Titel: Ueber die Selbstentzündung der fetten Baumwolle, von Hrn. Houzeau, Pharmaceut zu Rheims.
Fundstelle: Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LIII., S. 214
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LIII. Ueber die Selbstentzuͤndung der fetten Baumwolle, von Hrn. Houzeau, Pharmaceut zu Rheims. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen, N. 10, S. 416. Mit Abbildungen auf Tab. V. (Fig. 18 und 19.) Houzeau, uͤber die Selbstentzuͤndung der fetten Baumwolle. Da die Selbstentzuͤndung organischer Substanzen in wissenschaftlicher Hinsicht so interessant und in ihren Folgen so gefaͤhrlich ist, so muß man sich wundern, daß man sich nicht fruͤher damit beschaͤftigt und ihre Ursache auszumitteln, besonders aber Mittel aufzufinden gesucht hat, wodurch man sie verhindern koͤnnte. Zu Rheims wurden im Jahre 1827 zwei heftige Feuersbruͤnste, wovon ich selbst Augenzeuge war, durch die Selbstentzuͤndung der Abfaͤlle fetter Wolle veranlaßt. Ich glaubte, daß wenn man die Ursache dieser Selbstentzuͤndungen nicht genau kennt, sie gewiß sich wieder einstellen wuͤrden, und suchte durch Versuche diese schrekliche Wirkung einer chemischen Reaction auszumitteln und sie unter meinen Augen wieder hervorzubringen, um meine Mitbuͤrger von einer Geißel zu befreien, gegen welche sie sich nicht haͤtten verwahren koͤnnen. Diese Versuche lege ich nun der Société industrielle zu Muͤlhausen vor, um ihren philanthropischen Absichten zu entsprechen. Um alle Erscheinungen, welche die Selbstentzuͤndung darbietet, gehoͤrig studiren zu koͤnnen, halte ich es fuͤr zwekmaͤßig, hier an die elementare Zusammensezung der organischen Substanzen, welche sie verursachen, zu erinnern, weil das Verhaͤltniß ihrer Bestandtheile nicht ohne Einfluß auf die Erscheinungen ist, welche ich nun untersuchen will. Die organischen Substanzen bestehen alle aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff (ich uͤbergehe die anderen Koͤrper, welche darin nicht immer vorkommen): man theilt sie ein, 1) in solche Substanzen, worin der Sauerstoff vorherrscht; 2) in Substanzen, welche den Sauerstoff und Wasserstoff in dem zur Wasserbildung erforderlichen Verhaͤltnisse enthalten; 3) endlich, in Substanzen, worin der Wasserstoff uͤberschuͤssig ist. Wir haben kein Beispiel, daß die der ersten Reihe angehoͤrigen Substanzen sich von selbst entzuͤndet haͤtten. Bei denjenigen von der zweiten Reihe war dieß allerdings der Fall; sie muͤssen aber dann durch zufaͤllige Umstaͤnde beguͤnstigt werden; Hieher gehoͤrt zum Beispiel die Selbstentzuͤndung des Heues, welche gewoͤhnlich nur dann Statt findet, wenn die Pflanzen schlecht getroknet sind und die Temperatur der Luft sehr hoch ist. Uebrigens wird bei diesen Selbstentzuͤndungen immer Sauerstoff verschlukt und Wasser und Kohlensaͤure gebildet. Die Substanzen der dritten Reihe endlich koͤnnen sich sogar dann von selbst entzuͤnden, wenn die Temperatur der Luft nicht hoch ist, unter Umstaͤnden, welche sich viel leichter wieder einstellen koͤnnen, und in weniger betraͤchtlichen Massen. Da sie naͤmlich in einem gleichen Volum viel mehr Wasserstoff und Kohlenstoff enthalten, so muß offenbar der Sauerstoff viel staͤrker verschlukt werden und folglich die Entzuͤndung schneller Statt finden, wenn sich ihre Elemente durch irgend eine Veraͤnderung zu trennen streben. Meine Versuche scheinen zu beweisen, daß die Selbstentzuͤndung der fetten Baumwolle und der geoͤhlten Wolle nur von dem Oehl herruͤhrt, womit sie getraͤnkt sind, zu dessen Veraͤnderung (Entmischung) sie aber durch die außerordentliche Zertheilung ihrer Fasern maͤchtig beitragen. Was die Baumwolle betrifft, so entsteht die Entzuͤndung auf den Ruͤkstaͤnden von fetter