blasen hervorgebrachte
Luftstrom die in dem Kegel befindliche Luft mit
sich reißt, und sich also darin ein verduͤnnter Raum
bildet, das Papier aber dem Druk, welchen die aͤußere
Luft auf diesen verduͤnnten Raum ausuͤbt,
nicht widerstehen kann, also nachgibt, wodurch sich der
Kegel abplatten muß.
Der Wind bringt nicht nur in denjenigen Oeffnungen ein Vacuum
hervor, deren Achsen senkrecht auf seiner Wirkung sind,
sondern auch in denen, welche an der Seite angebracht sind,
die derjenigen, von welcher er kommt, entgegengesezt ist,
und zwar durch die oben besprochene sogenannte Mittheilung
der Bewegung von der Seite. Es entsteht folglich in diesem
Apparate sowohl ein Vacuum vermittelst des Windes, als auch
eines gegen denselben, und das Austreten des Rauches wird
durch seine Wirkung darin vielmehr beguͤnstigt, als
gehemmt.
Wenn es sich darum handelt, einen großen Schornstein
fuͤr eine Fabrik zu bauen, so kann man keinen Apparat
dieser Art anwenden; man muß ihm alsdann eine solche Lage
geben, daß er gegen die haͤufigsten Winde gesichert
ist. Manchmal kann es jedoch sehr bedeutende Kosten
verursachen, den Schornstein bis uͤber einen Berg,
welcher eine nachtheilige Lage hat, hinaufzufuͤhren;
man muß sich dann auf eine andere Art zu helfen suchen; in
manchen Faͤllen wird man vielleicht das zu
Septveilles (Seine et Marne)
angewandte Verfahren benuzen koͤnnen, wo man sich des
Berges selbst als Schornsteines bediente, in dem man durch
denselben einen Kanal grub, welchen man mit der
Roͤhre der Schornsteine in Verbindung brachte.
Berechnung des Zuges eines
Schornsteins zum Feinmachen des Eisens.
Der Schornstein dieser Oefen hat eine zu hohe Temperatur, als
daß man sie vermittelst des Thermometers bestimmen
koͤnnte; man muß hiezu ein anderes Verfahren
anwenden. Man haͤngt in der Mitte des Schornsteins
ein Stuͤk Eisen von bekanntem Gewicht so lange auf,
daß es die naͤmliche Temperatur, wie der Schornstein,
erhalten kann; man zieht es dann heraus und wirft es in
Wasser, dessen Gewicht und Temperatur man kennt; das Eisen
verliert dann allen uͤberschuͤssigen
Waͤrmestoff und man untersucht mit dem Thermometer,
um wie viel sich die Temperatur des Wassers dadurch
erhoͤht hat. Um die Temperatur des Schornsteins zu
erfahren, multiplicirt man die Differenz zwischen derjenigen
des Wassers vor und nach der Operation, mit dem
Verhaͤltniß seines Gewichtes zu demjenigen des
Eisens, und das so erhaltene Product wird mit der Differenz
der specifischen Waͤrme der beiden angewandten
Substanzen multiplicirt.
Wir wollen annehmen, das Stuͤk Eisen wiege Ein
Kilogramm, und man werfe es in zehn Kilogrammen Wasser von
0°, dessen Temperatur es auf 7 1/2° (C.)
erhoͤhe, so wird es eine Quantitaͤt
Waͤrme enthalten, welche hinreichend ist,
10 Kilogrammen Wasser um 7 1/2° zu erhizen, wo 7,5
× 10 = 75, und da die Capacitaͤt des Wassers
fuͤr den Waͤrmestoff acht Mal groͤßer
als diejenige des Eisens ist, so muß man noch 75 mit 8
multipliciren, was die innere Temperatur des Schornsteins zu
600 Graden ergibt.
Wir wollen auch noch die Geschwindigkeit berechnen, welche
die verbrannte Luft in einem Schornstein von 10 Meter
Hoͤhe erlangen wuͤrde, worin sie die
angegebene Temperatur haͤtte.
Temperatur der Luft in der Mitte des Schornsteins
600°. Von dieser Luft wiegt bei 0°Man vergl. in der fuͤnften Vorlesung S.
139.A. d. O. der Kubik-Meter 1,355 Kilogr., und da dieser
als Einheit angenommen wird, so wird die Dichtigkeit
dieser
Luft bei
0°
= 1,000
Dichtigkeit bei
600° = 1355/(1000 × 600/375) =
1355/3250 = 0,417 und diese, auf die
Dichtigkeit der Luft bei 0°, welche als
Einheit angenommen wird, reducirt, wird
= 0,308
Laͤnge des
aͤußeren Schornsteins oder der
aͤußeren Luftsaͤule
= 10 Met.
Laͤnge der
inneren Luftsaͤule = 10 × 308/1000
=
3,08
–––––––
Differenz
6,92
Geschwindigkeit,
welche dieser Hoͤhe zukommt = √(19,62
× 6,92) =
11,70 M.