Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LVII., S. 229 |
Download: | XML |
LVII.
Miszellen.
Miszellen.
Uebersicht der Anzahl der Patente, welche vom J. 1675 bis
1829. ertheilt wurden. Von Hrn. Wyatt.
Aus dem Repertory of
Patent-Inventions. Januar 1830, S. 89.
Ertheilt wurden
unter Karl II.
unter der Koͤniginn Anna
im J. 1675
4
im J. 1706
4
– 1676
2
– 1707
3
– 1677
3
– 1708
2
– 1678
5
– 1709
3
– 1679
2
– 1710
–
– 1680
–
– 1711
3
– 1681
5
– 1712
3
– 1682
7
– 1713
2
– 1683
7
unter Georg
J.
– 1684
12
– 1714
4
unter Jakob II.
– 1715
3
– 1685
5
– 1716
8
– 1686
3
– 1717
6
– 1687
6
– 1718
6
– 1688
4
– 1719
2
unter Wilhelm und Maria
– 1720
7
– 1689
1
– 1721
7
– 1690
3
– 1722
13
– 1691
20
– 1723
7
– 1692
24
– 1724
14
– 1693
19
– 1725
9
– 1694
9
– 1726
5
– 1695
8
unter Georg
II.
– 1696
3
– 1727
7
– 1697
3
– 1728
12
– 1698
8
– 1729
8
– 1699
4
– 1730
11
– 1700
2
– 1731
9
– 1701
1
– 1732
3
– 1733
6
unter der Koͤniginn Anna
– 1734
8
– 1702
–
– 1735
6
– 1703
1
– 1736
–
– 1704
4
– 1737
3
– 1705
1
– 1738
6
unter Georg II.
unter Georg
III.
im J. 1739
3
im J. 1785
60
– 1740
4
– 1786
59
– 1741
8
– 1787
54
– 1742
6
– 1788
43
– 1743
7
– 1789
44
– 1744
17
– 1790
68
– 1745
4
– 1791
57
– 1746
4
– 1792
84
– 1747
8
– 1795
43
– 1748
11
– 1794
55
– 1749
13
– 1795
50
– 1750
7
– 1796
73
– 1751
8
– 1797
54
– 1752
6
– 1798
77
– 1753
11
– 1799
82
– 1754
9
– 1800
96
– 1755
12
– 1801
104
– 1756
3
– 1802
105
– 1757
9
– 1803
74
– 1758
14
– 1804
60
– 1759
10
– 1805
95
unter Georg III.
– 1806
99
– 1760
8
– 1807
96
– 1761
14
– 1808
95
– 1762
9
– 1809
102
– 1763
20
– 1810
95
– 1764
14
– 1811
115
– 1765
14
– 1812
119
– 1766
30
– 1813
143
– 1767
23
– 1814
94
– 1768
23
– 1815
99
– 1769
36
– 1816
118
– 1770
30
– 1817
98
– 1771
22
– 1818
130
– 1772
30
– 1819
101
– 1773
29
unter Georg
IV.
– 1774
36
– 1820
98
– 1775
20
– 1821
108
– 1776
29
– 1822
115
– 1777
33
– 1823
138
– 1778
30
– 1824
181
– 1779
38
– 1825
249
– 1780
32
– 1826
131
– 1781
34
– 1827
148
– 1782
39
– 1828
152
– 1783
64
– 1829
37
– 1784
46
–––––
5539
Patente, die noch in Kraft sind
Textabbildung Bd. 35, S. 229
Jahr; Jun. bis Dec.; Jan.; Jan. bis
Dec.; Mai
Rich. Williams's Verbesserung an
Dampfmaschinen.
Hr. Rich. Williams, Mechaniker in Canterbury Buildings,
Lambeth, ließ sich am 45. Dec. 1828. ein Patent auf
Verbesserungen bei Anwendung elastischer und dichter Fluͤssigkeiten zum
Treiben der Maschinen ertheilen, aus welchem das Repertory of Patent-Inventions, Jaͤner, 4830. S. 25. einen
kurzen Auszug ertheilt, ohne alle Abbildung. Die dichte Fluͤssigkeit, die der
Patent-Traͤger anwendet, ist Oehl. die elastische Dampf. Der Dampf
treibt das Oehl aus den Gefaͤßen, die sich in einem mit dieser
Fluͤssigkeit gefuͤllten Sumpfe befinden. Die Gefaͤße werden
leichter als das sie umgebende Oehl, so wie dieses aus denselben ausgtrieben wurde,
und steigen mit einer Kraft in die Hoͤhe, die der Gewalt, mit welcher das
Austreiben bewirkt wird, gleich ist. Das Repertory
bemerkt, daß Hr. Bryan Donkin sich im August 1803. ein
Patent auf eine Methode umdrehende Bewegung zu
erzeugen ertheilen ließ, welches auf denselben Grundsaͤzen beruht,
und nach welchem eine Reihe von Eimern an einer Kette uͤber zwei senkrecht
einander gegenuͤberstehende Walzen lief, und in eine mit Wasser oder Oehl
gefuͤllte Cisterne getaucht war. Der Dampf wurde unter die untersten Eimer an
jener Seite der Kette gelassen, wo die Muͤndung derselben nach
abwaͤrts gekehrt war. Noch eine andere vor mehreren Jahren von Hrn. Latour erfundene Maschine gehoͤrt gleichfalls
hierher, da eine elastische Fluͤssigkeit, Luft, unter kaltes Wasser durch
eine verkehrte archimedische Schraube hinabgetrieben wurde, und von da in siedend
heißes Wasser gelangte, in welchem ein Wasserrad angebracht war, das durch die Eimer
an demselben, in welche die Luft getrieben wurde, umgedreht ward.
Die Maschine des Hrn. Donkin, so wie jene des Hrn. Williams, ist als Dampfmaschine zu betrachten, und als
solche kommt in Hinsicht auf Kraft keine derselben der gewoͤhnlichen
Dampfmaschine der HHrn. Boulton und Watts gleich: was Wohlfeilheit der Gestehungs- und
Unterhaltungskosten betrifft, so kann Hrn. Donkin'
Maschine dort, wo Kohlen wohlfeil sind, vielleicht wohlfeiler kommen; nicht aber
jene des Hrn. Williams, die so zusammengesezt ist, daß
ihre Gestehungskosten gewiß hoͤher kommen, als eine Dampfmaschine von
gleicher Staͤrke. Auch die große Menge Oehles muß theuer kommen, um so mehr,
als viel davon durch den durch dasselbe durchziehenden Dampf verdorben werden muß.
Es scheinen auch die Dampfmesser hier nicht gehoͤrig gegen das Eindringen des
Oehles gesichert zu seyn.
Ueber die angefuͤhrten Verbesserungen, auf welche Hr.
Gilman Anspruch macht,
findet sich ein so poͤbelhafter Aufsaz im Mech. Mag. N. 334. S. 323. von einem praktischen
Mechaniker, daß wir uns wahrhaftig wundern, wie der Redacteur dieses Blattes denselben aufnehmen konnte, obschon er sich damit
entschuldigt, daß er sagt, ein Redacteur muͤsse Alles aufnehmen, was er von
seinen Correspondenten erhaͤlt. Wir wollen, Statt seiner, die Thatsachen
ausheben, welche hier vorkommen, und alle Beleidigungen weglassen. Es wird Hrn. Gilman vorgeworfen, daß er in seinem Aufsaze nur vom J.