Baumwolle, welche sich waͤhrend des Spinnens an die Achsen oder Kuͤssen angehaͤngt und ihnen alles Oehl entzogen haben, womit man sie bestaͤndig wegen der Reibung traͤnkt: dieses Oehl, welches schon deßwegen veraͤndert ist, weit es lange der Luft ausgesezt war, kann viel leichter als jedes andere ranzig werden und sich folglich von selbst entzuͤnden. Derselbe Fall findet bei Baumwollenmassen Statt, welche oͤhlige Saamen enthalten, die sich in Beruͤhrung mit der Luft entmischen, dadurch sehr stark erhizen und folglich entzuͤnden. Die Ruͤkstaͤnde von fetter Wolle koͤnnen sich ebenfalls sehr schnell entzuͤnden, denn sie sind mit Olivenoͤhl getraͤnkt, das fast immer ranzig und oft durch fremde Oehle, besonders aber durch die Beruͤhrung mit der Luft, welche durch die Operation des Webens selbst vorzuͤglich beguͤnstigt wird, veraͤndert ist. Auf die Veraͤnderung dieses Oehls so wie auf diejenige der fetten Baumwolle, hat die zufaͤllige Gegenwart von Eisen großen Einfluß, indem es durch seine elektrische Wirkung die Ursachen der Entzuͤndung noch vermehrt. Von der Baumwolle und Wolle habe ich stets angenommen, daß sie bei der Selbstentzuͤndung bloß mechanisch wirken, indem sie die Beruͤhrungspunkte zwischen dem Oehl und der Luft betraͤchtlich vermehren; deßwegen stellte ich hauptsaͤchlich uͤber die Veraͤnderung, welche das Oehl durch diese elastische Fluͤssigkeit erleidet, Versuche an. Wir haben in der That auch kein Beispiel, daß sich trokene Baumwolle oder entfettete Wolle von selbst entzuͤndet haͤtte; eben so koͤnnen sich die fixen Oehle nicht von selbst entzuͤnden, so lange sie in groͤßeren Massen vereinigt und gegen den Zutritt der Luft verwahrt sind. Die außerordentliche Zertheilung der Fasern ist also die beguͤnstigende und die Veraͤnderung der fetten Koͤrper die eigentliche Veranlassung der Entzuͤndung: auf diese fetten Koͤrper mußte ich daher natuͤrlich meine Versuche richten. Von fixen Oehlen gibt es zwei Gattungen: die einen aͤndern ihren fluͤssigen Zustand nicht merklich, wenn sie lange Zeit der Luft ausgesezt bleiben, und diese werden fette Oehle genannt; die anderen nehmen eine teigartige Consistenz an und werden daher troknende Oehle genannt. Diese lezteren sind, da sie sich leichter veraͤndern, schon viel mehr als die fetten Oehle zur Selbstentzuͤndung geneigt: indessen entzuͤnden sich auch die fetten Oehle von selbst, brauchen aber dazu laͤngere Zeit oder guͤnstigere Umstaͤnde. In diesen beiden Gattungen von Oehlen mußte ich mir die Muster fuͤr meine Versuche auswaͤhlen; da das Mohnsaamenoͤhl und das Olivenoͤhl im Handel sehr verbreitet sind, folglich viel gebraucht werden, so habe ich mich derselben zu den folgenden Versuchen bedient. Fuͤnfundzwanzig Grammen frisches Olivenoͤhl wurden in den ersten Tagen des Monats Maͤrz in ein offenes Gefaͤß gegossen, um zu erfahren, wie die Luft auf dasselbe wirkt und ob die Einwirkung derselben durch eine Temperaturerhoͤhung beguͤnstigt wird; in die Mitte stelle ich eine hohle Roͤhre, welche an ihrem oberen Ende verschlossen war. Fuͤnfundzwanzig Grammen Mohnsaamenoͤhl wurden in ganz gleiche Umstaͤnde versezt, um eine Vergleichung anstellen zu koͤnnen. Nach Verlauf von zwei Monaten hatte eine kaum merkliche Einwirkung auf das Olivenoͤhl Statt gefunden; waͤhrend das Mohnsaamenoͤhl in der kleinen Roͤhre zwei Centimeter hoch gestiegen war: leztere hatte 0,05 Meter im Durchmesser. Vier Monate nach Beginn des Versuches war das Olivenoͤhl um zwei Centimeter gestiegen, das Mohnsaamenoͤhl aber um fuͤnf; von dieser Zeit an veraͤnderte sich lezteres Oehl nicht mehr, weil es, wie ich bald fand, fast allen in der Roͤhre enthaltenen Sauerstoff verschlukt hatte, so daß diese nur noch den Stikstoff