Titel: | Beschreibung eines neuen Hygrometers von der Erfindung des Hrn. A. Benoit, welches derselbe Hygroskop nennt. |
Fundstelle: | Band 35, Jahrgang 1830, Nr. LX., S. 252 |
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LX.
Beschreibung eines neuen Hygrometers von der
Erfindung des Hrn. A.
Benoit, welches derselbe Hygroskop
nennt.
Aus dem Recueil industriel. N. 34. S.
45.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI. (Fig. 2.)
Benoit, Beschreibung eines neuen Hygrometers.
Unter allen bisher bekannten Hygrometern ist das Saussure'sche ohne allen Zweifel das beste und das genaueste; man wird
indessen gestehen, daß es, in Hinsicht auf Empfindlichkeit, noch manches zu
wuͤnschen uͤbrig laͤßt. Mehrere Ursachen in dem Baue desselben
tragen naͤmlich dazu bei, daß das Haar, die Seele des ganzen Instrumentes,
leichtere Veraͤnderungen im hygrometrischen Zustande dem Zeiger nicht mehr
mitzutheilen vermag. Das Hygrometer ist naͤmlich bestaͤndig dem
haͤufigen Wechsel der Feuchtigkeit und Trokenheit der Atmosphaͤre
ausgesezt, und dadurch oxydiren sich die Zapfen der Achse des Zeigers in einem
solchen Grade, daß sie eine bedeutende Reibung bei der Bewegung der Achse erzeugen.
Ferner erzeugt der Zeiger und sein Gegengewicht, so leicht auch immer beide seyn
moͤgen, immer einen gewissen Grad von Widerstand, wenn sich die
Veraͤnderungen des Haares demselben mittheilen. Endlich bildet auch die Drehung des Haares,
welche dasselbe erleidet, wenn es sich um die Rolle windet, abgesehen von dem
Gewichte des Haares, welches dasselbe spannt, so oft das Instrument auf den
Trokenpunkt hinzieht, einen mehr oder minder bedeutenden Widerstand, je nachdem das
Haar, der Durchmesser desselben und seine Zubereitung verschieden ist. Hieraus folgt
nun, daß sehr kleine Wechsel im hygrometrischen Zustande der Atmosphaͤre dem
Saussure'schen Hygrometer immer entgehen mußten, was fuͤr genaue Versuche, wo
man der moͤglich hoͤchsten Bestimmtheit bedarf, sehr nachtheilig
ist.
In dem gegenwaͤrtigen Hygroskope habe ich versucht einem Theile dieser
Maͤngel abzuhelfen, und wenn es mir auch nicht gelungen ist meinen Zwek
gaͤnzlich zu erreichen, so glaube ich doch ein bequemeres, kleineres und ohne
Vergleich empfindlicheres Instrument, als jenes des Hrn. Saussure, verfertigt zu haben.
Der Bau dieses Instrumentes gruͤndet sich auf die bekannte Eigenschaft des
Papieres, sich in Folge der Einwirkung der Feuchtigkeit oder Trokenheit
maͤchtig auszudehnen oder zusammenzuziehen. Papier, und vorzuͤglich
das im Handel unter dem Namen Pflanzen-Papier (Papier végétal) vorkommende Papier, besizt
die hygrometrischen Eigenschaften in dem hoͤchsten Grade, in einem weit
hoͤheren Grade als das Haar, und wenigstens in einem so dauerhaften.
Ueberdieß hat dieses Papier, außerdem daß es sehr duͤnn ist und wenig Masse
darbietet, eine regelmaͤßige und ziemlich gleichfoͤrmige Textur, die
ganz fuͤr den Zwek taugt, zu welchem dasselbe bestimmt ist.
Der Haupttheil dieses Hygroskopes besteht in einem außerordentlich duͤnnen
Metallstreifen von ungefaͤhr 0,25 Meter Laͤnge und 0,0015 Breite.