1826. schrieb, da er sich doch am 13. April 1825 ein Patent auf gewisse
Verbesserungen in der Dampferzeugung geben ließ. Man fragt ihn: ob er sich seiner
fruͤheren Arbeiten uͤber die Dampfmaschine vor
dem J. 1826. schaͤmt? und haut nun dieses Patent in die Pfanne. Man
laͤugnet, daß er jemals bei seiner oben beschriebenen Dampfmaschine einen
Druk von 200 bis 300 Pfd. anbrachte, oder auch nur anbringen konnte; man fordert ihn
auf zu beweisen: daß er bei dieser Feuerung jemals einen Druk auch nur von 1 Pfd.,
vielweniger von 300 Pfd. gehabt habe, und tadelt seine fruͤhere Heizung mit
Pech und Theer nebst dem gewoͤhnlichen Feuermateriale, obschon auch diese
nicht neu ist, und Hr. Joh. Christie am 9 Oct. 1823, und
am 28. Febr. 1824, also fruͤher, sich ein Patent auf Pech- und
Theer-Heizung geben ließ. Man behauptet, daß sein neuerlich beschriebener
Generator durchaus keinen Dampfdruk ertragen kann, und daß dieser ganze Generator an
und fuͤr sich eine Sicherheitsklappe, oder vielmehr eine doppelte
Sicherheitsklappe ist. Man behauptet, daß sein Ofen nimmermehr nach seiner Weise
geheizt werden kann; daß seine Maschine nie im Gange war; daß Beschreibung und
Abbildung derselben durchaus nicht mit einander stimmen; daß Wasser in den Feuerherd
kommen muͤsse; daß die Roͤhren sich verlegen wuͤrden und kein
werterer Zug mehr durch dieselben Statt haben wuͤrde. Man sagt, er habe seine
Ideen zu dem Verbrennungsapparate aus zwei Patenten entnommen, wovon das eine, Hrn.
Hall angehoͤrig, vom 8. April 1824, das
andere, gleichfalls Hrn. Hall's Eigenthum, erst vom 31.
Mai 1828 ist, und seine Erfindung sey bloß eine rohe Nachbildung von Hall's Maschine. Auch aus Wilh.
Wilmot Hall's Patent vom 15. Jaͤner 1827. aus Burstall und Hill's Patent vom 3. Febr. 1825,
aus Hrn. Jak. Neville's Patente vom 14. Maͤrz
1826. soll er entlehnt haben. Dieß sind die Vorwuͤrfe, die man ihm gemacht
hat, und die sich haͤtten ohne alle Grobheit und Bitterkeit machen lassen. Ob
Hr. Gilman sich wird vertheidigen koͤnnen oder
wollen, werden wir bald sehen, wenn wir bis dahin die Augen noch offen haben.
Dutton's Patent-Maschine zum Treiben der
Bothe.
Hr. J. Dutton
jun., Tuchmacher zu Wotton-under-Edge,
Gloucestershire, ließ sich am 19. Mai 1829. ein Patent auf
gewisse Verbesserungen beim vorwaͤrts Treiben der Schiffe, Bothe und
anderer schwimmenden Koͤrper durch Dampfkraft oder durch andere Kraft
ertheilen. Der Patent-Traͤger schlaͤgt vor, zu jeder
Seite des Schiffes, welches getrieben werden soll, mehrere hohle cylindrische
Staͤmpel in schiefgeneigten Hoͤhlungen anzubringen, so daß sie mit der
vor denselben befindlichen Oberflaͤche des Wassers einen Winkel von
ungefaͤhr 22 1/2°, und mit der Oberflaͤche des Wassers hinter
denselben einen Winkel von ungefaͤhr 157 1/2° bilden. In diesen
Hoͤhlungen bewegen sich die Staͤmpel an der Seite des Schiffes, und
sind oben mit Gegenreibungshalsbaͤndern versehen, gegen welche die hohlen und
folglich leichteren Staͤmpel, als das Wasser, gedruͤkt werden. Jeder
dieser Staͤmpel ist an dem Ende einer Staͤmpelstange angebracht, die
durch einen kleinen Dampfcylinder laͤuft, welcher wieder mit einem
Staͤmpel versehen ist, der durch Dampf, welcher durch das Oeffnen und
Schließen einer Einlaß- und Ausgangsklappe in den Cylindern in diese nach und
nach eingelassen wird, getrieben wird. Nachdem der Dampf in einen Cylinder
eingelassen wurde, und den Staͤmpel hinausgetrieben hat aus seiner
Hoͤhlung, laͤßt man ihn entweichen, wornach der Staͤmpel, der
leichter ist als das Wasser, wieder in seine urspruͤngliche Stellung
kommt.
Unter allen den verschiedenen Planen Schiffe vorwaͤrts zu treiben, die uns zu
Gesichte kamen, ist, sagt das Register of Arts P. XXIX.
S. 136., dieser der ungereimteste. Die hoͤchste Geschwindigkeit, mit welcher
man die Dampfstaͤmpel treiben kann, wird das Schiff in Einer Stunde nicht
drei Meilen weiter bringen. Die schiefe Stellung der Staͤmpel und ihre
Ruͤkwirkung auf das Wasser bei ihrem Ruͤkzuge wird die Wirkung
derselben noch mehr schwaͤchen. Wenn die schiefe Richtung noch mehr schief
waͤre, wuͤrden die Staͤmpel am Ende gar nichts
nuͤzen.
Notizen uͤber Eisenbahnen.
Hr. Gray macht im Mech. Mag.
N. 334. S. 332. den Redacteur aufmerksam, daß er schon vor mehreren Jahren, im
J. 1824. die Einwohner der Stadt London, das Parliament etc. auf die Vortheile der
Eisenbahnen in jenem Sinne aufmerksam machte, in welchem man sie jezt nach dem
gelungenen Versuche auf der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn
auffaßt, und daß sein Werk: „Observation on a general Iron Railway
etc.“, London by
Baldwin: Cradock and Joy, viele Jahre aͤlter ist, als irgend ein
anderes Werk uͤber Eisenbahnen; daß er schon im J. 1822. bewies, daß
Eisenbahnen besser sind, als Canaͤle, und daß man unendlich gewinnen
koͤnnte, wenn man Dampfkraft auf den Eisenbahnen anwenden wollte. Er schlug
eine große Eisenbahn in England zwischen Edinburgh und London vor, und empfahl
Seitenbahnen nach den mehr bevoͤlkerten Staͤdten Englands anzulegen.
„London, sagte er, braucht jaͤhrlich 2 Millionen Chaldrons
Steinkohlen (ein Chaldron ist 36 Bushels, und ein Bushel = 0,5734 Wiener Mezen).
Wuͤrden die Kohlen wohlfeiler seyn, so wuͤrde man vielleicht noch
ein Mal so viel brauchen. Ein Kohlenschiffer faͤhrt im Durchschnitte des
Monates Ein Mal, und kehrt mit Ballast heim. Eine Dampfmaschine zieht eben so
viel Kohlen auf einer Eisenbahn auf Kohlenwagen, als ein Schiff Kohlen ladet; nur mit dem
Unterschiede, daß sie in drei Tagen von
New-Castle nach London faͤhrt, und als Ruͤkfracht die Wagen
mit verschiedenen Beduͤrfnissen fuͤr die Gegenden, durch welche
sie heimkehrt, befrachten kann. Die ganze Fahrt von New Castle nach London und
zuruͤk betraͤgt demnach eine Woche, und gibt so im Jahre den
Gewinn von 52 Kohlenfahrten, den der Kohlenschiffer nur 12 Mal im Jahre nicht so
eintraͤglich machen kann. Die Fahrt eines Kohlenschiffes auf der See
betraͤgt 500 Meilen; zu Lande, in voller Sicherheit, nur 200
Meilen.“ Hr. Gray ist durchaus, und mit
Recht, gegen die Anwendung der stehenden und wechselseitig wirkenden Dampfmaschinen
auf Abhaͤngen und auf großen Bahnen, obschon er sie, eben so richtig, auf
kleinen Streken, bei Kohlengruben etc. billigt. Er findet, wie im Straßenbaue, das
Planiren und das Umfahren eines Berges besser, als das gerade Ueberfahren
desselben.