und die Kohlensaͤure enthielt; die Absorption des Mohnsaamenoͤhls verhielt sich also zu derjenigen des Olivenoͤhls = 5 : 2. Diese Oehle waren bei weitem noch nicht mit Sauerstoff gesaͤttigt; denn als ich wieder eine Roͤhre in ihre Mitte tauchte, zeigten sich dieselben Erscheinungen wie vorher und noch dazu staͤrker. Um sicherere Data zu erhalten, wiederholte ich diese Versuche, welche nur sehr unvollkommen waren, mit einigen Abaͤnderungen. Ich brachte unter eine graduirte Gloke von 0,08 Meter Durchmesser, die mit trokner Luft gefuͤllt war, auf Queksilber eine Schichte Olivenoͤhl von 0,02 Meter Dike. Eine gleiche Quantitaͤt Mohnsaamenoͤhl wurde in ein dem vorigen gleiches Gefaͤß gebracht und wie jenes einer Temperatur von 15° C. ausgesezt. Waͤhrend der drei ersten Monate war bei dem Olivenoͤhl die Absorption kaum merklich, waͤhrend das Mohnsaamenoͤhl sein gleiches Volum Sauerstoff verschlukte. Vier Monate nach Beginn des Versuches hatte das Olivenoͤhl sein dreifaches Volum Sauerstoff verschlukt und das Mohnsaamenoͤhl sein siebenfaches: zu dieser Zeit sezte ich die Gloken der directen Einwirkung der Sonnenstrahlen aus, wobei in fuͤnf Tagen das Olivenoͤhl sein fuͤnfzehnfaches und das Mohnsaamenoͤhl sein fuͤnfundvierzigfaches Volum Sauerstoff verschlukte. Waͤhrend dieser lezteren Einwirkung mußte sehr viel Waͤrmestoff frei werden, aber wegen der geringen Quantitaͤt Oehl konnte er nicht mittelst des Thermometers wahrgenommen werden. Das Olivenoͤhl war ein wenig getruͤbt; es hatte Syrupsconsistenz und einen unangenehm bitteren Geschmak; das Mohnsaamenoͤhl war dik, klebrig, klarem Terpenthin aͤhnlich; es war noch bitterer als das Olivenoͤhl: in Alkohol waren diese Oehle jezt viel aufloͤslicher; sie ertheilten ihm, als man sie damit schuͤttelte, ein milchartiges Aussehen, welches bald durch die Faͤllung oͤhliger Kuͤgelchen verschwand. Die in den Gloken zuruͤckgebliebene Luft enthielt nur wenig Sauerstoff, den ich durch Phosphor absorbirte; der Ruͤkstand wurde mit Aezkali behandelt, welches davon nahe ein Fuͤnftel verschlukte; der hiebei gebliebene Ruͤkstand faͤllte das Kalkwasser nicht und loͤschte brennende Koͤrper aus, bestand also offenbar aus Stikstoff. Waͤhrend dieses Zeitraumes wurden die Oehle nicht vollstaͤndig mit Sauerstoff gesaͤttigt, denn Hr. Theodor v. Saussure beobachtete, daß eine duͤnne Schichte Nußoͤhl in zehn Monaten im Schatten ihr hundertfuͤnfundvierzigfaches Volum Sauerstoff absorbirte; aber dieses Oehl befand sich in reinem Sauerstoffgas und nicht in atmosphaͤrischer Luft wie die meinigen. Dieser beruͤhmte Physiker fand auch, daß die gebildete Kohlensaͤure der Quantitaͤt des absorbirten Sauerstoffs bei weitem nicht entsprach. Der Sauerstoff war also mit dem Oehl gemischt oder verbunden zuruͤckgeblieben; die groͤßere Aufloͤslichkeit des Oehls in Alkohol und die Veraͤnderung seines physischen Zustandes muß diesem absorbirten Sauerstoff oder dem Verlust stilles Kohlenstoffs, aber eher jenem zugeschrieben werden. Wenn der Sauerstoff sich nicht mit dem Wasserstoff des Oehls zu Wasser vereinigte, so ruͤhrt dieß daher, daß sich die Temperatur nicht hinreichend erhoͤhte, um diese Wirkung hervorzubringen; denn wenn ich diese veraͤnderten Oehle einer zur Abscheidung des oͤhlerzeugenden Gases hinreichend hohen Temperatur aussezte, bemerkte ich oͤfters, daß sich eine Menge Wassertropfen in den Vorlagen verdichteten. Die Quantitaͤt des erzeugten Wassers betrug immer mehr als sie haͤtte betragen muͤssen, wenn das Oehl nicht oxydirt worden waͤre; denn der Sauerstoff des Olivenoͤhls koͤnnte nur aͤußerst wenig Wasser erzeugen, da lezteres dem Gewichte nach aus Wasserstoff 11,10 Sauerstoff 88,90 und das Olivenoͤhl aus Kohlenstoff 