Titel: | Ueber die Maschine zum Troknen des Papieres auf der russisch kaiserlichen Papiermühle zu Petershof. Von Hrn. Reed. |
Fundstelle: | Band 36, Jahrgang 1830, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber die Maschine zum Troknen des Papieres auf
der russisch kaiserlichen Papiermuͤhle zu Petershof. Von Hrn. Reed.
Aus dem Mechanics' Magazine. N. 331–32. S.
274–290.
Mit Abbildungen auf Tab. I. Fig. 1 bis 5.
Reed, Maschine zum Troknen des Papieres.
Ich sende Ihnen hier eine Notiz uͤber die Vorrichtung zum Troknen des Papieres
auf der russisch kaiserlichen Papiermuͤhle zu Petershof. Diese Vorrichtung
ist seit vier Jahren Tag und Nacht im Gange, und hat bloß eine Dampfmaschine von der
Kraft von 2 Pferden; sie troknet das Papier gut und so schnell, daß sie fuͤr
zwei Maschinen hinreicht, die jede Minute 25 bis 30 Fuß Papier liefern. Da ich nie
eine Beschreibung einer solchen Vorrichtung sah oder las, und selten zwei
Koͤpfe einerlei Sinnes sind; so theile ich diese Notiz den Mechanikern
Englands mit: vielleicht daß sie an derselben etwas Neues finden. Mein Director
hoͤrte, daß man in England Maschinen zum Papier troknen hat, und trug mir
auf, eine solche zu verfertigen. Ich verfertige eine solche mit Beihuͤlfe
eines Maschinen-Papiermachers, „(Machine-paper-maker, wie man jezt in England die
Papiermacher nennt, die die alte laͤstige ungesunde
Papierschoͤpferei aufgaben, und sich einer Maschine zu dieser Arbeit,
Statt ihrer Haͤnde bedienen).“ Die Darstellung des Saales, in
welchem die Maschine arbeitet, spricht fuͤr sich selbst.Die Abbildungen im Mechanics' Magazine sind
Holzschnitte, und es ist daher nicht unsere Schuld, wenn unsere Abbildungen
nicht alle Deutlichkeit haben.A. d. R.
B Fig. 3. zeigt
den Aufriß von 8 Dampfwalzen, deren jede 13 Zoll im Durchmesser hat. N. 1. sind die
Walzen der Trokenpresse der Papiermacher-Maschine (papier machine drypress cylinder). Man nennt sie so, um sie von den
uͤbrigen Cylindern zu unterscheiden. Das Papier, welches die Maschine naß
verlaͤßt, kommt durch das erste Paar Dampfwalzen, N. 2., welche an jedem Ende
mit einem Hebel versehen sind, woran sich ein Gewicht befindet. Diese zwei großen
starken kupfernen Cylinder muͤssen sehr genau abgedreht seyn: der obere
haͤlt 7 Zoll im Durchmesser, und ist mit einem fest daruͤber
gespannten Filze uͤberzogen. Wir fanden, daß der untere Cylinder, wenn er auch noch so glatt war,
sich bald mit einer Art von Pelz bedekte: ich wendete daher eine Stahlklinge in
einem Gußeisenrahmen an, um diesen Pelz immer abzuschaben: die
Maschinen-Papiermacher nennen diese Vorrichtung den Doctor. Indessen muß die Walze doch noch alle vierzehn Tage mit Bimstein
und mit Wasser gepuzt werden, was sehr bald geschehen ist, und kein Ausheben der
Walze erfordert. Da die untere Walze nicht bloß ihr eigenes Hebelgewicht, sondern
auch das der oberen Walze zu tragen hat, so fand ich, daß sie auf
Reibungsraͤdern weit besser, als auf irgend einer anderen Vorrichtung
laͤuft. Ich hatte ein kleines Gestell mit zwei kleinen Reibungsraͤdern
an dem oberen Cylinder mit den Hebelgewichten angebracht. Die Reibungsrahmen N. 2. sind von Eisen, und auf ein doppeltes
Bruͤkenstuͤk C N. 3. (im Aufrisse der
Dampfpreßwalzen) aufgesezt, welches gleichfalls von Eisen ist. Hoͤlzerne
Rahmen werfen sich in Folge der Naͤsse und des Dampfes, und halten den Doctor nicht dicht und nicht gleich an. Die kupferne
Filzwalze wiegt etwas uͤber drei Zentner und benimmt dem Papiere die
Filzmarken. Die uͤbrigen Walzen stehen gerade so weit von einander ab, daß
ein Mann mit seiner Hand zwischen denselben durch und so das Papier uͤber und
unter denselben bis zum fuͤnften Paare hinziehen kann, wo der Filz ohne Ende,
4, anfaͤngt. Hier wird es auf den Haspel gebracht, der, so wie die
Trommelwalze, 5, zum Treiben der Walzen und des Filzes mit dem Laufbande, 6, stark
genug an dem Papiere zieht, wann es troken ist, und alle Walzen, mit Ausnahme des
ersten Paares, dreht, welches an jedem Ende durch einen Laufriemen und Laufscheiben
an jedem Ende der Maschinencylinder getrieben wird, die man deutlicher im Grundrisse
A sieht.
