Titel: | Walzenförmiger Eisenbahnwagen. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. XLVII., S. 172 |
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XLVII.
Walzenfoͤrmiger
Eisenbahnwagen.
Aus dem Franklin Journal im Mechan. Mag. N. 334. 2.
Jaͤner 1830. S. 323.
Walzenfoͤrmiger Eisenbahnwagen.
Her. Fleming, Mechaniker zu New-York, ließ sich ein
Patent auf folgenden Wagen fuͤr eine Eisenbahn ertheilen.
„Der Wagen ist ein cylindrischer Koͤrper, durch welchen eine Achse
laufen kann, oder an welchem Zapfen angebracht seyn koͤnnen, die an den
Enden desselben hervorstehen, und mittelst welcher derselbe gezogen wird. Die
Raͤder sind eiserne Raͤnder, welche um diesen Cylinder laufen, und
wie Reifen denselben umfassen. Diese Raͤnder stehen in einer solchen
Entfernung, daß sie genau auf den Schienen der Eisenbahn laufen: sie sind mit
Vorspraͤngen versehen, oder uͤberhaupt so geformt, daß sie auf die
Eisenbahn passen, auf welcher sie laufen. In die Hoͤhlung dieses
Cylinders werden nun Kisten, Faͤsser, Ballen oder andere Waaren, welche
transportirt werden sollen, gepakt. Wenn Eisen, Holzwerk oder andere Artikel von
bedeutender Laͤnge gefahren werden sollen, geschieht der Zug auf eine
andere Weise. Der Wagen ist dann ein hohler Cylinder ohne Ende; die
Eisenstangen, die Bretter oder Balken werden ganz durchgeschoben, und Achse oder
Zapfen sind dann uͤberfluͤssig. In diesem Falle wird ein Laufseil
(ein Seil ohne Ende) um den Cylinder geschlungen, der mit einer Doppelreihe von
Zaͤhnen versehen ist, durch welche eine Furche gebildet wird, welche
dieses Seil oder Laufband an der gehoͤrigen Stelle haͤlt. Dieses
Seil laͤuft uͤber eine Rolle, welche an dem Pferde oder an irgend
einer Zugkraft angebracht ist, so daß hier dasselbe geschieht, was an dem großen
und kleinen Rade einer Drehebank Statt hat. Zwei, drei oder mehrere solche
cylindrische Wagen koͤnnen hinter einander folgen, wenn sie durch
aͤhnliche Laufbaͤnder unter einander verbunden sind.“
„Bei dieser Art von Wagen wird nothwendig Alles, was gefahren wird,
bestaͤndig unter und uͤber gekehrt, was bei dem Transporte
gewisser Waaren, und namentlich der Passagiere, hoͤchst ungelegen kommen
muͤßte. Um diese Ungelegenheit nun zu beseitigen, ist in dem
aͤußeren Cylinder noch ein kleinerer innerer angebracht, der so klein
ist, daß er sich in dem aͤußeren bequem drehen kann. Dieser innere
Cylinder haͤngt auf der Achse oder auf den Zapfen und ist auf einer Seite
mit einem Gewichte beschwert, so daß, waͤhrend der aͤußere
Cylinder auf der Bahn rollt, der innere sich nicht in demselben drehen kann. Der
Patent-Traͤger schlaͤgt vor den inneren Cylinder mittelst
Reibungsraͤdern aufzuhaͤngen, so daß nur wenig Reibung mehr Statt
hat, als bei dem Umlaufen des aͤußeren Cylinders allein.“
„Der Patent-Traͤger nimmt den Gebrauch eines Cylinders oder
eines rollenden Koͤrpers auf einer Eisenbahn als Wagen als sein
Patent-Recht in Anspruch; ferner den Gebrauch des Laufseiles zum Ziehen
nach der oben angegebenen Methode. Bei einem solchen Wagen und bei diesem
Laufseile wird die Reibung mehr, als bei keiner anderen Art von Wagen
moͤglich ist, vermindert. Dieses Laufseil findet auch noch viele andere
nuͤzliche Anwendungen, wo fortschreitende Bewegung erzeugt werden
soll.“
Diese Cylinderwagen sind in N. Amerika nichts weniger als neu; nur die
Anwendung derselben auf einer Eisenbahn, die sich so zu sagen von sich
selbst ergibt, ist neu, und es ist gewiß, daß bei dieser Vorrichtung
unendlich viel an Zugkraft gewonnen wird. Wir erwarten seit mehreren Monaten
die Resultate der Versuche mit einer aͤhnlichen Vorrichtung, die sich
ohne alle Zugkraft bewegt; denn, wie es scheint so werden wir in manchen
Laͤndern des Continentes von Europa keine Eisenbahnen erhalten, wenn
nicht die Wagen von selbst auf denselben laufen. Bei uns muß man aus der
Schwerkraft, die einige vis inertiae nennen,
Nuzen ziehen, wenn man etwas in Gang bringen will. A. d. Ue.