Das Mech. Mag. ist der Meinung, daß, obschon Hr. Gray der Erste war, der auf die Vortheile der Eisenbahnen
aufmerksam machte, die Zeitschrift, the Scotsman, es
gewesen ist, welche den gluͤklichen Eindruk auf das Publicum machte, den Hr.
Gray bezwekte, aber nicht das Gluͤk hatte
hervorzurufen. Die Ursache hiervon, sagt das Magazine,
ist leicht begreiflich. Hr. Gray verbreitete sich
uͤber diese Sache nur im Allgemeinen, und obschon seine Angaben richtig
waren, so unterließ er doch die Beweise fuͤr dieselben, und seine
Berechnungen schienen mehr nach dem Probabilitaͤts-Calcuͤl, als
nach wirklichen Daten abgefaßt. Der Scotsman hingegen
druͤkte, wenn man so sagen darf, seinen Gegnern das Mark aus den Knochen; er
war klar und deutlich und ausfuͤhrlich; er war faßlich fuͤr den
gemeinsten Mann, obschon er zugleich so tief wissenschaftlich gewesen ist, daß er
des Beifalles der Gelehrten gewiß seyn konnte.Mit aller Achtung fuͤr den Scotsman und
seine Methode, die auch wir fuͤr die zwekmaͤßigste halten:
„klar und deutlich und derb!“ koͤnnen wir
doch nicht umhin Hrn. Gray hoͤher zu
stellen, als das Mech. Mag. ihn stellt. Der
Mann, der seinem Zeitalter auch nur um ein Decennium voraus ist in seinen
Ideen, ist nicht der Lezte unter seinen Zeitgenossen. Er hatte den Muth
herauszutreten aus der Linie und den Kampf zu eroͤffnen mit dem
Feinde (mit der Quadruple-Allianz der Faulheit, der Unwissenheit, dem
Vorurteile und dem Herkommen); nicht jeder Krieger hat den Muth, den Kampf
zu eroͤffnen und der Erste auf dem erstuͤrmten Walle zu seyn.
Die meisten dieser Muthigen fallen; wer verwundet zuruͤkkehrt, wird
nicht selten ausgelacht von den Feigen, die zuruͤkblieben; wenn die
Batterie, der Wall erstuͤrmt ist, dann ziehen nicht bloß Bataillone
in schoͤner Ordnung mit wehenden Fahnen und klingendem Spiele
uͤber die Leichen derjenigen hin, die die Bresche stuͤrmten:
auch der Reitknecht, der das Pakpferd fuͤhrt, sagt dann:
„wir haben erobert!“
Es ergeht denjenigen um kein Haar besser, die in dem Reiche der Ideen
hervorzutreten wagen vor ihren Zeitgenossen. Wenn sie nicht zerschmettert
werden bei dem ersten Schritte, den sie vorwaͤrts wagen, und,
zertreten vom Feinde oder Freunde, in Vergessenheit begraben werden, so
werden sie fast immer verwundet von den Pfeilen des Neides oder von den
leichten Waffen beleidigter Eitelkeit. Sie werden dann verlacht, und ihrer
wird nicht mehr gedacht, wann der Strom der Zeit oft erst nach Jahrhunderten
dort festes troknes Land abgesezt, wo sie zuerst im Wasser noch bis an die
Kehle sich aufzustellen wagten. Wenn wir einst eine Geschichte der Cultur
der Voͤlker haben werden, die wir seit 6000 Jahren noch nicht
erhielten, wird sie mehr die Geschichte der Uncultur derselben, als ihrer
Cultur seyn: nur die Namen derjenigen, die Tausende zur Schlachtbank
fuͤhrten, die in eitlen Spekulationen muͤssiger Wissenschaften
sich gefielen, blieben erhalten: die Namen derjenigen, denen wir die
wohlthaͤtigsten Erfindungen verdanken, durch welche das Leben allein
Genuß fuͤr uns haben kann, sind, wie die Geschichte der Erfindungen
aller Voͤlker und aller Zeiten lehrt, ausgetilgt aus dem Buche der
Geschichte, in welchem wir zuweilen nur noch so viel finden, daß die
Wohlthaͤter der Menschheit mit dem groͤbsten Undanke
fuͤr das Gute belohnt wurden, das sie ihren Zeitgenossen und der
Nachwelt erwiesen. Indessen, Mahomet befahl den Hunden Almosen zu geben;
Brama befahl den Affen Futter zu streuen, und eine weit hoͤhere
Stimme, die keine Scheiterhaufen, keine Folter und keine Kerkermauern zu
erstiken vermoͤgen, gebietet Kenntnisse unter den Menschen zu
verbreiten, moͤgen sie die Gabe auch mit dem groͤbsten Undanke
lohnen. A. d. Ue.
Errichtung einer landwirthschaftlichen Lehr- und
Erziehungs-Anstalt in Verbindung mit einer Armencolonie zu Erching.
Wir haben in diesem polytechnischen Journale S. 75. von der Armenpflege in England
und von den Armenanstalten in Holland Nachricht gegeben, und glauben, daß vielen
Lesern die Mittheilung der nachstehenden Anzeige, die Errichtung einer fast
gleichartigen Anstalt in Verbindung einer landwirthschaftlichen Lehranstalt durch
den so vielseitig verdienten Hrn. Geheimenrath von Utzschneider in Muͤnchen von Interesse seyn wird. Hr. v. Utzschneider sagt:
Die Zukerfabrikation aus Runkelruͤben zu Obergiesing ist im vollen Gange;
– es werden dort jaͤhrlich gegen hundert Zentner Zuker erzeugt,
welcher so beliebt ist, daß er immer raschen Absaz hat; so daß aus dieser Fabrik in
dem verflossenen Jahre 1829 mehr als hundert Zentner Zuker verkauft wurden; es
wurden bei dieser Zukerfabrik auch bereits mehrere junge Leute unterrichtet, welche
im Stande sind, bei anderen Landwirthen, die sich mit dem Anbau von
Runkelruͤben befassen wollen, Zuker aus denselben zu erzeugen. Indessen kann
ich in Obergiesing dem Anbau von Runkelruͤben jaͤhrlich nicht mehr als dreißig
Tagwerke widmen, weil ich den dort eingefuͤhrten Fruchtwechsel nicht
unterbrechen will, indem der Getreidebau nicht vernachlaͤssigt werden darf.
Um also mehr Grund und Boden zur Erzeugung von Zuker aus Runkelruͤben in
Bereitschaft zu haben, kaufte ich im vorigen Jahre das in der Naͤhe der
Hauptstadt Muͤnchen gelegene Landgut Erching,
welches 1486 Tagwerke groß ist, und auf welchen im vorigen Jahre die
Runkelruͤben sehr gut gediehen.
Damit dieser große Flaͤchenraum zu Erching zwekmaͤßig benuͤzt
werde und in Bezug auf Landwirthschaft verschiedene Vortheile gewaͤhre, so
bin ich entschlossen, allda nicht allein eine landwirtschaftliche Lehr- und Erziehungs-Anstalt fuͤr
junge Leute, welche sich seiner Zeit dem Akerbaue widmen, einzurichten, sondern auch
eine Art von Armencolonie, in der mehrere verlassene arme Knaben fuͤr den Akerbau und die
Landwirthschaft erzogen werden, dort anzulegen.
A. In der landwirthschaftlichen Lehr- und
Erziehungs-Anstalt wird alles dasjenige gelehrt und
eingeuͤbt, was dem gebildeten Landmanne unumgaͤnglich noͤthig
und nuͤzlich ist:
Uebung in der Sprache und Schrift, dann Unterricht im Rechnen und in der
Groͤßenlehre uͤberhaupt, in so weit sie
auf zwekmaͤßige Leitung der landwirthschaftlichen Arbeiten etc. angewendet
werden kann, womit zugleich dir Unterricht in der landwirthschaftlichen Buchhaltung verbunden wird, in der Naturlehre und in der Naturgeschichte, in den Grundsaͤzen der rationellen Landwirthschaft und in der Agricultur-Chemie, in so weit sie auf Kenntniß von Grund und Boden,
auf Mischung der Erdarten, auf Duͤngererzeugung und Auswahl desselben Bezug
hat, in einzelnen landwirthschaftlichen Gewerben,
vorzuͤglich in der Zukerfabrikation, dann in der
landwirthschaftlichen Baukunde.