Der Dampf wird durch zweizoͤllige eiserne Roͤhren aus dem Kessel unter
der Maschine herbeigefuͤhrt, aus welchem eine bleierne Roͤhre mit
einem zweizoͤlligen Hahne emporsteigt, 11, wodurch der Dampf zugelassen oder
abgesperrt werden kann. Auf einer Seite der Maschine laͤuft eine starke
bleierne Roͤhre, N. 7., in welcher die
Schlußbuͤchsen (welche die kupfernen Elbogenroͤhren enthalten)
eingeloͤthet sind. An dem Ende des Cylinders, an welchem der Dampf eintritt,
habe ich ein staͤhlernes Ende in eine hohle Kugel ausgedreht, und ein
correspondirendes messingenes Ende an der kupfernen Roͤhre, das in dieselbe
paßt. Ein Zaum und ein Keil bringt beide an einander, wann der Dampf eingelassen
wird: kalt steht die Klappe beinahe einen Zoll weit von einander, wie man in D, 8, Fig. 4. sieht. Die Lager
aus Gußeisen fuͤr die leichten duͤnnen Walzen sind bloß auf das
Gestell der Maschine, 9, aufgeschraubt, und mit einem Stifte versehen, der auf das
Ende der Clarionetklappe an der Kante des Cylinders klopft. Diese Klappe nenne ich wegen ihrer
Aehnlichkeit so. Auf diese Weise wird alles verdichtete Wasser beseitigt: es wird
zuruͤk geleitet zur Speisung des Kessels unter dem Maschinensaale.
DFig. 4. ist
ein Durchschnitt der duͤnnen kupfernen Walzen, die bloß von einem geschikten
Kupferschmide gehaͤmmert werden. Auf den messingenen Enden, welche
fuͤr die vier Walzen, die den Filz ohne Ende fuͤhren, abgedreht und
aufgeloͤthet sind, sind Kanten aufgegossen, die etwas niedriger stehen, damit
die doppelte Kante des Filzes darauf ruhen kann, indem drei Paar
Leitungsraͤder zu jeder Seite noͤthig sind, um den Filz gespannt zu
halten. Die Haspel sind rund oder vierekig, je nachdem man sie braucht: die flachen
Haspel haben wir beseitigt.
Wenn das trokene Papier fuͤnfhundertfach auf dem Haspel liegt, schneiden wir
es von dem Haspel mit Messern ab, die aus Handsaͤgen gebildet und am
Ruͤken mit einem Stuͤke Eisenblech versehen sind; um sie steif und
fest zu halten. Vier dauern ein Jahr, wenn sie gut sind.
Ich muß hier bemerken, daß bei dem ersten Paare Kupferwalzen, 2, das Kupfer auf ein
Viertel und ein Sechzehntel gehaͤrtet und genau gehaͤmmert seyn muß,
indem sonst der Meißel auf der Drehebank seinen Weg durch dieselben findet, ehe sie
rund sind. Die messingenen Roͤhrenzapfen sind ungefaͤhr zwei Zoll tief
in die Enden eingelassen, sehr fest in dieselben eingetrieben und gut
geloͤthet, indem sie bei der großen Entfernung von dem Lager, die wegen der
Klappen zum Ausflusse des verdichteten Wassers und der Laufscheiben nothwendig ist,
leicht loker werden koͤnnten. Ich schraubte auch kupferne 3/8 Schrauben durch
die Roͤhre und, das messingene Ende, und sie sind jezt noch so fest, wie sie
am ersten Tage waren. Bei dem Ausgange der Clarionetklappe ist eine kleine
Roͤhre mit einem Loche an der Seite um das Wasser abzuleiten, und zu hindern,
daß es nicht aussprizt oder das Papier benezt, wenn es in den Trog, 10,
faͤllt. Die Dampfroller, Filztrommel, Haspel etc. werden alle mittelst Riemen
von den Maschinencylindern N. 1. ausgetrieben.
Die Kosten einer solchen Reihe von Dampfwalzen belaufen sich auf ungefaͤhr 250
Pfd. Sterl. (3200 fl.) ohne Dampfkessel, indem Kupferblech hier 11 Pence (33 kr.)
und gegossenes Messing 16 Pence (48 kr.) bis 1 Sh. 6 Pence (54 kr.) das Pfd.
kostet.