77,21 Wasserstoff 13,36 Sauerstoff   9,43 besteht. Nachdem ich nun diese Thatsachen mitgetheilt habe, bleibt mir bloß noch zu untersuchen uͤbrig, was bei diesen verschiedenen Reactionen vorging: aus dieser Untersuchung muͤssen sich natuͤrlich die Ursachen der Selbstentzuͤndung ergeben. Da Sauerstoff aus der Luft absorbirt und Kohlensaͤure gebildet wurde, so fand eine wirkliche Verbrennung Statt; der Kohlenstoff des Oehls mußte, indem er sich mit dem Sauerstoff der Luft verband, eine betraͤchtliche Menge Waͤrmestoff entwikeln, und wenn wir bedenken, daß bei der Baumwolle und Wolle, welche sich entzuͤndet hat, das Oehl der Einwirkung der Luft tausend Beruͤhrungspunkte darbot, so werden wir uns nicht mehr verwundern, daß sich die Temperatur auf 550 bis 600° C. erhoͤhen konnte. Da wir gesehen haben, daß die Reaction durch Temperaturerhoͤhung beguͤnstigt wird, so folgt daraus, daß der waͤhrend des Beginns der Veraͤnderung der fetten Substanzen entbundene Waͤrmestoff die Zersezung der anderen Theile nur noch beschleunigt und daß mit ihrem bestaͤndigen Vorschreiten die Menge des entbundenen Waͤrmestoffs in Verhaͤltniß stehen muß. Man bemerkt auch, daß diese Wolle, ehe sie sich entzuͤndet, einen starken empyreumatischen Geruch verbreitet, aͤhnlich demjenigen von halb zerseztem Oehl. Wenn man in diesem Zeitpunkte sich nicht beeilt, sie zu zertheilen und mit kalter Luft in Beruͤhrung zu bringen, so steigt die Temperatur in wenigen Augenbliken so sehr, daß sich die ganze Masse entzuͤnden kann. Die waͤhrend der Verbrennung sich entbindende Waͤrme entsteht offenbar durch die Vereinigung des Kohlenstoffs des Oehls mit dem Sauerstoff der Luft; aber sie waͤre schwach und es wuͤrde keine Entzuͤndung Statt finden, wenn sie nicht von elektrischen Erscheinungen begleitet waͤre. Bekanntlich enthalten die Koͤrper eine gewisse Menge Waͤrmestoff, welcher durch das Thermometer nicht entdekt werden kann, den man gebundenen Waͤrmestoff nennt, und welcher in umgekehrtem Verhaͤltniß mit ihrer Cohaͤsion steht; jedes Mal wenn ein Koͤrper von dem gasfoͤrmigen in den fluͤssigen und von diesem in den festen Zustand uͤbergeht, wird Waͤrmestoff frei, dessen Quantitaͤt von der Natur des verbrannten Koͤrpers abhaͤngt; wenn dieser fest ist, wird eine ungeheure Menge Waͤrmestoff entbunden, wenn er fluͤssig ist, weniger, und wenn er gasfoͤrmig ist, fast gar keiner. Worin besteht nun das Produkt von der Verbrennung des Oehls? Aus Kohlensaͤure: diese ist gasfoͤrmig. Da ihre Dichtigkeit betraͤchtlicher als die des Sauerstoffs ist, so koͤnnte sie eine Ursache der Waͤrme seyn; da aber der Kohlenstoff in den Oehlen fluͤssig ist, und derselbe, um in gasfoͤrmigen Zustand uͤberzugehen, Waͤrmestoff absorbirt, so folgt daß nicht nur keine Waͤrme entbunden, sondern im Gegentheil solche absorbirt werden sollte. Eine andere Quelle von Waͤrme koͤnnte, wie wir gesehen haben, die Quantitaͤt Sauerstoff seyn, welche absorbirt wurde, ohne Kohlensaͤure hervorgebracht zu haben und indem sie mit dem Oehl fluͤssig wurde, eine Quantitaͤt Waͤrmestoff entbinden mußte; so betraͤchtlich sie aber auch seyn kann, so ist sie doch bei weitem nicht hinreichend, um die Temperatur auf 600° zu erhoͤhen, die erforderlich sind, damit Licht hervorgebracht wird, wie es wirklich der Fall ist. Wenn die entbundene Waͤrme, welche die Entzuͤndung hervorbringt, nicht von einer Entmischung des Oehls herruͤhrt, so kann man sie nur der merkwuͤrdigen Eigenschaft zuschreiben, welche in neuerer Zeit von den HHrn. Becquerel und Pouillet so gruͤndlich untersucht wurde, und die alle Koͤrper besizen, welche eine chemische Verbindung eingehen, naͤmlich sehr viel elektrisches Fluidum und folglich um so mehr Waͤrmestoff zu