Dieser Unterricht wird immer mit praktischer Anwendung und mit nuͤzlicher
Selbstthaͤtigkeit verbunden seyn.
Auf diesem meinem Landgute zu Erching finden mehrere Zoͤglinge Raum, wo sie
fortwaͤhrend den Unterricht mehrerer Lehrer genießen und zugleich eine solche
christliche und moralische Bildung erhalten sollen, daß sie seiner Zeit als
angehende Landwirthe dieser Erziehungs-Anstalt
Ehre machen werden. Sittlichkeit und zwekmaͤßige Anwendung der Zeit wird man
vorzuͤglich immer unter Aufsicht nehmen; Muͤssiggang soll durchaus
vermieden und auch den sogenannten Vacanzen nicht Statt gegeben werden. Der
Landwirth darf keinen Tag im Jahre vernachlaͤssigen.
Die Zoͤglinge werden im Alter von 12 bis 15 Jahren in diese Lehr- und
Erziehungs-Anstalt aufgenommen; sie erhalten Wohnung,
Nahrung und Unterricht und uͤberhaupt die
ganze Verpflegung, wie diese bei selbstthaͤtigen
Landleuten gewoͤhnlich ist, fuͤr einen jaͤhrlichen noch zu
bestimmenden Betrag (jedoch Bett, Waͤsche und Kleidung nicht mit
eingerechnet). Derjenige Familienvater, welcher wuͤnscht, daß sein Sohn oder
Pflegsohn in obige Lehr- und Erziehungs-Anstalt aufgenommen werde,
beliebe sich gegen den Unterzeichneten zu aͤußern und zugleich die
Vorkenntnisse des aufzunehmenden Zoͤglings naͤher anzugeben, worauf alsdann die
Nachricht uͤber die wirkliche Aufnahme oder Nichtaufnahme erfolgen wird.
B. Fuͤr die Armencolonie werden acht hundert Tagwerke bestimmt, und darauf vierzig
Haͤuser gebaut, so daß an jedem Hause 20 Tagwerke Grund und Boden sich
befinden. In jedes dieser Haͤuser wird eine wohlgesittete arme Familie, welche anderswo bereits ansaͤssig ist, dort aber
sich nicht naͤhren kann, mit der Bedingung aufgenommen, die 20 Tagwerke Grund
und Boden, welche am Hause liegen, nach Vorschrift zu
bearbeiten und zugleich sechs arme Knaben, fuͤr
welche ihr jaͤhrlich eine bestimmte Summe bezahlt wird, zu verpflegen und
unter Aufsicht des Inspektors obiger landwirthschaftlichen Lehr- und
Erziehungs-Anstalt zu erziehen. '
Sobald diese armen Knaben, fuͤr welche bei der Armencolonie eine eigene Elementarschule errichtet ist, gehoͤrig
vorbereitet und im Alter vorgeruͤkt sind, nehmen sie an dem Unterrichte
obiger landwirthschaftlichen Lehr- und Erziehungs-Anstalt Theil, aus
welcher sie am Ende als gesittete, gut unterrichtete und fuͤr die
Landwirthschaft brauchbare Vorarbeiter, Baumeister und auch als Verwalter
austreten.
Die Familien, welche in obige Haͤuser aufgenommen werden, haben ein Capital
zum Ankauf des Hauses und der dazu gehoͤrigen 20 Tagwerke Grund und Bodens
nicht noͤthig, indem diese Haͤuser, welche der Verpflegung und
Erziehung armer Knaben gewidmet bleiben, nicht verkauft
werden; sondern sie entrichten jaͤhrlich nur so viel an Naturalien, als
Kartoffeln, Runkelruͤben etc., welche auf den zum Hause gehoͤrigen 20
Tagwerken erzeugt werden, an den Eigenthuͤmer des Hauptgutes, als zur Dekung
der Zinsen des Hausbaues und des Werthes von Grund und Boden erforderlich ist.
Auf diese Weise kann diese Anstalt gedeihen, denn die Familien in obigen
Coloniegebaͤuden haben eine baare Geldeinnahme fuͤr die Verpflegung
und Erziehung armer Knaben, und gewinnen den ihnen zugewiesenen 20 Tagwerken Grund
und Bodens, wo sie bei anwachsender Menschenkraft auch den
Spaten zur Vermehrung der Fruchtbarkeit des Bodens gebrauchen, so viel ab,
daß sie davon leben, die jaͤhrliche Grundrente an den Eigenthuͤmer
entrichten, und sich auch noch etwas ersparen und zur Versorgung ihrer eigenen in
obiger Lehr- und Erziehungs-Anstalt gleichfalls ausgebildeten Kinder
zuruͤklegen koͤnnen.
Erching ist so gelegen und mit so viel unangebautem, doch
fruchtbarem Grund und Boden umgeben, daß obige Anstalt leicht eine solche Ausdehnung
und Richtung erhalten kann, welche zur Verminderung der zahlreichen Armen in der
nahe gelegenen Hauptstadt beizutragen, und mehrere Kreise unseres Vaterlandes mit
tuͤchtigen Landwirthen zu versehen, im Stande seyn wird.
Die goͤttliche Vorsehung wache uͤber unsern Koͤnig und unser
Vaterland Bayern!
J. v. Utzschneider.
Beitrag zur aͤltesten Geschichte des Akerbaues und der
nuͤzlichen Kuͤnste.
Der beruͤhmte k. k. Consul in Aegypten, Jos. Acerbi, der sich durch seine Reisen nach dem Nordpol und durch
Gruͤndung der Biblioteca italiana (die, so lang
er sie redigirte, die beste gelehrte Zeitschrift Italiens war) einen unsterblichen
Ruhm verdiente, theilt im Novemberhefte der Biblioteca
italiana (welches am 3. Jaͤner 1830 ausgegeben wurde) S.
137–162 eine Notiz uͤber die Versuche mit, welche von Herodot bis auf
die neuesten Zeiten durch die Expedition Napoleons, durch die Englaͤnder Salt, Burton, Felix und Wilkinson,Der leztere dieser Gelehrten hat vor Champollion
uͤber Aegypten mehr gesammelt, als alle seine Vorgaͤnger, und
Champollion wuͤrde einen großen Theil
seines Ruhmes verloren haben, wenn er um ein Jahr spaͤter gekommen
waͤre. A. d. Ue. und vorzuͤglich durch die neueste
franzoͤsisch-toscanische Commission (Commissione
franco-toscana) unter der Leitung des Hrn. Champollion d. jaͤng. zur Erklaͤrung der
alten Hieroglyphen gemacht wurden.
Da dieser mit so vielem Geiste und so vieler Sachkenntniß an Ort und Stelle
geschriebene Aufsaz, bei dem allgemeinen Interesse, das er besizt, wohl bald in
mehreren deutschen Zeitschriften uͤbersezt erscheinen wird, so
begnuͤgen wir uns bloß dasjenige unseren Lesern aus demselben mitzutheilen,
was zunaͤchst auf Akerbau und auf die nuͤzlichen Kuͤnste und
Gewerbe der alten Aegypter Bezug hat, und zwar bloß dasjenige, was die
franzoͤsisch-toscanische Commission in den neuesten Zeiten aus den
Graͤbern der alten Aegypter zu Tage foͤrderte.