Ich haͤtte noch bemerken sollen, daß die Lager, 9, welche gabelfoͤrmig
und aus Gußeisen sind, oben ein Stuͤk Eisen mit einem starken Drathstifte
fuͤhren, um die Walzen in ihrer Stelle zu erhalten, und nebenher einen
kleinen Trichter mit Talg, der nicht so leicht schmilzt. Denn wenn die Walzen troken laufen,
schneiden sie bald ein.Wir haben neulich (Polytechn. Journ. Bd. XXXIV. 6. 21. S. 449.) in unsern
Miscellen gezeigt, wie schnell sich Rußlands
Industrie hob, und welchen raschen Aufschwung seine Fabriken nahmen, seit es
das Prohibitiv-System, ungeachtet seiner ungeheueren Graͤnzen,
angenommen hat. Englische, franzoͤsische, schweizer Fabrikanten, die
ehevor ihren Absaz nach Rußland hatten, wurden gezwungen ihre Etablissements
in die russischen Steppen zu verlegen, und werden dort, wie das neueste Heft
der von dem Ministerium des Inneren herausgegebenen Zeitschrift zeigt,
reicher als sie in ihrem urspruͤnglichen Vaterlande nicht geworden
sind. Ihre Fabrikate verdraͤngen bereits, wie die 1. Beilage der
Allg. Zeit, von diesem Jahre beurkundet, die Fabrikate Asiens, und sie
versehen bereits das benachbarte Asien mit ihren Waaren. Rußland steht,
durch sein weises Prohibitiv-System, jezt dort, wo Oesterreich zu
Zeiten Josephs stand, als dieser Menschenfreund auf dem Throne seine
Buͤrger arbeiten lehrte, ihren Kunstfleiß schuͤzte, und den
Auslaͤnder dadurch theils zwang theils einlud, Niederlassungen in
seinen Staaten zu gruͤnden, und die Bevoͤlkerung und den
Wohlstand derselben zu vermehren. Dieß war und dieß wird in allen
Laͤndern stets und immer die Folge des weisen
Prohibitiv-Systemes seyn. Allein, es ist ein altes Sprichwort, daß
diejenigen am meisten blind sind, die nicht sehen wollen, und manche
Koͤnige scheinen vergessen zu haben, daß Koͤnig Ahab zu
Ramoth-Gilead geschlagen wurde, weil er sich verfuͤhren ließ,
falschen Propheten zu glauben. Wir sehen aus obiger Notiz, daß Englands
Fabrikanten jezt von den russischen Fabrikanten, unter welchen freilich auch
Englaͤnder sind, etwas lernen koͤnnen: denn sonst
wuͤrde der Redacteur des Mechanics'
Magazine obigen Aufsaz nicht aufgenommen haben. Wir sehen aber
auch, leider, und Cancrin's Weisheit wird uns diese Bemerkung verzeihen, daß
Rußland in denselben Fehler faͤllt, in welchen M. Theresia bei dem
ersten Aufleben der Industrie in Oesterreich gefallen ist, daß
naͤmlich der Staat Fabriken uͤbernimmt, die nur in den
Haͤnden des Privatmannes volles und wahres Gedeihen dem Staate
gewaͤhren koͤnnen. Wenn auch in Rußland noch Peters des Großen
Geist weht, und uͤberall militaͤrische
Ordnung, die allein einen Staat erhalten und gluͤklich
machen kann, nicht Schreibersudelei, das Reich regiert; wenn in Rußland der
Gaͤrtner, der die Maulbeerbaͤume in den Plantagen am schwarzen
und caspischen Meere pflanzt, seinen militaͤrischen Rang hat, wie der
Rector an den Universitaͤten auch nur militaͤrischen Rang
besizt, wenn also hier nicht jene Unterschleife moͤglich sind, die
den bestgemeinten, fuͤrwahr kaiserlichen, Aufwand, den M. Theresia
fuͤr ihre Tuchfabrik zu Linz, ihre kostbare Nadelburg bei
Wienerisch-Neustadt, ihre Seidenplantagen in Syrmien und Kroatien,
ihre Schaͤfereien zu Marcopail machte, in Staub und Asche
verwandelten; so wird das namenlose Ungluͤk nicht zu wenden seyn, das
dann im hoͤchsten Maße uͤber die Industrie eines Landes
faͤllt, wenn der Staat selbst Fabrikant ist, und mit der Riesenkraft,
die er allein besizt und besizen kann, wenn er sie militaͤrisch zu
gebrauchen weiß, die Kraft jedes einzelnen thaͤtigen Buͤrgers
fuͤr immer zu Boden wirft. Ein Staat soll nie eine Fabrik besizen:
entweder geht er dabei zu Grunde, oder seine besten Buͤrger, und in
jedem Falle ist dann das Unheil gleich groß. – Es ist
uͤbrigens offenbar, daß man diese oder eine aͤhnliche
Vorrichtung auch zum Troknen mehrerer Artikel in anderen Fabriken brauchen
kann.A. d. Ue.