entbinden, je inniger die Verbindungen sind. Wenn wir das Oehl in seinem reinen Zustande und den Sauerstoff vor seiner Vereinigung mit demselben untersuchen, so finden wir, daß sie mit natuͤrlicher Elektricitaͤt begabt sind, d.h. zwei elektrische Fluͤssigkeiten vereinigt enthalten, daher sie kein Zeichen von Elektricitaͤt geben; leztere, welche so zu sagen verborgen ist, wird sogleich merklich, wenn sich aus irgend einer Ursache die beiden Elektricitaͤten trennen. Nun ist aber die chemische Verbindung eine sehr maͤchtige Veranlassung zur Zersezung der Elektricitaͤt und da das Oehl in Beruͤhrung mit Luft Sauerstoff aus derselben aufnimmt und sich entmischt, so finden wir hier ganz natuͤrlich die Ursache der Trennung und Wiedervereinigung der Elektricitaͤten und folglich eine reichliche Quelle von Waͤrmestoff. Der Sauerstoff entwikelt, indem er sich mit dem Kohlenstoff des Oehls vereinigt, positive Elektricitaͤt; seine natuͤrliche Elektricitaͤt ist folglich zersezt und er ist nun negativ elektrisirt: dieser Schluß ist ganz folgerecht. Andererseits entbindet der Kohlenstoff des Oehls negative Elektricitaͤt und ist daher positiv elektrisirt. Durch diese chemische Wirkung wird also der Sauerstoff mit negativer und der Kohlenstoff mit positiver Elektricitaͤt begabt; diese Elektricitaͤten haben ein großes Bestreben sich zu vereinigen und verbinden sich, sobald sich Kohlensaͤure bildet. Bekanntlich wird bei einer elektrischen Verbindung eine große Menge Waͤrmestoff entbunden; auf der Wolle, wo diese chemischen und elektrischen Verbindungen Statt finden, wird daher bestaͤndig Waͤrmestoff frei, und dieser Quelle allein muͤssen wir die Selbstentzuͤndung zuschreiben. Diese Theorie wird man um so eher billigen, wenn man bedenkt, daß aͤhnliche Erscheinungen bestaͤndig vor unseren Augen Statt finden; daß die Vegetation, die Verbrennung und die chemischen Vereinigungen fruchtbare Quellen von Elektricitaͤt sind, die sich bestaͤndig in die Atmosphaͤre ergießen, und die Wolken mit entgegengesezten Elektricitaͤten beladen, welche durch ihre Wiedervereinigung jenes lebhafte und ploͤzliche Licht hervorbringen, das wir Bliz nennen. Da wir bei Haufen von Wolle und fetter Baumwolle aͤhnliche Resultate haben, so duͤrfen wir uns nicht mehr wundern, daß eine Temperatur, gleich derjenigen, welche sich in den oberen Regionen erzeugt, auf der Oberflaͤche der Erde die Entzuͤndung von Substanzen, welche ohnedieß sehr brennbar sind, verursacht.Oft tritt der Umstand ein, daß die Ruͤkstaͤnde von Baumwolle und Wolle Eisentheilchen enthalten, die entweder von den Zaͤhnen der Kraͤmpel herruͤhren oder von den Achsen oder Kuͤssen abgerieben worden sind, diese Eisentheile koͤnnen die elektrische Bewegung, welche auf den Wollenmassen Statt findet, unterstuͤzen und sie zur Selbstentzuͤndung bestimmen. A. d. O. Diese Grundwahrheit wird durch folgenden Versuch voͤllig außer Zweifel gesezt: wenn man auf eine Kohle, welche sich im luftleeren Raume befindet, sowohl positive als negative Elektricitaͤt stroͤmen laͤßt, so wird die Kohle rothgluͤhend und dann weißgluͤhend, ohne Kohlensaͤure zu bilden oder von ihrem Gewicht etwas zu verlieren, obgleich 600° Waͤrme entstehen. Wie groß muß also die Intensitaͤt der Waͤrme seyn, wann aͤhnliche Erscheinungen auf einer ungeheuren Masse Statt finden; da nach Hrn. Pouillet Ein Gramm reine Kohle, wenn sie in Kohlensaͤure uͤbergeht, Elektricitaͤt genug entwikelt, um eine Leydener Flasche zu laden; und da nach Lavoisier und Laplace Ein Gramm Olivenoͤhl durch seine Verbrennung Einen Gramm Wasser von 0 auf 11°,116 oder mit anderen Worten, 11,116 Grammen Wasser um einen Waͤrmegrad erhoͤht? Diese Thatsachen zusammengenommen, erklaͤren, wie ich