Mehr als tausend Zeichnungen, welche Hr. Acerbi in den
Portefeuilles dieser Commission nach Muße zu studiren Gelegenheit hatte, enthalten
Darstellungen der Sitten und Gebraͤuche, Spiele, Kuͤnste und Gewerbe
und Beschaͤftigungen des haͤuslichen Lebens eines der aͤltesten
civilisirten Voͤlker des Erdballes. Diese Zeichnungen sind in folgende
Abtheilungen geordnet: Akerbau, Viehzucht, Kuͤnste
und Gewerbe, haͤusliches Leben, Justizpflege, Spiele,
Militaͤr, Gesang, Musik und Tanz, Schifffahrt, Jagd und Fischerei,
Naturgeschichte.
Akerbau.
„Meine gelehrten Landsleute in Italien haben gesagt, daß unser Pflug
genau derselbe ist, den Ennius und Virgil besangen und Varro und Columella
beschrieben haben. Der aͤgyptische Pflug und das aͤgyptische
Joch fuͤr die Ochsen an demselben ist noch aͤlter. Wir sehen
diese Instrumente hier, wie sie noch vor der XVIII. Dynastie der Pharaonen,
also vielleicht vor 3000 Jahren, gewesen sind. Es scheint, daß die Werkzeuge
zu den ersten Beduͤrfnissen des Lebens aus der Hand des Menschen eben
so hervorgingen, wie Minerva aus dem Haupte Jupiters hervortrat,
schoͤn und vollendet. So schwer und plump der aͤgyptische
Pflug beim ersten Anblike zu seyn scheint, so duͤrfte es vielleicht
schwer fallen, ein einfacheres und zugleich wohlfeileres
Akerbaugeraͤth zu erfinden, als diesen aͤgyptischen Pflug: und
die eben erwaͤhnten Eigenschaften sind an einem Pfluge gewiß die
wesentlichsten. Alle Feldarbeiten, auch die Weinlese, die
Bamien-Ernte (die Ernte der Fruͤchte des Hibiscus
esculentus), die Weise, wie gesaͤet,
geschnitten, gedroschen wird, sind hier gezeichnet, und so, wie sie noch
heute zu Tage in diesem Lande sind. Was das Dreschen betrifft, kann ich hier
ein Bildchen nicht mit Stillschweigen umgehen, das einen Dichter zu einer
Ekloge begeistern koͤnnte. Es stellt zwei Ochsen auf der Dreschtenne
vor, die bis in die Mitte in Aehren waten, und von einem Bauern mit der
Spize seines Treibstokes gekizelt werden, damit sie schoͤn im Kreise
umher laufen, und das Korn aus den Aehren treten. Unter dem Bilde steht in
Hieroglyphen die Unterschrift: „Dieß ist die
Dreschtenne und dieß ist das Lied, das der Bauer
singt.“ Dieses Lied heißt nun woͤrtlich
uͤbersezt also: „Drescht ihr Ochsen,
drescht fleißig, damit ein Maͤßchen Korn fuͤr euch
ausfaͤllt; das Uebrige gehoͤrt dem
Herren.“ Dieses Lied ließe sich ziemlich treu auf
folgende Weise uͤbersezen:“
Tretet, ihr Ochsen, die Koͤrnlein huͤbsch aus;
Kommt ihr des Abends dann wieder nach Haus,
Kriegt ihr, ihr Ochsen, ein Maͤßchen davon;
Alles das Andre gehoͤrt dem Patron. bis.„Trebbiate bene, o
buoi:Non rebierete in vano.Un quaerticel de granoAnche per vou saraQuel che riman di
poiIl signor nostro
avra!bis.“Ein englischer Archaͤologe meint, dieß Liedchen sey eine
Satyre, ein Sneer, auf die alte aͤgyptische Priesterkaste,
die das Volk in aͤgyptischer Finsterniß (in Ochsendummheit)
zu erhalten wußte, und dasselbe die Koͤrnlein austreten ließ,
mit welchen sie sich in Muͤssiggang maͤstete.
„Das „Bis,“ die Wiederholung des lezten Verses, ist in den Hieroglyphen deutlich
ausgedruͤkt. Auf diesem Bildchen kommen noch drei andere Figuren vor.
Ein Bauer
kommt vom Felde her und traͤgt einen Korb voll Aehrenbuͤndl;
ein anderer geht mit dem leeren Korbe weg, den er unter die Ochsen
schuͤttete, die dritte Figur ist ein Junge, der mit einem Besen das
Korn zusammenkehrt, das die Ochsen ausgetreten haben. Die Alten haben in
ihren Bildern gewoͤhnlich die kleinsten Umstaͤnde
ausgedruͤkt. Was mich am meisten unterhielt, war die Darstellung der
Weinlese und der Weinbereitung.Hr. Acerbi hat vor einigen Jahren, als er
noch auf seinem Gute Castel Goffredo in
Italien lebte, eine treffliche Classification der
italiaͤnischen Traubensorten in der Biblioteca italiana entworfen, und ist einer der
ausgezeichnetesten Oenologen Italiens. A. d. Ue. Nach den Gemaͤlden und Bildhauereien in den Graͤbern
von Beni-Hassan und Elethia koͤnnen wir mit Gewißheit das
Verfahren angeben, nach welchem die Aegypter in den aͤltesten Zeiten
die Trauben traten, den Most auspreßten, und ihn in gebrannte irdene
Gefaͤße fuͤllten, um ihn in denselben gaͤhren zu
lassen. Das Verfahren war einfach, aber unvollkommen und forderte großen
Aufwand von Menschenkraft. Die Pressen mit der Schraubenspindel waren noch
unbekannt. Die Trauben wurden von den Bauern mit den Fuͤßen
ausgetreten, und die Treter hielten sich mit den Haͤnden an einem
Strike fest, der an der Deke angemacht war, und dessen unteres Ende sich in
mehrere Truͤmmer zertheilte. Um die Kerne und Kaͤmme aus dem
Maische wegzuschaffen, schuͤttete man dasselbe in einen Sak, der dann
ausgewunden wurde, wie man auf unseren Bleichen die Leinwand auswindet. Die
Gefaͤße, in welchen man den Wein aufbewahrt, waren klein; die meisten
hielten nur 50, bis hoͤchstens 100 Flaschen.“
Es ist fuͤrwahr sonderbar und nur ein Beweis des Zustandes der
Barbarei, in welcher wir und unsere noch mit Waͤldern
uͤberdekten Ebenen uns befinden, daß, waͤhrend das ganze
Alterthum seine klassischen Weine in ungeheueren Toͤpfen
aufbewahrte, waͤhrend der Spanier und der Portugiese noch heute
zu Tage seine koͤstlichen Weine in irdenen großen Gefaͤßen
aufbewahrt, wir unsere Weine in hoͤlzernen Faͤssern
aufkeltern, und den besten, den edelsten Theil des Weines, den Alkohol,
durch die Dauben entweichen lassen. Wie viel Wein jaͤhrlich aus
den Faͤssern entweicht, weiß jeder, der ein großes Weinlager auf
den Kentern liegen hat. Unsere Toͤpferkunst scheint noch nicht
jenen Grad von Vollkommenheit erreicht zu haben, auf welchem sie bei den
Alten stand. Wenn die wakeren Toͤpfer in Debreczin und in den
Umgebungen dieser Stadt daran denken wollten, fuͤr das holzarme
Ungarn, wo Weinfaͤsser so kostbar und oft so schlecht sind,
kleine Weinfaͤsser aus Thon zu verfertigen und sie außen zur
groͤßeren Sicherheit so niedlich in Drath zu flechten, wie ihre
schoͤnen Pfeifenkoͤpfe, so wuͤrden die ungrischen
Weine, die zu den feurigsten Weinen Europens gehoͤren, und die
sich eben deßwegen in Faͤssern nicht so leicht verfahren lassen,
weil sie ihren Alkohol durch das Holz so leicht entweichen lassen, bald
eben so gesucht seyn, wie die franzoͤsischen des
suͤdlichen Frankreichs oder die spanischen und portugiesischen.