Dieser Metallstreifen ist spiralfoͤrmig gewunden, und außen mit einem
Papierstreifen von der oben erwaͤhnten Sorte belegt, welches genau dieselbe
Breite haͤlt. Beide Streifen sind mittelst eines Leimes, welcher durchaus
nicht fuͤr Feuchtigkeit empfindlich ist, auf einander geleimt. Diese Spirale
bietet nun unter einem sehr geringen Umfange eine bedeutend große Oberflaͤche
der hygrometrischen Einwirkung dar, und man begreift leicht, welche Folge diese
Einwirkung auf die Spirale haben muß. Sobald naͤmlich die Spirale mit
feuchter Luft in Beruͤhrung kommt, so wird, da nur die aͤußere
Oberflaͤche derselben empfindlich ist, die innere aber nicht, nothwendig eine
drehende Bewegung entstehen, welche durch die Ausdehnung des Papieres in Folge der
Feuchtigkeit veranlaßt wird. Diese ausdehnende Kraft des Papieres wird so lang
fortwirken, als sie groͤßer ist als die Elasticitaͤt des
Metallstreifens, auf welchen sie angeleimt ist. Diese drehende Bewegung der Spiraln
wird nun durch einen Zeiger sichtbar dargestellt, in welchen die Spirale sich endet, und
welcher einen in Grade getheilten Kreis durchlaͤuft. Das Entgegengesezte wird
geschehen, wenn das Papier einer trokenen Luft ausgesezt wird, und die Nadel wird in
entgegengesezter Richtung laufen. Die Laͤnge der Spirale ist so berechnet,
daß der Zeiger fuͤr 40 Grade an Saussure's Hygrometer, naͤmlich vom
60° an demselben bis zum 100°, bis zur hoͤchsten Feuchtigkeit,
den ganzen Kreis durchlaͤuft.
Wenn man die Laͤnge des Streifens gehoͤrig verkuͤrzt, so
koͤnnte man die beiden aͤußersten Punkte der Feuchtigkeit und
Trokenheit erhalten; allein man erhielte sie auch nur auf Kosten der Empfindlichkeit
des Instrumentes, und wuͤrde dasselbe dadurch seines Hauptvorzuges vor dem
Hygrometer des Hrn. de Saussure berauben, ohne es dadurch
eigentlich besser gemacht zu haben. Man wird weiter unten sehen, daß die Hauptsache
nicht in der Graduirung liegt, da es nicht zu demselben Zweke, wie jenes Hygrometer,
bestimmt ist.
Wenn aber auch mein Hygroskop aͤußerst empfindlich ist, so hat es
dafuͤr mehrere Maͤngel, die man nothwendig kennen muß. 1) wenn es sich
auf Feucht stellt, so nimmt die Elasticitaͤt des
Papieres nothwendig immer desto mehr und mehr ab, je mehr die Feuchtigkeit zunimmt,
und es muß ein Zeitpunkt kommen, wo diese Kraft nicht mehr zureichen wird, um den
Widerstand zu uͤberwinden, welchen die Elasticitaͤt des
Metallstreifens entgegenstellt. Diese Kraft und dieser Widerstand werden demnach im
Gleichgewichte stehen, und der Zeiger wird einen Augenblik uͤber still
stehen. Wenn nun die Feuchtigkeit immer zunimmt, wird die Elasticitaͤt des
Metallstreifens von ihrer Seite wieder staͤrker werden, als die des
Papierstreifens, und die Spirale zwingen, sich in entgegengesezter Linie
zusammenzuziehen: der Zeiger wird also zuruͤklaufen, und dann wird es
scheinen, als ob das Hygrometer zuruͤk auf Troken
liefe, obschon die Feuchtigkeit zunimmt. Dieser Fehler ist, glaube ich, der
groͤßte, den man dem Instrumente vorwerfen kann, und koͤnnte selbst zu
bedeutenden Irrungen Veranlassung geben, wenn man nicht darauf vorbereitet
waͤre. Da indessen dieser Umstand erst Statt hat, wann das Instrument beinahe
den hoͤchsten Grad der Feuchtigkeit, den 95° zeigt, so hat er bei
gewoͤhnlichen Graden von Feuchtigkeit keinen Einfluß, und die
gewoͤhnlichen Versuche und Beobachtungen werden meistens unter diesem
aͤußersten Punkte angestellt. 2) Da die Elasticitaͤt des
Metallstreifens bei verschiedener Temperatur verschieden ist, so koͤnnte auch
hieraus noch ein neuer Fehler entstehen, der wichtig seyn koͤnnte, wenn die
Versuche und Beobachtungen bei sehr verschiedener Temperatur angestellt werden. 3)
Die Ausdehnungen der Streifen der Spirale sind ungleich; folglich muß auch die
thermometrische Wirkung ungleich und so seyn, wie an Breguet's Thermometer. Da ferner der
innere Streifen nicht mehr ausdehnbar ist, als der aͤußere, so vereinigt sich
hier die thermometrische Kraft beider mit der hygrometrischen. Kaͤlte wird
immer das Instrument auf Feuchtigkeit zeigen machen, so wie Waͤrme immer auf
Trokenheit.