glaube, hinreichend die Selbstentzuͤndungen, deren Schauplaz Rheims und andere Staͤdte waren. Die Erfahrung lehrt, daß das Oehl sich Anfangs unmerklich oxydirt, sich aber immer mehr und mehr veraͤndert, so daß endlich ein Zeitpunkt eintritt, wo die Oxydation so rasch vor sich geht, daß es sich entzuͤndet. Man hat allgemein gefunden, daß die genannten Wollabfaͤlle sich besonders leicht entzuͤnden, wenn sie dem Sonnenlicht und der Waͤrme ausgesezt sind, und daß man sie, um Feuerbruͤnste zu vermeiden, nur in geringen Quantitaͤten, an moͤglichst kalten Orten und immer ausgebreitet aufbewahren muß; denn wenn sie in Haufen vereinigt sind, ist die Temperatur im Inneren immer hoͤher als auf der Oberflaͤche, welcher die Luft bestaͤndig den uͤberschuͤssigen Waͤrmestoff entzieht. Ich habe vergleichende Versuche mit zwei Portionen Wolle angestellt, die ich derselben Temperatur unter verschiedenen Umstaͤnden aussezte; aus dem Einfluß, welchen leztere auf das Resultat hatten, ergaben sich die verlaͤßlichsten Mittel, wodurch man sich gegen die Selbstentzuͤndung verwahren kann. Ein Stuͤk fetter Wolle, welches 6 Decimeter Grundflaͤche hatte, wurde bei einer Temperatur von 20° C. sich selbst in einer Lage uͤberlassen, worin es einige Sonnenstrahlen empfangen konnte. Eine gleiche Quantitaͤt aͤhnlicher Wolle wurde unter dieselben Umstaͤnde versezt, aber in einer 1 Decimeter diken Schichte ausgebreitet. Nach Verlauf von zwei Tagen fuͤhlte man schon in der Mitte der aufgehaͤuften Wolle eine Erwaͤrmung, waͤhrend die ausgebreitete Wolle bloß die Temperatur der Atmosphaͤre hatte. Acht Tage nachher hatte sich die Waͤrme, welche allmaͤhlich zunahm, schon so sehr vermehrt, daß das Thermometer auf 60° stieg: die Außenseite war nicht viel waͤrmer als die sie umgebende Luft, bloß einige Daͤmpfe fingen an daraus sich zu erheben; bald nahm die Waͤrme so zu, daß man die Hand nicht mehr in der Mitte der Wolle halten konnte: die empyreumatischen Daͤmpfe, welche sich daraus entwikelten, bewiesen daß sie verbrannte und ihre Entzuͤndung nicht mehr fern war. Die ausgebreitete Wolle hatte sich im Gegentheil waͤhrend dieser Zeit wenig veraͤndert; sie sah noch ganz so aus, wie vor dem Versuche, verbreitete bloß einen ranzigen Geruch und hatte sich nie merklich erhizt; sie veraͤnderte sich sogar in laͤngerer Zeit nicht mehr. Diese Versuche zeigen deutlich, daß wenn auch das Oehl sich zersezt und in Folge davon eine Oxydation (Verbrennung) Statt findet, doch niemals eine Entzuͤndung eintreten kann, wenn in einer bestimmten Zeit nicht genug Waͤrme frei wird; wenn eine Wolle ausgebreitet ist, so entzieht ihr die umgebende Luft die Waͤrme in dem Maße als sie entsteht, waͤhrend in einer Masse, deren Inneres gegen die Erkaͤltung durch das Aeußere geschuͤzt ist, die entstandene Temperatur beibehalten wird, die Zersezung vermehrt und dadurch sogar sich selbst so lange verstaͤrkt, bis sie endlich die Entzuͤndung veranlaßt. Da es nicht immer moͤglich ist, die Baumwollen- und Wollenruͤkstaͤnde in duͤnne Oberflaͤchen zu zertheilen, so scheint es mir in diesem Falle sehr vortheilhaft, das auf Tab. V. Fig. 18 u. 19. abgebildete Metallthermometer zu gebrauchen. Sein Gang zeigt die innere Temperatur der Baumwollenruͤkstaͤnde an; seine Einrichtung ist so einfach, daß es jeder Spinnereibesizer selbst verfertigen kann. Man befestigt es fuͤr immer auf einen vierekigen Ringnagel und bringt die Ruͤkstaͤnde so auf seine Stelle, daß es ihre Mitte einnimmt. Sobald ihre Veraͤnderung seine Temperatur zu erhoͤhen anfaͤngt, zeigt die Nadel an, was im Mittelpunkte vorgeht; dadurch wird der Spinnmeister zu guter Zeit von der Gefahr unterrichtet und kann sie dadurch beseitigen, daß er den Rest der