Allerdings wuͤrde ein solches Faß im ersten Gestehungspreise
hoͤher kommen, als ein hoͤlzernes, doch nicht so unverhaͤltnismaͤßigunverhaͤltnißmaͤßg theuer in Ungarn, als in Deutschland, da man in Ungarn in
guten Weinjahren oͤfters den Faͤssern den Boden
einschlaͤgt, und den Wein schlechterer Jahre auslaufen
laͤßt, bloß um Faͤsser zu haben. Die Guͤte des Weines, der, in einem solchen Gefaͤße
aufbewahrt, nichts von seinem Geiste, seinem Alkohol, verliert, keines
Nachfuͤllens bedarf, die Dauer eines solchen thoͤnernen
Fasses (bei den Roͤmern dauerten die Amphorae Jahrhunderte lang), die Leichtigkeit, dasselbe zu
reinigen, den Wein aus denselben in Flaschen zu ziehen oder in
Kruͤge; alles dieß wird den Gestehungspreis eines
thoͤnernen Faͤßchens wohlfeiler machen, als den eines
hoͤlzernen. So sehr man jezt uͤber diese Idee
laͤcheln mag, so sehr sind wir uͤberzeugt, daß vielleicht
noch vor dem Ende dieses Jahrhundertes irgend ein edler Magyar Ember den
von Probus dem alten Pannonien geschenkten
Rebensaft auch probâ testâ,
und nicht nach Art der Fotos Nemet in
schlechtem Holze, seine Landsleute aufbewahren lehren wird. Wenn der
Ungar seinen hohen Geist Jahrhunderte lang zu erhalten wußte, so wird er
auch lernen seinen Weinen den Geist des ungrischen
Weines erhalten. A. d. Ue.
„Es ist sonderbar, daß unter so vielen Gegenstaͤnden und
Darstellungen aus dem Gebiete des Akerbaues, die das kleinste Detail
desselben mit so vieler Treue liefern, keine Sachie
vorkommen: so nennt man naͤmlich die Schoͤpfraͤder zum
Bewaͤsser der Wiesen auf Arabisch, die von Ochsen getrieben werden.
Man findet keine andere Spur von kuͤnstlicher Bewaͤsserung,
als die im Arabischen sogenannten Seduf, eine
Art Schoͤpfbrunnen nach Art der Schlagbaͤume, welche
derjenigen aͤhnlich ist, deren sich die Gaͤrtner in Europa
bedienen. Der auf den alten Denkmaͤlern dargestellte
Schoͤpfbrunnen ist ganz derselbe, wie man ihn noch heute zu Tage in
Aegypten und in Nubien findet, mit denselben Mangeln: mit dem
gekruͤmmten Pfahle, mit dem Gegengewichte aus Kothe und Miste, und
mit dem Schoͤpfkuͤbel aus Palmen geflochten. Dieß gibt uns
keine vortheilhafte Idee von den Fortschritten in diesem Zweige des
Akerbaues, und laͤßt uns sogar glauben, daß die eigentliche Cultur
des Bodens bloß auf jenen Theil des Nilthales beschraͤnkt war,
welcher vom Nile jaͤhrlich uͤberschwemmt wurde. Es scheint
also, daß die Streke, welche ehevor vom Nile uͤberschwemmt worden
ist, unendlich groͤßer gewesen seyn muß, wenn wir bedenken, daß
Aegypten unter den Pharaonen 14 Millionen Einwohner zaͤhlte,
waͤhrend es deren heute zu Tage kaum drei besiztDieß erklaͤrt sich leicht aus dem seit Jahrtausenden von dem
Nile jaͤhrlich abgesezten Schlamme, durch welche der Boden
des Nilthales nothwendig erhoͤht werden mußte. Es ist nicht
dem Despotismus der Menschen allein, sondern auch der Allmacht der
Natur zuzuschreiben, wenn jezt dort weniger Menschen pfluͤgen
und ernten, wo vor Jahrtausenden noch mehrere Akerbau trieben. A. d.
Ue. Man berechne hiernach den Fleiß und die Geschicklichkeit, die zur
zwekmaͤßigen Anlage, zum Graben so vieler Canaͤle
gehoͤrte. Die Bewaͤsserung mit der Hand mußte sich lediglich
auf die Gaͤrten beschraͤnken; dafuͤr mußten aber auf
der anderen Seite vier Monate des Jahres uͤber mehrere Millionen
Einwohner ganz muͤssig seyn, und diese konnten von den Regenten des
Landes zur Auffuͤhrung jener kolossalen Denkmaͤler verwendet
werden, mit welchen ganz Aegypten bedekt ist. Ich stelle diese Muthmaßungen
nicht ohne einige Scheu auf: indessen ist so viel gewiß, daß diese
Denkmaͤler keine große Schonung der Kraft der Menschenarme und der
Menschen uͤberhaupt beurkunden. Vielleicht komme ich auf diesen
Gegenstand bei einer schiklicheren Gelegenheit noch ein Mal
zuruͤk.“
„Die uͤbrigen Instrumente des aͤgyptischen Akerbaues
sind hoͤchst einfach. Es sind uͤberdieß ihrer nur wenige, und
sie sind ganz von derselben Form, wie man sie noch heute zu Tage in Aegypten
sieht.“
Viehzucht und Thierarzeneikunde.
„Auch in dieser Hinsicht ist das Portefeuille der Commission sehr
reich. Man sieht auf einem Bilde einen Hirten mit einer großen Herde
Schweine, zum Beweise, daß der Genuß des Fleisches dieser Thiere keine
Verunreinigung, keine irreligioͤse Handlung war.Vielleicht ist aber dieses Bild eine Scene aus einem anderen Lande.
Vielleicht wollte der Aegypter, an dessen Grabe dieses Bild gemalt
ist, seinen Landsleuten sagen, daß er in einem Lande war, in welchem
man so schweinisch ißt, daß man Schweine ißt. Moses und Mahomet
waren sehr weise, daß sie den Genuß des Schweinfleisches verboten.
Es erzeugt Hautkrankheiten und verschlimmert dieselben. Man esse,
wenn man sich hiervon uͤberzeugen will, nur Schweinfleisch,
wenn man an der Kraͤze oder an der Flechte leidet, und man
wird sehen, wie weise Moses und Mahomet gewesen sind, und wie gescheidt
Juden und Tuͤrken sind, wenn sie ihren Propheten gehorchen.