Aus diesen verschiedenen Wirkungen folgt, daß dieses Instrument nur unter derselben
Temperatur mit sich selbst verglichen werden kann, und daß, wenn man sich desselben
als Hygrometer bedienen wollte, man eine Tabelle von Correctionen fuͤr jeden
Thermometergrad an den verschiedenen Graden desselben entwerfen muͤßte; dieß
wuͤrde aber bei den Unrichtigkeiten im Gange dieses Instrumentes sehr
schwierig seyn. Ich glaube daher nicht, daß man es so, wie es ist, in Hinsicht auf
die Genauigkeit der Resultate an die Stelle des de Saussure'schen Hygrometers
stellen kann. Sein Maßstab hat uͤberdieß eine zu geringe Ausdehnung, als daß
es zu demselben Zweke dienen koͤnnte. Ich gebe es nur als ein Instrument, mit
welchem man Versuche anstellen kann, indem man mittelst desselben die allerkleinsten
Wechsel und Abweichungen, in dem hygrometrischen Zustande der Luft, die dem
Saussure'schen Hygrometer entgehen, wenn sie auch nur eine sehr kurze Zeit
uͤber dauern, wahrnehmen kann. Und in dieser Hinsicht kann dieses Instrument
bei gewissen meteorologischen Untersuchungen von Nuzen werden. Es hat dann vor dem
Saussure'schen Instrumente noch den Vortheil, daß es augenbliklich wirkt; ein
Vortheil, den es seinem Baue zu danken hat, der vorzuͤglich deßwegen den
Vorzug verdient, weil gar kein mechanisches Zwischenmittel zwischen dem eigentlich
hygrometrischen Stuͤke und dem Zeiger angebracht wird. Ich denke also, daß,
wenn man dieses Hygroskop zugleich mit dem Hygrometer braucht, dessen Supplement es
gewisser Maßen ist, man zu genaueren Resultaten gelangen kann, als diejenigen sind,
welche man durch lezteres allein nicht zu erreichen vermag. Der Versuch, den wir
sogleich anfuͤhren wollen, wird uͤberdieß eine Idee von dem Grade
seiner Empfindlichkeit gewahren koͤnnen, die, so zu sagen, unendlich ist,
indem man, ohne das Instrument sehr zu vergroͤßern, die Laͤnge und
Breite des Streifens, aus welchem die Spirale besteht, vergroͤßern und
dadurch die Empfindlichkeit desselben vermehren kann.
Hr. de Saussure gibt in N. 135. des 6ten Capitels seines
Second essai sur l'Hygrométrie das Detail
eines Versuches, in welchem er den Einfluß der Verduͤnnung der Luft auf sein
Hygrometer zeigen will, und bedient sich hierbei folgender Worte:
„Das Hygrometer, welches ich in dem mit Luft gefuͤllten Recipienten
einschloß, stellte sich auf 63°,3, und der Thermometer auf 16,6. Als ich
nun die Staͤmpel der Luftpumpe drei Minuten lang spielen ließ,
verduͤnnte ich die Luft dadurch auf einen solchen Grad, daß das Barometer
der Luftpumpe nur 6 Linien niedriger, als das aͤußere Barometer stand,
und waͤhrend dieser kurzen Zeit ging das Hygrometer um ungefaͤhr
15 Grade auf Troken, d.h., es stieg auf 48°,3,
obschon das Thermometer von 16°,6 auf 15°,25 gefallen war, wie
dieß immer geschieht, wenn man den Recipienten schnell auspumpt. Ich
hoͤrte dann auf auszupumpen, und in der naͤchst folgenden Minute
ging das Hygrometer noch um ungefaͤhr 0,3° auf Troken. Auf diesem Punkte schien es Eine Minute lang
still zu stehen, und zog sich dann auf Feucht so, daß
es binnen der zwei folgenden Minuten beinahe einen halben Grad in dieser
Richtung durchlief.“ Hr. de Saussure fragt
bei dieser Gelegenheit: ob unter allen bekannten Hygrometern das Haarhygrometer
nicht das einzige ist, das Abaͤnderungen nach entgegengesezten Richtungen,
die mit solcher Schnelligkeit auf einander folgen, anzuzeigen vermag?
Um nun zu sehen, welche Resultate das Hygroskop unter aͤhnlichen
Umstaͤnden im Vergleiche mit dem Haarhygrometer zu geben vermag, wiederholte
ich den obigen Versuch, und bediente mich bei demselben des Hygroskopes. Ich brachte
es zugleich mit einem guten de Saussure'schen Hygrometer unter den Recipienten einer
Luftpumpe. Ich wartete einige Augenblike, bis sie mit der Luft unter dem Recipienten
sich ins Gleichgewicht gesezt hatten. Das erste stellte sich auf 49°,5, das
zweite auf 48°. Das Thermometer stand auf 18°. Ich fing dann an die
Luft so schnell als moͤglich auszupumpen, und erhielt folgende Resultate.