fetten Ruͤkstaͤnde schleunig zertheilt; man kann auch, wenn man will, am Ende des Messingbleches einen Druͤker anbringen, welcher losgehen und so ein Schlagwerk in Bewegung sezen kann; aber bei einem aufmerksamen Spinnmeister glaube ich, ist dieses unnuͤz. Dieses Verfahren hielt ich fuͤr das einfachste, um die Selbstentzuͤndung zu vermeiden: es wird ohne Zweifel immer vorteilhaft seyn, die Ruͤkstaͤnde auszubreiten, um eine Temperaturerhoͤhung zu vermeiden; wenn aber der Plaz oder andere Ursachen dieß nicht zulassen, muß durchaus ein Metallthermometer gebraucht werden. Beschreibung und Gebrauch des Metallthermometers. Die Einrichtung dieses Thermometers ist außerordentlich einfach; man braucht bloß einen Messingstreifen von 1 Millimeter Dike (ich ziehe das Messing anderen Metallen vor, weil es sich bis zu 100° verhaͤltnißmaͤßig am meisten ausdehnt); man befestigt in der Mauer eine Eisenstange, an deren Ende man den Metallstreifen anloͤthet, und windet diesen Streifen fuͤnf bis sechs Mal um sich selbst, so daß zwischen den Windungen ein kleiner Zwischenraum bleibt. Nach dem lezten Umwinden endigt man den ruͤckstaͤndigen Streifen unter einem rechten Winkel und bildet daraus eine Stange, welche am oberen Theile gespalten ist, deren Laͤnge sich nach der Menge von Ruͤckstaͤnden richtet, welche man gewoͤhnlich aufhaͤuft. Andererseits befestigt man auf einer Platte eine sehr leichte und sehr bewegliche Nadel; der untere Theil dieser Nadel wird mit einem Seidenfaden versehen, wenn die Nadel horizontal ist, und mit einem ausgespannten Eisendrathe, wenn sie senkrecht ist:Dieser Unterschied ist nothwendig: denn wenn der Apparat die in der Figur gezeichnete Lage haͤtte, so wuͤrde zwar wohl die Temperaturerhoͤhung angezeigt, aber die Temperaturerniedrigung koͤnnte nicht angezeigt werden, denn da der Drath biegsam ist, so wuͤrde nichts die Nadel zuruͤkbringen, waͤhrend der Drath dazu hinreicht, wenn sie senkrecht ist, weil das Gewicht der Nadel sie immer herabzuziehen sucht. A. d. O. dieser Drath endigt sich in einen kleinen Knopf. Wenn man nun das System in Thaͤtigkeit sezen will, braucht man bloß den Faden oder Drath in die Spaltung der Messingstange zu bringen. Um das Instrument zu graduiren, bemerkt man mit einem guten Queksilberthermometer die Temperatur der Luft, oder, was noch besser ist, man umgibt den Rand des Messings mit Eis und bemerkt 0 auf der Gradleiter. Man nimmt sodann ein kleines Pfaͤnnchen mit reinem Wasser und erhaͤlt dieses einige Zeit im Sieden, bezeichnet den Punkt, auf welchem die Stange ruhig geblieben ist, mit 100 und theilt den Raum zwischen diesen beiden Punkten genau ab. Da die Versuche, wozu das Thermometer bestimmt ist, nicht sehr delikat sind, so ist es unnuͤz den Luftdruk zu beruͤksichtigen. Nachdem das Thermometer so hergestellt ist, braucht man es bloß mit den Ruͤckstaͤnden zu bedeken und den Seidenfaden in der so gestellten Stange zu befestigen: wenn sich die Baumwolle nur im Mindesten erhizt, zeigt die Nadel die Temperatur an. Man koͤnnte auch an Statt einer Nadel einen empfindlichen Druͤker mit einem Schlagwerk befestigen, welches erst dann schlagen wuͤrde, wenn die Nadel 100° erreicht hat; wenn man aber auch nur von Zeit zu Zeit den Plaz, wo die Ruͤkstaͤnde aufbewahrt werden, besucht, wird das Thermometer mit der Nadel hinreichen, um Gefahren vorzubeugen. Bericht, welchen Hr. Penot im Namen des chemischen Comité's der Société industrielle uͤber vorstehende Abhandlung erstattete. Sie waren, meine Herren, oͤfters Zeugen von Feuersbruͤnsten, welche durch die Selbstentzuͤndung von fetter Baumwolle veranlaßt wurden; Sie haben eine Medaille demjenigen bestimmt, der Ihnen die beste Abhandlung uͤber die Ursachen, welche