A. d. Ue. Herodot sagt uns, daß die Aegypter sich der Schweine bedienen, um
das Saatkorn in den Schlamm des Niles mit ihren Fuͤßen eintreten zu
lassen; diese Art von Feldarbeit wird aber auf den Denkmaͤlern als
das Tagwerk der Ochsen dargestellt.Im suͤdlichen Ungarn und auch auf Minorca werden Felder noch
in unseren Zeiten auf die Weise bestellt, die Herodot oben
anfuͤhrt. A. d. Ue. Es scheint uͤberhaupt, daß das maͤnnliche
verschnittene Schwein kein so verhaßtes Thier bei den Aegyptern gewesen ist,
obschon das Mutterschwein bei ihnen die Goͤttinn Off, und die Mutter des Typhon war. Man findet
hier einen Ziegenhirten, einen Ochsenhirten, die Vermehrung der Rinder im
Bespringen, die Geburt und das Saugen der Kaͤlber bildlich
dargestellt: zu
dem saͤugenden Kalbe ist ein Kind hingezeichnet.Wollte der Aegyptier durch dieses Bild den Muͤttern zeigen,
wie es Pflicht der Natur ist, daß die Muͤtter ihre Kinder
selbst stillen, indem er das Kind zum saugenden Kalbe hinstellte,
oder wollte er, mit einem galanten Arzte unserer neuen Zeit, sie von
dieser Pflicht lossagen, und andeuten, daß es besser ist, wenn ein
Kind an der Kuh trinkt, als an seiner lieben Mutter? A. d. Ue. Auch das Melken der Kuͤhe, die Kaͤsebereitung, das
Schlachten und Ausziehen einer Ziege ist hier bildlich dargestellt. Ueber
jedem Bilde ist in Hieroglyphen in Koptischer Sprache eine Aufschrift,
welche das Bild erklaͤrt. Eine malerische Gruppe von belasteten
Eseln, einige derselben in wahrhaft eselhafter Positur, andere das Maul weit
aufgerissen, um die Luͤfte von ihrem Eselsconzerte wiederhallen zu
lassen, fuͤllt ein anderes Gemaͤlde. Auch die Thierheilkunde
findet hier ihre Bildchen. Eines derselben stellt einen Ochsen dar, wie er
geknebelt wird, um ihn auf die Erde niederzuwerfen. Ein Thierarzt
fuͤhrt seinen Arm in das Maul eines Ochsen. Drei kranke Ochsen sind
mit sehr vieler Wahrheit dargestellt: man sieht die Krankheit ihnen auf den
Naken sizen. Auf einem anderen Bilde hielt man kranke Gaͤnse: einer
derselben wird die Darre genommen. Man sieht einen Arzt mit Ziegen, einen
anderen mit Gazellen beschaͤftigt. Ein Hirte huͤtet eine Herde
Stoͤrche. Man sieht hieraus, daß die alten Aegypter die Gazellen
zaͤhmten, und die Stoͤrche aßen. Daß leztere ganz
koͤstlich schmeken, habe ich auf einer Reise nach Nubien erfahren.
Merkwuͤrdig ist es, daß man in den Denkmaͤlern nirgendwo eine
Spur von Kameelen oder Buͤffeln findet, die, wie es scheint, erst
durch die Araber nach Aegypten gekommen sind. Wie konnte aber, ohne Kameele,
Aegypten einen so großen Handel mit Indien und dem Inneren von Afrika
treiben?“
Nuͤzliche Kuͤnste und Gewerbe.
„Das Portefeuille enthaͤlt so viele Zeichnungen uͤber
diesen Gegenstand, daß wir nur im Vorbeigehen das Wichtigste andeuten
koͤnnen. Es finden sich sehr viele Abbildungen von Toͤpfen in
demselben, und viele derselben haben ganz die Form derjenigen, die die
Araber heute zu Tage Bardaccha nennen. Die
Toͤpferscheibe, die wir heute zu Tage mit dem Fuße drehen, drehten
die Aegypter mit der Hand. Alle Arbeiten des Webers, vom Spinnen bis zur
Vollendung des Gewebes, sind hier abgebildet. Aber auch hier ist die Kunst
noch in den Windeln und ganz so, wie sie der Beduïne unter seinem Zelte
treibt, und wie sie in der Bibel beschrieben ist. Der Holzhauer in der Stadt
und im Walde ist hier gleichfalls abgebildet, und der Zimmermann und der
Schreiner, der Gerber und der Schuhmacher, der Waffenschmid und der
Anstreicher hat sein Conterfei gefunden. Man sieht Lasttraͤger große
Balken tragen, Bildhauer Sphinxe, Bildhauer und Mahler Kolosse aushauen und
anstreichen, Waffenschmiede, die einen Kriegswagen ausruͤsten,
Steinmeze, Farbenreiber, Gold- und Silberarbeiter, Arbeiter die
eingelegte Arbeiten verfertigen, Seiler, Schiffszimmerleute,
Glasblaͤser und Glasperlenmacher, Graͤber unterirdischer
Goͤnge, Goldwaͤger, Waͤscherinnen etc. etc. Einige
Bilder stellen auch Arbeiten dar, die man sich heute zu Tage nicht
erklaͤren kann. Bei den Gießern sieht man eine Art von
Blasebaͤlgen, die ein Mann mit Haͤnden und Fuͤßen,
zugleich mit vieler Plumpheit in Bewegung sezt. Bei den Geldwaͤgern
kommt ein sonderbarer Umstand vor, den ich nur durch die Guͤte des
Hrn. Champollion erklaͤren kann. In einer Wagschale steht eine kleine
Figur, die einen Ochsen darstellt; in der anderen liegen viele goldene
Ringe. Auf einer anderen Darstellung eines Goldwaͤgers ist Statt des
Ochsen ein Kalb in der Wagschale, in einem anderen Bilde ist eine Ziege, in
noch einem anderen ein Frosch in der Wagschale. Dieß erklaͤrt sich
nach Hrn. Champollion aus dem Muͤnzsysteme der Pharaonen, das, wie
alle Welt weiß, bisher in Dunkelheit begraben war. Nach ihm waren die
Scarabaͤi, deren es eine große Menge von jeder Groͤße und aus
jedem Stoffe gibt, mit und ohne Schrift, eine Art Muͤnze. Fuͤr
Dinge von hoͤherem Werthe waren die Ringe aus Gold oder Silber die
Muͤnze. Wenn man also sagte, daß irgend eine Waffenruͤstung,
ein Gefaͤß, zwei Ochsen oder zwei Kaͤlber werth waren, so
wollte dieß nichts anderes sagen, als so viel Gold oder so viel goldene
Ringe, als zwei solche Ochsen- oder
Kaͤlber-Figuͤrchen, deren Gewicht bestimmt war, in der
Wagschale wogen. Ich erzaͤhle hier bloß diese Vermuthung, die
vielleicht spaͤter zur Wahrheit werden kann.“
„Ich kann hier eine Bemerkung nicht unterdruͤken, die
fuͤr die nuͤzlichen Kuͤnste in Aegypten, so wie
fuͤr die Menschheit uͤberhaupt aͤußerst traurig und
herabwuͤrdigend ist; naͤmlich diese, daß man uͤberall
neben dem arbeitenden Kuͤnstler oder Gewerbsmanne einen Aufseher mit
der Peitsche findet, wie es in Colonien bei der Sclavenwirthschaft Sitte
ist: nur zu oft sieht man auch schoͤne Kuͤnstler, Mahler und
Bildhauer unter der Geißel sich kruͤmmen. Was kann jemals aus einem
Volke werden, das auf eine aͤhnliche Weise regiert wird?“
Was aus einem solchen Volke werden kann? „Futter fuͤr
Schießpulver;“ der einzige Zwek, wozu den Rhamses die
Voͤlker bestimmt scheinen. „Wenn man die Soldaten nicht
mehr halb todt pruͤgeln darf, „sagte neulich ein
englischer Stabsofficier vor Gericht,“ werden sie
sich auch nicht mehr todt schießen lassen wollen.“ Die
Jesuiten im Paraguay behandelten ihre Voͤlker ganz so, wie die
altaͤgyptischen Theodemokraten: 12 Pruͤgel zu Ehren der 12
Apostel jedem armen Teufel, der dem Aufseher zu wenig oder nicht zu Dank
arbeitete. In welchem Ansehen stehen heute zu Tage bei uns in Europa die
Meister und Gesellen manches Handwerkes? Steht nicht der gebildeteste
und reichste Fabrikant bei uns unter der Ferula bloßer Schreiber? A. d.
Ue.