Nach einigen Zuͤgen der Staͤmpel, in einem Zeitraͤume von 6 bis
7 Secunden, stieg das Hygroskop von 45°,5 auf 59°, d.h., es ging um 12
1/2 Grad auf Feucht; stand dann einen Augenblik
uͤber still; und da ich immer fort fuhr zu pumpen, fing es an sehr schnell
auf Troken zu laufen, so daß es in den folgenden 12
Sekunden den ganzen Umfang des Kreises durchlaufen hatte, folglich um mehr als 40
Grade auf Troken ging. Ich hoͤrte dann auf zu
pumpen, und ließ Luft herein. In 8 Sekunden war das Instrument wieder auf dem
Punkte, von welchem es ausgegangen ist, was demnach einen Unterschied im Ganzen von
105° in weniger denn einer halben Minute betraͤgt. Saussure's Hygrometer zeigte waͤhrend dieser Zeit
die erste Bewegung des Hygroskopes auf Feucht durchaus
nicht an; nur in der zweiten Periode ging es um 2 1/2° auf Troken.
Diese Resultate reichen, wie es mir scheint, zu, um die Weise zu zeigen, wie dieses
Instrument wirkt, und einen Begriff von der außerordentlichen Schnelligkeit zu
geben, mit welcher es im Vergleiche des Haarhygrometers, des empfindlichsten, das
man bisher kennt, seine
Andeutungen gibt. Man sieht, daß in dem von Hrn. de
Saussure angestellten Versuche sein Hygrometer in einem Zeitraume von 7
Minuten nur um 14,8° auf Troken ging,
waͤhrend das Hygroskop in einer 14 Mal kuͤrzeren Zeit einen
Unterschied von 105° gab, wovon 12,5 auf Feucht;
eine Wirkung, die dem Saussure'schen Hygrometer gaͤnzlich entging, da die
Zeit, waͤhrend dieselbe Statt hatte, zu kurz war. Man koͤnnte, wie es
mir scheint, diese Versuche auf verschiedene Weise abaͤndern, und dadurch zu
sehr interessanten Resultaten gelangen. Ich uͤberlasse es geschikteren
Haͤnden, dieselben anzustellen, als die meinigen sind. Ich wollte nur den
Nuzen dieses Hygroskopes bei feinen Versuchen zeigen, und die Vorzuͤge
desselben vor allen anderen Hygrometern in Bezug auf Empfindlichkeit auf eine
unbestreitbare Weise darthun.
Dieselben Buchstaben bezeichnen im Grundrisse im kleinen Alphabete dieselben
Gegenstaͤnde, die die großen im Aufrisse andeuten.
AB ist die Spirale.
CD der am unteren Ende derselben angebrachte
Zeiger.
EF der in Grade getheilte Kreis.
G ein Stuͤk, welches sich in dem Ende N des Traͤgers MN in sanfter Reibung schiebt, und die kleine Zange, x, fuͤhrt, welche die Spirale in einer
senkrechten Lage haͤlt. Da dieses Stuͤk sich in dem Halsbande N drehen laͤßt, so kann man den Zeiger in jeder
schiklichen Stellung nach der Graduirung des Instrumentes mit Leichtigkeit
befestigen.
HI, ein kleiner Stift, der durch das Stuͤk
G laͤuft, und sich bis auf die Platte, OP, verlaͤngert. Es hindert die Spirale
waͤhrend des Uebertragens des Instrumentes von einem Orte zum anderen zu
stark zu schwanken. Man kann ihn mittelst des geraͤndelten Stuͤkes,
H, leicht herausziehen.
K und L sind kleine an der
Scheibe EF befestigte Saͤulen, die sich in
Bayonettgefuͤge auf der Platte 0 P stellen, so
daß man noͤthigen Falles das Instrument leicht ausheben kann.
MN, Stuͤze der Spirale, die auf der
Gradscheibe mittelst der Scheibe z befestigt ist.
OP, Platte zur Aufnahme der unteren Enden der
Saͤulen. Diese Platte ist mittelst dreier Schrauben auf einer
hoͤlzernen Unterlage befestigt.Man hat in England bereits Hygrometer aus Papier, wovon wir im polytechn. Journal Nachricht gegeben haben. A. d.
Ue.