diese gefaͤhrliche Erscheinung veranlassen und abaͤndern, so wie uͤber die wirksamsten und wohlfeilsten Mittel, wodurch sie verhindert werden kann, einschikt. Es hat sich nur Ein Preisbewerber gezeigt, um dieses wichtige Problem zu loͤsen: seine Abhandlung, welche mehrere interessante Thatsachen enthaͤlt, verdient die Beachtung der Gesellschaft. Sie zerfaͤllt in zwei Abtheilungen. In der ersten Abtheilung untersucht der Verfasser die Ursachen der Selbstentzuͤndung. (Den Bericht uͤber diesen Theil der Abhandlung lassen wir hier weg, da er bloß ein Auszug aus derselben ist.) In der zweiten Abtheilung beschreibt der Verfasser ein Metallthermometer um der Entzuͤndung zuvorzukommen, es wird mitten in die Baumwolle gestellt und zeigt jeden Augenblik ihre Temperatur an. Dieses Mittel schien Ihrem Comité nicht genuͤgend. Außerdem daß man mehrere Thermometer anwenden muͤßte, wenn man eine große Masse fetter Abfaͤlle oder geoͤhlter Zeuge haͤtte, wie dieses oft der Fall ist, muͤßte man noch befuͤrchten, nicht zeitig genug bei einem sehr raschen Erhizen aufmerksam gemacht zu werden. Es ist Thatsache, daß geoͤhlte Zeuge, welche aus der heißen Trokenstube kamen, sich eine halbe Stunde nach ihrer Untersuchung entzuͤndeten. Wir haben auf dem Bureau verkohlte Wolle deponirt, welche von zwei Stuͤken Tuch erhalten wurde, die des Abends noch kalt waren und sich von selbst einige Stunden nachher waͤhrend der Nacht entzuͤndeten.Nach diesen laͤngst bekannten Thatsachen sollten Tuͤrkischrothfaͤrbereien nicht in Staͤdten, sondern nur in von Wohnungen abgelegenen Lokalitaͤten errichtet und ausgeuͤbt werden duͤrfen. Durch die Ansichten und Berichte unseres Magistrates, der k. Kreisregierung, der k. Akademie der Wissenschaften und einiger unserer sogenannten guten Freunde vom Fache, wurde im vorigen Jahre gestattet, troz mehreren vorausgegangenen Feuerausbruͤchen in gleichen Etablissements außer der Stadt, eine solche Faͤrberei in groͤßerntheils baufaͤlligen und pulverduͤrren hoͤlzernen Gebaͤuden, dicht neben unserer Wohnung, inmitten der bewohntesten und gewerbreichsten, aber ziemlich engen Straßen, zu errichten und ausuͤben zu duͤrfen, wodurch wir stets der Gefahr ausgesezt sind, daß, wenn in der Nacht Feuer ausbricht, bei lebendigem Leibe verbrannt, und gleichsam muthwillig um Hab' und Gut gebracht zu werden. A. d. R. Die Anwendung eines Metallthermometers wuͤrde eine ununterbrochene Aufsicht erheischen; ein Arbeiter aber, welcher sich bestaͤndig bei den Abfaͤllen aufhielte, haͤtte kein Thermometer noͤthig. Die Waͤrme, welche die Hand verspuͤren wuͤrde, wenn man sie von Zeit zu Zeit in die Baumwolle stekt; der Geruch, welcher sich im Anfang der Zersezung verbreitet, waͤren hinreichende Anzeigen, daß man sich beeilen muß, die der Luft ausgesezten Oberflaͤchen zu wechseln, um das Innere zu erkaͤlten. Ihr Comité haͤtte ein sichereres Mittel und besonders ein solches gewuͤnscht, welches nicht ganz und gar von der Aufmerksamkeit eines Arbeiters abhaͤngt, welcher bisweilen mehr oder weniger nachlaͤssig seyn kann, besonders des Nachts und am Sonntage. Ein solches Mittel wuͤrde man vielleicht in der Anwendung eines chemischen Agens finden, durch welches dem Oehl die Eigenschaft Sauerstoff zu verschluken benommen wuͤrde. Das Comité ist jedoch mit dem ersten Theile vorstehender Abhandlung zufrieden, obgleich darin nicht alle Ursachen, welche auf die Selbstentzuͤndung Einfluß haben koͤnnen (wie die Temperatur und der hygrometrische Zustand der Luft u.s.w.), angegeben sind und schlaͤgt Ihnen vor die Abhandlung ganz in Ihrem Bulletin abdruken zu lassen und dem Verfasser eine Ehrenerwaͤhnung zuzuerkennen.

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