Unter dem Hausgeraͤthe fand Hr. Acerbi Sofas,
sehr elegante und mitunter auch sehr bizarre Zimmermoͤbel,
groͤßere Filtrirapparate und auch kleinere, die man in der Hand
haͤlt, und in welchen man das Wasser bloß mittelst hineingeworfenen
Mandelteiges klar macht; was noch heute zu Tage Sitte in Aegypten ist. Im
Toilettenzimmer kommt haͤufig eine Harfe vor. Die Kuͤche besorgt
ein maͤnnlicher Diener, ein Mann. Die ganze Kochkunst von dem
Abschaͤlen der aͤgyptischen Zwiebel bis zur feinen
Zukerbaͤkerei ist hier bildlich dargestellt. Die Baͤker kneten den
Teig mit den Fuͤßen.Dieß geschieht noch heute zu Tage in mehreren
Militaͤrbaͤkereien Europens. Hr. Acerbi bemerkt mit einer Art von Befremden, „daß es
immer an mechanischen Vorrichtungen fehlt.“ Dieß ist
uͤberall der Fall, wo Theokratie die Bildung des Volkes und den
Gang der Geschaͤfte leitet: das Volk muß unter solchen
Verhaͤltnissen in tiefer Unwissenheit bleiben, und es ist an kein
Fortschreiten des menschlichen Geistes, an keine Mathematik und an keine
Anwendung derselben auf das Leben zu denken. A. d. Ue. Die Aegypter verstanden bereits das Gaͤnsemaͤsten, das sie
abbildeten. Hr. Acerbi sah einen sehr eleganten
Tragsessel abgebildet, der auf den Schultern getragen wurde; einen anderen der,
wie ein Schlitten gebaut, auf der Erde gezogen wurde. Das Schach- oder
Damen-Spiel war den Aegyptern schon bekannt. Auch das Mora-Spiel, das in Italien so allgemein
verbreitet ist, fand sich schon bei den Aegyptern,Der Uebersezer wurde vor vielen Jahren in einem Antikencabinette, in
welchem unter anderen auch Zeichnungen aͤgyptischer Hieroglyphen
vorkamen, in deren einer zwei maͤnnliche Figuren vorkamen, wovon
die eine die Finger der rechten Hand unter den linken Oberarm gestekt
hatte, waͤhrend die andere den Daumen- und den
Zeig- und Mittelfinger seines ausgestrekten rechten Armes
vorstrekte, ganz wie im Mora-Spiele
der Italiaͤner. Man fragte ihn um seine Meinung uͤber
diesen Hieroglyphen. Er sagte laͤchelnd, daß dieß nichts anderes
als das Mora-Spiel der
Italiaͤner waͤre. Der fromme Geistliche, der diesem
Cabinette vorstand, ward uͤber diese Erklaͤrung so
entruͤstet, und wußte davon bei dem hohen Besizer des Cabinettes
einen solchen Gebrauch zu machen, daß eine Person, die bei dem Besizer
des Cabinettes in Ansehen stand und die dem Uebersezer gewogen war,
lezteren freundschaftlich warnte: er moͤchte doch nicht so
irreligioͤs seyn, und heilige Sachen nicht so freigeisterisch
persiffliren. Der Himmel weiß, wie der geistliche Herr diese
Hieroglyphen seinem Besizer erklaͤrt haben mochte. A. d. Ue. wo es Errathungs-Spiel hieß.
Die Waffen der alten Aegypter scheinen sehr prunkvoll zu seyn, und hatten schon
Jahrhunderte vor Troja's Belagerung einen hohen Grad von Vollkommenheit. Die
Aegypter kaͤmpften nur auf Streitwagen oder zu Fuße: sie hatten keine
Reiterei; sie hatten aber Eilboten (Couriere und Staffeten) zu Pferde, die jede
Station ihre Pferde wechselten:Es ist merkwuͤrdig, daß die Aegypter, die keine Reiterei bei ihrer
Armee hatten, ihre Reiter zum Postdienste verwendeten, waͤhrend
heute zu Tage, wo so viel Reiterei im Frieden in muͤssiger
Garnison liegt, gar kein Gebrauch von derselben gemacht wird.
Wuͤrde man auf den Straßen Piquets von leichter Reiterei von
halber Stunde zur halben Stunde aufstellen, so wuͤrde nicht bloß
die Briefpost weit sicherer, schneller und wohlfeiler fuͤr den
Staat expedirt, sondern Roß und Mann wuͤrden abgehaͤrtet,
an die Strapazen des Krieges gewoͤhnt, und die
oͤffentliche Sicherheit der Straßen wuͤrde ungemein
gewinnen. Fuͤr jeden Fall ergibt sich aus obigen
Denkmaͤlern, daß die Post nicht, wie es in einigen
Lehrbuͤchern der Weltgeschichte fuͤr die Jugend heißt,
eine Erfindung des Tyrolers Thurm und Taxis war, sondern daß man sie
schon Jahrhunderte lang vor dem trojanischen Kriege wenigstens in
Aegypten kannte. A. d. Ue. dieß ist jezt aus ihren Denkmaͤlern erwiesen. Strabo spricht von
40 Stationen zum Wechseln der Pferde zwischen Memphis und Theben. Die Griechen
lernten mehrere Jahrhunderte spaͤter erst reiten: sie waren noch vor
Troja nicht zu Pferde, sondern in dem Pferde.
Von musikalischen Instrumenten bildeten die Aegypter auf ihren Denkmaͤlern
die doppelte Tibia, die gerade und die Querfloͤte, und das Cimbal ab, die
Trompete und eine Mandolinn mit sehr langem Griffe: von Geigen zeigt sich keine
Spur; diese sind, nach Zeichnungen der spaͤteren Griechen, eine
griechische Erfindung, die dem alten Chiron zugeschrieben wird.Wahrscheinlich sind die Geigen noch eine aͤltere Erfindung, die
den Hinduhs angehoͤrt, deren Cultur in Hinsicht auf Alter jenem
der Aegypter wenig nachsteht. Die Zingalesen (die Zigeuner) hatten die
groͤßten Meister im Spiele der Violine zu allen Zeiten und bei
allen Voͤlkern. A. d. Ue.
Schiffe kommen von verschiedener Groͤße und reich verziert im
schoͤnsten Geschmake vor. Die Segel sind vierekig oder lateinische Segel,
wekenfoͤrmig, wie das bayersche Wappen, geschildert, die Weken von zwei
oder mehreren Farben, und mit schoͤn geziertem Saume. Das Steuerruder ist
schoͤn verziert. Die Cajuͤte ist durchbrochen gearbeitet, und ein
schoͤn verzierter Siz ist auf dem Verdeke fuͤr den Herrn des
Schiffes. Die Reiseschiffe waren anders gebaut, als die Transportschiffe.
Die Aegypter kannten bei ihrem Vogelfange das Deknez, und fingen
Wasservoͤgel damit. Sie fingen auch Voͤgel in der Schlinge: die
Schlinge ist genau so, wie die unserer Jungen.
Hr. Acerbi bemerkt, daß die Masse der Kolossen,
Obelisken, Katakomben in der großen Description de
l'Egypte, die von Hrn. Cajet. Rosellini neu
gemessen wurden, nichts weniger als genau sind. Auch das Detail der großen
Landkarte von Aegypten ist voll Fehler. Hr. Rosellini
wird dieß in einem eigenen Werke erweisen. Es laͤßt sich allerdings
sagen, daß die franzoͤsisch-toscanische Commission, im Frieden
reisend, auf den Haͤnden des heiligen Rechtes der Gastfreundschaft durch
Aegypten getragen, es unendlich bequemer hatte bei ihren Beobachtungen, als die
Gelehrten, die dem Helden unseres Jahrtausendes nach Aegypten folgten, die mit
allen Gefahren des Krieges gegen einen zehn Mal maͤchtigeren Feind, mit
allen Drangsalen des Krieges, mit allem Jammer menschlichen Elendes, mit den
Einfluͤssen des Klimas, mit der Pest selbst kaͤmpfen mußten. Wenn,
unter solchem Drange, bei dem Messen einer Pyramide oder eines Kolosses, auch um
ein paar Klafter gefehlt wurde, so verdienen Fehler, unter solchen
Umstaͤnden begangen, ehe Nachsicht als Tadel. Napoleon und seine
Begleiter haben auf ihrem Fluge durch Aegypten und Syrien mehr fuͤr
Wissenschaft gethan, als das weit groͤßere Heer der Englaͤnder,
das so lang in Aegypten in theuer bezahlter Garnison lag. A. d. Ue.